Bundestagswahl 2013: Deutschland hat gewählt

Die Bundestagswahl 2013 - Teil 2

Teil 2 von 2

25.09.2013

Angela Merkel von der CDU bleibt wohl Bundeskanzlerin. Das ist das Ergebnis der Bundestagswahl vom 22. September 2013. Alleine kann ihre Partei allerdings nicht regieren und die FDP, ihr bisheriger Bündnispartner, hat so wenige Wählerstimmen bekommen, dass es nicht einmal reicht, um in den Bundestag einzuziehen. Deshalb ist immer noch offen, welche Parteien in Zukunft die Regierung stellen werden. Enttäuscht von der Wahl zeigten sich auch die SPD - die zweitgrößte Partei - sowie die Grünen, die gerne die alte Regierung abgelöst und gemeinsam regiert hätten. Dazu reicht ihr Ergebnis allerdings nicht aus. Wie geht es nun weiter?

Angela Merkel und ihre Partei gehen als eindeutige Sieger aus der Wahl hervor. Doch mit wem wird die CDU/CSU in Zukunft regieren?
Alexander Kurz, Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Insgesamt gingen am Wahlsonntag etwa 44,4 der rund 61,1 Millionen wahlberechtigten Bürger in Deutschland wählen - das entspricht einer Wahlbeteiligung von etwa 71,5 Prozent. Über 18 Millionen Wähler machten ihr Kreuz bei der CDU/CSU, das waren insgesamt 41,5 Prozent (also mehr als 40 von hundert) aller Wählerstimmen. Damit ist die Union aus CDU/CSU wieder stärkste Fraktion (Zusammenschluss) im Bundestag - so heißt das deutsche Parlament, in dem die Volksvertreter der gewählten Parteien sitzen. Man spricht von der "Union" (das heißt etwa Vereinigung), da die Stimmen der CDU und ihrer bayerischen "Schwesterpartei" CSU gemeinsam gezählt werden.

Auf Platz zwei kam die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Peer Steinbrück, allerdings erreichten die Sozialdemokraten, wie sie auch genannt werden, gerade einmal 25,7 Prozent der Stimmen. Das ist das zweitschlechteste Ergebnis, das die SPD je bei einer Bundestagswahl erzielte. Drittstärkste Kraft im Bundestag ist die Linkspartei, die auf 8,6 Prozent kam. Die Partei Bündnis90/Die Grünen mussten deutliche Verluste hinnehmen, denn sie wählten nur 8,4 Prozent der Bürger. Damit schaffte sie es auf den vierten Platz.

Die eigentliche Sensation des Wahlabends war aber das Ausscheiden der FDP aus dem deutschen Bundestag. Seit Bestehen der Bundesrepublik war die FDP eine Bundestagspartei und damit im deutschen Parlament vertreten. Das ist nun vorbei. Lediglich 4,8 Prozent der Wähler wollten, dass die so genannte "liberale" Partei auch im neuen Bundestag sitzt. Das reicht aber nicht aus, um die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Diese Hürde sorgt dafür, dass nur Parteien mit mehr als fünf Prozent in den Bundestag einziehen können, die anderen Stimmen verfallen. Da die FDP das nicht schaffte, bleibt sie nun draußen.

Bei der vergangenen Bundestagswahl 2009 hatten die Liberalen mit über 14 Prozent noch einen Rekord erzielt und das beste Ergebnis eingestrichen, das die Partei jemals erreicht hatte. Nun muss die FDP, die auch nur noch in einem Länderparlament in der Regierung sitzt, einen Neuanfang versuchen.

Kleinere Parteien ohne Chance

Die Piratenpartei, die noch vor einigen Jahren kaum jemand in der Politik ernst genommen hatte, galt zeitweise als neue Hoffnungsträgerin. Bild: Auftakttreffen der Piraten im September 2006
Erik Möller, Wikimedia Commons

Bei dieser Wahl hatten sich auch einige kleinere Parteien Hoffnungen gemacht, in den neuen Bundestag einzuziehen. Vor allem die Piratenpartei und die erst neu gegründete Alternative für Deutschland (AfD) rechneten sich gute Chancen aus. Allerdings schafften es am Ende beide nicht, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Die Piraten, die schon in mehrere Länderparlamente gewählt wurden, kamen bei der Bundestagswahl auf magere 2,2 Prozent. Kurz nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses trat Parteichef Bernd Schlömer zurück.

