von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak
Die ersten Spuren für die Verwendung von Kosmetikartikeln finden sich bei den alten Ägyptern. Die Ägypter schmückten sich, um den Göttern "ähnlicher" zu werden. Die Schönheitsrezepte der alten Pharaonen waren streng gehütete Geheimnisse. Wahrscheinlich haben sich Menschen schon sehr viel früher Farben ins Gesicht gemalt. Der moderne Lippenstift ist gerade einmal hundert Jahre alt.
Ältestes Zeugnis für die Verwendung von hergestellten Farben ist die steinzeitliche Höhlenkunst - die mit Feuerstein geritzten Figuren wurden mit Farben nachgezeichnet. Man benutzt dieses Datum auch gerne, um vom "Beginn" der menschlichen Kultur zu sprechen.
Von den alten Ägyptern weiß man, dass sie die hergestellten Farben auch für die eigene Schönheitspflege benutzten. Aber auch von den alten Sumerern, Babyloniern, Hethitern, Assyrern, Persern, Griechen, Chinesen, Indern und den südamerikanischen Inkas könnte man behaupten, dass sie "Erfinder" der Kosmetik gewesen sind.
Spuren in der Kulturgeschichte: die alten Ägypter
Die alten Ägypter glaubten, dass die körperliche Erscheinung eines Menschen seine Seele widerspiegle. Um auf der Oberfläche der Körper das Wohlgefallen der Götter zu erwecken, benutzten sie verschiedene Erzeugnisse wie Augenschminke, Gesichtscremes und viele verschiedene Öle zur Pflege der Haut.
Bei Ausgrabungen fanden Archäologen zahlreiche Gegenstände für die Körperpflege wie zum Beispiel Kosmetikkästchen, Salbengefäße, Schminklöffel, Handspiegel, Pinzetten, Kämme und Klingen zum Entfernen von Körperbehaarung. Kosmetika und Kosmetikgegenstände wurden auch den Toten als Grabbeigabe hinterlassen. Aufgrund des heißen und trockenen Klimas bemühten sich die alten Ägypter besonders um die Herstellung von Cremes zum Schutz vor der Sonne. Auch bei der Mumifizierung von Toten verwendete man eigens dafür zubereitete Salben, um den körperlichen Verfall aufzuhalten.
Anders als heute mussten die Ägypter damals ausschließlich mit natürlichen Zutaten auskommen. Durch die Beigabe von Blüten, Baumrinden und Harzen zum Beispiel gelang es ihnen, verschiedene Öle mit unterschiedlichen Wohlgerüchen zu versehen. Mineralische und metallische Spurenelemente wie "Eisenoxid", "Antimon" und "Malachit" vermischte man mit Wasser zu einer Masse, die dann zur Gesichtspflege aufgetragen werden konnte.
Tierische Fette, der Honig der Bienen und Bienenwachs waren weitere wichtige Zutaten für Cremes, außerdem noch "Ambra" (wachsartige Substanz aus dem Verdauungstrakt von Walfischen), "Moschus" (Absonderung aus einer Drüse des Moschushirsches), "Myrrhe" (Harz eines Balsambaumgewächses) und "Zibet" (von der Zibetkatze ausgeschiedene Substanz). Zum Aufbewahren der Cremes benutzte man die hohlen Stängel von Pflanzen, die dann wie eine Tube ausgedrückt wurden.
Beide Geschlechter schminkten sich
Zum Färben der Handflächen und der Fingernägel und für andere kosmetische Bemalungen verwendete man die Blätter des Hennastrauchs. Dazu wurden die Blätter pulverisiert und mit Wasser angerührt - eine Praxis, die auch heute noch gebräuchlich ist (vor allem in den arabischen Ländern).
Um die Augen herum benutzten die alten Ägypter Schminke aus Harzen und Mineralien wie "grüner Malachit" und "grauer Bleiglanz" oder auch Holzkohle und Ruß für eine schwarze Färbung. Für Lippen und Wangen wurde eine fetthaltige rote Paste unter Beimischung des Minerals "Cinnabarit" ("Zinnober") benutzt.
Einige der von den Ägyptern benutzten Zutaten waren, wie man heute weiß, hochgiftig. Für die Herstellung der Kosmetika sind Priester und ihre Gehilfen zuständig gewesen. Die ältesten bekannten Rezepte zur Herstellung von Kosmetikprodukten finden sich in einer alten medizinischen Schrift, "Papyrus Ebers" genannt. Dieses Dokument fand man bei archäologischen Ausgrabungen im 19. Jahrhundert in der alten Königsstadt Luxor.
