von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak - 15.06.2010
Schon seit fast zwei Monaten dauert die Katastrophe im Golf von Mexiko an, noch immer ist das Leck im Meeresboden nicht geschlossen - von hier entweichen Tag für Tag mehrere Millionen Liter Erdöl. Das Leck entstand durch die Explosion der Ölbohrplattform "Deepwater Horizon", die zwei Tage brannte und am 22. April 2010 im Meer versank. Dem verantwortlichen Ölkonzern "BP" ("British Petroleum") ist es noch immer nicht gelungen, das in 1.500 Metern Tiefe liegende Bohrloch abzudichten. Mittlerweile handelt es sich um eine der größten Umweltkatastrophen in der Geschichte der USA.
Die Plattform Deepwater Horizon wurde erst 2001 gebaut, um das so genannte "Macondo-Ölfeld" im Golf von Mexiko anzuzapfen - es ging allerdings noch nicht um die eigentliche Förderung von Öl, sondern um Bohrungen (das Öl sollte später von einer anderen Plattform aus gefördert werden). Der Standort von Deepwater Horizon befand sich rund 65 Kilometer südöstlich der Küste des US-Bundesstaates Louisiana.
Bei einer Bohrung der Deepwater Horizon in mehr als 5.000 Metern Tiefe kam es zu einem so genannten "Blowout" (Englisch für "Ausbruch") - bei einem Blowout treten Erdöl und Erdgas unkontrolliert aus dem Bohrloch aus und drohen sich zu entzünden. Normalerweise soll ein "Blowout Preventer" genanntes Sicherheitsventil in der Leitung verhindern, dass Gas eindringen kann, indem es die Rohrleitung notfalls verschließt.
Im Fall von Deepwater Horizon versagte dieses Sicherheitsventil jedoch und so entzündete sich das in großer Menge und unter hohem Druck austretende Erdgas, was dann die Explosion der Plattform und ihren Untergang verursachte. Elf Menschen kamen bei der Explosion ums Leben, über hundert weitere mussten teils schwer verletzt von der brennenden Plattform geborgen werden.
Das Öl sickert nun aus einem Leck im aufgerissenen Steigrohr, das sich in etwa 1.500 Metern Tiefe am Meeresgrund befindet. 80 Prozent des ausgetretenen Öls befindet sich unsichtbar für den ersten Blick unter Wasser - deswegen war man zuerst davon ausgegangen, dass die Ausmaße der Katastrophe deutlich kleiner sind. Aber auch der auf der Wasseroberfläche schwimmende Ölteppich hatte bereits nach wenigen Tagen Ausmaße von mehreren Tausend Quadratkilometern. Je nach Strömung und Windverhältnissen ändert er seine Form und breitet sich dabei immer weiter aus.
BP trägt die Verantwortung
Verantwortliches Unternehmen für die Bohrungen der Deepwater Horizon war der Ölkonzern BP, der jetzt auch bei der Lösung der Katastrophe eingebunden ist. Betrieben wurde Deepwater Horizon eigentlich von der auf Ölbohrungen spezialisierten Firma Transocean (Sitz in der Schweiz), die auch Besitzer der Plattform ist. BP hatte mit Transocean einen Vertrag über die Nutzung von Deepwater Horizon für eigene Zwecke abgeschlossen.
Für BP ist es bereits der dritte Unfall in den letzten fünf Jahren: Im Jahr 2005 explodierte eine Erdöl weiterverarbeitende "Raffinerie" (das Wort ist französischen Ursprungs und bedeutet soviel wie "Verfeinerungsanlage") in Texas City, im folgenden Jahr 2006 lief Öl aus einer Rohrleitung ("Pipeline") in Alaska aus. Die Regierung der USA macht BP für die aktuelle Katastrophe direkt verantwortlich und fordert vom Konzern ein, für den Säuberungsaufwand aufzukommen und beschädigten dritten Parteien eine Entschädigung zu zahlen.
Noch ist überhaupt nicht abzusehen, wie groß die Ausmaße der Katastrophe sein werden. In den USA wird nun darüber diskutiert, ob der Staat die Ölindustrie schärfer kontrollieren sollte - die Ölindustrie gilt in den USA als mächtiger politischer Faktor. Außerdem stellt man die Frage, ob Ölbohrungen in einer solchen Tiefe wie im Golf von Mexiko nicht zu riskant sind - kleinere Unfälle gab es nämlich auch vorher schon immer wieder. Angesichts der aktuellen Katastrophe hat das Thema nun eine riesige Aufmerksamkeit in den Medien.
Warum ist das Öl eine Gefahr für die Umwelt?
