Der Mensch und das Erdöl - Teil 2

Vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart

Teil 2 von 2

von Björn Pawlak

Im Vergleich zum Ersten Weltkrieg hatte die technische Entwicklung noch einmal einen gewaltigen Sprung gemacht, so dass dem Erdöl im Zweiter Weltkrieg eine noch bedeutendere Rolle als zuvor zukam. Die moderne Kriegsführung in der Luft, im Wasser und zu Land funktionierte ohne Benzin quasi überhaupt nicht. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg orientierten sich weltpolitische Entwicklungen am Faktor Öl.

Deutscher U-Boot-Krieg: Im Zweiten Weltkrieg versuchten die deutschen U-Boote vergeblich, die US-amerikanischen Öltanker zu versenken, um so den Treibstoffnachschub Großbritanniens zu unterbinden. (Quelle: Deutsches Bundesarchiv || Wikipedia)

Das Deutsche Reich hatte aufgrund der Lage und des verlorenen Ersten Weltkriegs nach wie vor keinen Zugang zum Öl, dafür allerdings große Kohlevorkommen. Im Ersten Weltkrieg interpretierte man den Sieg der Alliierten auch als Zeichen der Überlegenheit des Erdöls gegenüber der Kohle. Der erfolglose deutsche Feldzug nach Russland hatte auch etwas mit den Ölfeldern in Baku und im Kaukasus zu tun, welche die Nationalsozialisten gerne in Besitz genommen hätten.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs zeigte sich einmal mehr die Überlegenheit der Alliierten, die auf einer besseren Versorgung mit Treibstoff beruhte. Wie schon im Ersten Weltkrieg entschied der Kriegseintritt der USA den Ausgang des Krieges, US-amerikanisches Öl sicherte außerdem den Treibstoffnachschub Großbritanniens. Die deutschen U-Boote hatten zunächst zwar alle US-amerikanischen Tanker unter Beschuss genommen und auch einige versenkt, mithilfe von Flugzeugen und Radaranlagen schlugen die Alliierten dann jedoch entscheidend zurück.

Widerstand gegen britische und US-amerikanische Ölkonzerne

Irans Präsident Mohamad Mossadegh wurde mithilfe der Geheimdienste gestürzt, nachdem er die iranischen Erdölquellen verstaatlichen ließ. (Quelle: Wikipedia)

Nach wie vor kam die technische Entwicklung in den westlichen Industrieländern mit großen Schritten voran, auch wenn im zerstörten Europa erst einmal die Jahre des Wiederaufbaus anbrachen ("Marshallplan"). Beides setzte große Mengen an Erdöl voraus - das noch wenige Jahre zuvor spottbillige Gut blieb auch nach dem Kriegsende knapp. In den USA wurde erstmals mehr Öl verbraucht als gefördert - nicht zuletzt deswegen kam den Ölfeldern im Nahen Osten (Saudi-Arabien, Kuwait, Irak, Iran) eine immer größere Bedeutung zu.

Das weltweite Geschäft mit dem Erdöl wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von sieben hauptsächlich britischen und US-amerikanischen Ölkonzernen beherrscht, die inoffiziell auch unter dem Namen "Seven Sisters" ("Sieben Schwestern") bekannt wurden. Einige Länder wollten sich nicht mehr damit zufrieden geben, dass diese Konzerne Erdöl förderten, ohne dafür eine ausreichende Entschädigung zu leisten.

So waren die USA etwa in Mexiko (dort war es 1917 zur "Mexikanische Revolution" gekommen) was das Erdöl anging außen vor, nachdem dieses verstaatlicht wurde. Venezuela forderte von den US-Konzernen mehr Geld - ein Konflikt der bis in die Gegenwart reicht (Venezuelas Präsident Hugo Chávez ließ die venezolanischen Ölfelder mittlerweile verstaatlichen und hat sich so den Unmut seitens der USA zugezogen). In Saudi-Arabien, in Kuwait und im Irak mussten die ölfördernden Konzerne ebenfalls deutlich mehr als zuvor für das Öl bezahlen.

