28.02.2013
Die Nachricht kam für viele überraschend: Papst Benedikt XVI. verkündete kürzlich in einer Rede vor Kardinälen in Rom, dass er sein Amt am 28. Februar aufgeben wird. Der Papst trägt das höchste Amt in der katholischen Kirche und gilt als "Vertreter Gottes". Der 85-Jährige sagte, er fühle sich schwach und seine Kräfte reichten nicht mehr aus. Es gibt allerdings auch Gerüchte, nach denen andere Gründe für den Rücktritt des Papstes vermutet werden. Was geschieht nun und wann wird der Nachfolger von Benedikt XVI. gewählt?
Benedikt XVI. (der 16.) kündigte völlig überraschend an, dass er am 28. Februar 2013 zurücktreten wird. Zu den Gründen für diesen Schritt sagte der Papst, er habe dies in "voller Freiheit für das Wohl der Kirche getan". Ihm sei klar geworden, dass er nicht mehr in der Lage sei, sein Amt mit der erforderlichen Kraft auszuüben. Deshalb wolle er der Kirche in Zukunft "mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet dienen". Der Papst erklärte seinen Rücktritt in lateinischer Sprache, der offiziellen Amtssprache des Vatikans - das ist der "katholische Kirchenstaat" inmitten von Rom. In Latein wird auch die die Antrittsrede der Päpste gehalten. Deshalb entschied sich der Papst, auch seinen Abschied auf Latein bekannt zu geben.
Bei seinem Auftritt machte der 85-Jährige einen schwachen und erschöpften Eindruck. Nach Informationen aus dem Vatikan leidet der Papst schon seit mehreren Jahren unter Bluthochdruck. Deswegen habe ihm sein Arzt empfohlen, auf längere Flugreisen zu verzichten. Außerdem soll der Papst in letzter Zeit mehrfach aus dem Bett gefallen sein. Wegen Herzproblemen musste Benedikt ein Herzschrittmacher eingesetzt werden. Zudem ist Benedikt XVI. auf dem linken Auge so gut wie blind und auch sein Gehör hat in den letzten Jahren nachgelassen.
Normalerweise scheiden Päpste mit dem Tod aus dem Amt. Der Entschluss von Benedikt XVI. ist der erste Rücktritt eines Papstes seit über 700 Jahren. Wann der neue Papst gewählt wird, ist noch nicht bekannt. Der Nachfolger von Benedikt XVI. soll aber bereits zu Ostern im neuen Amt sein, denn Ostern ist ein sehr wichtiger Feiertag für die katholische Kirche.
Aus dem oberbayrischen Dorf nach Rom
Benedikt XVI. ist ein Deutscher und heißt eigentlich Joseph Ratzinger. Er wurde am 16. April 1927 in Marktl am Inn in Oberbayern geboren. Joseph wuchs mit seinem Bruder und seiner Schwester in einer streng christlichen Familie auf, für die der Kirchgang und Wallfahrten (religiöse Pilgerreisen) Pflicht waren. Nach dem Abitur studierte er von 1946 bis 1951 katholische Theologie und Philosophie in Freising und München. Nach seinem Studium schrieb Ratzinger eine Doktorarbeit und schlug eine Universitätslaufbahn ein. Er lehrte an verschiedenen Universitäten Theologie und schrieb mehrere Bücher zu religiösen Themen.
1977 wurde er zum Erzbischof von München ernannt und ging 1982 auf Bitten von Papst Johannes Paul II. nach Rom. Er wurde sozusagen Minister und galt als die rechte Hand des Papstes. Am 19. April 2005 wurde Joseph Ratzinger zum Nachfolger des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. gewählt und entschied sich, den Namen Benedikt XVI. zu tragen. Gerade in Deutschland zeigten sich viele erfreut über die erste Wahl eines Deutschen zum Papst seit dem 16. Jahrhundert.
Aber längst nicht alle waren begeistert von der Wahl Joseph Ratzingers zum katholischen Kirchenoberhaupt: Kritiker bemängelten von Beginn an die stark konservative, also "rückwärtsgerichtete", Haltung von Benedikt XVI. und seine mangelnde Aufgeschlossenheit für wichtige Neuerungen in der katholischen Kirche. So hielt der Papst als "Hüter der einzigen Wahrheit" überzeugt an den traditionellen Geschlechterrollen in der katholischen Kirche fest, wandte sich entschieden gegen das Recht schwangerer Frauen auf Abtreibung selbst im Falle einer Vergewaltigung, gegen den Einsatz von Mitteln zur Empfängnisverhütung und verurteilte Homosexualität als "unnatürlich" und "nicht gottgewollt". Auch seine Äußerungen zum Islam und zum Judentum brachten ihm zeitweise Kritik ein.
Regeln für den Rücktritt
Nach den Regeln der katholischen Kirche darf ein Papst von seinem Amt zurücktreten, wenn er das selbst will. Die Kirche kann ihn nicht daran hindern. Allerdings ist es sehr selten, dass ein Papst zurücktritt. Manche Päpste haben ihr Amt jedoch niedergelegt, weil sie dazu gezwungen wurden. Papst Pontianus war auf die Insel Sardinien verbannt worden und musste dort im Bergwerk arbeiten. Im Jahr 235 trat er zurück. Der Papst mit dem Namen Silverius wurde von seinen Gegnern auf der Insel Ponza gefangen gehalten und trat im Jahre 537 zurück. Den letzten Rücktritt gab es 1417. Damals wurde Papst Gregor XII. während des so genannten "Konzils von Konstanz" zum Rücktritt gezwungen. Aber auch der "Gegenpapst" Benedikt XIII., der das Amt für sich beanspruchte, kam nicht zum Zug. Es wurde ein neuer Papst gewählt.
