Massentierhaltung: Leben für den Tod

Massentierhaltung - Teil 1

Teil 1 von 4

von Britta Pawlak

Sicherlich kennst du den Begriff "Massentierhaltung". Aber was genau bedeutet diese übermäßige Herstellung von tierischen Produkten für Tiere, Menschen und Umwelt? In unserem vierteiligen Artikel erfährst du, zu welchem Zweck diese Form der Tierhaltung entstanden ist und unter welch schlimmen Bedingungen die Zuchttiere vom Tag ihrer Geburt an auf ihre Schlachtung warten müssen. Außerdem berichten wir, warum Massenhaltung auch negative Folgen für unsere Gesundheit und die Umwelt mit sich bringt.


Die Schweine in diesem Massenbetrieb haben in ihren Metallboxen nicht einmal genügend Platz, um sich umzudrehen. (Quelle: Peta - People for the Ethical Treatment of Animals)

Um den immer stärker anwachsenden Verzehr von Fleisch, Eiern und Milchprodukten in unserer Gesellschaft zu decken, hat die Massentierhaltung in den letzten Jahrzehnten extrem zugenommen. Vor allem in Deutschland, anderen Industrieländern Europas und in den USA gerät sie aufgrund der grausamen Art der Tierhaltung immer mehr in Kritik. Gerade in diesen reicheren Ländern hat es die Massentierhaltung ermöglicht, dass Fleisch längst kein Luxusprodukt mehr ist. An die Stelle von kleineren Schlachthöfen vergangener Zeiten, die Lebensmittelhändler in ihrer Umgebung belieferten, sind im Laufe der Jahre immer riesigere Schlachtbetriebe getreten.

Dadurch können viele Menschen jeden Tag Fleisch essen, und auch der reichliche Verzehr von Eiern und allen Arten von Milchprodukten ist alltäglich geworden. Der regelmäßige Fleischkonsum, der tägliche Gang zu Schnellrestaurants, Fastfoodketten, Döner-Läden und Würstchenbuden für den Hunger zwischendurch - all das ist selbstverständlich für viele von uns. Allein in Deutschland leben ungefähr 81 Millionen Menschen. Im Durchschnitt isst jeder Deutsche innerhalb eines Jahres etwa 90 Kilo Fleisch. Das entspricht fast einem ganzen Schwein, einigen Mengen an Rindfleisch, dazu einem Dutzend Brathähnchen sowie mehreren Wildfleisch-Braten. In anderen Ländern der EU ist der Verbrauch pro Jahr ähnlich hoch, in den USA sogar noch höher. Man mag sich also kaum vorstellen, welche Unmengen an Fleisch jährlich auf der ganzen Welt produziert und verzehrt werden.

Billiger Massenkonsum auf Kosten der Tiere

Bis zu 40 000 Tiere drängen sich bei Dauerkunstlicht in riesigen, fensterlosen Hallen, wo sie möglichst schnell Kraftfutter in Fleisch umwandeln sollen. (Quelle: Greenpeace)

Aber die meisten Menschen denken nicht darüber nach, wie dieses Angebot an tierischen Produkten zu Niedrig-Preisen überhaupt umzusetzen ist: Durch extreme Ausbeutung der so genannten "Nutztiere", die ihr meist kurzes Leben unter Qualen verbringen. Wie dieser Name schon sagt, werden Hühner, Schweine, Rinder, Puten und andere Tiere einzig und allein zu dem "Nutzen" gezüchtet, den Menschen Fleisch, Eier und Milch zu liefern.

Das Fleisch von Tieren aus Massenhaltung ist fast überall zu finden. Nicht nur an Imbissbuden und Schnellrestautants kannst du meist davon ausgehen, dass das Fleisch aus einer solchen Produktion stammt. Auch günstige Fleischprodukte aus Supermärkten und Metzgereien stammen oft von Tieren aus Massenzucht - ebenso wie billiges Fleisch, das als Belag von vielen Pizzas, als Zutat von Tiefkühlgerichten oder als Dosenkost Verwendung findet. Außerdem werden in den Küchen vieler Restaurants, Hotels und Cafés Fleisch, Wurst und Milchprodukte aus Massenherstellung sowie Eier aus so genannten Legebatterien verwendet.

