von Björn Pawlak
Nach der totalen Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 gab es zunächst zahlreiche willkürliche Verhaftungen und klare Rechtsbrüche im Inneren - die Verfassung der "Weimarer Republik" wurde außer Kraft gesetzt, die Grundrechte wurden abgeschafft, politische Gegner wurden in so genannten Konzentrationslagern festgesetzt und Mitglieder der "SA" ("Sturmabteilung") und der "SS" ("Schutzstaffel") verübten gewalttätige Übergriffe. Dennoch stabilisierte sich die innenpolitische Lage in den folgenden Monaten und Jahren wieder. Es war nicht sofort ersichtlich, dass der politische Umbruch in Deutschland auch zwangsläufig zu einem Krieg führen würde.
Der neue "Führer" Adolf Hitler und seine Bewegung hatten durchaus Rückhalt bei der deutschen Bevölkerung - trotz allen Unrechts, das in dieser Zeit schon geschah. Bei vielen Deutschen kam an, dass die wirtschaftliche Not abnahm und außenpolitisch mit mehr Erfolg als zuvor der Versuch unternommen wurde, deutsche Interessen durchzusetzen - Deutschland sollte auch nach Ansicht vieler Bürger wieder "vereinigt" und "stark" sein.
Viele Deutsche, die unter den neuen politischen Umständen noch "Karriere" machen wollten oder Angst davor hatten, ihre gesellschaftliche Stellung zu verlieren, traten jetzt in die NSDAP ein oder bezeugten zumindest ihre Zustimmung für die nationalsozialistische Bewegung.
Hitler konnte in einer Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs und des außenpolitischen Erfolgs - Deutschland rüstete militärisch wieder auf - auch solche Maßnahmen durchsetzen, die bei der Mehrheit der Deutschen eigentlich keinen Rückhalt hatten.
"Rassengesetze" und neue militärische Stärke
Im Jahr 1935 wurden die "Nürnberger Gesetze" verabschiedet, auch danach folgten Schritt für Schritt weitere Verordnungen, die die Rechte vieler Menschen beschnitten. Mit diesen Gesetzesänderungen verankerten die Nationalsozialisten erstmals ihre rassistischen (fremdenfeindlichen) und antisemitischen (judenfeindlichen) Vorstellungen im deutschen Recht - das "Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" etwa verbot die Eheschließung Deutscher mit Juden, "Zigeunern" und "Negern".
Im Rahmen der Nürnberger Gesetze wurden alle jüdischen Beamte ihres Amts enthoben, jüdische Ärzte und Rechtsanwälte verloren ihre Zulassungen. Außerdem wurde festgelegt, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nur noch denen zustehen sollte, die "deutschen oder artverwandten Blutes" seien. Nach den Kommunisten wurden jetzt also auch die Juden in Deutschland verfolgt und entrechtet - zumindest hatte dieser Prozess nun begonnen. Da in vielen deutschen Familien jüdische Verwandtschaftsverhältnisse bestanden, führten die neuen Regelungen zu viel Unzufriedenheit - immerhin fühlten sich viele Juden dem Selbstverständnis nach zugleich auch als Deutsche, plötzlich sollten sie an den Rand gedrängt werden. Später wurde jüdischer Besitz beschlagnahmt und man begann damit, jüdische Bürger aus dem Land zu weisen und in Konzentrationslagern festzuhalten.
Um auch außenpolitisch gerüstet zu sein, brauchte Hitler unbedingt die Unterstützung der deutschen Armee, die damals "Reichswehr" hieß. Die NSDAP hatte sich mit der SA selbst eine Art Armee aufgebaut, welche auch den Ehrgeiz besaß, die alte deutsche Armee zu ersetzen. Zwischen Reichswehr und SA kam es 1934 zum Konflikt - die Reichswehr duldete den Machtanspruch der SA nicht und versagte Hitler die Unterstützung, falls er diese nicht einschränken würde. Hitler ließ daraufhin die Führungsspitze der SA festnehmen und hinrichten - offiziell hieß es dazu, dass man einem Umsturzversuch der SA vorbeugen musste (man sprach vom "Röhm-Putsch", benannt nach dem "SA-Stabschef" Ernst Röhm).