Die Alternative für Deutschland scheiterte mit 4,7 Prozent nur knapp. Das ist für eine neu gegründete Partei, die zum ersten Mal zur Wahl antritt, eine beachtliche Leistung. Die Grünen brauchten nach ihrer Gründung viele Anläufe, um in die Nähe der Fünf-Prozent-Hürde zu gelangen. Entsprechend gut war die Stimmung auf der Wahlparty der AfD. Als nächstes Ziel will die neu gegründete Partei die Europawahlen und die Landtagswahlen in Sachsen 2014 anpeilen.

Jubel und miese Stimmung

Peer Steinbrück von der SPD hat sein Ziel nicht erreicht. Er wollte mit seiner Partei eigentlich die alte Regierung ablösen und neuer Kanzler werden. Doch die SPD erzielte das zweitschlechteste Ergebnis, das sie jemals bei einer Bundestagswahl hinnehmen musste.
Tim Reckmann/ pixelio.de

Je nach Abschneiden ihrer Parteien waren die ersten Reaktionen der Politiker am Wahlabend ganz unterschiedlich. CDU-Chefin Angela Merkel freute sich über das Ergebnis und versprach den Wählern, damit gut umzugehen. Ihr Herausforderer Peer Steinbrück musste zugeben, nicht das Ergebnis erzielt zu haben, was er sich versprochen hatte. Nun liege der Ball aber im Spielfeld von Frau Merkel. "Sie muss sich um eine Regierungsbildung kümmern", sagte der SPD-Politiker.

Obwohl die Linkspartei Stimmen einbüßte, zeigte sie sich zufrieden mit dem Ergebnis. Die "Sozialisten" hatten offenbar mit größeren Verlusten gerechnet. Linke-Chef Gregor Gysi zeigte sich stolz: "Wer hätte das 1990 gedacht? Dass diese Partei die drittstärkste Partei der Bundesrepublik wird." Katzenjammer herrschte dagegen bei den Kollegen von Bündnis90/Die Grünen. Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte nach der Wahlniederlage: "Das wird eine schwere Zeit für uns." Politiker der FDP zeigten sich bestürzt über das geringe Interesse der Wähler an ihrer Partei. FDP-Chef Philipp Rösler sagte, das sei die bitterste und traurigste Stunde seit der Gründung der Partei. Die FDP-Minister aus der alten Regierung, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Guido Westerwelle, waren so geschockt, dass sie sich gar nicht zum katastrophalen Abschneiden ihrer Partei äußern wollten.

Rücktritte und Neuanfang

Katastrophe für die FDP, die bisher gemeinsam mit der CDU/CSU regiert hat: Sie erhielt so wenige Stimmen, dass es nicht einmal reicht, um im Bundestag vertreten zu sein. FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle (Bild) will sich aus der Politik zurückziehen und in Rente gehen.
blu-news.org, Creative Commons (CC BY-SA 3.0)

Kurz nach der Wahl gab es in den Parteien, die schlecht abgeschnitten hatten, eine Menge Unruhe. Nach dem Ausscheiden aus dem Parlament ist vor allem bei den Liberalen die Stimmung schlecht. FDP-Chef Rösler sagte, er übernehme die Verantwortung für die bittere Niederlage und trete von seinem Amt zurück. Der Spitzenkandidat der FDP, Rainer Brüderle, will sich aus der Politik zurückziehen und in Rente gehen. Alle in der FDP zeigten sich überzeugt, dass nur ein radikaler Neuanfang die Partei retten könne.

Auch bei den Grünen brodelt es nach dem enttäuschenden Abschneiden. Viele Parteimitglieder fordern eine Neuausrichtung der Partei und neue Gesichter an der Spitze. Spitzenkandidat Jürgen Trittin reagierte darauf und sagte, er wolle nicht wieder Chef der neuen Bundestagsfraktion werden. Grünen-Chefin Claudia Roth und Fraktionschefin Renate Künast wollen sich auch von ihren Parteiämtern zurückziehen und in Zukunft als einfache Abgeordnete dem Bundestag angehören. Auch die Sozialdemokraten haben keinen Grund zum Jubel, ganz so schlecht ist die Stimmung jedoch nicht. Das Ziel, die Regierung Merkel abzulösen, haben sie längst nicht erreicht und insgesamt ein schlechtes Wahlergebnis erzielt. Jedoch gab es am Wahlabend noch keine Rücktrittsforderungen an SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück oder Parteichef Sigmar Gabriel.

