von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak
Was sind die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte des ostasiatischen Inselstaates Japan? Erfahre im folgenden Artikel, wie dieses Land und seine Menschen sich zunächst im Schatten der chinesischen Zivilisation entwickelten. Wie Japan nach der Ankunft der Europäer zu einer Regionalmacht wurde und sich schließlich katastrophal in den Zweiten Weltkrieg verwickelte.
Die japanische Urbevölkerung bestand aus Jägern und Sammlern, die von Sibirien aus einwanderten. Es gab mehrere japanische Urvölker, so zum Beispiel die große Gruppe der "Ainu" - auf der nordjapanischen Insel Hokkaido leben noch heute einige ihrer Nachfahren. Die Ainu besiedelten japanischen Boden bereits ab etwa 15.000 vor Christus, manche Funde sind sogar noch älter.
Um 300 vor Christus ereignete sich eine neuerliche Einwanderungsbewegung, diesmal vom heute koreanischen Festland aus. Die nun einwandernden Menschen - man spricht von der "Yamato-Kultur" - können als die direkten Vorfahren der heute lebenden Japaner angesehen werden. Sie verdrängten die anderen in Japan ansässigen Völker in der Folgezeit mehr oder weniger. Zunächst siedelten die aus Korea stammenden Neuankömmlinge im Süden Japans, vor allem auf der japanischen Hauptinsel Honshu. Sie brachten den Reisanbau nach Japan und betrieben Handel mit dem Festland.
Erster japanischer Staat und chinesischer Einfluss
Die Yamato begründeten den ersten japanischen Staat, der sich im ganzen Inselreich mit Ausnahme des von den Ainu besiedelten Nordens ausbreitete. Das japanische Kaisergeschlecht geht auf die Yamato zurück - dem Mythos nach stammen die japanischen Kaiserinnen und Kaiser (genannt "Tenno", was "Himmlischer Herrscher" bedeutet) von der Sonnengöttin namens "Amaterasu" ab (wörtlich übersetzt "Am Himmel scheinende große erlauchte Göttin").
Zur gleichen Zeit entwickelte sich auch die japanische "Shinto"-Religion (wörtlich übersetzt "Weg der Götter"), welche von der Existenz mehrerer Gottheiten (genannt "Kami") ausging. Kern dieses Religionssystems waren bestimmte "Riten" (von "Ritus" - das bedeutet "religiöse Handlung"), durch welche die Vorfahren geehrt ("Ahnenkult") und die Naturgewalten besänftigt werden sollten. Die neue Staatsreligion führte zur Errichtung von den Göttern geweihten Tempelanlagen, welche teilweise noch heute bewundert werden können.
Ein paar Jahrhunderte später (etwa ab 600 nach Christus) machte sich der Einfluss aus dem westlichen Nachbarland China immer stärker bemerkbar. Die Chinesen hatten sowohl technisch als auch politisch bedeutende Neuerungen eingeführt, welche bald auch in Japan auf fruchtbaren Boden stießen. Japanische Schriftgelehrte hielten sich lange Zeit in China auf, um die dortigen Gewohnheiten zu studieren und die Erkenntnisse mit nach Japan zu bringen. So wurde beispielsweise die erste japanische Hauptstadt Nara nach Vorbild der chinesischen Hauptstadt Chang'an (später Xi'an genannt) im Schachbrettmuster angelegt. Dasselbe gilt für die zweite japanische Hauptstadt Heian-kyo (das heutige Kyoto), welche 794 angelegt wurde und mit Unterbrechungen bis 1868 kaiserliche Hauptstadt blieb.
Japan trotzt der mongolischen Invasion
Von China gelangte auch der Buddhismus nach Japan - im sechsten Jahrhundert wurde er von der japanischen Kaiserfamilie offiziell angenommen. Die besondere Form des Zen-Buddhismus gelangte hingegen erst 1200 nach Christus von China nach Japan.
Sehr bedeutend war auch die Übernahme der chinesischen Schriftzeichen, die in abgewandelter Form (genannt "Kanji") noch heute in der japanischen Schrift verwendet werden. Der chinesische Konfuzianismus beeinflusste japanische Gesetzestexte, welche entsprechend angepasst wurden. Auch in der Kunst und im Handwerk schauten sich die Japaner vieles von den Chinesen ab.