Kein Platz für Tiere, kein Raum für Menschlichkeit

Dieses Schwein hat so verkümmerte Gliedmaßen, dass es sich nicht einmal mehr auf den Beinen halten kann. (Quelle: Peta - People for the Ethical Treatment of Animals)

Das Ziel der Massentierhaltung ist es, möglichst viele Tiere auf möglichst wenig Raum zu halten, um so billig und so schnell wie möglich Fleisch und andere Tierprodukte für den Massenverzehr herzustellen. Da ausschließlich der wirtschaftliche Gewinn zählt, wird auf die Bedürfnisse der Lebewesen keine Rücksicht genommen. Nicht nur, dass die zusammengepferchten Tiere ihre angeborenen Verhaltensweisen und Triebe überhaupt nicht ausleben können. Es wird meist nicht einmal darauf geachtet, dass sie vor und während der Schlachtung so wenig Leid wie möglich empfinden.

Die Tiere werden in bedrückender Enge gehalten und sehen auf dem Weg zum Schlachthof oft zum ersten Mal Tageslicht. Sie entwickeln aufgrund von Platzmangel und hohem psychischen Stress Verhaltensstörungen und werden regelrecht "verrückt". Man schneidet den Zuchttieren meistens ohne Betäubung die Schnäbel, Hörner oder Zähne, damit sich die panischen Tiere nicht gegenseitig verletzen oder gar töten können. Die Tiere kommen in der Massenzucht schon auf unnatürliche Art auf die Welt: Geflügel wird üblicherweise in Fabriken mit Hilfe von Maschinen ausgebrütet und landet direkt nach dem Schlüpfen auf einem Fließband. Junge Kälber werden sofort nach der Geburt ihren Muttertieren weggenommen. Nach langen, qualvollen Wochen und Monaten der Aufzucht, in denen viele Tiere durch mangelnde Hygiene, nicht artgerechte Haltung und Stress erkranken - einige sogar sterben -, droht ihnen ein oft noch schrecklicheres Erlebnis: die Fahrt zur Schlachterei.

Endstation Schlachthof

Nach oft langen und qualvollen Transporten zu den Schlachthöfen werden die Kühe kopfüber in den Tod befördert. (Quelle: Peta - People for the Ethical Treatment of Animals)

Die Zuchttiere werden unter grausamen Bedingungen oft weite Strecken zum Schlachthof transportiert - nicht selten sind es mehrere tausend Kilometer. Die Tiere dürfen in der Europäischen Union bis zu acht Stunden ohne Futter und Wasser befördert werden, in anderen Ländern sogar noch länger. Die Dauer kann unter bestimmten Voraussetzungen auch innerhalb der EU auf unbestimmte Zeit verlängert werden. Es werden so viele Schlachttiere in die LKW verfrachtet wie möglich. Für die "zusammengequetschten" Tiere bedeutet die Fahrt großen Stress. Einige trampeln in Panik ihre eigenen Artgenossen tot oder sterben aus Entkräftung. Endlich am Ziel angekommen, sind viele geschwächte Tiere nicht einmal fähig, auf eigenen Beinen zum Schlachtbetrieb zu laufen.

Häufig können die Tiere aufgrund des unnatürlich schnellen Wachstums durch das viele Kraftfutter ihr eigenes Gewicht nicht mehr halten, brechen zusammen und sind dadurch nicht mehr fähig, zu laufen. Dies kann zur völligen Verkrüppelung ihrer Beine und Füße führen. Unter Umständen verhungern diese Tiere dann, weil sie nicht mehr zu ihrem Futter gelangen können. Kranke Tiere werden oft nicht behandelt, weil dies zu viel Geld kosten würde. Sie werden am Leben gelassen, solange sie noch Gewinn bringend sein können und die Möglichkeit besteht, dass sie die Zeit bis zur Schlachtung überleben. Ansonsten tötet man diese so genannten "Kümmerlinge" oft.