In der Folge ließen sich die Angehörigen der Reichswehr auf Hitler als "höchsten Befehlshaber" vereidigen, der Name der Armee wurde nun in "Wehrmacht" umgetauft. Hitler war jetzt auch militärischer Führer und trieb als solcher den Aufbau einer starken Streitkraft voran. Die Schaffung von militärisch bedeutenden Erzeugnissen kurbelte wiederum die Wirtschaft an - so etwa die Herstellung von "Rüstungsgütern" (Waffen, Fahrzeuge, Flugzeuge, Panzer), aber auch der Aus- und Neubau von Flughäfen und Autobahnen. 1935 wurde die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt, 1936 verkündete die Partei den "Vierjahresplan" - Deutschland sollte innerhalb von vier Jahren seine "Kriegsfähigkeit" erlangen. Auch außenpolitisch fand man Verbündete - es kam zu einer Annäherung mit dem italienischen Diktator Benito Mussolini ("Achse Berlin-Rom"), im Spanischen Bürgerkrieg unterstützte die deutsche "Legion Condor" 1936 die Truppen des späteren spanischen Diktators Francisco Franco.
Nationalsozialistische "Propaganda"
Gleich im Jahr 1933 war das "Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda", unter dem Vorsitz von Joseph Goebbels, eingerichtet worden - von hier aus sollte die nationalsozialistische Propaganda gesteuert werden. Das Wort "Propaganda" kommt vom lateinischen Verb "propagare", das bedeutet "ausbreiten". Gemeint ist eine schriftliche, mündliche und bildliche Verbreitung von Meinungen und Ideen - mit dem Zweck, andere davon zu überzeugen. Die Nationalsozialisten selbst sprachen von "Gleichschaltung" und meinten damit, die "Volksgemeinschaft" der Deutschen nach der neuen politischen Ordnung auszurichten.
Alle "Medien" wurden nun vom Propagandaministerium geprüft - vor allem Zeitungspresse, Rundfunk, Film, Theater und Bücher. Die nationalsozialistisch zensierten und auch produzierten Medien verkauften den Deutschen eine "heile Welt", die man dem Führer Adolf Hitler zu verdanken habe. ("Zensur" ist die Kontrolle und Unterdrückung kritischer und unerwünschter Inhalte.) Daneben setzte sich die nationalsozialistische Regierung natürlich auch selbst propagandistisch in Szene - so zum Beispiel mit viel Aufwand bei den Olympischen Sommerspielen des Jahres 1936 in Berlin, die auch im Ausland Deutschlands neue "Größe" zum Ausdruck bringen sollten.
Viele deutsche Filme aus dieser Zeit thematisierten nicht etwa den Nationalsozialismus selbst oder später den Krieg, sondern setzten auf scheinbar unpolitische und heitere Unterhaltung - so zum Beispiel die deutschen "Heimatfilme". Die nationalsozialistische Propaganda sollte das Gefühl der Menschen zerstreuen, in gefährlichen und bedrohlichen Zeiten zu leben. Die Zeitungen durften nur zu bestimmten Themen unterschiedliche Meinungen vertreten - manche Nachrichten waren tabu, andere hingegen mussten verbreitet werden. So konnte man den Schein einer freien Presse aufrechterhalten und zugleich die öffentliche Meinung lenken. Die Partei benutzte außerdem die relativ neue Rundfunktechnik - das Radio wurde zentral gesteuert und erreichte mit Leichtigkeit die Massen, die Hitler auf diesem Weg direkt ansprach.
Nationalsozialistischer Nachwuchs in der "Hitlerjugend"
Um den jüngeren Deutschen die nationalsozialistische Gesinnung näher zu bringen, wurden entsprechende "Jugendbewegungen" unter dem Dach der "HJ" ("Hitlerjugend") gegründet - die gesamte deutsche Jugend sollte auf künftige "Pflichten" vorbereitet werden. Bis 1939 waren alle Jugendlichen gezwungen, sich dieser Organisation anzuschließen. Das "Deutsche Jungvolk" ("DJ") nahm Jungen im Alter zwischen zehn und 14 Jahren auf, Mädchen im selben Alter gingen zum "Jungmädelbund" ("JM"). Im Alter zwischen 14 und 18 Jahren kamen die Jungen zur eigentlichen Hitlerjugend, Mädchen in den "Bund Deutscher Mädel" ("BDM").
Die Partei prägte in Gestalt dieser Jugendgruppierungen die von ihr idealisierten und starren Geschlechterrollen - Mädchen sollten auf ihre spätere Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet werden, bei den Jungs hingegen wurden soldatische Fähigkeiten wie "Tapferkeit", "Willensstärke" und "Kameradschaft" gefördert. Die Jugendgruppen trugen Uniformen und funktionierten nach dem Prinzip "Jugend wird von Jugend geführt” - von klein auf sollten die Kinder lernen, sich in eine strenge Rangordnung einzugliedern. Die Hitlerjugend verbrachte ihre Zeit mit Märschen, Paraden, Wanderungen, Fahrten, Zeltlagern und Geländespielen - spielerisch begeisterte man schon Kinder für das Militärwesen, auch "körperliche Ertüchtigung" (also Sport) stand dabei im Mittelpunkt. Man vermittelte ein nationalsozialistisches Wertesystem, das von den jungen Menschen unkritisch verinnerlicht wurde. Im späteren Krieg wurden der Hitlerjugend dann auch ganz direkt militärische Aufgaben übertragen, so dienten Jugendliche zum Beispiel als "Flak-Helfer" - "Flak " steht für "Fliegerabwehrkanone", es ging also um das Abwehren von Luftangriffen.