Ab dem 10. Jahrhundert musste der Kaiser beziehungsweise die Kaiserin die Macht mit den "Shogunen" (in der Einzahl "Shogun") teilen. Die Shogune waren dem Adel angehörende militärische Führer. Außerdem ereignete sich in dieser Zeit der Aufstieg der Kriegerklasse der "Samurai" - die Samurai waren ursprünglich nicht dem Adel zugehörig, aber dienten diesem als Kämpfer.
Im 13. Jahrhundert hatten die Mongolen das gesamte asiatische Festland erobert, nur Japan fehlte noch. Durch die besondere Insellage Japans schlug die mongolische Invasion jedoch fehl. In Japan dankte man den Göttern dafür, welche die mongolischen Schiffe demnach mehrere Male mit den für die Region typischen Wirbelstürmen ("Taifune") überraschten und dadurch in die Flucht schlugen. Die ersten Europäer waren im 16. Jahrhundert die Portugiesen, welche auch das Christentum nach Japan brachten.
Ankunft der Europäer in Asien
Zu dieser Zeit war Japan ein in ständigem Bürgerkrieg befindliches Land. Die Konflikte ereigneten sich einerseits zwischen Kaisertum und Shogunat, andererseits zwischen den ländlichen Provinzen und der Hauptstadt. Der Feldherr und Politiker Toyotomi Hideyoshi (1537 bis 1598) konnte das Land schließlich wieder einigen und befrieden. Der von ihm unternommene Versuch Korea zu erobern schlug allerdings fehl.
Die auf Hideyoshi folgende "Tokugawa-Dynastie" verlegte die Hauptstadt nach Edo, welches heute Tokio heißt. Die absolutistischen Tokugawa-Herrscher setzten strenge gesellschaftliche Regeln durch und stellten auf diesem Weg eine Waffenruhe sicher. Die christlichen Missionare wurden im Jahr 1614 des Landes verwiesen - 30.000 Christen wurden ermordet. Japan wurde durch die Schließung der Grenzen nach außen isoliert und vom Welthandel abgeschnitten. Man wollte eine Einflussnahme der Europäer, wie sie in China gewaltsam durchgesetzt wurde, mit aller Macht verhindern.
1853 kam es schließlich zur gewaltsamen Öffnung der japanischen Häfen durch die US-amerikanische Flotte unter dem Kommando von Matthew Calbraith Perry. Japan konnte sich militärisch nicht weiter zur Wehr setzen und wurde gezwungen, Handelsverträge mit den USA und mit den europäischen Kolonialstaaten Großbritannien, Frankreich, Russland und Holland zu unterschreiben.
Japan öffnet sich und ahmt die Kolonialstaaten nach
Die Herrschaft der Shogune ging damit zu Ende, offiziell im Jahr 1868. Nun begann die so genannte "Meiji-Periode", die aus dem "rückständigen" Agrarland Japan eine "moderne" imperiale Großmacht werden ließ. Japan orientierte sich bei der folgenden Verwandlung stark an den europäischen Großmächten und an den USA. In den Städten entwickelte sich die Industrie - Infrastrukturen wie Eisenbahnlinien, Straßennetze und Hafenanlagen wurden modernisiert beziehungsweise neu errichtet.
Mithilfe von Samurai-Kämpfern wurde eine neue Regierung um den Kaiser herum gebildet - man kann von einer Revolution gegen das alte Shogunat sprechen. In einer neuen Verfassung aus dem Jahr 1889 wurde die allgemeine Schul- und Wehrpflicht eingeführt. Die neue Verfassung enthielt auch demokratische Elemente, obwohl in ihr die Macht des Kaisers gestärkt wurde.
Die neue Regierung wollte sich vor den ausländischen Eindringlingen dadurch schützen, dass man sie nachahmte. Wie bereits mehr als ein Jahrtausend zuvor aus China importierte man deshalb erneut Fachwissen aus dem Ausland, diesmal vor allem aus den europäischen Ländern. Das neue Wissen diente der Modernisierung des Landes.