Krank machendes "Kraftfutter", Hormonpräparate und Medikamente

Schweine werden häufig mit Medikamenten, industriellem Kraftfutter und Fischmehl "vollgestopft", um möglichst schnell "reif für die Schlachtung" zu sein. (Quelle: Dirk Gießelmann )

Die Tiere bekommen oft Medikamente wie Antibiotika, da diese Art der Haltung die Gefahr von Krankheiten und Seuchen stark erhöht. Sie werden mit industriell hergestelltem Kraftfutter und Tiermehl gefüttert. Tiermehl wird in so genannten Beseitigungsanlagen aus Schlachtabfällen sowie verendeten Tierkörpern hergestellt. Auch Fischmehl wird oft an Geflügel und Schweine verfüttert. Es besteht aus getrockneten und gemahlenen toten Fischen sowie deren Eingeweiden. Tiermehl ist also ein billig herstellbares Eiweiß-Futtermittel aus Abfallprodukten.

Die Verfütterung von Tiermehl ist aufgrund der BSE-Erkrankungen (Rinderwahn) vor einigen Jahren in der EU verboten worden. Man hat vermutet, dass sich Kühe aus Massenhaltung durch Tiermehl von verendeten, infizierten Tieren angesteckt haben könnten. In manchen Länder ist es aber noch erlaubt, Tiermehl zu verfüttern. Außerdem wird auch bei uns weiterhin Fischmehl an Zuchttiere außer Rinder verfüttert. Für die Tiere ist es natürlich völlig unnatürlich, sich von toten Artgenossen und Tierinnereien zu ernähren. Trotz der Verbote einiger Länder werden dem Tierfutter zudem immer wieder Hormone beigemischt, die wachstumsfördernd wirken oder den Appetit anregen, jedoch für die Gesundheit der Tiere sehr schädlich sind - und auch für die der Menschen, die ihr Fleisch essen.

Das so genannte Kraftfutter ist nicht, wie es der Name vermuten lässt, zur Kräftigung der Tiere gedacht. Es soll die Aufzucht der Tiere beschleunigen und dazu beitragen, dass sie in Kürze fett und "schlachtreif" sind. Denn bei dieser Tierhaltung geht es nun einmal nur um Profit (also wirtschaftlichen Vorteil und Gewinn). Gerade größere Mengen dieses qualitativ minderwertigen "Energiefutters" führen zu Krankheiten und verkürzen die Lebensdauer. Aus Sicht der Wirtschaftlichkeit spielt das bei den Schlachttieren jedoch keine Rolle, denn sie werden ohnehin lange vor dem Erreichen ihrer natürlichen Lebenserwartung getötet.

Du weißt jetzt, dass die Selbstverständlichkeit für uns Menschen, täglich solche Mengen an Fleisch, Wurst, Eiern und Milchprodukten zu essen, nur durch Massentierhaltung möglich ist. Der Preis des verhältnismäßig billigen Fleisches ist aber letztendlich hoch: Die Tiere müssen dafür große Qualen erleiden, denn der Zweck ihres Daseins besteht darin, Fleisch und Tierprodukte für den menschlichen Verzehr zu liefern. Aber auch für uns Menschen zieht dies schwere Konsequenzen mit sich: Ein hoher Fleischkonsum ist keinesfalls gesund, und das Fleisch der Tiere aus Massenhaltung enthält oft Stresshormone und Rückstände von Medikamenten. Im Laufe der nächsten Teile kannst du mehr über negative Folgen wie die Umweltbelastung lesen. Außerdem erfährst du, warum wir ohne Massentierhaltung nicht weniger, sondern sogar mehr Nahrungsmittel zur Verfügung hätten. Und wir stellen die Frage, ob der Mensch einen solchen Umgang mit Lebewesen überhaupt verantworten kann.

Lies im zweiten Teil, wie der triste Alltag einer Milchkuh, das kurze und qualvolle Leben eines männlichen Kalbs oder das düstere, beengte Dasein eines Mastschweines in einem Massentierhaltungsbetrieb genau aussieht. Um zu dem Artikel zu gelangen, klicke einfach auf die Pfeil-Taste unten rechts.

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letzte Aktualisierung: 05.09.2010

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