Der "Islamische Staat" (IS) - Terror gegen "Ungläubige"

Was steckt hinter der radikal-islamischen Terrorarmee?

09.07.2015

Wenn von den Kriegen im Nahen Osten die Rede ist, geht es immer öfter auch um eine Organisation, die den Namen "Islamischer Staat" (abgekürzt "IS") trägt. Der IS kämpft mit äußerster Brutalität gegen Andersgläubige und will nach eigenen Aussagen auf dem Gebiet der Staaten Syrien und Irak einen "islamischen Gottesstaat" errichten. Was bedeutet das und was steckt hinter der Terrorgruppe?

Militärische Kämpfer des "Iranischen Staates" in al-Anbar im Irak (Quelle: IS)

Der IS, der für viele Gewalttaten verantwortlich ist, ist eine radikal-islamische Terrorgruppe, die seit 2003 aktiv ist. Bis 2014 hieß die Organisation noch ISIS, das ist die Abkürzung für "Islamischer Staat im Irak und in Syrien". Diese wurde 2006 offiziell im Irak gegründet, doch bereits ab 2003 gab es Vorläufer-Gruppierungen des "Islamischen Staates". Schon vor Jahren hatten sich die Anführer des ISIS das Ziel gesetzt, auf den Staatsgebieten des Iraks und Syriens einen islamischen Gottesstaat zu errichten.

Die Anführer des IS sind strenggläubige Moslems, die gegen Andersgläubige gewaltsam vorgehen. Es handelt sich um religiöse Fanatiker, die der Gruppe der Sunniten angehören, das ist die größte Glaubensgemeinschaft des Islam. Ungläubige sind in den Augen dieser radikalen Sunniten nicht nur Christen, Juden oder Menschen, die keiner Religion angehören. Der IS verfolgt und tötet vor allem Moslems, die eine andere Glaubensrichtung vertreten, und hat insbesondere den Schiiten den Kampf angesagt, die die zweitgrößte Glaubensgruppierung des Islam darstellen.

So wie es im Christentum Katholiken und Protestanten gibt, gibt es auch im Islam verschiedene Glaubensrichtungen. Sunniten und Schiiten stehen sich unversöhnlich gegenüber. Der Konflikt zwischen den beiden größten Glaubensgruppen des Islam wurde immer wieder gewaltsam ausgetragen und reicht weit in die Vergangenheit zurück. Diese Feindschaft wurde in den vergangenen Jahrzehnten oft für politische Ziele missbraucht. So führte der schiitische Iran gegen den sunnitisch regierten Irak mehrere Kriege und auch das reiche sunnitische Saudi-Arabien finanzierte Kriege gegen Schiiten, welche wiederum vom Iran unterstützt wurden. Der Irak wurde jahrelang von sunnitischen Politikern geführt, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung Schiiten sind. Auch der ehemalige irakische Diktator Saddam Hussein war Sunnit.

Der radikale IS ging aus verschiedenen irakischen Widerstandsorganisationen hervor, die nach dem Überfall der USA auf den Irak gegen die US-Truppen kämpften. Nach dem Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein und seiner Hinrichtung im Jahre 2006 gründeten Anhänger und ehemalige Generäle der irakischen Armee eine radikale sunnitische Untergrundorganisation, die sich den Namen ISIS gab. Der ISIS bekam in den nächsten Jahren weiteren Zulauf, weil viele Iraker mit der neuen schiitischen Regierung unzufrieden waren. Viele Sunniten fühlten sich unterdrückt und meinten, dass ISIS ihre Interessen besser vertreten könne.

Streben nach einem streng religiösen Staat

Eine Vorläufer-Organisation des IS wird für den Bombenanschlag auf das ehemalige Canal Hotel in Bagdad 2003 verantwortlich gemacht, bei dem 22 Menschen getötet und über 100 verletzt wurden. (Quelle: United States Air Force )

Die Ziele der Organisation waren von Anfang an die Bekämpfung der "Ungläubigen", also der US-amerikanischen Besatzer und der schiitischen Regierung des Iraks, sowie die Errichtung eines so genannten "Kalifats" auf dem Staatsgebiet von Syrien und dem Irak. Als Kalifat bezeichnet man einen islamischen Gottesstaat, in dem ein Kalif die Macht hat. Der Begriff Kalif kommt aus dem Arabischen und bedeutet so viel wie "Statthalter" oder "Stellvertreter". Ein Kalif ist also der höchste Vertreter oder Nachfolger des Propheten Mohammed. 2014 rief der IS sein Kalifat aus. Als Kalif präsentierte die Organisation den Iraker Abu Bakr al-Baghdadi. Der 44-Jährige ist nach eigener Aussage Doktor der islamischen Religionswissenschaft. Als Kalif ist er der offizielle Herrscher über das Kalifat.