Außerdem begann der japanische Staat damit, seinen Machtbereich auch geographisch auszuweiten: Im Jahr 1855 wurde die Inselgruppe der Kurilen im Norden besetzt, 1876 folgten die Bonin-Inseln im Osten, 1879 die Ryukyu-Inseln im Süden. Die japanische Politik der Eroberungen ahmten Europa Kolonialismus nach. Im kolonialen Europa ging man davon aus, dass die kleinen Staaten durch die großen und mächtigen Staaten kontrolliert und dadurch auch "zivilisiert" werden sollten. Außerdem ging es dem rohstoffarmen Japan auch um die Erschließung weiterer Ressourcen, damit die eigene Wirtschaft und Industrialisierung weiter vorangetrieben werden konnten.
Kriege mit China und Russland
1894 begann dann sogar ein Krieg mit China, der vor allem um die koreanische Halbinsel geführt wurde ("Erster Chinesisch-Japanischer Krieg"). Dieser Krieg wurde mit dem für China ungünstigen "Vertrag von Shimonoseki" beigelegt, in dem sich China unter anderem zur Abtretung der Insel Formosa (das heutige Taiwan) an Japan verpflichtete.
China war längst geschwächt, weil die europäischen Großmächte den chinesischen Einflussreich stückweise unter sich aufgeteilt hatten. Von China Vormachtstellung war also wenig übrig geblieben. 1905 brach ein Krieg der Japaner mit Russland aus, weil beide Länder gegensätzliche Interessen in China verfolgten ("Russisch-Japanischer Krieg"). In diesem Krieg brachte Japan Russland eine vernichtende Niederlage bei. Es war das erste Mal, dass eine asiatische Nation militärisch gegen eine europäische Nation bestehen konnte. Japan breitete sich noch weiter aus, annektierte Korea (1910) und besetzte Stützpunkte auf dem chinesischen Festland.
Im Ersten Weltkrieg erklärte Japan dem Deutschen Reich den Krieg. Die pazifischen Inselgruppen der Karolinen und der Marianen und die Marschallinseln waren deutsche Kolonien, die nun in den japanischen Besitz übergingen. Am Ende des Ersten Weltkriegs konnte Japan seine Regionalmacht also weiter stärken.
Die Japanische Expansionspolitik fand in den 1930er Jahren eine Fortsetzung. Die Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 traf Japan besonders hart, weil das Land in seiner Energieversorgung und durch den eigenen Export (Ausfuhr von Erzeugnissen) vom Ausland abhängig war. Der amerikanische und europäische "Protektionismus" (Maßnahmen eines Staates zum Schutz des eigenen Handels) drängte Japan dazu, sich woanders neue Märkte und Rohstoffquellen zu erschließen.
Japan im Zweiten Weltkrieg
Zwischen 1931 und 1936 kam es zu einer ähnlichen innenpolitischen Entwicklung wie zeitgleich in einigen europäischen Ländern wie Italien und dem Deutschen Reich, wo diktatorisch geführte autoritäre Staaten entstanden. Japans Armee annektierte quasi ohne Rücksprache mit der Regierung im Jahr 1931 die chinesische Mandschurei, um hier den "unabhängigen" Staat Mandschukuo einzurichten, welcher von 1932 bis 1945 bestand hatte.
Der letzte chinesische Kaiser Pu Yi wurde 1934 Kaiser von Mandschukuo. Die USA erkannten diesen neu gegründeten Staat allerdings nicht an. Der Völkerbund verurteilte die japanische "Annektion" ("gewaltsame Inbesitznahme") und setzte die Mitgliedschaft Japans im "Völkerbund" (nach dem Ersten Weltkrieg gegründete Vorgängerorganisation der Vereinten Nationen) aus. Japan sah sich nun im Krieg mit den europäischen und US-amerikanischen Kolonialstaaten und setzte seinen Eroberungsfeldzug fort.
