von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak - 26.02.2010
Albert Camus ist Autor zahlreicher Romane, Theaterstücke und philosophischer Bücher. Sein Leben lang schrieb er außerdem für verschiedene algerische und französische Zeitungen. Berühmt wurde er mit seinem Roman "Der Fremde", der von einem zum Tode Verurteilten handelt, der "zufällig" zum Mörder wurde. Neben Jean-Paul Sartre und Michel Foucault ist Camus einer der berühmtesten französischen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 2010 jährt sich der Tod Camus' zum 50. Mal.
In seinen philosophischen Schriften setzte sich Camus zeit seines Lebens mit dem Christentum, dem Marxismus und dem "Existentialismus" (eine philosophische Strömung des 20. Jahrhunderts) auseinander. Er bekämpfte entschieden alle "Ideologien", die seiner Ansicht nach dem Menschen und seiner Eigentümlichkeit widersprachen. Als "Ideologie" bezeichnet man ein System von Wertvorstellungen mit "absolutem" Wahrheitsanspruch - ideologisches Denken wäre demnach ein mit "starren" Vorurteilen behaftetes Denken.
Allgemein könnte man Camus' Denken als "Philosophie des Absurden" bezeichnen - das Absurde ist für Camus der natürliche Zustand des Menschen, der trotz seines Wissens um den eigenen Tod den Willen zum Leben besitzt. In einem "gleichgültigen" und "sinnlosen" Universum sah Camus nur eine Möglichkeit der Sinngebung - der Mensch muss sich demnach selbst zu seinem eigenen Zweck machen.
Die Eltern von Albert Camus waren Angehörige der "Pieds-noirs" - so nannte man die in Algerien lebenden Franzosen. Bis zum Jahr 1962 war Algerien eine französische Kolonie. Albert wurde am 7. November 1913 in der algerischen Stadt Mondovi geboren.
Kindheit ohne Vater
Alberts Vater, Lucien Auguste Camus, arbeitete als Landarbeiter auf den Weinplantagen nahe der Stadt. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er auf Seiten der Franzosen. In der großen "Schlacht an der Marne", die sich im Jahr 1914 im Norden Frankreichs ereignete, wurde er schwer verwundet - er starb anschließend an den Folgen seiner Verletzungen.
Alberts Mutter hieß Catherine Hélène Sintès. Sie war spanischer Abstammung, taub und konnte weder lesen noch schreiben. Nach dem Tod ihres Mannes arbeitete sie in einer Fabrik, um den Lebensunterhalt für sich und ihre beiden Söhne zu verdienen. Alberts Bruder hieß Jean Etienne und war zwei Jahre älter. Einige Zeit nach dem Tod des Vaters zog die Familie nach Belcourt um - diese Stadt war eine der ärmsten in Algerien. Dort lebten Verwandte der Mutter.
Dank der Hilfe seines Lehrers Louis Germain musste Albert die Schule nicht verlassen, obwohl seine Familie große finanzielle Probleme hatte und der Schulbesuch Geld kostete. Die Familie erhielt finanzielle Unterstützung und Albert besuchte zwischen 1923 und 1932 die weiterführende Schule.
In seiner Jugendzeit begann Alberts Karriere als Fußballspieler - er war der Torhüter seiner Schulmannschaft. Er liebte das Fußballspielen über alles, musste den Sport später jedoch aufgeben, weil er an Tuberkulose erkrankte. Damals konnte diese Krankheit von der Medizin nur sehr schwer geheilt werden, so dass Camus ein Leben lang an ihr litt. Neben dem Fußball interessierte sich Camus besonders für die Philosophie. Beeinflusst wurde er dabei von seinem Lehrer Jean Grenier, der ihn mit den Schriften des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche vertraut machte.
