Die Bundestagswahl - Wer und was wird eigentlich gewählt?

Teil 1

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von Sebastian Zender - aktualisiert - 12.09.2021

Die Wahlen zum deutschen Bundestag finden alle vier Jahre in Deutschland statt. Welche Bedeutung haben die Bundestagswahlen im politischen System der Bundesrepublik Deutschland? Wie funktioniert eine solche Wahl eigentlich? Wer wird bei der Bundestagwahl gewählt, wie ist der Ablauf der Wahlen und wie werden die Stimmen ausgezählt?

Seit dem Jahr 1999 ist das Reichstagsgebäude in der Hauptstadt Berlin Sitz des Deutschen Bundestages. Er wird direkt von den Bürgern in Deutschland gewählt.
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Im Artikel 20 des Grundgesetzes steht der berühmte Satz: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ist also eine "Demokratie". Der Begriff stammt aus dem Griechischen und lässt sich mit "Herrschaft des Volkes" übersetzen. In einer Demokratie bestimmt das Volk selbst - und nicht etwa ein einzelner Herrscher oder eine einzige Partei - über die Politik des Staates. In Deutschland herrscht eine "repräsentative Demokratie". Das bedeutet, dass das Volk nicht jedes Mal über die einzelnen politischen Entscheidungen - zum Beispiel die Wahl des Bundeskanzlers oder die Gesetzgebung - abstimmt. Stattdessen bestimmt es dazu in Wahlen seine "Repräsentanten", also seine Vertreter.

Im Zentrum der repräsentativen Demokratie steht das Parlament (ein Parlament ist eine "Volksvertretung"). Hier kommen die Abgeordneten (so nennt man die gewählten Volksvertreter) zusammen, um über politische Probleme zu beratschlagen und zu entscheiden. Auch die Landtage in den 16 Bundesländern (zum Beispiel Hessen, Bayern oder Brandenburg) sind Parlamente. Das bedeutendste deutsche Parlament ist jedoch der Bundestag, denn hier werden Entscheidungen gefällt, die für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von Bedeutung sind. Die Bundestagswahlen sind daher für die Bürgerinnen und Bürger eine der wichtigsten Möglichkeiten, sich am demokratischen Entscheidungsprozess zu beteiligen.

Wie oft wird gewählt - und wer darf wählen?

Die Grundsätze der Bundestagswahl sind im Artikel 38 des Grundgesetzes festgeschrieben.
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In der Regel finden die Bundestagswahlen alle vier Jahre statt. Dadurch müssen sich die Abgeordneten alle vier Jahre vor den Wählern und Wählerinnen verantworten. Diese vierjährige Wahlperiode wird auch als "Legislaturperiode" bezeichnet. Es kann aber sein, dass der Abstand zwischen zwei Wahlen auch kleiner ist - so wie bei der Bundestagswahl im September 2005, die bereits drei Jahre nach der vorangegangenen Wahl stattfand. Der Grund dafür war eine vorzeitige Auflösung des Parlaments. Diesen Sonderfall bezeichnet man als "vorgezogene Neuwahl". Dazu ist es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher nur drei Mal gekommen: 1972, 1983 und 2005.

Das Recht zu wählen bezeichnet man als "aktives Wahlrecht". Wählen darf jeder, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und mindestens 18 Jahre alt ist. Dasselbe gilt für das "passive Wahlrecht". So wird das Recht, sich als Kandidat zur Wahl zu stellen, genannt. Durch diese Regelung sind in Deutschland lebende Ausländer sowie Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren von den Wahlen ausgeschlossen. Früher lag das Mindestwahlalter sogar bei 21 Jahren. Erst 1970 wurde es von den Abgeordneten des Bundestages auf 18 Jahre herabgesenkt.

Die Grundsätze der Wahl

Bei demokratischen Wahlen zählt die Stimme jedes Wählers gleich viel. Außerdem muss eine Wahl frei und geheim sein. Bild: Frau in einer Wahlkabine
Alexander Hauk | Pixelio

Gewählt wird nicht irgendwie, sondern nach bestimmten Grundsätzen. Diese Grundsätze der Bundestagswahl sind im Artikel 38 des Grundgesetzes festgeschrieben: "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt."

