Russland hat gewählt: Putin wird erneut Präsident

06.03.2012

Am Sonntag, den 4. März, fanden in Russland Präsidentenwahlen statt. Die besten Chancen von allen Kandidaten hatte der jetzige Regierungschef Wladimir Putin. Er war schon von 2000 bis 2008 Präsident des größten Landes der Erde. Zum dritten Mal wird Putin nun an der Spitze des Staates stehen - diesmal für sechs Jahre.

Sitz der russischen Regierung und des Parlaments ist der Kreml in Moskau. (Quelle: S. Gaul, Bonn/ Pixelio.de)

Insgesamt 109 Millionen Bürger in Russland waren aufgerufen, am 4. März einen neuen Präsidenten zu wählen. Weil Russland ein riesiges Land ist und im Osten die Sonne viel früher aufgeht als im Westen, öffneten die 95.000 Wahllokale zu unterschiedlichen Zeiten. Als erste gehen die Einwohner im Fernen Osten zur Wahl. In Moskau und Zentralrussland öffneten die Wahllokale am Sonntag um 8.00 Uhr Ortszeit. Als letzte wählten die Einwohner des Kaliningrader Gebietes an der Grenze zu Polen.

Wladimir Putin gewann die Wahl im ersten Wahlgang und erhielt nach vorläufigen Ergebnissen 63,7 Prozent der Wählerstimmen. Sein Gegner Gennadi Sjuganow von der Kommunistischen Partei erhielt 17,2 Prozent, der Geschäftsmann Michail Prochorow 7,9 Prozent und der rechtsextreme Politiker Wladimir Schirinowski 6,2 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,37 Prozent. Erstmals wurde der russische Präsident für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Bisher war alle vier Jahre Präsidentenwahl in Russland.

Die mächtigste Person im Staat

Dmitri Medwedew ist seit 2008 der russische Präsident und damit das Staatsoberhaupt des Landes. (Quelle: Jürg Vollmer / Maiakinfo)

Der russische Präsident ist der mächtigste Politiker und das Staatsoberhaupt des Landes. Ähnlich wie in den USA entscheidet auch der Präsident Russlands über die wichtigsten politischen Fragen. Außerdem ist er Oberbefehlshaber der Armee und hat damit die Befehlsgewalt über die Atomwaffen des Landes. Der Präsident schlägt den Ministerpräsidenten, also den Regierungschef, und die Mitglieder der Regierung dem Parlament vor und kann die Regierung auch auflösen, wenn er das für notwendig hält.

Der Präsident kann außerdem so genannte "Dekrete" erlassen. So wird eine Anordnung des Präsidenten genannt. Mit einem Dekret kann sich der Präsident sogar über das russische Parlament, die Duma, hinwegsetzen. Einzige Bedingung ist, dass das Dekret nicht gegen die Verfassung verstößt. Wer russischer Präsident werden will, muss mindestens 35 Jahre alt sein, die russische Staatsbürgerschaft haben und seit mindestens zehn Jahren im Land leben. Um zur Wahl zugelassen zu werden, braucht der Bewerber zwei Millionen Unterstützer, die für den Kandidaten unterschreiben müssen.

Regierungschef Putin hatte die besten Chancen

Ministerpräsident Wladimir Putin war bereits von 2000 bis 2008 russischer Präsident. Nun will er das Amt erneut übernehmen. (Quelle: Presidential Press and Information Office)

Zu Wahl traten insgesamt fünf Kandidaten an: Der jetzige Ministerpräsident Wladimir Putin, der Sozialdemokrat Sergej Mironow, der Rechtsextreme Wladimir Schirinowski, der Sozialist Gennadi Sjuganow und der Geschäftsmann Michail Prochorow. Die größten Chancen, Präsident zu werden, wurden vor der Wahl Wladimir Putin ausgerechnet.

Von 2000 bis 2004 und von 2004 bis 2008 war der heute 59-Jährige schon einmal Präsident des Landes. Da laut der russischen Verfassung ein Präsident nur zwei Amtszeiten hintereinander amtieren darf, konnte er 2008 nicht noch einmal zur Wahl antreten. Der neue Präsident Dmitri Medwedew schlug nach seiner Wahl Putin als Regierungschef vor. Diesen Posten hat Putin bis heute. Auf einem Parteitag der Regierungspartei "Einiges Russland" kündigten Putin und Medwedew an, dass beide 2012 ihre Ämter tauschen wollen - nach der erfolgreichen Wahl will Putin also Medwedew zum Ministerpräsidenten vorschlagen.

