von Florian Kienetz - 14.06.2006
Die Schweiz ist im WM-Fieber: Millionen Fans haben im Stuttgarter WM-Stadion, auf Großleinwänden oder am Fernseher das erste Weltmeisterschafts-Spiel ihrer Nati verfolgt. Nach der Partie wussten sie nicht, ob sie sich über das torlose Unentschieden freuen, oder sich über die vielen vergebenen Torchancen ärgern sollten. Insbesondere durch die Leistung in der zweiten Halbzeit hätte die Schweiz den Sieg verdient gehabt.

Der Schweizer Nationaltrainer, Jakob " Köbi" Kuhn, sagte nach dem Spiel: "Wir müssen mit dem einen Punkt zufrieden sein. Es ist, wie es ist." Das Unentschieden gehe in Ordnung, da auch die Franzosen ihre Chance gehabt hätten. "Es nützt nichts, sich zu fragen, ob wir einen Punkt gewonnen oder zwei Punkte verloren haben."
Mit dem Punkt liegt die Schweizer Mannschaft voll im Plan auf dem Weg ins Achtelfinale. Doch sogar der Sieg gegen die favorisierten Franzosen wäre drin gewesen. Torchancen gab es einige: Mit etwas mehr Glück wäre der Freistoß von Tranquillo Barnetta nicht an den Pfosten, sondern wenige Zentimeter weiter links ins Tor gegangen.
Abwehrreihen beherrschten die Partie

Zu Beginn des Spiels hatten die Franzosen die Oberhand und schossen häufiger auf das Tor als die Eidgenossen. Das Team von Nationaltrainer Raymond Domenech hatte vor allem in den ersten Spielminuten gute Möglichkeiten. Starstürmer Thierry Henry von Arsenal London und Patrick Vieira scheiterten mit ihren Schüssen nur knapp. Insgesamt standen sich zwei gut organisierte Abwehrreihen gegenüber. Da ist es auch kein Wunder, dass der Franzose Makelele später zum besten Spieler der Partie gewählt wurde. Er hat eine gute Arbeit im defensiven Mittelfeld geleistet und dem an diesen Abend glanzlosen Superstar in seinem Team, Zinedine Zidane, den Rücken freigehalten.
Die Schweiz hat erneut gezeigt, dass sie auf Augenhöhe mit dem Weltmeister von 1998 ist. Schon in den beiden WM-Qualifikationsspielen zwischen diesen beiden Mannschaften hatte es keinen Sieger gegeben. Das Hinspielergebnis in Frankreich lautete 0:0, beim Rückspiel in der Schweiz stand es nach 90 Minuten 1:1.
Am Anfang fehlte das Selbstvertrauen

Eigentlich hätten die Schweizer mit mehr Selbstvertrauen in das erste WM-Spiel gehen können, denn in den vergangenen beiden Jahren mussten sich die Jungs von Köbi Kuhn nur ein einziges Mal geschlagen geben. Deshalb kritisierte der Schweizer Coach: "Wir spielten in der ersten Halbzeit den Ball hinten zu oft hin und her. Und haben viele Bälle verloren. Wir begannen insgesamt zu nervös und unsicher."
Nachdem sie die anfängliche Nervosität abgelegt hatten, kamen die Schweizer Elite-Fußballer immer besser ist Spiel. In der 24. Minute hatten sie die eine riesige Chance. Zunächst prallte ein von Tranquillo Barnetta getretener Freistoß an den Pfosten, anschließend traf der völlig freistehende Stürmer Alexander Frei den abprallenden Ball nicht richtig.
Pech im Abschluss

Philipp Degen sagte nach dem Spiel: "Die Hitze war ein hemmender Faktor“. Er habe vor der Pause die Sonne frontal im Gesicht gehabt. Der Kapitän der Schweizer, Johann Vogel, machte ebenfalls die tief stehende Sonne und die sommerlichen Temperaturen für die schwächere Leistung seines Teams in der ersten Halbzeit verantwortlich: "Die Hitze machte uns vor allem in der ersten Halbzeit zu schaffen. Aber auch die Franzosen machten wenig Tempo."
Mit der Leistung in der zweiten Halbzeit kann das Schweizer Team dagegen zufrieden sein. Nationaltrainer Köbi Kuhn lobte "die Willensleistung" seiner Mannschaft. Ab der 60 Minute kam die Schweiz mehrfach mit Schnellangriffen gefährlich vor das Tor des französischen Keepers Fabien Barthez. Stürmer Alexander Frei, der in der Qualifikation sieben Tore erzielt hatte, konnte erst im letzten Moment gestoppt werden. Kurz darauf köpfte der eingewechselte Daniel Gygax völlig freistehend aus kurzer Entfernung den französischen Torwart an.
Das erlösende Tor wollte einfach nicht fallen. An den Schweizer Fans hat es nicht gelegen. Mehrere tausend Anhänger begleiteten ihr Team mit Sonderzügen aus Bern und Basel ins Stuttgarter WM-Stadion. Mit "Hopp Schwiiz! Hopp Schwiiz!" feuerten sie 90 Minuten lang ihre Stars um Barnetta und Co. an.
Trainer-Pogo in Togo
Trainer Köbi Kuhn blickte kurz nach dem Abpfiff bereits auf das nächste Spiel. Am kommenden Montag trifft seine Mannschaft in Dortmund auf WM-Neuling Togo. "Gegen das afrikanische Team müssen wir auf Sieg spielen", sagte Kuhn. Togo hatte am Dienstagnachmittag gegen Südkorea unglücklich mit 1:2 verloren und ist im Spiel gegen die Schweiz in der Rolle des Außenseiters.
Wer bei Togo auf der Trainerbank sitzen wird, ist noch immer nicht eindeutig geklärt. Der deutsche Trainer, Otto Pfister, war nach einem Streit zwischen den Spielern und dem togoischen Verband zunächst zurückgetreten, um kurz vor dem ersten Spiel dann doch wieder das Team Togo zu betreuen. Dennoch ist Pfisters Zukunft als Trainer nach der Auftakt-Niederlage ungewiss. Ein hohes Mitglied des togoischen Verbands hatte ihn öffentlich bloßgestellt, indem es behauptete, dass Otto Pfister Alkohol-Probleme habe. Der ständige Streit zwischen Verband, Spielern und dem Trainer führt natürlich zu Unruhen im Team. Sie könnten mit dazu beitragen, dass die Schweiz am Montag den ersten WM-Sieg seit der Endrunde 1994 einfährt.

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