19.11.2015
Die Stadt Paris wurde am 13. November 2015 von schrecklichen Terroranschlägen erschüttert, bei denen über 130 Menschen starben und hunderte Menschen verletzt wurden. In einem Zeitraum von nur 36 Minuten fanden an unterschiedlichen Orten der französischen Hauptstadt mehrere Explosionen und Schießereien statt. Die zeitliche und örtliche Nähe der Anschläge legt nahe, dass sich die Terroristen gemeinsam abgesprochen haben. Die radikale Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) hat die Verantwortung für die Anschläge übernommen. Was sind die Hintergründe?
Von den Anschlägen betroffen waren die Pariser Vorstadt St. Denis und der 10. und 11. Arrondissement (Stadtbezirk) der französischen Hauptstadt. Die Angriffe begannen am Freitagabend um 21:17 Uhr. Zu dieser Zeit waren nicht nur viele Menschen in den Kneipen und Restaurants der Stadt unterwegs, um gemeinsam das Wochenende einzuleiten. Es fanden auch zahlreiche Konzerte und das Fußball-Freundschaftsspiel zwischen den beiden Nationalmannschaften von Frankreich und Deutschland statt. Millionen von Zuschauern vor dem Fernseher erlebten in der 17. Spielminute live mit, wie eine Explosion im Hintergrund des Spiels zu hören war. Vier Minuten später konnte man sogar eine zweite Explosion ausmachen.
Wie sich später bei den Ermittlungen der Polizei herausstellte, haben drei Terroristen zu diesem Zeitpunkt versucht, in das Stade de France zu gelangen, in dem das Fußballspiel stattfand. Sie verfolgten das Ziel, sich auf den Tribünen des Stadions in die Luft zu sprengen. Stattdessen wurden sie von den Ordnern vor dem Stadion aufgehalten und am Betreten des Stadions gehindert. Die Terroristen zündeten vor dem Eingang ihren Sprengstoff. Neben den drei Terroristen starb ein weiterer Mensch. Die Ordner verhinderten eine noch größere Katastrophe.
Gewalt und Terror in Bars, Restaurants und im Theater
Ab 21:25 Uhr stürmten zudem weitere Terroristen mehrere Bars, Cafés und Restaurants in Paris. Einige der Angreifer schossen durch die Fenster, andere auf Menschen, die sich direkt vor den Restaurants befanden. Bei den Schießereien in der Rue Alibert wurden 14 Menschen getötet, in der Rue de Charonne fielen ihnen 19 Menschen zum Opfer. In der Rue de la Fonatine-au-Roi wurden Schüsse aus einem Auto abgefeuert, durch die fünf Menschen starben. Einige Minuten später sprengte sich zudem ein weiterer Selbstmordattentäter in der Nähe des Place de la République in die Luft.
Zum schlimmsten Übergriff der Anschlagsreihe kam es im Bataclan-Theater, in dem die US-amerikanische Rockband "Eagles of Death Metal" gerade ein Konzert vor 1.500 Zuschauern gab. Drei Terroristen drangen ins Theater ein, feuerten mit Maschinengewehren in die Menge und warfen Handgranaten ins Publikum. Dabei wurden viele Konzertbesucher von ihren Waffen getötet, andere nahmen die Täter als Geiseln. Erst nach über zwei Stunden stürmte die Polizei das Theater. Sie konnte jedoch noch zahlreiche Menschen retten. Einer der drei Terroristen wurde bei der Stürmung erschossen, die beiden anderen zündeten ihre Sprengstoffwesten und töteten sich selbst. Mindestens 89 Menschen sollen alleine im Bataclan-Theater gestorben sein.
Die Anschläge von Paris waren die ersten Selbstmordattentate von Terroristen auf französischem Boden. Bei ihnen handelt es sich um die verheerendsten und schlimmsten terroristischen Anschläge in Europa seit den Bombenexplosionen auf Nahverkehrszüge in der spanischen Hauptstadt Madrid im Jahre 2004.