Schwierige Regierungsbildung

Verschiedene Parteifarben: Rot (SPD), Schwarz (CDU/CSU), Grün (Bündnis90/Die Grünen), Rot (Linkspartei) werden im Bundestag vertreten sein, Gelb (FDP) hat den Einzug nicht geschafft. Wird es in Zukunft eine schwarz-rote, schwarz-grüne oder doch rot-rot-grüne Regierung geben?
Bernd Kasper/ pixelio.de

Das Parlament tritt spätestens 30 Tage nach der Wahl das erste Mal zusammen. Normalerweise steht bis zu diesem Zeitpunkt auch schon die neue Regierung fest. Ist das nicht der Fall, so arbeitet die alte Regierung erst einmal weiter, bis eine neue gewählt wurde.

Bereits kurz nach Bekanntgabe der vorläufigen Wahlergebnisse zeigte sich, dass die Voraussetzungen für eine schnelle Regierungsbildung nicht besonders günstig sind. Das liegt daran, dass die FDP aus dem Parlament geflogen ist und nun der CDU/CSU als Regierungspartner fehlt. Die Union kann trotz des guten Wahlergebnisses nicht alleine regieren, denn dafür reichen ihre Stimmen nicht aus. Insgesamt kommen CDU und CSU im neuen Bundestag auf 311 Sitze. Die anderen Parteien haben zusammen 319 Sitze. Das bedeutet, dass die Union nicht die "absolute Mehrheit" im Bundestag hat. Dafür müsste sie 316 Abgeordnete stellen, es fehlen also fünf Sitze. Um eine neue Regierung zu bilden, muss sich die Union also eine Bundestagspartei suchen, mit der sie eine Regierung bilden kann. Dieses Regierungsbündnis zweier oder mehrerer Parteien heißt "Koalition" (das Wort kommt aus dem Lateinischen und heißt Verbindung).

Allerdings sollten die Parteien, die miteinander regieren, nicht zu unterschiedliche Ansichten haben, denn sonst könnten sie nur schwer ihre politischen Vorhaben und Ziele durchsetzen. Zwar würden theoretisch drei Parteien zur gemeinsamen Regierung mit der Union infrage kommen, aber aufgrund ihrer großen Unterschiede möchten die Parteien nicht unbedingt zusammenarbeiten. So wollte die CDU/CSU nicht mit der Linkspartei regieren und die Grünen lehnen ein Bündnis mit der Union ab, was auch einige CDU-Politiker bisher ihrerseits ausgeschlossen haben. Die CDU/CSU würde noch am liebsten mit der SPD gemeinsam regieren, die sich aber eher ablehnend zeigt. Die SPD habe die alte Regierung ablösen wollen und sei nicht zur Wahl angetreten, um der CDU zur Mehrheitsbildung zu verhelfen, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. In einer gemeinsamen Regierung mit der Union hätte die SPD deutlich weniger zu sagen als ihr Bündnispartner, da sie viel weniger Sitze im Bundestag hat. Um doch noch eine arbeitsfähige Regierung aufzustellen, führt die stärkste Fraktion, also die CDU/CSU, so genannte "Sondierungsgespräche" mit den Parteien, mit denen sie regieren möchte. In diesen Gesprächen erkunden die Parteien die Möglichkeiten und Hindernisse einer gemeinsamen Arbeit und suchen nach Kompromissen.

Minderheitsregierung oder Neuwahl?

Falls es die CDU/CSU nicht schafft, einen Bündnispartner zu finden, könnte sie auch eine Minderheitsregierung bilden. Doch dann hätte sie keine eigene Mehrheit und müsste bei Gesetzesvorhaben und Abstimmungen jeweils um Stimmen von den anderen Parteien kämpfen.
Bild links: JesterWr, Creative Commons (CC BY-SA 3.0). Bild rechts: ESMT, Creative Commons (CC BY-SA 2.0 DE)

Wenn man die Wahlprogramme der CDU/CSU einerseits und der SPD oder der Grünen andererseits vergleicht, stellt man fest, dass sich die Ziele sehr voneinander unterscheiden. Deshalb dürfte es für die Union schwer werden, einen Koalitionspartner zu finden. Um doch noch ein Regierungsbündnis zu schmieden, wird die Union also Zugeständnisse machen müssen. Das heißt, sie wird nicht alle ihre Ziele in einer gemeinsamen Regierung mit einem Partner durchsetzen können.