Nicht nur die vornehmen Frauen am Hofe der Pharaonen schminkten sich, sondern genauso die vornehmen Männer. Beide Geschlechter traten also je nach Anlass mehr oder weniger auffällig geschminkt auf.
Griechische Antike: Lernen von den Ägyptern
Als im vierten vorchristlichen Jahrhundert der makedonische König Alexander der Große mit seinem Kriegsheer zuerst Ägypten und dann auch noch das persische Großreich erobert hatte ("Alexanderzug"), waren ihm und seinen Begleitern auch Informationen über die Herstellung von in den griechischen Stadtstaaten unbekannten Kosmetika in die Hände gefallen.
Sowohl Ägypter als auch Perser waren Meister in der Erzeugung von Cremes, Salben, Tinkturen und Duftstoffen. Die Griechen übernahmen von den Ägyptern die Rezepte für die Zubereitung all dieser Kunstprodukte und benutzten sie bei ihrer Körperpflege, zu medizinischen Zwecken und auch als Hilfsmittel bei sexuellen Praktiken. Ebenso von den Persern erhielten die Griechen Anregungen, besonders was die Herstellung von Parfüm angeht.
Die Griechen fanden auch den passenden Namen "Kosmetik" - das griechische Verb "kosméo" bedeutet soviel wie "ordnen" oder "schmücken". Die neuen Produkte waren bei den Griechen so beliebt, dass Händler bald blühende Geschäfte mit dem Verkauf von Schminke, Badesalzen, parfümierten Salben und Salbölen machen konnten. Die griechische Körperkultur maß vor allem dem Baden und der Massage große Bedeutung bei, beides wurde in den extra dafür gebauten "Badestuben" und "Salbräumen" praktiziert. Hier gab man sich unter Verwendung der Kosmetika einer ausgiebigen Körper- und Schönheitspflege hin.
Luxus im alten Rom
Die alten Römer übernahmen viel von der Lebensweise der Griechen, auch wenn vornehme und reiche Römer einen noch "luxuriöseren" Stil prägten.
Für Schönheitswaschungen wurden Früchte mit Milch und wohlriechenden Konzentraten vermengt, man benutzte verschiedene Parfüms für die unterschiedlichen Körperteile. Allerdings waren sich die Römer nicht darüber einig, in welchem Maße man die Kosmetika anwenden sollte - manche lehnten sie auch ganz ab.
Von den Römern stammt der Name "Parfüm", der auf die Anwendung von Räucherstoffen verweist - abgeleitet ist der Name von den lateinischen Worten "per" (bedeutet "durch") und "fumum" (bedeutet "Dampf").
Europa: "Kosmetikfeindliches" Mittelalter und "Wiedergeburt" der Schminke
Mit dem Aufkommen des Christentums in Europa wurde der ausschweifende Gebrauch von Kosmetika bald eingeschränkt - dem Körper zuviel Aufmerksamkeit zu widmen galt als Sünde. Die "Kirchenväter" verlangten im Sinne der Frömmigkeit, dass die Menschen sich um die "inneren" Werte bemühen. Die "äußerliche" Schönheit hingegen wurde gering geschätzt. Allerdings hatten auch die christlichen Missionare nichts gegen die medizinische Nutzung von Ölen, Salben und Cremes einzuwenden.
Währenddessen blühte die Kunst der Kosmetikherstellung anderswo, nämlich in China und im Orient. Im "Fernen Osten" bemühte man sich unter dem Einfluss der daoistischen Religion, die "Seele" aus den Pflanzen zu "befreien", um sie dann in Form von Parfüm aufzubewahren. Die chinesischen Duftstoffe gelangten über die große Handelsroute der "Seidenstraße" schließlich auch nach Europa. Auch über die heilenden Kräfte der Pflanzenauszüge wussten die alten Chinesen eine ganze Menge. Im Orient wurde an der Tradition der Kosmetikherstellung und -nutzung auch nach der Ausbreitung des Islam festgehalten, so dass auch europäische Kreuzritter auf ihren Zügen in den Osten wieder mit Kosmetika und deren verführerischer Wirkung in Berührung kamen.
In den geschichtlichen Epochen der "Renaissance" und besonders im Zeitalter des "Rokoko" (auch "Spätbarock" genannt) erlebten die Kosmetika auch in Europa wieder einen Höhepunkt. Allerdings praktizierte man die Körper- und Schönheitspflege an den Adelshöfen damals auf eine aus heutiger Sicht seltsame Weise. Statt sich ausgiebig zu waschen, zog man es vor, die unangenehmen Körpergerüche mit Parfüm, Puder, Cremes und Salben zu übertünchen. (Erst mit der Französischen Revolution im ausgehenden 18. Jahrhundert kam es auch zum Ende dieser merkwürdigen Phase von Körperkultur.)
