Viele Menschen machen sich eine Menge Gedanken um ihre Kleidung, gehen gerne mit der Mode und tragen bestimmte Marken, die angesagt sind. Aber wo kommen all die Klamotten, die in Kaufhäusern, Läden und Internet-Shops angeboten werden, eigentlich her? In vielen Fällen ist die Kleiderherstellung mit unfairem Handel, unmenschlichen Arbeitsbedingungen und Umweltproblemen verbunden. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie unsere Kleidung produziert wird und was sich hinter dem Handel mit den Textilwaren verbirgt.
Wenn man die Herkunft unserer Kleidung erforschen will, lässt sich das am besten in zwei Bereiche unterteilen - erstens geht es um die Herkunft der Materialien, aus der sie hergestellt wird und zweitens um die Orte, an denen sie produziert wird. Damit verbunden sind natürlich auch die Arbeitsbedingungen der Menschen, die an der Kleiderherstellung beteiligt sind, sowie die Folgen für die Umwelt.
Der Hauptbestandteil unserer Kleidung ist meist Baumwolle, die zum Großteil aus dem so genannten "Baumwollgürtel" stammt, welcher am 43. Grad nördlicher Breite beginnt und am 36. Grad südlicher Breite endet. Er umfasst die tropischen und subtropischen Gebiete in Mittelamerika und Asien. 86 Prozent des so genannten "Weißen Goldes" werden auf der nördlichen Erdhalbkugel geerntet. Der Anbau von Baumwolle ist sowohl für einige Farmer aus den USA als auch für viele arme Kleinbauern aus Indien, China und afrikanischen Ländern die Haupteinnahmequelle.
Am preisgünstigsten ist Baumwolle aus Afrika zu bekommen, insbesondere aus dem westafrikanischen Staat Burkina Faso. Etwa zehn bis 15 Millionen Menschen leben hier und in weiteren zentral- und westafrikanischen Ländern von dem Anbau und Verkauf der Baumwolle. Obwohl sie immerhin fünf Prozent der weltweiten Produktion ausmachen, gehören sie zu den ärmsten aller Beteiligten. Grund dafür ist das, was man "unfairen Handel" in unserer globalisierten Welt nennt. Amy Barry, Sprecherin der britischen Hilfsorganisation Oxfam, beschreibt Baumwolle sogar als das "Symbol für das Unfaire im globalen Handelssystem".
Baumwolle: Unfairer Handel und Umweltprobleme
Ein entscheidender Faktor des unfairen Handels ist die Verteilung der Subventionen, also der Gelder, mit denen ein Projekt unterstützt wird. Die USA und die EU-Länder unterstützen ihre Baumwollproduktion, wohingegen die zehn Millionen Bauern in den südlichen Ländern der Welt keine Hilfen erhalten. Die Farmer in den ärmeren Staaten müssen also mit finanziell unterstützten Baumwolllieferanten konkurrieren. Die Konsequenzen daraus sind Arbeitslosigkeit, hohe Verschuldung und absolute Armut. Zum Vergleich: Zur Unterstützung der etwa 25.000 US-Baumwollfarmer geben die Vereinigten Staaten ungefähr dreimal so viel aus wie für die Entwicklungshilfe an viele Millionen Afrikaner, die von Hunger und bitterer Armut betroffen sind.
Ein Großteil der Kleidung aus ärmeren Ländern wird mithilfe von Kinderarbeit hergestellt. Gerade in der Textilindustrie arbeiten viele Kinder unter schweren Bedingungen zu einem Hungerlohn - insbesondere in den armen Staaten Asiens ist Kinderarbeit weit verbreitet. Das Herkunftsland muss bei Kleidungsstücken immer im Etikett stehen - dieses gibt also bereits Auskunft darüber, ob sie in betroffenen Ländern produziert wurden. Unten verlinkt findest du auch eine Liste mit Firmen, die Kinder für sich arbeiten lassen.
Des Weiteren werden aufgrund des hohen Konsums von Kleidung 24 Prozent der weltweit verwendeten Insektenvernichtungsmittel ("Insektizide") und die giftigsten chemischen Pflanzenschutzmittel ("Pestizide") auf den Baumwollplantagen eingesetzt. In den armen Ländern fehlen den meisten Arbeitern die Möglichkeiten, angemessene Schutzkleidung zu tragen, was zu erheblichen Schädigungen an Mensch und Umwelt führt. Vergiftungen und sogar Todesfälle der Arbeiter sind an der Tagesordnung. Hinzu kommt, dass die giftigen Pflanzenschutzmittel über den Boden in das Grundwasser gelangen und dadurch Brunnen und Trinkwasser vergiften. Das führt zu Krankheiten innerhalb der Bevölkerung und zum Tod vieler Kinder.
