von Britta Pawlak - 12.11.2007
Am 21. Oktober fanden die Schweizer Parlamentswahlen statt. Nie zuvor wurde ein Wahlkampf in der Schweiz so aggressiv geführt und spaltete das Land in dieser Form. Die rechte SVP ging mit einem erschreckend ausländerfeindlichen Wahlkampf auf Stimmenfang - und das mit Erfolg: Mit 29 Prozent der Wählerstimmen war sie die stärkste Partei. Auf einem ihrer Wahlplakate war ein Ausländer als schwarzes Schaf dargestellt, das von einem weißen über die Grenze getreten wird. Große Entrüstung kam aus dem In- und Ausland, die Vereinten Nationen (UN) sprachen von "purem Rassismus".
Fast die Hälfte der Schweizer Bürger machte Gebrauch von ihrem Wahlrecht - dies war die höchste Beteiligung seit mehr als 30 Jahren. Die rechte SVP - die Schweizer Volkspartei - ging mit 29 Prozent der Stimmen als deutlich stärkste Partei aus den Wahlen hervor. Statt mit zuvor 55 wird sie nun mit 62 Abgeordneten im Parlament vertreten sein.
Die Sozialdemokraten (SP) mussten viele Wählerstimmen einbüßen: Sie erreichten lediglich 19,5 Prozent der Stimmen und werden statt 52 nur noch 43 Abgeordnete stellen. Die Freidemokraten (FDP) erhielten 15,6 Prozent der Stimmen, die eher konservativen Christdemokraten (CVP) 14,6. Die Grünen legten etwas zu und kamen auf 9,6 Prozent. Damit entsenden sie 20 Abgeordnete ins Parlament der Bundesstadt Bern. Trotz der deutlichen Mehrheit für die Rechtspartei wird eine gemeinsame Regierung aller vier großen Parteien bestehen bleiben. Das Parlament wird den Bundesrat - die neue Schweizer Regierung - am 12. Dezember 2007 wählen.
"Anti-Ausländer-Kampagne" spaltet die Schweiz
Im Großen und Ganzen ist das Verhältnis der Parteien im Parlament also noch immer recht ausgeglichen. Viele sehen den Erfolg der Schweizer Volkspartei vor allem in der Schwäche der anderen großen Parteien begründet. Diese hätten zu sehr das Auftreten der SVP angeprangert als auf eigene Inhalte gesetzt. Die Sozialdemokraten verloren viele Stimmen an die Grünen. Aber unabhängig von dem schwachen Programm anderer Parteien: Dass die SVP mit ihrem betont fremdenfeindlichen Wahlkampf so viele Wähler erreichte, ist sehr bedenklich.
Der SVP-Politiker Christoph Blocher gilt schon lange als Zugpferd der Partei. Der 67-jährige Milliardär und frühere Unternehmer hat viele Anhänger im Land. Er tritt für eine "nationale Schweiz" ein, ist gegen einen Beitritt zur Europäischen Union - und vor allem hetzt er massiv gegen die vielen angeblich "kriminellen Ausländer". Weiterhin verspricht er den Menschen hohe Löhne und niedrige Steuern. Das Land ist gespalten: Ebenso hat Blocher zahlreiche Kritiker und Gegner, die ihm Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass vorwerfen. Während des Wahlkampfes kam es zu Randalen, bei denen Autos zerstört und Stände der SVP zertrümmert wurden.
"Schwarze Schafe" aus dem Land werfen
Die Schweizer Volkspartei behauptet dagegen von sich selbst, nicht ausländerfeindlich zu sein, sondern zu fordern, dass Einwanderer sich "benehmen", anpassen und keinen "Missbrauch von Sozialleistungen" betreiben. Die SVP zeichnet auf eindringliche Art das Bild von Ausländern, die Bürger bedrohen und den Staat "ausrauben" wollen. Es wird ein Sündenbock für Probleme des Landes geschaffen und vermittelt, "Eindringlinge" würden den Wohlstand gefährden. Damit werden die Wähler beeinflusst und Ängste geschürt.
Die Realität sieht allerdings ganz anders aus. In der Schweiz leben vor allem Einwanderer aus den ehemaligen Bürgerkriegsstaaten des Balkans. Viele von ihnen haben schlechte Perspektiven und leben in ärmeren Verhältnissen. Die Zahl an ausländischen Straftaten ist aber bei weitem nicht so hoch, wie die Schweizer Volkspartei dies gerne darstellen will. Damit sich Ausländer wirklich in die Gesellschaft eingliedern können, muss ihnen auch vom Staat und den Menschen geholfen werden, anstatt gegen sie zu hetzen. Schon jetzt hat die Schweiz eines der härtesten Ausländer- und Asylrechte in Europa.
"Fremdenfeindlich, aber nicht rassistisch"
Auf Plakaten der SVP sind nicht nur schwarze Schafe abgebildet, die aus dem Land befördert werden sollen, sondern auch Hände von Ausländern, die gierig nach Schweizer Pässen greifen - mit den Worten: "Masseneinbürgerung? 2x Nein zu den Einbürgerungsvorlagen". Außerdem brachte die SVP ein Computerspiel heraus, in dem Ausländer als größtenteils kriminell dargestellt werden und man Jagd auf die "schwarzen Schafe" des Landes machen muss, um die Schweiz zu "retten".
Der UN-Sonderberichterstatter Doudou Diène sprach mit Blick auf den Wahlkampf der Schweizer Volkspartei von "purem Rassismus". Eine Klage gegen das SVP-Plakat mit dem schwarzen Schaf scheiterte jedoch. Die Staatsanwaltschaft bezeichnete das Wahlplakat als "fremdenfeindlich, aber nicht rassistisch". Dieses Urteil wurde von vielen kritisiert. Menschen in der Schweiz und im Ausland zeigen sich besorgt über das hetzerische Auftreten der SVP - aber vor allem darüber, dass sie damit noch Zustimmung bei so vielen Bürgern findet und stärkste Partei im Land ist.
Ergebnis der Schweizer Parlamentswahlen:
(Die Zahl gibt die jeweiligen Sitze im Parlament an)
SVP - Schweizerische Volkspartei
SP - Sozialdemokratische Partei
FDP - Freisinnig-demokratische Partei
CVP - Christlichdemokratische Volkspartei
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