Da ein Kalifat keine festgelegten Grenzen hat, wie zum Beispiel die Staaten in Europa, ist es möglich, das Gebiet ständig zu erweitern. Dieses Ziel hat sich auch der ISIS auf seine Fahne geschrieben und heißt daher seit 2014 nur noch IS, also Islamischer Staat. Damit soll deutlich gemacht werden, dass nicht nur Irak und Syrien erobert werden sollen, sondern auch noch andere Regionen. Gegenwärtig versucht der IS, die von ihm beherrschten Gebiete zu erweitern. Die Organisation kämpft deshalb auch in Nordafrika, im Jemen, in Afghanistan, Pakistan oder Nigeria.

Schnelle Eroberung großer Gebiete

Kurdische Jesiden suchen im August 2014 in einem Flüchtlingslager in Dschabal Sindschar im Nordirak Schutz vor der Gewalt des IS. (Quelle: Flickr.com/ DFID (CC BY 2.0))

Der IS konnte in den vergangenen Monaten große militärische Erfolge feiern. Das liegt vor allem daran, dass die staatliche Ordnung im Irak und in Syrien so gut wie zusammengebrochen ist. Der Irak ist nach dem militärischen Einfall der USA immer noch ein zerstörtes Land, in dem die Regierung äußerst schwach ist. Seit 2011 sind zudem die meisten der US-Besatzungstruppen aus dem Irak abgezogen. In Syrien herrscht Bürgerkrieg. Dort kämpfen vom Ausland unterstützte religiöse Fanatiker gegen Präsident Baschar al-Assad. Der syrische Staat kontrolliert nur noch etwa die Hälfte des Landes. In den anderen Landesteilen bekämpfen sich verschiedene Gruppen von Aufständischen gegenseitig. Große Teile des einstmals blühenden Landes sind verwüstet.

Außerdem befinden sich in den Reihen des IS viele ehemalige Soldaten der irakischen Armee, die gegen die US-Armee gekämpft haben. Diese IS-Kämpfer sind gut ausgebildet und kampferfahren. Daher konnten die Kämpfer des IS schnell militärische Erfolge erzielen. So eroberten sie 2014 große Gebiete im Irak und in Syrien. Im Irak besetzten sie fast ohne Gegenwehr große Städte wie Mossul oder Ramadi. Ihr nächstes großes Ziel heißt Bagdad, die Hauptstadt des Iraks. Auch in Syrien wollen die Krieger die Hauptstadt Damaskus erobern. Dort kämpfen sie aber nicht nur gegen syrische Regierungstruppen, sondern auch gegen andere verfeindete Terroristen.

Brutale Hinrichtungen und Zerstörung von Kulturgütern

Im Juli 2014 zerstörte der IS die schiitische Moschee des Propheten Jona in der irakischen Stadt Mossul. (Quelle: Roland Unger/ Creative Commons (CC BY-SA 3.0))

Auf seinem Eroberungszug hinterlässt der IS eine Spur des Schreckens. Die sunnitischen Fanatiker ermorden alle, die sich ihnen entgegenstellen. Viele Hinrichtungen werden per Video aufgezeichnet und später von den IS-Mördern ins Internet gestellt. IS-Kämpfer sollen Angehörige anderer Terrorgruppen, syrische Soldaten und Zivilisten ermordet und gefoltert haben. Auch grausame Strafen wie Verstümmelungen oder Kreuzigungen hat der IS angeordnet. Das soll bei den Gegnern des IS Angst und Schrecken verbreiten.

Dass dieses Prinzip funktioniert, kann man daran sehen, dass auch viele Menschen in Europa von den Taten schockiert sind und immer mehr Menschen Angst vor dem Islam haben. Wegen der unmenschlichen Brutalität des IS haben ihn sogar radikal-islamische Al-Kaida-Führer kritisiert. Aber nicht nur "Ungläubige" werden vom IS verfolgt und ermordet. Die sunnitischen Islamisten zerstören auch religiöse Heiligtümer. Mit Bulldozern oder Panzern reißen die IS-Kämpfer immer wieder antike Statuen im Irak oder in Syrien nieder oder zerstören historische Ausgrabungsstätten, weil diese nicht in ihr extremes Weltbild passen. Der Zerstörungswut der IS-Kämpfer fallen schiitische Moscheen, christliche Kirchen oder Grabstätten aus dem Mittelalter zum Opfer.