Im Iran hingegen kam es zum Konflikt, nachdem der iranische Premierminister Mohammed Mossadegh sich für die Verstaatlichung aller Ölfelder ausgesprochen hatte und den Ölkonzern BP des Landes verwies. Die USA und Großbritannien nutzten ihre Geheimdienste, um einen Sturz Mossadeghs herbeizuführen und den ihnen ergebenen zuvor aus dem Land geflohenen persischen "Schah" ("König") Mohammed Reza Pahlavi zurück an die Spitze des Staates zu bringen. Die geheimdienstliche Beteiligung wurde später als "Operation Ajax" bekannt. Nach dem gleichen Muster versuchten die USA noch zahlreiche weitere Male, ihnen unliebsame Entwicklungen in anderen Ländern zu unterbinden.

Niedrige Ölpreise und die Gründung der "OPEC"

Hauptgebäude der "OPEC" in Wien: Die Organisation wurde gegründet, um die Interessen der Erdöl fördernden Länder zu vertreten. (Quelle: Wikipedia)

In den 50er und 60er Jahren hielt der Ölboom trotz des Wunsches nach Selbstbestimmung seitens der erdölfördernden Länder ungemindert an. Noch immer wurden zahlreiche neue Ölquellen entdeckt, Erdöl galt eindeutig als Energielieferant der Zukunft (anders als die Kohle). Die Zahl der Automobile stieg noch immer stark an, vor allem in Europa, dass durch die beiden Weltkriege bedingt noch Nachholbedarf hatte. In den Haushalten ging man dazu über, die Heizungen mit Öl zu betreiben. Die Preise für das Öl blieben weltweit recht niedrig, auch weil die Sowjetunion ihr Erdöl billig auf dem Weltmarkt anbot.

Bereits 1960 war die "OPEC"/"Organisation erdölexportierender Länder" beziehungsweise auf Englisch "Organization of Petroleum Exporting Countries" gegründet worden. Die OPEC hat ihren Sitz in der österreichischen Hauptstadt Wien und dient der Absprache der Fördermengen der Mitgliedsländer untereinander. Dadurch soll verhindert werden, dass die Preise durch zuviel Öl auf dem Weltmarkt einbrechen. Heute (Stand 2010) gehören Algerien, Angola, Libyen, Nigeria, der Irak, der Iran, Katar, Kuwait, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ecuador und Venezuela der OPEC an.

1973 kam es in dieser Entwicklung allerdings zu einem Bruch - man spricht von der ersten "Ölkrise". Die arabischen Förderländer waren mittlerweile in eine Position gekommen, die es ihnen erlaubte, die Preise für das Erdöl deutlich nach oben zu schrauben. Anlass war der "Jom-Kippur-Krieg" zwischen Ägypten und Syrien auf der einen und Israel, das von den USA mit Waffen beliefert wurde, auf der anderen Seite.

Die beiden Ölkrisen der 1970er Jahre

Ruine einer Tankstelle: Während der Ölkrisen wurde die am Weltmarkt gehandelte Ölmenge knapp - die Preise stiegen und die Wirtschaft erlebte einen Abschwung. (Quelle: Gerhard Fraßa || pixelio.de)

Die arabischen Ölminister kamen zu einer Übereinkunft und beschlossen, rund zehn Prozent des geförderten Öls vom Markt zu nehmen ("Ölschock"). Die Verknappung sorgte nicht nur für einen Preisanstieg, sondern auch zu einem Wirtschaftsabschwung in den vom Öl so abhängigen Industriestaaten.

Zwar konnte man teilweise neue Ölfelder erschließen (zum Beispiel in der Nordsee), dennoch musste man sich zusätzlich neue Energiequellen suchen (die Atomenergie kam nun in Mode) oder den Energieverbrauch herabsetzen (in Deutschland etwa wurden autofreie Sonntage und ein Tempolimit auf den Autobahnen beschlossen). Erst ab 1976 erholte sich die Weltwirtschaft wieder.