"Islamischer Staat" bekennt sich zu den Anschlägen
Verantwortlich für die Anschlagsserie von Paris wird die Terrororganisation mit dem Namen "Islamischer Staat" (abgekürzt "IS") gemacht, die im Internet ein Video veröffentlichte, in dem sie sich zu den Angriffen bekannte. Die radikal-islamische Organisation beherrscht große Gebiete im Irak, in Syrien und in Libyen und handelt nach einer strengen und heutzutage überholten Auslegung des Korans, der Heiligen Schrift des Islams, und der Scharia, des religiösen Gesetzes der Moslems.
Die Einstellung des IS ist sehr extrem und meilenweit vom Glauben der meisten Moslems weltweit entfernt. Der IS verachtet nicht nur Andersgläubige und Andersdenkende, er versucht diese auch gewaltsam zu bekämpfen. Menschen, die in den vom IS kontrollierten Gebieten leben, werden in ihrem Alltagsleben sehr stark eingeschränkt und müssen sich der Organisation unterordnen. Ansonsten haben sie um ihr Leben zu fürchten. Dazu gehören die Unterdrückung von Frauen, die Verfolgung Andersgläubiger, Völkermord, Sklaverei oder die Zerstörung von antiken Kulturdenkmälern. Gewalt ist dabei das Mittel, das der Islamische Staat nutzt, um seine Ansichten durchzubringen und Andersdenkende zu bekämpfen. Bereits am Vortrag der Pariser Anschläge verübte der IS beispielsweise in der libanesischen Hauptstadt Beirut einen Terroranschlag, der 43 Menschenleben forderte. Auch im Vormonat, am 10. Oktober, wurden bei einem Anschlag des IS auf einer Friedensdemonstration in Ankara in der Türkei 102 Menschen getötet.
Der IS führt in Syrien einen erbarmungslosen Krieg gegen den aktuellen Machthaber Baschar al-Assad und gegen andere dort lebende Minderheiten, wie zum Beispiel die Kurden. Vor diesem Krieg flüchteten bereits Millionen von Menschen aus Syrien - auch zu uns nach Mitteleuropa.
Was vor den Anschlägen geschah
Die Franzosen hatten in den Wochen und Monaten vor den Anschlägen von Paris, auch zusammen mit den US-Amerikanern und Russen, über 1.000 Luftangriffe auf die Gebiete des Islamischen Staates durchgeführt, mit dem Ziel, die Organisation zu zerschlagen. Diese militärischen Angriffe sind vermutlich einer der Gründe dafür, dass sich die Terroristen die französische Hauptstadt als ein Ziel für ihre Anschläge ausgesucht haben. Dies war zudem nicht der erste Terror des Islamischen Staates in Frankreich. Bereits im Januar 2015 hatte der IS einen Anschlag auf die Pariser Satirezeitschrift "Charlie Hebdo“ durchgeführt, bei dem elf Menschen getötet worden waren.
In dem im Internet veröffentlichten Video geben Vertreter des IS an, dass sie die westliche Lebensart verachten und ihr Anschlag den Menschen Europas galt. Unsere Gesellschaft, die demokratische Werte wie Freiheit und Gleichheit vertritt, steht im kompletten Gegensatz zu den Vorstellungen des IS. Diese Terroristen wollen jeden, der nicht wie sie selbst denkt, mit allen Mitteln bekämpfen.
Noch ist nicht ganz klar, welche Reaktionen der französische Staatspräsident François Hollande und seine Bündnispartner, wozu auch die USA, Russland und die Staaten der Europäischen Union wie Deutschland gehören, zeigen werden. Es wird zum Beispiel diskutiert, ob sie in Syrien in einen Krieg gegen den IS ziehen - einem solchen Krieg stehen jedoch viele Menschen und auch einige Politiker in Europa kritisch gegenüber. Dabei beruft sich das französische Außenministerium auf den 42. Artikel des Vertrages über die Europäische Union. Dieser besagt, dass im Falle eines militärischen Angriffes auf das Staatsgebiet eines Mitgliedsstaates der EU die anderen Mitgliedsstaaten ihm jegliche Unterstützung bieten müssen. Dazu würde auch die Zusammenarbeit bei militärischen Einsätzen zählen, so dass Länder wie Deutschland oder Großbritannien verpflichtet sind, Frankreich bei einem Krieg in Syrien zu unterstützen. Doch ob dieser Artikel wirklich angewandt werden kann, wird von den Politikern noch diskutiert.