Große Unterschiede zwischen der Union und der SPD gibt es in der Steuerpolitik. So möchte die Union reiche Bürger entlasten, während die SPD sich dafür ausspricht, die Steuern für Reiche zu erhöhen. Auch zur Frage eines Mindestlohnes haben die Parteien völlig unterschiedliche Ansichten: Die CDU/CSU ist strikt dagegen, während die SPD fordert, gesetzlich festzuschreiben, dass der Lohn für eine Tätigkeit mindestens 8,50 pro Stunde betragen muss. Weiterhin bestehen bei Bildungsfragen deutliche Unterschiede: Die Union ist weiterhin für ein gegliedertes Schulsystem und die Förderung besonders begabter Schüler, während die SPD sich für Gesamtschulen und eine bessere Unterstützung aller Kinder ausspricht. Bei den Grünen gibt es die größten Unterschiede im Bereich Umweltschutz, etwa bei der Förderung erneuerbarer Energie wie Wind- und Solarstrom, Tierschutz - so sind die Grünen gegen Massentierhaltung - und bei den Steuern. Bei der CDU/CSU haben Umwelt- und insbesondere Tierschutz hingegen keinen hohen Stellenwert.

Falls es die Union nicht schafft, einen Bündnispartner zu finden, gibt es auch die Möglichkeit, eine Minderheitsregierung zu bilden. Bei dieser Variante hat die Regierung keine eigene Mehrheit und muss bei Gesetzesvorhaben und Abstimmungen jeweils um Stimmen von den anderen Parteien kämpfen. Angela Merkel hat aber schon kurz nach der Wahl gesagt, dass eine Minderheitsregierung für sie nicht infrage käme. Wenn sich kein Regierungspartner findet, müsse eben neu gewählt werden, sagten CDU-Politiker zur Diskussion um eine Minderheitsregierung. Das wäre dann eine neue Chance für die FDP, beim zweiten Anlauf wieder ins Parlament zu kommen und eine Neuauflage der alten Regierung zu bilden.

Erstmals Rot-Rot-Grün?

Eine weitere Möglichkeit bestünde in der Bildung einer "rot-rot-grünen Koalition", also einer Regierung aus SPD (Parteifarbe Rot), Linkspartei (auch Rot) und den Grünen (Farbe Grün). Doch auch Linkspartei-Chef Gregor Gysi (Bild) glaubt nicht, dass es dazu kommt.
Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM)/ pixelio.de

Eine weitere Möglichkeit bestünde in der Bildung einer "rot-rot-grünen Koalition", also einer Regierung aus SPD (Parteifarbe Rot), Linkspartei (auch Rot) und den Grünen (Farbe Grün). Diese Regierung hätte zwar die absolute Mehrheit im Parlament, doch bisher scheint diese Variante sehr unwahrscheinlich. In diesem Fall wäre die CDU die einzige Partei in der Opposition (so nennt man die Parteien, die im Bundestag vertreten, aber nicht an der Regierung beteiligt sind). Bei den drei Parteien ist die Übereinstimmung der Programme eigentlich am größten. Die wenigsten Probleme dürfte es zwischen SPD und Grünen geben, die im Falle eines Wahlsieges sowieso zusammen arbeiten wollten.

Doch im Hinblick auf die Linkspartei gibt es bei SPD und Grünen Vorbehalte und die SPD schloss ein Bündnis mit der Linken aus. Sie wirft der Linkspartei vor, beim Thema Eurokrise unverantwortlich zu handeln. Die Linke hatte alle "Rettungspakete" der Regierung aus CDU/CSU und FDP, im Unterschied zur SPD, abgelehnt. Außerdem spricht sich die Linke strikt gegen bewaffnete Auslandseinsätze der Bundeswehr aus und wirft den anderen Parteien vor, keine Friedenspolitik zu verfolgen. Die SPD und die Grünen finden die Haltung der Linken dagegen "nicht verantwortungsvoll". Die Linkspartei zeigte sich offen für Gespräche mit der SPD und den Grünen. Doch die Sozialisten glauben nicht, dass die SPD dieses Experiment wagt, denn dann müsste die SPD tatsächlich "sozialdemokratische Politik" machen, für die sie eigentlich einsteht, scherzte Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken.

Ergebnisse der Wahl: 71,5 Prozent der wahlberechtigten Bürger gingen wählen, 1,3 Prozent der Stimmen wurden als ungültig gezählt. Über den einzelnen Balken stehen die Stimmen in Prozent, die die Parteien erhalten haben, unten steht der Zuwachs oder Verlust der Stimmen im Vergleich zur vergangenen Bundestagswahl. Parteien, die weniger als fünf Prozent erhalten haben, werden nicht im Bundestag vertreten sein und ihre Stimmen verfallen.

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letzte Aktualisierung: 28.09.2017

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