Der massive Einsatz von Pestiziden und Düngemittel trägt außerdem maßgeblich zum globalen Klimawandel bei, denn bei ihrer Herstellung wird viel Energie verbraucht und schädliches Kohlenstoffdioxid ausgestoßen. Weiterhin ist problematisch, dass Baumwolle meist als Monokultur angebaut wird - damit ist gemeint, dass man in einem Gebiet nur eine Pflanzenart kultiviert. Das belastet die Umwelt zusätzlich, denn es führt zur Abnutzung der Böden und zur Vernichtung anderer Arten.
Neue "grüne Revolution": gentechnisch veränderte Saat
Doch nicht nur der enorme Einsatz von gesundheitsschädlichen Insektiziden ist eine Konsequenz des hohen Konsums. Die Hoffnung auf größere Erträge bringt viele Bauern dazu, gentechnisch veränderte Baumwolle zu verwenden. Der Weltmarktführer für Gen-Saatgut ist der mächtige US-Konzern Monsanto. Er verkündete, dass die neue Baumwolle viel unempfindlicher gegen Schädlinge und Krankheiten sein würde. Das Grundprinzip ähnelt dem der Züchtung, bei welcher stets nur die besten und widerstandsfähigsten Pflanzen weiter vermehrt werden. Wir kennen das von Getreide und Äpfeln, deren Ernte durch neue Zuchtformen immer besser wurde.
Die Entwicklung von gentechnisch veränderten Samen durch riesige Agrar- und Chemiekonzerne wie Monsanto, Bayer oder Syngenta seit den 1970er Jahren geht jedoch einen großen Schritt weiter als die einfache Züchtung. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von der "zweiten grünen Revolution" gesprochen: Die Konzerne versprachen den Landwirten, dass sich die Ernten um ein Vielfaches steigern würden, wenn sie nicht nur ihre Pestizide verwenden, sondern auch statt den eigenen die Samen ihrer Firma aussäen. Die Chemiekonzerne veränderten künstlich die Gene (also das Erbgut) der Samen - mit dem Ziel, diese unempfindlich gegen Schädlinge zu machen. Dazu fügten sie ein Gen von Bakterien ein, was bewirkt, dass die Pflanze ein Gift produziert, das Insekten tötet. Bis dahin klingt diese "transgene Baumwolle" durchaus nach einer guten Erfindung - so sehen das auf jeden Fall die Befürworter der Gentechnik.
Schattenseiten der Gen-Baumwolle
Kritiker heben jedoch hervor, dass nicht nur die unerwünschten Insekten sterben, sondern auch andere Tiere, die von der Pflanze fressen - das neue Gen vernichtet alles, was ihm zu nahe kommt. Hinzu kommt, dass die Pflanzen irgendwann nicht mehr auf die Chemie reagierten, weitaus empfindlicher waren als anfangs versprochen und neue Krankheiten entwickelten. Die Bauern mussten sogar noch mehr Spritzstoffe einsetzen, was in der Folge hieß: mehr Kosten für die Bauern, mehr Gewinne für die Chemiekonzerne und erheblich mehr Schäden für Mensch und Umwelt.
Die neu erschaffene Baumwolle benötigte außerdem viel mehr Wasser als ihre Vorgänger. Vor allem in den wasserarmen Ländern wie Afrika ist das ein großes Problem, da die Pflanze, wenn sie nicht genug Wasser erhält, die Kapseln einfach abwirft, bevor sie reif sind. Wenn das passiert, fällt die Ernte der Bauern aus. Zuvor war es nicht nötig Samen zu kaufen, da die Bauern ihr eigenes Saatgut hatten. Denn sie bewahrten nach jeder Ernte einen Teil der Samen für die nächste Aussaat auf. Zum Teil erhielten sie die Samen auch vom Staat oder die Landwirte halfen sich gegenseitig aus. Konzerne wie Monsanto verpflichten die Farmer jedoch vertraglich, jährlich neues Gen-Saatgut bei ihnen zu kaufen.
Wenn die Ernte in früheren Zeiten mal weniger gut war, verdienten die Bauern zwar schlecht, zu Essen hatten sie aber trotzdem noch genug. Passiert dasselbe mit gentechnisch veränderten Samen, sind die Einzigen, die daran verdienen, die Firmen, die das Gen-Saatgut verkaufen. Mit dem Verdienst aus dem Baumwollverkauf können die Arbeiter dann gerade einmal die Spritzmittel bezahlen - um die Familie zu ernähren, reicht es aber nicht mehr. Deshalb haben viele von ihnen bei den Firmen Schulden aufgenommen, was sie in einen Kreislauf der Abhängigkeit bringt. Solche Ernteeinbußen haben zum Beispiel zahlreiche indische Kleinbauern in den Ruin getrieben. In der Folge nahmen sich viele verzweifelte Bauern sogar das Leben.