Philosophiestudium in Algier
1932 endete die Schulzeit von Camus, nachdem er erfolgreich seinen Abschluss gemacht hatte. Anschließend zog er in die algerische Hauptstadt Algier, um an der dortigen Universität Philosophie zu studieren. Neben dem Studium hielt er sich mit Gelegenheitsjobs finanziell über Wasser. Außerdem schrieb er kleine Artikel für eine Studentenzeitung. Camus besuchte in Algier viele Theaterstücke, dabei lernte er eines Tages auch seine spätere Ehefrau Simone Hie kennen. Die Ehe gestaltete sich jedoch sehr schwierig, auch weil Simone von der Droge Morphium abhängig war.
1935 wurde Camus Mitglied der Kommunistischen Partei Algeriens, wo er Bekanntschaft mit anderen sozialistisch orientierten Intellektuellen machte. Tatsächlich war Camus nicht wirklich ein Anhänger der Ideen des Marxismus. Auch die russischen Kommunistenführer Lenin und Stalin, die damals viel von sich reden machten, sah er eher kritisch.
1936 schloss Camus sein Philosophiestudium mit einer Arbeit über den römischen Philosophen Plotin ab - er bekam von seiner Universität das Diplom verliehen. Danach gründete er seine eigene Theatergruppe, die er "Théâtre du travail" (deutsch: "Theater der Arbeit") nannte. Sein erstes Stück hieß "Révolte dans les Asturies" ("Revolte in Asturien"), welches in Gemeinschaftsarbeit mit anderen Autoren entstand.
1937 schloss man Camus aus der Kommunistischen Partei aus, weil er Sympathien für den algerischen Nationalismus bekundete und diesen offen unterstützte. Im selben Jahr veröffentlichte Camus sein erstes Buch, das "L'envers et l'endroit" hieß (deutscher Titel: "Licht und Schatten"). Dieses Buch war eine Sammlung von "Essays", die Camus bis zum Alter von 22 Jahren verfasst hatte. (Essays sind kurze Abhandlungen über Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft, bei denen die persönliche Meinung des Autors im Mittelpunkt steht.)
Schriftstellerei und Journalismus in Algerien und Frankreich
1938 arbeitete Camus als Journalist für die politisch linksgerichtete Zeitung "Alger républicain". Schon ein Jahr später, bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, wurde der Druck dieser Zeitung jedoch eingestellt. Der Herausgeber der Zeitung war Pascal Pia (auch bekannt unter seinen Pseudonymen Pascal Rose und Pascal Fely), der später zu einer wichtigen Figur der französischen Widerstandsbewegung "Résistence" wurde. (Die "Résistence" - das bedeutet auf Französisch "Widerstand" - kämpfte während des Zweiten Weltkriegs gegen die Besatzung Frankreichs durch die Nazis und gegen die nazifreundliche französische Übergangsregierung in Vichy.)
Pia und Camus wurden gute Freunde. Für kurze Zeit arbeitete Camus für die Zeitung "Le soir républicain", die dann jedoch ebenfalls eingestellt wurde. 1940 ließ sich Camus von seiner ersten Ehefrau Simone Hie scheiden, um seine neue Geliebte Francine Faure, eine Mathematikerin und Pianistin, zu heiraten.
Camus hatte Algerien mittlerweile verlassen und lebte fortan in der französischen Hauptstadt Paris. In Frankreich fand er endlich Zeit, um seinen ersten Roman "L'Étranger" (deutscher Titel: "Der Fremde") fertig zu stellen und im Juli 1942 zu veröffentlichen. In Paris arbeitete er anfangs für die Zeitung "Paris-Soir".
Dann verschlimmerte sich jedoch seine Tuberkulose - Camus verließ Paris für längere Zeit, um die Krankheit im südfranzösischen Zentralmassiv ("Massif Central") auszukurieren. Auch sein erstes philosophisches Werk, "Le Mythe de Sisyphe" (deutscher Titel: "Der Mythos des Sisyphos"), entstand zu dieser Zeit (veröffentlicht im Oktober 1942).
Zurück in Paris schloss sich Camus der französischen Widerstandsbewegung "Résistence" an und schrieb Artikel für die Untergrundzeitung "Combat" (zu Deutsch "Kampf"). Als Nachfolger von Pascal Pia wurde Camus später zum Direktor dieser Zeitung.