Die Kirche sieht nicht vor, einen Papst abzuwählen. Dennoch gab es in der katholischen Kirche auch in der Vergangenheit Kämpfe unter den Kardinälen über den richtigen Mann an der Spitze. Das führte dazu, dass oftmals ein so genannter "Gegenpapst" gewählt wurde, wenn der amtierende Papst nicht zurücktreten wollte. Dieser Gegenpapst machte dem rechtmäßig Gewählten den Titel streitig. Die Historiker sind sich nicht ganz einig, aber insgesamt soll es 30 bis 40 dieser Gegenpäpste gegeben haben.
Auch wenn ein Rücktritt sehr selten ist, gibt es in der katholischen Kirche dafür Regeln. Danach scheidet Benedikt XVI. am 28. Februar mit einem speziellen Ritual aus seinem Amt aus. Ein Kardinal ergreift dabei den Siegelring des Papstes und zerschlägt ihn mit einem goldenen Hammer. Das ist dann das Zeichen, dass der Papst sein Amt beendet hat.
Gerüchte um die Gründe für den Rücktritt
Unklar ist selbst noch in Kirchenkreisen, wie sich Benedikt XVI. nach der Amtsaufgabe nennen darf. Nach Angaben aus dem Vatikan soll Benedikt nicht wieder zum Kardinal "herabgestuft" werden. Ob er dann aber als "zurückgetretener Papst" oder als "emeritierter" (in den Ruhestand versetzter) Bischof von Rom bezeichnet wird, ist noch unklar. Sein Bruder Georg Ratzinger sagte einer Zeitung, er glaube nicht, dass sein Bruder wieder den alten Namen annehmen werde. Er glaube, dass er beim Namen Benedikt bleibe. Der Titel "Heiliger Vater" falle aber natürlich weg.
Benedikt will nach der Amtsaufgabe in Rom bleiben. Aus den päpstlichen Gemächern wird er aber ausziehen und seinem Nachfolger Platz machen. Nach eigener Aussage will er dann in das Karmel-Kloster innerhalb der Vatikanmauern ziehen. Dort will er den Tag mit beten und meditieren verbringen. Für den Umzug wird das Kloster extra umgebaut. Bis die Bauarbeiten beendet sind, wird Benedikt in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo wohnen.
Manche Leute glauben, dass der Papst andere Gründe hatte, zurückzutreten. Sie vermuten, dass nicht das Alter oder die Gesundheit die Ursachen sind, sondern die Verhältnisse im Vatikan dafür gesorgt haben, dass Benedikt aus Enttäuschung nicht weiter Oberhaupt der katholischen Kirche sein will. In den letzten Jahren wurde Benedikts Kirche von Skandalen erschüttert. So wurde bekannt, dass katholische Priester Kinder sexuell missbraucht hatten und die Kirche nichts dagegen unternommen hatte. Außerdem wurde Benedikt dafür kritisiert, dass er rechtsradikale Geistliche nicht aus der Kirche ausschließen wollte. Für weiteren Ärger sorgten streng geheime Dokumente, die der Kammerdiener des Papstes an einen Journalisten verkaufte. Diese ganzen Probleme, so vermuten Experten, könnten zu Benedikts Entschluss geführt haben. Einige vermuten auch, dass Papst Benedikt XVI. möglicherweise unter Druck gesetzt wurde, sein Amt niederzulegen.
Wer könnte der Nachfolger werden?
Noch ist unklar, wer Benedikt XVI. ablösen könnte. Schließlich steht noch nicht einmal ein Termin für die Wahl des Nachfolgers fest. Viele glauben, dass der Nachfolger diesmal jünger sein wird und nicht aus Europa, sondern aus einem anderen Erdteil kommt. Ein aussichtsreicher Kandidat stammt aus dem afrikanischen Land Ghana. Peter Turkson leitet das vatikanische Büro für Frieden und Gerechtigkeit.
Auch in Lateinamerika gibt es mit Odilo Scherer einen Kardinal mit guten Chancen. Vor allem weil die katholische Kirche in Süd- und Mittelamerika sehr viele Mitglieder hat. Aber auch ein italienischer Kardinal könnte der nächste Papst werden, da die meisten der Kardinäle, die den Papst wählen, aus Europa kommen. In früheren Jahren kamen die Oberhäupter der katholischen Kirche in der Regel aus Italien.
Der Papst wird von einer Versammlung aller Kardinäle, die jünger als 80 sind, gewählt. Die Kardinäle dürfen bei der Wahl so lange nicht die Versammlung, das so genannte Konklave, verlassen oder sich mit anderen Menschen austauschen, bis ein Papst gewählt ist. Nach der Wahl darf sich der neue Papst selbst einen lateinischen Namen aussuchen, mit dem er in Zukunft angesprochen werden will.
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