Fairtrade und Bio-Anbau
Um den fairen, umweltschonenden und gesunden Handel zu fördern, wurden Auszeichnungen und Richtlinien für Bio-Baumwolle und fair gehandelte (auch "fairtrade") Kleidung geschaffen. Damit die Materialien als "biologisch" oder "ökologisch" bezeichnet werden können, reicht es allerdings nicht, schädliche Pestizide und Insektizide gegen verträglichere Varianten auszuwechseln. Es geht darum, vor Ort ein ausgeglichenes Ökosystem zu schaffen. Der biologische Anbau kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern auch der Gesundheit des Menschen.
Wenn der biologische Anbau mit fairem Handel kombiniert wird, gibt das den Bauern in Lateinamerika, Asien und Afrika die Möglichkeit, auf längere Sicht ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die langfristige und verantwortungsvolle Planung nennt man auch "Nachhaltigkeit". Fairer Handel bedeutet ganz konkret: eine Kombination von Mindestpreis und Bio-Prämien, was für die Bauern in den Ländern der so genannten "Entwicklungsländer" die einzige Möglichkeit ist, aus dem Kreislauf von Verschuldung, Arbeitslosigkeit und Armut auszubrechen, Anerkennung zu gewinnen und ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.
Der Verzicht auf Kinderarbeit ist bei fair gehandelter Ware selbstverständlich. Ein Teil von dem, was die Käufer für fair gehandelte Produkte ausgeben, fließt auf ein Premium-Konto für Projekte, über die die Arbeiter demokratisch bestimmen können. Das Geld kommt dem Aufbau von Schulen und sanitären Anlagen, der Trinkwassersicherung und anderen Projekten, die den dortigen Menschen ein besseres und unabhängigeres Leben ermöglichen, zugute.
Was kann ich selbst tun?
Die Frage ist nun, was wir selbst tun können. Der erste Schritt ist immer, sich zu informieren und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass unser Kaufverhalten einen großen Einfluss auf die Zustände in der Welt hat. Haben wir uns erst einmal über unfairen Handel, Kinderarbeit und nicht-biologische Ware informiert, bleibt die Frage, wo wir einkaufen können. Die Auswahl an hundertprozentig ökologisch und fair gehandelter Kleidung ist in den gängigen Geschäften leider sehr gering, was aber nicht heißt, dass es keine Alternativen gibt.
Wichtig ist auch zu erwähnen, dass teure Kleidung nicht automatisch "besser" ist, wenn es um fairen Handel und Umweltschutz geht. So sorgten beispielsweise Hennes & Mauritz (H&M) ebenso wie Esprit für negative Schlagzeilen in den Medien: Den Unternehmen wurde vorgeworfen, Kleidung und/ oder Stoffe von Kindern und sehr schlecht bezahlten Menschen unter miserablen Bedingungen herstellen zu lassen. Einige Kunden kaufen deshalb lieber gleich Second-Hand-Ware, also bereits getragene Kleidung. Denn hier hat man häufig ein großes Angebot an günstigen Kleidern, ohne dabei die Neuproduktion von Textilien zu unterstützen.
Die einzig wirklich sichere Variante ist allerdings die, auf Bio- und Fairtrade-Labels zu achten. Die Zeiten, in denen Bio-Baumwolle und Fairtrade-Kleidung nicht so schön anzusehen und fernab der neuesten Mode waren, sind zum Glück vorbei. Es gibt im Internet mittlerweile einige Angebote - unter ihnen zum Beispiel "Greenality.de", "Fairtragen.de" oder "Gluecksstoff.de". Weiterhin findet man Listen von Firmen, die einen fairen Handel unterstützen (am Ende des Artikels haben wir eine solche Seite verlinkt). Auch bekannte Firmen wie Jack Wolfskin und Vaude sind hier anzutreffen. Allgemein ist natürlich zu sagen, dass der übermäßige Konsum und der gleichzeitige Wunsch nach extrem günstiger Ware die Bedingungen für einen fairen Handel erheblich erschweren. Deshalb sollte man sich neben einem bewussten Kaufverhalten immer auch fragen, was man wirklich braucht. Es gibt viele Wege, aktiv zu werden und etwas zu verändern - Informieren und Nachfragen ist stets der erste Schritt.
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