Die zweite Ölkrise ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Im Iran war es im Jahr 1979 zur "Islamischen Revolution" gekommen - an der Spitze des neuen "Gottesstaates" stand der "Ajatollah" (das ist der Titel für das höchste religiöse Amt) Ruhollah Chomeini. In dieser Zeit setzte die Ölförderung im Iran - damals das zweitgrößte Erdöl fördernde Land - ganz aus. Die Weltmarktpreise für Erdöl stiegen nun um ein Dreifaches an (34 Dollar pro Barrel).

Dann brach auch noch der sich bis 1988 hinziehende Krieg zwischen dem Irak und dem Iran aus, so dass deren Ölförderung schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der Ölpreis stieg weiter (auf 42 Dollar pro Barrel). Die weltweite Industrie bemühte sich einigermaßen erfolgreich um andere Energiequellen, schließlich ging die Nachfrage nach dem Öl der OPEC-Staaten wieder zurück. Die Preisentwicklung kehrte sich langsam um - 1985 sank der Preis pro Barrel Öl wieder unter zehn Dollar.

"Golfkriege" der USA und steigende Ölpreise

Das Burgan-Ölfeld (Kuwait) in Flammen: 1991 kam es zum Ersten Golfkrieg - das Erdöl im Nahen Osten ist von großer strategischer Bedeutung und Grund genug für Kriege. (Quelle: Wikipedia)

Schon zwei Jahre nach dem Waffenstillstand mit dem Iran befand sich der Irak schon wieder im Krieg. Iraks Diktator Saddam Hussein beschloss den Einmarsch im Nachbarland Kuwait, was zum Auslöser für den von den USA geführten "Ersten Golfkrieg" wurde. Die USA griffen die irakischen Truppen aus der Luft an und zwangen sie zum Rückzug. Die innerirakischen Aufstände der Schiiten und Kurden gegen das diktatorische Regime blieben erfolglos, nachdem die US-Streitkräfte die Kampfhandlungen abbrachen.

2001 folgte der "Zweite Golfkrieg". Innerhalb eines Monats war das Regime gestürzt, Hussein wurde zum Tode verurteilt. Die USA kontrollieren hier also wieder die strategisch so wichtigen Ölquellen, auch wenn die Erdölförderung im vom Bürgerkrieg zerrütteten Land nur schwer aufrechtzuerhalten ist.

Aktuell ist auch der Iran, der mutmaßlich in den Besitz der Atombombe zu gelangen versucht, in den Fokus eines von den USA geführten Krieges geraten - möglich, dass auch hier das strategische Interesse an den Ölfeldern eine Rolle spielt. In Afrika leidet besonders Nigeria unter den dort vorhandenen großen Ölvorkommen - hier haben die ölfördernden Konzerne der Umwelt schwere Schäden zugefügt, das Öl war Grund für bürgerkriegsähnliche Konflikte. Auch anderswo birgt das Öl Gefahren - Venezuela zum Beispiel, das seine Ölquellen verstaatlicht hat, steht seitdem im Fokus US-amerikanischer Machtdemonstration (2002 gab es einen Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Chávez - es gibt zahlreiche Hinweise für eine Verwicklung der US-Regierung).

Im neuen Jahrtausend ist der Preis für das Erdöl noch einmal kräftig gestiegen - nachdem er bereits bei weit über 100 Dollar pro Barrel stand, hat er sich momentan bei einem Wert von rund 80 Dollar eingependelt (Stand 2010). Die aufstrebenden Wirtschaftsmächte Indien und China haben einen immer größeren Ölverbrauch zu verzeichnen. Noch sind die Quellen nicht versiegt, aber man vermutet, dass das weltweite Ölvorkommen endlich ist und bereits in wenigen Jahren aufgebraucht sein könnte. Technologisch stellt sich für die Industrie also die Frage, wie man die Abhängigkeit vom Erdöl beenden könnte.

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letzte Aktualisierung: 15.10.2012

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