"Vornehme" Frauen und Männer bedienten sich dabei der Kosmetika gleichermaßen. Durch die neue Mode setzte man sich vom "gemeinen Volk" ab - eine blasse Gesichtsfarbe galt als besonders edel und auch die Perücke durfte weder bei den Herren noch bei den Damen fehlen. Für die weiße Haut wurde ein stark giftiges Färbemittel hergestellt, das so genannte "Bleiweiß". Dazu färbte man aber auch die Wangen und die Lippen rot, wofür wieder einmal das giftige Färbemittel "Zinnober" verwendet wurde.
Moderne Zeiten: Kosmetika für alle
Im 19. Jahrhundert und im Fahrwasser der Industriellen Revolution wurden Mittel zur Körperpflege mehr und mehr als Massenprodukte hergestellt und somit erschwinglich für die Allgemeinheit. Man fand jetzt Seifen in nahezu jedem Haushalt, und auch schweißhemmende Deodorants wurden langsam aber sicher zu einem Allgemeingut - zunächst jedoch in einer ammoniakhaltigen und deshalb giftigen Variante. Mit dem Aufkommen der chemischen Industrie gelang es, die aufwendigen natürlichen Herstellungsschritte bei der Erzeugung von Kosmetika zu ersetzen.
Der erste moderne Lippenstift wurde im Jahr 1883 auf der Weltausstellung in Amsterdam der Öffentlichkeit präsentiert, und zwar von Pariser Parfümherstellern. Der in Seidenpapier gewickelte Stift war aus "Rizinusöl" (ein Produkt des afrikanischen "Wunderbaums"), "Hirschtalg" (Körperfett des Hirsches) und Bienenwachs hergestellt - am Anfang war er noch sehr teuer und nur wenige Frauen trauten sich, ihn zu benutzen. Erst in den 1920er-Jahren hatten Chemiker an der Erzeugung eines Lippenstifts mitgewirkt, der zu einem erschwinglichen Preis über die Ladentheke ging. Einer der ersten beliebten Modelle trug den französischen Namen "Rouge Baiser" - auf Deutsch "roter Kuss". In den 1950er-Jahren kam dann auch die Drehmechanik hinzu, die heute bei vielen Lippenstiften Standard ist.
Die Kosmetikindustrie heute: ein riesiges Geschäft
Mit der Weiterentwicklung der chemischen Industrie kamen rasch neue künstliche Produkte auf den Markt, zum Beispiel Wimperntusche und Cremes zum Bräunen der Haut oder gegen Falten. Das neu geschaffene Massenmedium "Kino" hatte großen Einfluss auf die Nachfrage nach Kosmetikartikeln, besonders nach der Entwicklung des Farbfilms. Die ersten Ladenketten für Kosmetikartikel entstanden, so dass man an vielen Orten gleichzeitig dieselben Produkte anbieten konnte.
Die Entwicklung wurde allerdings stark gebremst durch den Zweiten Weltkrieg, als vielen Konsumenten das Geld zum Kauf von Waren fehlte und die Konsumgüter streng aufgeteilt wurden. Zur Erzeugung von Kosmetika notwendige Chemikalien wurden jetzt eher zur Waffenproduktion eingesetzt, außerdem fehlten zur Kosmetikherstellung notwendige Fette und Alkohol. Nach dem Krieg wurde die Sorge um das eigene Aussehen bei den Menschen aber wieder zum bestimmenden Thema. Mittlerweile ist der Handel mit Kosmetikartikeln ein Milliardengeschäft - sowohl was den Umsatz, als auch was den Gewinn angeht. Der weltweit größte Kosmetikhersteller "L'Oréal" verkauft seine Produkte in über 130 Ländern und wirft riesige Gewinne ab (Stand 2009).
Übrig bleibt oft noch immer die Frage nach gesundheitlichen Risiken der chemisch hergestellten Kosmetika. Die Standards sind von Land zu Land sehr verschieden, natürlich weiß man oft auch nichts über Langzeitfolgen. Für Skandale sorgten zum Beispiel billige Mittel zum Bleichen der Haut, die in afrikanischen und asiatischen Ländern angeboten wurden. Natürlich ist es auch traurig, wenn gesellschaftlicher Druck so groß wird, dass Menschen nicht mehr zu ihrem Aussehen stehen können. In vielen Gegenden der Welt zum Beispiel sehen dunkelhäutige Mädchen ihre Hautfarbe als ein Hindernis an, und versuchen mithilfe von Hautbleichmitteln "hellhäutig" zu werden.
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