Allgemein ist die Wahl deshalb, weil alle Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland (die mindestens 18 Jahre alt sind) das Recht haben zu wählen. Das Wahlrecht darf also nicht an Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe, Beruf, Religion, politische Einstellung oder ähnliche Unterscheidungsmerkmale gebunden werden. Als unmittelbar wird die Wahl bezeichnet, weil der Wahlakt direkt zur Bestimmung der Abgeordneten führt. Es gibt also keine zwischengeschaltete Instanz wie beispielsweise bei der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl. Dort werden zuerst Wahlmänner gewählt, die dann wiederum den Präsidenten wählen.

Freie Wahl bedeutet, dass es in keiner Weise erlaubt ist, den Wähler unter Druck zu setzen, um ihn in seiner Wahlentscheidung zu beeinflussen. Er soll in einem freien Prozess der Meinungsbildung zu seiner Entscheidung kommen. Die Wahl ist gleich, weil jede Stimme gleich viel zählt. Dieser Grundsatz soll zum Beispiel verhindern, dass die Wählerstimmen von reichen Leuten stärker gewichtet werden als die von Leuten mit weniger Geld. Geheim verläuft die Wahl, damit niemand sich für seine Wahlentscheidung vor anderen rechtfertigen muss. Dadurch würde er sich vielleicht zu stark von fremden Meinungen beeinflussen lassen. Bei der Wahl werden deshalb Wahlkabinen aufgestellt, in die niemand hineinschauen kann. Auf den Stimmzetteln, die in eine Wahlurne geworfen werden müssen, steht nicht der Name des Wählers. So kann niemand erkennen, wer welche Wahlentscheidung getroffen hat.

Warum gibt es eine "Erst-" und eine "Zweitstimme"?

Jeder wahlberechtigte Bürger darf bei der Bundestagswahl eine Erst- und eine Zweitstimme abgeben.
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Im Deutschen Bundestag gibt es zunächst 598 Sitze - durch zusätzliche "Mandate", die hier noch näher erläutert werden, können jedoch deutlich mehr Sitze hinzukommen. So sitzen derzeit tatsächlich 709 Politiker im Bundestag. Wie entscheidet die Wahl über ihre Verteilung? Das Wahlsystem für den Deutschen Bundestag ist eine Kombination aus dem "Mehrheitswahlrecht" und dem "Verhältniswahlrecht". Diesen beiden Wahlsystemen entsprechend, hat jeder Wähler zwei Stimmen zu vergeben: Eine "Erststimme" und eine "Zweitstimme". Auf dem Stimmzettel darf also jeder Wähler zwei Kreuzchen machen. Das klingt zwar zunächst alles ziemlich kompliziert, ist aber für das Verständnis des Wahlvorgangs sehr wichtig.

Die Hälfte der Abgeordneten zieht über direkte Wahl in einem der 299 "Wahlkreise", in die Deutschland untergliedert ist, in den Bundestag ein. Entscheidend für die Einteilung der Wahlkreise ist nicht die flächenmäßige Größe, sondern die Einwohnerzahl. Zurzeit leben durchschnittlich 250.000 Menschen in einem Wahlkreis. In den einzelnen Wahlkreisen konkurrieren Kandidaten der verschiedenen politischen Parteien miteinander. Darüber, wer in ihrem Wahlkreis gewinnt, entscheiden die Wähler mit ihrer Erststimme. Die Erststimme darf jeweils nur an einen bestimmten Kandidaten vergeben werden. Dabei gilt das "Mehrheitswahlrecht": Wer auf der linken Seite der Stimmzettel die meisten Kreuze an seinem Namen erhält, gewinnt und erhält ein so genanntes "Direktmandat" für den Bundestag. "Mandat" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie "Auftrag". Die Abgeordneten, die in den Bundestag entsandt werden, handeln also im Auftrag der Wähler.

Über die andere Hälfte der gesetzlich vorgesehenen 598 Mandate entscheiden die Wählerinnen und Wähler mit ihrer Zweitstimme. Mit der Zweitstimme können sie für die "Landesliste" einer Partei stimmen. Die unterschiedlichen Parteien erstellen in allen 16 Bundesländern Landeslisten. Auf ihnen stehen die Namen der Kandidaten, die in dem jeweiligen Bundesland für die Partei zur Wahl antreten. Bei den Zweitstimmen gilt das "Verhältniswahlrecht": Je mehr Zweitstimmen eine Partei erhält, desto mehr Sitze stehen ihr im Bundestag zu. Über das Kräfteverhältnis der Parteien im Bundestag entscheiden also die Zweitstimmen.