Berühmtheit als Philosoph und Streit mit Sartre
1945 wurde Camus Vater von den Zwillingen Jean und Catherine. Während seiner Ehe mit Francine hatte Camus Liebschaften mit zahlreichen anderen Frauen, zum Beispiel mit der berühmten spanischstämmigen Schauspielerin Maria Casarès. Camus schrieb im selben Jahr sein bekanntes Theaterstück "Caligula", das in Paris uraufgeführt wurde.
Mittlerweile hatte Camus sich auch mit dem Philosophen Jean-Paul Sartre angefreundet, der damals groß in Mode kam. (Die von Sartre vertretene philosophische Richtung nennt man auch "Existentialismus"). In einem Zeitungsartikel für "Combat" prangerte Camus den Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki durch die USA an.
Im Jahr 1947 erschien Camus' meistverkauftes Buch, welches den Titel "La Peste" (auf Deutsch "Die Pest") trägt. Zwischen 1949 und 1951 verschlimmerte sich die Tuberkulose bei Camus noch einmal, so dass man zeitweise um sein Leben bangen musste.
1951 veröffentlichte Camus sein geschichtsphilosophisches Werk "L'Homme révolté" (deutscher Titel: "Der Mensch in der Revolte"). Dieses Buch war äußerst umstritten und löste einen philosophischen Streit zwischen Camus und Sartre aus. Letztendlich zerbrach daran sogar ihre Freundschaft.
Camus setzte sich in seinen Aufsätzen und Zeitungsartikeln nun auch kritisch mit der Lage in Algerien auseinander, wo Frankreich einen Krieg führte, um die Abspaltung der Kolonie zu verhindern. 1956 veröffentlichte er den kleinen Roman "La Chute" (zu Deutsch "Der Fall"), in dem er sich auf ironische Weise mit seinem eigenen "Zynismus" und "Pessimismus" auseinandersetzte. ("Zynismus" - abgleitet vom griechischen "kynismós", was wörtlich übersetzt "Hundigkeit" bedeutet - bezeichnet eine philosophische Position, die moralische Wertvorstellungen in Frage stellt. Die "Kyniker" waren eine einflussreiche Philosophengruppe in der griechischen Antike. "Pessimismus" - abgeleitet vom lateinischen "pessimum", das bedeutet "das Schlechteste" - bezeichnet einen Zustand der Hoffnungslosigkeit.)
Als neunter französischer Autor überhaupt erhielt Camus 1957 den Literaturnobelpreis. Er widmete ihn seinem alten Lehrer Louis Germain, der ihm damals ermöglicht hatte, trotz der Armut der Familie weiterhin die Schule zu besuchen. Im gleichen Jahr erschien eine Sammlung von Kurzgeschichten unter dem Titel "L'Exile et le Royaume" (im Deutschen "Das Exil und das Reich").
Plötzlicher Tod bei einem Autounfall
Am 4. Januar 1960 kam Camus bei einem Autounfall auf dem Weg von Lourmarin in Südfrankreich nach Paris ums Leben. Mit ihm starb Michel Gallimard, ein Freund Camus' und der Neffe seines Verlegers. Der Unfallort lag in der Nähe von La Chapelle Champigny. Gallimard verlor als Fahrer die Kontrolle über den Wagen. Camus saß auf dem Beifahrersitz - er war sofort tot, als das Fahrzeug gegen einen Baum prallte. Er war gerade einmal 46 Jahre alt, als er starb. Eigentlich hatte Camus den Zug nehmen wollen - das unbenutzte Ticket hatte er während des Unfalls in seiner Tasche. Camus' Grab befindet sich in Lourmarin, nicht weit weg vom Unfallort.
Nach Camus' Tod lagen die Urheberrechte für seine Werke bei seinen beiden Kindern. Sie veröffentlichten nach dem Tod ihres Vaters noch zwei seiner Bücher: "La Mort heureuse" (im Deutschen "Der glückliche Tod") und "Le Premier Homme" (im Deutschen "Der erste Mensch"), Camus' letzten und nicht abgeschlossenen Roman.
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