Allen voran die rechte Gruppierung Pegida und die politisch rechts gerichtete Partei AfD ("Alternative für Deutschland") greifen die deutsche Flüchtlingspolitik scharf an. Aber auch Politiker anderer Parteien im Bundestag wie der CSU üben Kritik am Kurs der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mittlerweile von einer "Willkommenskultur" spricht. Sie tritt dafür ein, die deutschen Grenzen verstärkt für Flüchtlinge zu öffnen, damit hunderttausende Menschen in Deutschland Asyl suchen können. Kritiker dieser Politik führen an, dass mit den Flüchtlingsströmen auch islamistische Terroristen nach Mitteleuropa kommen könnten. Natürlich ist eine vollständige Kontrolle darüber, was für Menschen als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, nur schwer möglich. Befürworter einer Politik, die für die verstärkte Hilfe und Aufnahme von Flüchtlingen in Europa eintritt, halten dagegen, dass die Menschen eben gerade vor dem Terror und der Gewalt des Islamischen Staates nach Mitteleuropa flüchten. Sie betonen, dass die flüchtenden Menschen - unter ihnen viele Frauen und Kinder - aus großer Not, Verzweiflung und Angst um ihr Leben aus ihrer Heimat fliehen und viel mehr Unterstützung durch die reicheren Länder Europas benötigen würden, welche ihre Grenzen in den vergangenen Jahren nach außen hin immer stärker dicht gemacht haben.
Wie steht es um die Sicherheit in Europa?
Die Sicherheitslage in den europäischen Staaten ist sehr angespannt. Am 17.11. führten Hinweise der Polizei dazu, dass das Fußball-Länderspiel zwischen den deutschen und niederländischen Nationalmannschaften in Hannover aus Sicherheitsgründen 90 Minuten vor dem Anpfiff abgesagt wurde.
Einerseits sorgen in Deutschland die Polizei, die Bundespolizei, aber auch die Geheimdienste wie der Bundesnachrichtendienst dafür, dass die Organisation und Absprache weiterer Terroranschläge in vielen Fällen verhindert werden kann. Der vermehrte Einsatz von Polizisten und strengere Kontrollen an den Grenzen, an Bahnhöfen und in Flughäfen haben auch zur Folge, dass Terroristen die Möglichkeit erschwert wird, einen Anschlag durchzuführen. Andererseits kritisieren viele Menschen, dass zu viele Kontrollen und eine erhöhte Anwesenheit von Polizisten in unserem alltäglichen Leben das Land immer mehr zu einem Überwachungs- und Polizeistaat machen würden. Dabei handelt es sich um einen Staat, der die Freiheit der Menschen stark einschränkt, sich nicht mehr an Grundrechte oder die Regeln der Verfassung hält und in dem die Polizei einen zu großen Einfluss ausübt.
In den Tagen nach den Anschlägen in Paris wurden in mehreren europäischen Ländern strengere Kontrollen und Untersuchungen durch die Polizei durchgeführt. Bei einer Razzia, also einer polizeilichen Fahndung, in der belgischen Gemeinde Molenbeek bei Brüssel wurden mehrere Personen unter Terrorverdacht festgenommen. Man geht davon aus, dass diese mit dem Angriff auf das Bataclan-Theater zu tun hatten. Ein Mietwagen mit belgischem Kennzeichen, der neben dem Theater aufgefunden wurde, wies auf diese Personengruppe hin. Am Morgen des 18. Novembers wurden zudem bei einer Razzia in St. Denis weitere sieben Terrorverdächtige festgenommen. Bei der Schießerei zwischen den Polizisten und den Terroristen kamen während der Razzia drei Menschen ums Leben.
Mit den Anschlägen von Paris wollen der IS und die Terroristen vor allem eines erreichen: Den Menschen der "westlichen Welt", die in einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft leben wollen, Angst einzujagen und Einfluss auf ihren Alltag zu nehmen. Nicht zuletzt deswegen ist es in den westlichen Staaten entscheidend, sich möglichst nicht von den Terroristen einschüchtern zu lassen und einen normalen Alltag leben zu können.
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