Wie bereits erwähnt, ist das Wahlsystem für den Bundestag eine Kombination aus dem Mehrheitswahlrecht (bei dem eine Person direkt gewählt wird) und dem Verhältniswahlrecht (bei dem die Parteien entsprechend ihrer Stimmen eine bestimmte Anzahl an Sitzen im Parlament erhalten). Deshalb wird es auch "personalisiertes Verhältniswahlrecht" genannt.

Sitzverteilung, Überhangmandate und "Fünf-Prozent-Hürde"

Im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes kommen die Abgeordneten des Bundestags zusammen.
Bernardo Peters-Velasquez | Pixelquelle.de

Die Sitze, die einer Partei gemäß ihrem Anteil an den Zweitstimmen zustehen, werden zunächst mit den Kandidaten dieser Partei besetzt, die in einem Wahlkreis ein Direktmandat gewonnen haben. Danach werden die übrigen Sitze der Partei mit Kandidaten von den Landeslisten "aufgefüllt". Hierzu ein kleines Beispiel: Angenommen, die Partei A hat 50 Prozent, also genau die Hälfte der Zweitstimmen erhalten. Bei 598 zu vergebenen Sitzen stehen dieser Partei demnach 299 Sitze zu. Nehmen wir weiter an, 199 Kandidaten der Partei A haben durch Erststimmen Direktmandate gewonnen. Es bleiben ihr also noch 100 Sitze, die mit Kandidaten von den Landeslisten besetzt werden können.

Als wäre die Sitzverteilung im Bundestag mit Erst- und Zweitstimmen nicht schon kompliziert genug, gibt es auch noch die so genannten "Überhangmandate". Wenn einer Partei nach der Verteilung der Zweitstimmen nur 20 Sitze zustehen, sie aber 22 Direktmandate gewonnen hat, ziehen trotzdem 22 Abgeordnete dieser Partei in den Bundestag ein - schließlich sind sie alle direkt gewählt worden. Es entstehen zwei so genannte "Überhangmandate" und der Bundestag hat nun plötzlich 600 statt 598 Sitze. Und jetzt wird es noch etwas komplizierter: Das Wahlrecht wurde 2013 geändert, da viele die Regelung zu den Überhangmandaten ungerecht fanden. Deshalb wurden noch die so genannten "Ausgleichsmandate" eingeführt. Wenn nun also die Wähler einer Partei zum Beispiel mit ihrer Zweitstimme ein Viertel der Sitze gegeben haben, andere Parteien jedoch so viele Überhangmandate erhalten haben, dass diese Partei tatsächlich weniger Sitze erhält, als ihr durch die Zweitstimme zustehen, dann werden ihr noch so viele Sitze im Bundestag zugeteilt, bis sie tatsächlich ein Viertel der Sitze im Bundestag hat. Die Folge dieser neuen Regelung ist, dass nun wesentlich mehr Abgeordnete im Bundestag sitzen können, als es die gesetzliche Regelung von 598 Stimmen vorsieht. Aus diesem Grund gibt es derzeit 709 Politiker im Deutschen Bundestag.

Und noch etwas muss bei der Sitzverteilung beachtet werden: Für die Bundestagswahl gilt die "Fünf-Prozent-Hürde". Das bedeutet, bei der Sitzverteilung werden nur die Parteien berücksichtigt, die entweder mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen oder drei Direktmandate gewonnen haben. Hat eine Partei weniger Stimmen erhalten, zieht sie nicht ins Parlament ein. Nur ihre direkt gewählten Kandidaten können Abgeordnete werden.

Jeder Wähler hat zwei Stimmen zu vergeben. Die Hälfte der Abgeordneten zieht über direkte Wahl in einem der 299 "Wahlkreise" in den Bundestag ein. Darüber entscheiden die Wähler mit ihrer Erststimme. Über die andere Hälfte der 598 Mandate entscheiden die Wähler mit ihrer Zweitstimme. Je mehr Zweitstimmen eine Partei erhält, desto mehr Sitze stehen ihr im Bundestag zu.
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letzte Aktualisierung: 04.10.2021

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