Straff organisiert und reich

Im August 2014 demonstrieren in Hannover rund 11.000 Menschen gegen die Gewalt des IS und fordern internationale Unterstützung. (Quelle: Bernd Schwabe in Hannover/ Creative Commons (CC BY-SA 3.0))

Die Organisation ist schon lange keine kleine Terrorgruppe mehr, sondern inzwischen eine militärische Großmacht. Insgesamt soll der IS etwa 10.000 bewaffnete Mitglieder haben. Der IS ist nach Angaben westlicher Geheimdienste die reichste Terrororganisation der Welt. Ein Großteil des Geldes verdient der IS mit dem Verkauf von Erdöl, das in den eroberten Gebieten gefördert wird. Außerdem hat die Terrororganisation durch ihre Raubzüge viel Geld erbeutet. Allein bei der Eroberung der zweitgrößten irakischen Stadt Mossul sollen die IS-Kommandeure im Zentralbankgebäude umgerechnet über 300 Millionen Euro erbeutet haben. Hinzu kommt, dass die Terrororganisation von reichen Sunniten Spenden bekommt. Vor allem aus Saudi-Arabien sollen Millionen von Dollar fließen.

Der IS hat neben einer straffen militärischen Organisation auch andere Lebensbereiche streng geregelt. Grundlage dafür ist die so genannte Scharia, das islamische Gesetz. So sind Drogen, Alkohol und Zigaretten streng verboten. Auch das sichtbare Tragen von Waffen wurde unter Strafe gestellt. Ebenso sind Versammlungen verboten. Bei Verstößen gegen diese Regeln drohen harte Strafen. So wird zum Beispiel Dieben die Hand abgehackt. Weitere Strafen der Scharia sind Auspeitschungen oder die Hinrichtung durch Steinigung oder Köpfen. Polizisten und Soldaten, die sich nicht ergeben, droht ein solches Schicksal.

Der Westen sucht Verbündete gegen IS

Anschlag des Anti-IS-Bündnisses auf eine Position des IS im syrischen Kobanê im Herbst 2014 (Quelle: United States Government )

Weil der IS seine Macht immer weiter ausbaut, stellt er auch eine Gefahr für andere Länder dar. Die Situation ist aber schwieriger als gedacht. Denn viele arabisch-sunnitische Länder wie Saudi-Arabien unterstützten den IS am Anfang. Als er immer stärker wurde, bekamen diese Staaten aber Angst, das der IS auch sie selbst angreifen könnte. Der IS wurde also zu einer Gefahr für seine ehemaligen Unterstützer. Zwar sind die meisten dieser Länder auch sunnitisch geführt wie der IS. Die IS-Terroristen haben aber angekündigt, dass sie die arabischen Könige und Emire stürzen wollen, da nur der Kalif des IS der wahre Herrscher sein könne.

Deshalb haben sich nun verschiedene Staaten verbündet, um den IS zu bekämpfen. Zu diesen Staaten gehören Katar, Bahrain, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Jordanien. Diese arabischen Länder sind zwar untereinander auch verfeindet. Weil der IS aber als große Gefahr gilt, wollen sie gemeinsam gegen diese Terrororganisation kämpfen. Zusammengehalten werden sie dabei von den USA, die ebenfalls ein großes Interesse haben, den IS zu vernichten.

Außerdem hoffen die USA, dass durch die arabischen Verbündeten der internationale Protest nicht so stark sein wird. Denn eine Erlaubnis von den Vereinten Nationen (UN), in Syrien den IS zu bekämpfen, haben die USA nicht. Trotzdem fliegt die US-Luftwaffe gemeinsam mit arabischen Flugzeugen Bombenangriffe gegen IS-Stellungen in Syrien und im Norden Iraks. Damit soll der Vormarsch des IS gestoppt werden. Außerdem wollen die westlichen Staaten auch arabische und kurdische Soldaten gegen den IS in Stellung bringen. So hat US-Präsident Obama angekündigt, in Syrien Soldaten auszubilden und auszurüsten, die sowohl gegen den IS als auch gegen den syrischen Präsidenten in den Kampf ziehen sollen.

Deutschland will kurdische Einheiten gegen den IS unterstützen. So wurden die so genannten Peschmerga-Kämpfer mit militärisch unter anderem mit Maschinenpistolen und Panzerabwehrlenkraketen (PALR) für den Kampf gegen den IS ausgerüstet. Außerdem sind bis zu hundert Bundeswehrsoldaten im Norden des Iraks, um die kurdischen Kämpfer an den deutschen Waffen auszubilden.

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letzte Aktualisierung: 22.09.2015

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