Der 59 Jahre alte Sergej Mironow trat für die Partei "Gerechtes Russland" an, deren Chef er auch ist. Die Partei hat ein ähnliches Programm wie die SPD in Deutschland. Der Chef der russischen Kommunistischen Partei Gennadi Sjuganow war zuvor schon zwei Mal gegen Putin angetreten. Beim ersten Mal kam er sogar in die Stichwahl. Bei der vergangenen Wahl gegen Dimitri Medwedew bekam er nur 18,5 Prozent der Stimmen. Wladimir Schirinowski ist ein russischer Rechtsextremer, der in der Vergangenheit mit Skandalen Aufmerksamkeit erregte. Schon oft fing der Politiker Prügeleien im Parlament oder bei Fernsehdiskussionen an. Außerdem ist er für seine antisemitischen, das heißt judenfeindlichen, Äußerungen bekannt. Bei der Präsidentenwahl wurden dem 66-jährigen Schirinowski aber kaum Chancen eingeräumt. Als jüngster Kandidat trat der Geschäftsmann Michail Prochorow an. Der 46-Jährige gilt als der drittreichste Russe und soll ein Vermögen von fast 18,5 Milliarden Dollar haben.

Vorwürfe gegen die Regierung

Putin (links) 2008 im Gespräch mit seinem Nachfolger Dmitri Medwedew. (Quelle: Presidential Press and Information Office)

In Putins erster Amtszeit als Präsident konnte sich das Land nach Jahren des wirtschaftlichen und politischen Chaos unter seinem Amtsvorgänger, dem 2007 verstorbenen Boris Jelzin, stabilisieren. Putin bezeichnete die Politik, die er in den nächsten Jahren machen sollte, als "Diktatur der Gesetze". Das heißt, dass alles im Land von den Gesetzen beherrscht wird. Putin schränkte als erstes die Macht der Gouverneure ein. Diese sind vergleichbar mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer in Deutschland, werden aber vom Präsident ernannt.

Der russischen Regierung, an deren Spitze Putin steht, wird immer wieder vorgeworfen, gegen Grundwerte der Demokratie zu verstoßen und wichtige Grund- und Bürgerrechte einzuschränken - etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung oder die Pressefreiheit. So werden unabhängige Journalisten oder Fernseh- und Radiosender bei ihrer Arbeit behindert. Besonders kritisiert wird die Berichterstattung im Fernsehen vor den Wahlen in Russland. Nach Angaben der Kritiker bekommen Bewerber, die gegen die Regierungskandidaten antreten, nicht genügend Sendezeit. Ebenso wird kritisiert, dass die TV- und Radiostationen nicht kritisch genug über die Arbeit der Regierung berichten.

Bei den Wahlen in Russland wurde mehrfach der Vorwurf der Bestechung und Manipulation laut. Medwedew war 2008 der Wunschnachfolger Putins, der den ehemaligen Präsidenten schließlich zum Regierungschef machte. Einige sahen Putin in der Folge als "Macht hinter dem Thron", da sie der Meinung waren, dass dieser und nicht das offizielle Staatsoberhaupt Medwedew das Land tatsächlich regieren würde und der Drahtzieher für wichtige politische Entscheidungen wäre. Auch bei der Präsidentschaftswahl 2008 prangerten Kritiker an, dass die Wahl nicht fair abgelaufen war. Aussichtsreiche Kandidaten wurden gar nicht erst zur Wahl zugelassen und da die Regierung die entscheidende Macht über die Medien in Russland hat, konnten die anderen Kandidaten nur eingeschränkt ihr Wahlprogramm betreiben.

Im Kampf gegen die Superreichen?