Nach dem Austreten von soviel Erdöl kann es Monate oder sogar Jahre dauern, bis Land und Meer wieder gesäubert sind. Giftige Rückstände bleiben noch viel länger im Meerwasser und gelangen in die Nahrungskette der im Meer lebenden oder von ihm abhängigen Tiere.
Das im Meer lebende "Plankton" (im Wasser treibende Organismen) und andere Kleinstlebewesen brauchen zum Leben Sauerstoff - im durch Erdöl verunreinigten Wasser sinkt der Sauerstoffgehalt um fast ein Drittel. Den größeren Fischen und Meeressäugetieren wie Delphinen wird somit die Nahrungsgrundlage entzogen. Im Golf von Mexiko hat man mittlerweile ein großräumiges Fischfangverbot ausgesprochen.
Katastrophal sind auch die Auswirkungen in betroffenen Küstenregionen für die dort lebenden Tiere - zum Beispiel für brütende Vögel wie Seeschwalben oder Fischreiher. Man kennt die Bilder von ölverschmierten Pelikanen, die von Umweltschützern aufgesammelt und gesäubert werden - dennoch überlebt kaum eines dieser Tiere.
Auch bei Menschen wirkt sich die Ölkatastrophe aus - Betroffene leiden an Atemproblemen, gereizten Augen und Schmerzen im Kopf- und Brustbereich. In Louisiana erkrankten bereits an die hundert im Küstenbereich lebende Menschen. In den US-Bundesstaaten Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida fürchten die Menschen außerdem, dass infolge der Katastrophe gewisse Wirtschaftsbereiche wie der Fischfang und der Tourismus einbrechen werden - inzwischen hat man in den vier Bundesstaaten den "Notstand" ausgerufen.
Was wurde unternommen, um das Leck zu schließen?
BP hat riesige Probleme damit, das Leck zu schließen. Man operierte mit Robotern in der Tiefe, die das aufgerissene Rohr reparieren sollten - der Versuch misslang. Dann versuchte man, das Leck mit einer schweren Stahlkuppel abzudecken, um so das austretende Öl aufzufangen - auch dieser Versuch schlug fehl, weil sich in der Stahlkuppel Eiskristalle bildeten, die das Absaugrohr verstopften. Auch der Versuch, das Leck mit Schlamm und Gummiteilen zu verstopfen erwies sich als wirkungslos ("Top Kill-Verfahren").
Zwar gelingt es dem Konzern mittlerweile, einen Teil des austretenden Öls abzusaugen und in einen Tank auf einem Schiff zu befördern - der Großteil des Öls fließt allerdings weiterhin ins Meer. BP versucht derweil, das Bohrloch mit Zement zu versiegeln. Ziel ist es, dies spätestens bis August zu bewerkstelligen. Für die Versieglung sind weitere Bohrungen nötig, die aufgrund der Wassertiefe höchste Präzision erfordern. Die zusätzlichen Bohrlöcher dienen dazu, die Dichtungsmasse unterhalb des leckgeschlagenen Bohrlochs einzuspritzen.
An die Wasseroberfläche gelangtes Öl kann teilweise vom Wasser abgeschöpft werden - das ist allerdings recht mühsam und braucht seine Zeit. Zusätzlich hat BP Öl auf der Oberfläche auch angezündet - Nachteil ist eine nicht zu unterschätzende Luftverschmutzung, außerdem erschwert der Wellengang den Prozess. BP setzt zudem Chemikalien ein, die das Öl zersetzen können - Problem ist auch hier die Umweltverträglichkeit. Durch die Strömung kann das Öl weit von der Unfallstelle abgetrieben werden - sowohl an der Oberfläche (dort auch durch den Wind), als auch in den tieferen Wasserschichten.
Möglicherweise könnte der Ölteppich auch aufs offene Meer im Atlantischen Ozean hinausgetrieben werden. Irgendwann verwittert Erdöl auf natürliche Art und Weise, aber das dauert eben seine Zeit. Man schätzt im Moment, dass es bis mindestens Herbst dauern wird, um die größten Umweltschäden, soweit es überhaupt möglich ist, zu beseitigen. Daneben gibt es langfristige Folgen, die nicht wieder gut zu machen sind.
Hinweis zum Copyright: Die private Nutzung unserer Webseite und Texte ist kostenlos. Schulen und Lehrkräfte benötigen eine Lizenz. Weitere Informationen zur SCHUL-LIZENZ finden Sie hier.
Wenn dir ein Fehler im Artikel auffällt, schreib' uns eine E-Mail an redaktion@helles-koepfchen.de. Hat dir der Artikel gefallen? Unten kannst du eine Bewertung abgeben.