von Britta Pawlak
Zur Zeit der Apartheid wurden die Ureinwohner Südafrikas aus vielen Gebieten vertrieben. Ihre Heimat beanspruchten weiße "Südafrikaner" für sich, die Einheimischen mussten weichen. Man teilte der schwarzen, "farbigen" oder indischen Bevölkerung spezielle eingegrenzte Gebiete zu, in denen sie leben mussten. Auch heute noch gibt es in Südafrika viele Townships, in denen überwiegend bittere Armut herrscht. Marlen berichtet euch von der Township Soshanguve, die sie in Südafrika besucht hat.
Der Begriff "Apartheid" stammt aus dem Afrikaans und bedeutet etwa "Gesondertheit". Als Apartheid bezeichnete man die Rassentrennung in Südafrika. Sie wurde offiziell im Jahr 1948 eingeführt, als weiße Rassisten die Regierung übernahmen. Diese "Rasseneinteilung" Südafrikas reicht aber weit in die Vergangenheit zurück.
Zur Zeit des Kolonialismus hatten viele europäische Länder das Ziel, sich zu erweitern, ihre Macht zu vergrößern sowie Rohstoffe und Bodenschätze auszubeuten. Sie besetzten weite Teile Afrikas, entrechteten, versklavten oder ermordeten die Ureinwohner und plünderten die Schätze der Länder. Die Europäer sahen sich als "überlegene Rasse" an, vielen einheimischen Afrikanern zwangen sie ihre Kultur und Religion auf.
Anfang des 19. Jahrhunderts verschärfte sich die Unterdrückung der afrikanischen Ureinwohner durch die Eroberungen der Kolonialmacht Großbritannien. Die so genannte "South African Native Commission" (SANAC), bedeutet "südafrikanische Ureinwohnerkommission", sollte Anfang des 20. Jahrhunderts eine spezielle "Rassenpolitik" für die südafrikanischen Provinzen Natal, Kapkolonie, Orange Free State und Transvaal festlegen. Mit dem "Native Administration Act" von 1927 wurde in Südafrika der Grundstein der Apartheid gelegt.
Offizielle Apartheid: Machtübernahme burischer Rassisten
Im Jahr 1948 kam in Südafrika die burische Partei der Nationalisten an die Macht, die bis ins Jahr 1989 regierte. Buren sind europäische Einwohner Südafrikas und Namibias, die ursprünglich aus den Niederlanden stammen. Die burischen Nationalisten sympathisierten im Zweiten Weltkrieg mit Nazi-Deutschland und waren gegen eine militärische Beteiligung Südafrikas an der Seite von Großbritannien. Die Mehrheit des burischen Volkes stand hinter der Politik der Nationalisten.
Die Buren waren stark durch den so genannten "Calvinismus" beeinflusst, der sich auf die von Johannes Calvin gegründete Lehre über die Vorbestimmtheit des menschlichen Schicksals bezieht. Mit dieser Theorie rechtfertigte man die Rassentrennung und die angebliche "Überlegenheit" der weißen Rasse. Die rassistische Regierung teilte die Bevölkerung in drei Gruppen ein: "weiß", "schwarz" und "coloured" - also "farbig". Für die Gruppen galten verschiedene Gesetze.
Die einheimische Bevölkerung wurde aus vielen Gebieten vertrieben und in eigens für sie vorgesehenen Bezirken untergebracht. Ihnen wurde die südafrikanische Staatsbürgerschaft aberkannt und eine so genannte "Homeland"-Staatsbürgerschaft zugeteilt. Man machte sie zu "Ausländern" und Fremden in ihrem eigenen Land, sie wurden massiv unterdückt und besaßen so gut wie keine Rechte.
Der Ursprung des Namens "Soshanguve"
Die Township Soshanguve wurde 1974 auf einem Areal gegründet, das in ein so genanntes Bantustan eingebunden werden sollte. Das Wort "Bantustan" setzt sich aus verschiedenen Wörtern zusammen. "Bantu" bezeichnet in Südafrika sowohl einen Stamm als auch eine Sprache, "stan" bedeutet übersetzt "Land". Daraus ergibt sich Bantustan, also das "Land der Bantu", das für folgende Stämme eine "Zuflucht" sein sollte: SOtho, SHAngaan, NGUni und VEnda. So entstand der Name SOSHANGUVE.