Michail Chodorkowski sitzt seit Oktober 2003 in Haft. Immer wieder wird Putin vorgeworfen, sich durch zweifelhafte Gerichtsverhandlungen politische Gegner vom Hals zu schaffen. (Quelle: PressCenter of Mikhail Khodorkovsky and Platon Lebedev | Wikimedia Commons)

In der russischen Bevölkerung bekam Putin für seine Politik auch Anerkennung. So ging er zum Teil gegen die zu schnellem Reichtum gekommenen Geschäftsleute vor. Wenn diese nicht seine Politik unterstützten oder gar seine Macht gefährdeten, wurden sie ausgeschaltet und teilweise inhaftiert. Einige der reichsten Männer Russlands flohen daher ins Ausland.

Einer der bekanntesten Superreichen, der Milliardär Michail Chodorkowski, kritisierte Putin stark und wollte selbst Politiker werden. Da Chodorkowski seinen Reichtum nicht immer auf ehrliche Weise erlangt haben soll, ließ Putin ihn anklagen. Der Geschäftsmann verlor im Verlauf des Prozesses sein gesamtes Vermögen und wurde, weil er den Staat um Steuern betrogen haben soll, zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt. Auch andere reiche Geschäftsleute, die in Russland "Oligarchen" genannt werden (Menschen, die wegen ihres Geldes eine große Macht ausüben), mussten sich vor Gericht verantworten, hohe Geldstrafen zahlen oder kamen ins Gefängnis.

Im Ausland wurde der Präsident dafür kritisiert. Man warf Putin vor, durch diese Gerichtsverhandlungen lediglich störende politische Gegner zu beseitigen - nämlich genau die mächtigen Leute, die ihm gefährlich werden konnten. Noch immer ist die Kluft zwischen Arm und Reich in Russland recht hoch - es gibt einige sehr reiche Geschäftsleute und eine breite Masse an wenig besitzenden und armen Menschen.

Putin änderte in seiner Amtszeit auch die Steuergesetze. Das führte dazu, dass viele Unternehmen erstmals Steuern an den Staat zahlen mussten und sich die russische Staatskasse wieder füllte. In die Zeit seiner ersten Präsidentschaft fiel auch der Tschetschenien-Krieg. In dem Gebiet im Süden Russlands ging die russische Armee mit aller Härte gegen bewaffnete Rebellen vor. Diese wollten die russische Teilrepublik vom Gesamtstaat abspalten. In dem Krieg, der insgesamt zehn Jahre andauerte, starben auf beiden Seiten insgesamt mehr als 100.000 Menschen. Vom Westen und russischen sowie internationalen Menschenrechtsgruppen wurde Putin für diesen Krieg heftig kritisiert und der Armee wurden Kriegsverbrechen vorgeworfen. Seit dem Jahr 2009 ist der Krieg offiziell beendet.

Viele Proteste gegen Putin

Demonstration in Moskau am 10. Dezember 2011: Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Ministerpräsident Wladimir Putin und Staatspräsident Dmitri Medwedew, Neuwahlen und eine Untersuchung der Wahlfälschungsvorwürfe. (Quelle: Dmitry A. Mottl | Wikimedia Commons)

Auf dem Land und in den Kleinstädten steht die Mehrheit der Bürger hinter Putin und der Regierungspartei "Einiges Russland". Ganz anders sieht es aber in den großen russischen Städten aus. Hier finden die Regierungskritiker viele Anhänger.

Über das Internet haben in den Tagen und Wochen vor der Wahl Bürgerrechtler zu Protesten gegen die Regierung und den Präsidentschaftskandidaten Putin aufgerufen. In Moskau bildeten etwa 20.000 Demonstranten eine kilometerlange Menschenkette und riefen "Russland ohne Putin". Die Demonstranten waren vor allem besorgt, dass die Wahlen gefälscht werden. Auch bei den letzten Wahlen behaupteten Bürgerrechtler, dass die Regierung die Ergebnisse gefälscht habe. Ebenso Wahlbeobachter der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) hatten bei den Parlamentswahlen 2011 "häufige Unregelmäßigkeiten" festgestellt.

Als Reaktion darauf hat Ministerpräsident Putin angeordnet, dass in allen Wahllokalen Videokameras installiert werden müssen. Insgesamt 90.000 Wahllokale sind mit je zwei Webkameras und Computer ausgerüstet worden. Die Maßnahme kostete laut offiziellen Angaben umgerechnet über 600 Millionen Euro. Kritiker befürchteten jedoch, dass die Aufzeichnungen verfälscht werden könnten.

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letzte Aktualisierung: 09.03.2012

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