"Sudetenkrise" und "Münchner Abkommen"
Ab 1935 begannen sich die deutschen Grenzen wieder nach außen zu verschieben - 1935 entschied sich die Bevölkerung des Saargebiets per Volksabstimmung für den Anschluss an das Deutsche Reich (diese Vorgehensweise war bereits 1919 vereinbart worden). Ein klarer Bruch mit dem "Versailler Vertrag" war dann allerdings der Einmarsch deutscher Truppen in Österreich im Jahr 1938 - der größte Teil der österreichischen Bevölkerung begrüßte die "Wiedervereinigung" mit Deutschland.
Tatsächlich war Österreich in den Grenzen der 1930er-Jahre zuvor nicht Teil des im Jahr 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreichs, sondern Teil des riesigen Vielvölkerstaates "Österreich-Ungarn". Davor gehörte Österreich zunächst zum "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation" (bis 1806), zwischen 1815 und 1866 dann zum "Deutschen Bund". Nach der Zerschlagung Österreich-Ungarns im Rahmen der Neuordnung nach dem Ersten Weltkrieg lag es aus Sicht der deutschstämmigen Österreicher nahe, einen Anschluss an das Deutsche Reich zu erstreben.
Hitler berief sich auf das "Selbstbestimmungsrecht der Deutschen" und kam damit durch. Das mächtige England und gezwungenermaßen auch das schwächere Frankreich machten Zugeständnisse an Hitlers Außenpolitik. Insbesondere der englische Premierminister Neville Chamberlain verfolgte eine "Appeasement-Politik" ("Appeasement" bedeutet "Beschwichtigung") - die Angliederung Österreichs wurde akzeptiert, nun strebte Hitler jedoch noch weitere Grenzverschiebungen an. In den Randgebieten der Tschechoslowakei - vor allem im Sudetenland - lebten ungefähr drei Millionen Deutsche, auch hier kam es nun zu einer Abspaltungsbewegung ("Sudetenkrise"). Die außenpolitischen Vertretungen Deutschlands, Italiens, Englands und Frankreichs trafen sich 1938 diesbezüglich zu Verhandlungen. Ergebnis war das "Münchner Abkommen", das die Tschechoslowakei dazu verpflichtete, die deutschsprachigen Gebiete an Deutschland abzutreten - Hitler hatte sich erneut durchgesetzt. Er ging jedoch noch weiter, ließ die Wehrmacht auch in die "Rest-Tschechei" einmarschieren und gliederte sie als "Protektorat Böhmen und Mähren" ins Deutsche Reich ein.
Nationalsozialistischer Terror in der "Reichskristallnacht"
Ebenfalls noch vor Kriegsbeginn kam es zum ersten Mal offen zum Terror gegen die jüdische deutsche Bevölkerung, die ja schon zuvor durch eine neue Rechtsordnung - etwa durch die Nürnberger Gesetze - benachteiligt, entrechtet und zurückgedrängt worden war. Anlass im Jahr 1938 war ein Attentat des 17-jährigen polnischen Juden namens Herschel Grynszpan auf einen deutschen Diplomaten in Paris - Familienangehörige Grynszpans waren zuvor aus Deutschland vertrieben worden. SA, SS und die "Geheime Staatspolizei"
Schon vor der Reichskristallnacht war es zu Massenabschiebungen und Enteignungen jüdischer Mitbürger gekommen. Nach der Reichskristallnacht verschärfte Hitler seinen Ton und sprach auf dem nächsten Parteitag der NSDAP offen von der "Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa" und von der Zerschlagung des "internationalen Finanzjudentums". Das öffentliche Ansehen Deutschlands in der Welt war nach den Vorfällen rund um die Reichskristallnacht erheblich beschädigt. Chamberlains "Appeasement-Politik" sah man zunehmend als gescheitert an, viele ausländische Unternehmen kündigten ihre Handelsverträge mit Deutschland. Es war offensichtlich geworden, dass die deutschen Zustände völlig auf die schiefe Bahn geraten waren.
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