Mittlerweile ist Soshanguve an die südafrikanische Hauptstadt Tshwane (ehemals Pretoria) angegliedert und steht unter deren Verwaltung. Soshanguve ist eine unüberschaubare Gemeinde, deren Einwohnerzahl nicht festzustellen ist. Schätzungen liegen zwischen 700.000 und 1,4 Millionen Einwohnern.
Armenviertel: Kaum mehr als ein "Dach über dem Kopf"
Die Siedlung hat zwei Gesichter: das "reiche" und das "arme" Soshanguve. Im sehr kleinen "reichen" Teil findet man nicht große, aber für südafrikanische Verhältnisse recht stabil gebaute Backsteinhäuser. Diese bestehen meist nur aus einem großen Raum, in dem - für uns Europäer - unvorstellbar viele Menschen, ganze Großfamilien, zusammenleben. Der weitaus größere "arme" Teil der Siedlung besteht hingegen aus Holzverschlägen und Wellblechbaracken.
Die Hütten sind schlecht isoliert und es gibt dort keine Heizungen. Kälte und Feuchtigkeit dringen schnell in die Behausungen ein. Wenn es regnet, tropft das Wasser direkt in die undichten Blechbaracken. Die Straßen der Siedlung sind nur schlecht zu befahren, sofern überhaupt von Straßen die Rede sein kann. Wasser und Strom gibt es nur für einen sehr kleinen Teil der dort lebenden Menschen. Die Arbeitslosigkeit ist hier enorm hoch. Außer der hohen Kriminalitätsrate in den Townships ist auch die sehr hohe Zahl an HIV-infizierten Menschen äußerst problematisch, die von der südafrikanischen Regierung gerne verschwiegen wird. Aus diesem Grund gibt es auch keine offiziellen Angaben, aber nach Einschätzungen liegt gerade in den Townships der Anteil der HIV-Infizierten bei über 50 Prozent. Als Folge der vielen HIV-Erkrankungen ist die Sterberate unglaublich hoch.
Problem Aids: Heimatlose Waisenkinder
Kinder, deren Eltern an HIV erkrankt sind, tragen das Virus nicht automatisch in sich. Die Wahrscheinlichkeit einer Krankheitsübertragung von einer HIV-positiven Mutter auf ihr Kind liegt bei ungefähr 20 Prozent. Es gibt unter den Ärmsten der Armen daher sehr viele Aids-Waisen: Diese Kinder leben in völliger Armut, leiden an Hunger und haben meist nicht einmal ein Zuhause. Es gibt oft niemanden, der sich um sie kümmert und die Kinder haben keine Perspektiven für ihr Leben - ganz zu schweigen von Kleidung oder Spielsachen, die für uns so selbstverständlich sind.
Vor allem in den Entwicklungsländern Afrikas ist die extreme Ausbreitung des HI-Virus' sehr Besorgnis erregend. Viele Menschen sind nicht ausreichend aufgeklärt und wissen nicht, wie sie sich schützen können oder dass sie bereits mit dem Virus infiziert sind. In dem hier gelegenen Krankenhaus besteht das einzige "Medikament" für aidskranke Kinder aus Multivitamintabletten. Allgemein ist die medizinische Versorung in den armen Ländern Afrikas sehr schlecht. Die aidskranken Menschen sterben deshalb auch besonders früh und qualvoll an der Immunerkrankung.
Im zweiten Teil des Artikels erzähle ich von der ehemaligen Lehrerin Thobile, die ihren Beruf aufgab, um sich um die in bitterer Armut lebenden Aids-Waisenkinder zu kümmern. Du erfährst mehr über das Leben der verarmten Kinder der Townships. Dazu zeige ich dir auch einige Fotos in einer Bildergalerie, die ich während meines Besuchs im Waisenhaus und in der Township gemacht habe. Klicke auf den Weiter-Pfeil rechts unten.
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