Ab 1937 eroberte die japanische Armee den Nordosten Chinas bis hin zu den weiter südlich gelegenen Städten Shanghai und Nanjing, 1938 sogar die südchinesische Stadt Kanton (auch Guangzhou genannt). Gegen die chinesische Bevölkerung gingen die japanischen Invasoren mit unvorstellbarer Gewalt vor, was bis heute tiefe Spuren in der chinesischen Gesellschaft hinterlassen hat. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verbündete sich Japan mit dem nationalsozialistischen Deutschland und Italien. Japan besetzte nach dem Rückzug von Franzosen und Holländern Indochina (das heutige Vietnam), Niederländisch-Indien (Vorläufer der Republik Indonesien), Malaysia, Myanmar (auch Birma genannt), Teile Neuguineas und die Philippinen.
Am 7. Dezember 1941 griffen japanische Kampfflugzeuge die in Pearl Harbour stationierte US-amerikanische Pazifikflotte an. Die USA nahmen diesen Vorfall zum Anlass, selbst aktiv in die Kriegshandlungen des Zweiten Weltkriegs einzugreifen. Im "Pazifikkrieg" wurde Japan anschließend immer weiter zurückgedrängt, bis es im August nach dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki im August des Jahres 1945 kapitulierte. Anschließend erklärte noch Russland den Krieg und annektierte die Kurilen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das japanische Staatsgebiet wieder auf eine Größe wie zum Ende des 19. Jahrhunderts zusammengeschrumpft.
Wiederaufbau und jüngere Geschichte
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Japan ein völlig zerstörtes Land, welches langsam wieder aufgebaut werden musste. Japans Militärapparat wurde zunächst komplett abgeschafft, die "Kriegsverbrecher" stellte man vor Gericht - gegen mehrere hundert Offiziere wurde die Todesstrafe verhängt. Die USA richteten militärische Stützpunkte in Japan ein und machten das Land zu einem strategischen Partner im Kalten Krieg mit der Sowjetunion. 1947 wurde eine neue Verfassung verabschiedet.
Mit der neuen Verfassung ist die politische und militärische Macht des japanischen Kaiser praktisch nicht mehr gegeben - er ist nur mehr Symbol des Staates. Die offizielle Besetzung Japans durch die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs (organisiert durch den US-General Douglas MacArthur) endete im Jahr 1952 durch die Verabschiedung eines Friedensabkommens. Wie in Deutschland wurde eine neue Verteidigungsarmee aufgestellt, welche von den USA gelenkt wurde. Im "Koreakrieg" (1950 bis 1953) operierten die US-Streitkräfte von japanischem Boden aus.
In den 1950er und 1960er Jahren kam es in Japan wieder zu einem starken Wirtschaftswachstum und zu einem schnellen Anstieg des Lebensstandards weiter Teile der Bevölkerung. 1973 wurde die japanische Wirtschaft durch die internationale Ölkrise stark getroffen, denn als rohstoffarmes aber stark industrialisiertes Land ist Japan vom Ölimport hochgradig abhängig. Trotzdem begann die Wirtschaft in den 1970er Jahren weiter zu wachsen.
Dieser Trend kehrte sich in den 1980er Jahren um. Die Aufwertung der japanischen Währung Yen gegenüber dem Dollar ab 1985 spielte bei dieser Umkehr eine Rolle. Das Platzen einer Spekulationsblase im Jahr 1990 führte zu einer folgenschweren Finanzkrise, welche sich in den 1990er Jahren zu einer politischen Krise ausweitete und die japanische Staatsverschuldung weiter in die Höhe schraubte. Erst im neuen Jahrtausend ist Japans wirtschaftliche Lage wieder stabiler.
Katastrophe nationalen Ausmaßes ereignete sich im März 2011, als infolge des Tohoku-Erdbebens am 11. März ein Tsunami die elektrische Versorgung des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi beschädigte. Reaktorkerne und Brennstäbe konnten nicht mehr ausreichend gekühlt werden, so dass es zu einer Unfallserie mit mehreren Kernschmelzen kam. Mehrere zehntausend Menschen mussten "evakuiert" ("umgesiedelt") werden, die Natur ist in weitem Umkreis radioaktiv verstrahlt.
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