von Andreas Fischer - 30.12.2006
Am 6. November war Saddam Hussein wegen seiner zahlreichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt worden. Am 26. Dezember bestätigte ein irakisches Berufungsgericht das Todesurteil gegen Saddam und zwei seiner Gefolgsleute. Ein erneutes Berufungsverfahren war nicht möglich. Der frühere irakische Diktator Saddam Hussein ist am frühen Samstagmorgen (30.12.2006) hingerichtet worden. Saddam soll in einem Brief an seine Familie geäußert haben, dass er froh sei, als Märtyrer durch "die Hände seiner Feinde" zu sterben.
Dagegen kritisierten sowohl "Amnesty international" als auch die Menschenrechtsbewegung "Human Rights Watch", dass der Prozess gegen Saddam fehlerhaft, unfair und beeinflusst gewesen sei. Zudem bezeichneten sie die Todesstrafe generell als "unmenschlich".
Der italienische Außenminister Massimo D'Alema sieht in der Hinrichtung Saddam Husseins eine Gefahr für den Versöhnungsprozess im Irak. Er sprach sich deutlich gegen das Urteil aus: "Als Italiener und als Europäer sind wir gegen die Todesstrafe".
Vorwurf: "Kein fairer Prozess gegen Saddam"
Im April 2003 besiegten Streitkräfte unter US-Führung die irakische Armee, somit war die Diktatur Saddam Husseins beendet. Der Prozess gegen ihn und noch sieben seiner engsten Vertrauten begann am 19. Oktober 2005. Die Anklage lautete auf Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Seine Gegner erschwerten schon kurz nach Prozessbeginn das Verfahren, als einer seiner Rechtsanwälte entführt und ermordet wurde. Aber auch Saddam zeigte vor Gericht von Anfang an keine Reue.
Laut dem Bericht der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" soll es in dem Verfahren gegen Saddam und die sieben weiteren Angeklagten zahlreiche schwerwiegende Form- und Verfahrensfehler gegeben haben. Der Bericht ist nach zehnmonatigen Beobachtungen und verschiedenen Gesprächen mit Richtern, Anwälten und Verteidigern entstanden. Der Autor des Berichts Nehal Bhuta sagte, dass das Todesurteil nach einem unfairen Prozess "unseriös" und "nicht zu rechtfertigen" sei.
Insgesamt zweifelte man die Unparteilichkeit der Richter an, die durch die irakische Regierung beeinflusst worden sein sollen. Es wären wichtige Beweise und entlastendes Material für Saddam der Verteidigung nicht zugänglich gemacht worden. Zudem sei das Recht des Beschuldigten, seinen Belastungszeugen gegenüber zu treten, missachtet worden.
Todesurteil für den Ex-Diktator
Saddam Hussein war am 6. November zum Tode durch Erhängen verurteilt worden. In einem weiteren Verfahren musste er sich wegen der in den 80er Jahren begangenen Massaker an vielen Kurden verantworten.
Der einstige Diktator wurde von US-Soldaten einige Monate nach dem Angriff auf den Irak in einem Erdloch in der Nähe seiner Heimatstadt Tikrit gefunden. Er wurde inhaftiert und offiziell an ein Bagdader Gericht übergeben. Neben Saddam Hussein wurden noch zwei weitere der Angeklagten zum Tode verurteilt: Sein Halbbruder "Barsan Ibrahim", der damals Geheimdienstchef war und "Awad Hamed al-Bandar", der frühere Vorsitzende des Revolutionsgerichts. Die anderen Beschuldigten erhielten hohe Haftstrafen, nur einer von ihnen wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
Zu Beginn der Verhandlung weigerte sich Saddam Hussein noch, vor dem Richter aufzustehen und musste von Wachleuten dazu gezwungen werden. Er erklärte vor Gericht, weiterhin Staatspräsident des Iraks zu sein. Außerdem behauptete er, dass er unschuldig sei. Während der Sitzung versuchte der ehemalige irakische Präsident unentwegt, den Richter mit Zwischenrufen zu unterbrechen. Als das Gericht das Urteil verkündete, rief Saddam laut in den Saal, "Gott ist groß", "Lang lebe die Nation" und "Tod ihren Feinden". Saddam hatte während des Prozesses den Wunsch geäußert, im Falle eines Todesurteils nicht erhängt, sondern erschossen zu werden.
Reaktionen auf das Urteil: Begeisterung, Zustimmung und massive Kritik
Das Todesurteil Saddams Anfang November löste sehr unterschiedliche Reaktionen aus: In Bagdad und anderen Regionen des Iraks, in denen Saddam Hussein noch viele Anhänger hat, herrschte am Tag der Urteilsverkündung Ausgangssperre. Damit sollten Unruhen innerhalb der Bevölkerung verhindert werden. Trotz der Sperre stürmten Schiiten auf die Straßen, um das Urteil zu feiern. In Tikrit dagegen zogen rund 1.000 Sunniten durch die Stadt und drohten damit, ihren Volkshelden zu rächen.
In der westlichen Welt gehen die Ansichten zur Todesstrafe für Saddam weit auseinander: Die US-Regierung begrüßte das Urteil gegen den irakischen Ex-Diktator. Außenministerin Condoleezza Rice sprach von einem "Triumph über die Herrschaft der Angst". Auch in Großbritannien fand das Urteil Zustimmung: Die britische Außenministerin Magret Beckett sieht die Todesstrafe für Saddam Hussein als gerechtfertigt an. Bundeskanzlerin Merkel sprach sich deutlich gegen das Urteil aus, ebenso wie Spaniens Ministerpräsident Zapatero.
Romano Prodi, Ministerpräsident von Italien, vertritt die vorherrschende Meinung in der EU: "So grausam ein Verbrechen auch sei, so wendet sich doch unsere Tradition und unsere Ethik vom Gedanken der Todesstrafe ab." Die UN-Menschenrechtskommission hatte vergeblich an die irakischen Behörden appelliert, die Vollstreckung des Urteils auszusetzen.
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