von Britta Pawlak
Ethik kennst du sicher als Schulfach. Dort diskutiert ihr zum Beispiel über Themen wie Menschenwürde, Freiheit, Toleranz und andere Werte des menschlichen Zusammenlebens. Ethik ist ein Teilgebiet der Philosophie, das sich mit dem "rechten" menschlichen Handeln befasst. Das Wort leitet sich von dem altgriechischen "ethos" ab, das man mit Gewohnheit, Sitte und Brauch übersetzen kann. Mit dem Begriff ist aber auch die Art und Weise gemeint, wie jemand sein Leben führt. Der griechische Denker Sokrates (469-399 vor Christus) rückte die Fragen der Ethik erstmals in den Mittelpunkt der Philosophie. Aristoteles (384-322 vor Christus) führte die Ethik schließlich als eigenständige philosophische Disziplin ein.
Die grundlegende ethische Fragestellung lautet: "Was soll ich tun?" oder "Wie verhalte ich mich richtig?". Dabei geht es um Maßstäbe eines guten und gerechten Verhaltens und die Probleme und Konflikte, die sich aus den verschiedenen Interessen der einzelnen Menschen ergeben. Entscheidend sind dabei nicht nur die Taten des Menschen, sondern auch seine Absichten und die Gründe für sein Verhalten. So werden Lügen allgemein eher negativ bewertet - aber was ist, wenn die Wahrheit jemanden sehr verletzen oder ihm schaden würde? Oft ist es nicht einfach zu sagen, wie man sich in einer Situation verhalten soll.
Wenn dir beispielsweise ein guter Freund ein Geheimnis anvertraut, wäre es unfreundschaftlich, es auszuplaudern. Was ist aber, wenn auch ein Dritter betroffen ist und vielleicht davon erfahren sollte? Ist das Versprechen, das du deinem Freund gegeben hast, wichtiger? Oder fühlst du dich der anderen Person gegenüber verantwortlich? Hast du Angst, etwas zu sagen, weil dein Freund Ärger bekommen könnte - oder weil er am Ende wütend auf dich ist? Hältst du dich lieber heraus, weil du denkst, dass es nicht dein Problem ist? Bestimmt denkst du jetzt, dass die Entscheidung von der genauen Situation abhängig ist - etwa von der Frage, um was es sich handelt und mit welchen Konsequenzen das eine oder andere Verhalten verbunden wäre. Bei unseren Taten müssen wir ständig berücksichtigen, welche Folgen für uns und andere Beteiligte zu erwarten sind - bewerten wir unser eigenes Glück höher oder die Verantwortung für unsere Mitmenschen und unsere Umwelt? In manchen Situationen erscheint keine unserer Handlungsmöglichkeiten als "moralisch gut", da jede von ihnen mit negativen Konsequenzen verbunden ist - dann haben wir das Gefühl, in der "Zwickmühle" zu sitzen, und wissen nicht weiter.
Was besagt der "kategorische Imperativ"?
Da es teilweise so schwer ist zu entscheiden, welche Handlung die "richtige" ist, geben sich die Philosophen, die sich mit ethischen Fragestellungen auseinandersetzen, selten mit einfachen Lösungen zufrieden. Schwierig ist es aber nun, Werte und Handlungsrichtlinien festzulegen, die man verallgemeinern kann. Der deutsche Philosoph Immanuel Kant hat beispielsweise den berühmten "kategorischen Imperativ" formuliert. Demnach ist Moral der eigene Wille jedes Einzelnen: Er muss die Regeln seines Handelns selbst bestimmen, aber danach beurteilen, ob sie verallgemeinerbar sind und von allen befolgt werden könnten/ sollten. Grundsätzlich sollte man andere nicht so behandeln, wie man selbst nicht behandelt werden will. Das alleine reicht aber nicht aus: Die Regeln, die unserem Handeln zugrunde liegen, müssen dabei stets auf die Allgemeinheit übertragen werden können - dahinter steckt also die Frage: Was wäre, wenn alle so handeln würden?
Die philosophische Richtung, die sich mit der Begründung und Gültigkeit von moralischen Werten und Maßstäben befasst, nennt man auch "Moralphilosophie". Die Ethik thematisiert das "moralische Handeln" grundsätzlich, fragt nach seinen Richtlinien und Bewertungsmöglichkeiten und untersucht die Bedingungen, unter denen moralische Werte "verbindlich" sind. Im Gegensatz zur "Moral" beruft sich die Ethik nicht einfach auf naturgegebene Werte und menschliche Regeln des Handelns und Zusammenlebens, die aus Erfahrung, Gewohnheit und Tradition heraus entstanden sind oder sich für uns "richtig" anfühlen. Auch auf die Regeln des Rechtssystems oder "göttliche Gebote" der Religion greift sie nicht fraglos zurück, sondern prüft und untersucht diese. Die Ethik bewegt sich gleichzeitig auf einer so genannten "Metaebene" (das altgriechische Wort "meta" bedeutet "hinter" oder "jenseits") - gemeint ist eine höhere Stufe der Betrachtung, auf der sie nicht nur ihren Gegenstand der Untersuchung, sondern auch sich selbst und ihren eigenen Blick darauf hinterfragt.
Aus der Ethik abgeleitete philosophische Fachgebiete sind die Rechts-, Staats- und Sozialphilosophie, die sich jeweils aus ihrem Blickwinkel mit den Bedingungen des menschlichen Zusammenlebens auseinandersetzen. Gemeinsam mit der Ethik gehören sie zu der so genannten "praktischen Philosophie" - das ist der Überbegriff für alle philosophischen Richtungen, die sich mit dem menschlichen Handeln befassen.
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