von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak
Für die alten indianischen Kulturen war die Kakaopflanze samt ihrer Erzeugnisse etwas Göttliches. Die Europäer lernten die Kakaobohnen erst kennen, als der Entdecker Christoph Kolumbus und seine Begleiter im Jahr 1502 nach Mittelamerika verschlagen wurden.
Ohne die entsprechende Zubereitung schmeckten die Bohnen bitter, und so hielt man sie anfangs für ungenießbar. Erst der Mexiko-Eroberer Hernán Cortés brachte einige Jahre später in Erfahrung, wie man den Kakao genießen kann. Des Rätsels Lösung war, die Bohnen zu rösten und zu zermahlen - die zerkleinerten Bohnen wurde dann mit Gewürzen und Wasser verrührt. Zur Süßigkeit wurde der Kakao erst viel später durch die Beigabe von Rohrzucker.
Bei den Indianern spielte der Kakao seine Rolle nicht als Süßigkeit, sondern als "zeremonielle" Speise. ("Zeremonie" nennt man eine feierliche Handlung, oft im Rahmen von religiösen Praktiken.) Der lateinische Name "Theobroma cacao" weist auf diesen Zusammenhang hin - er leitet sich von den griechischen Wörtern "theos" (das bedeutet "Gott") und "broma" (das bedeutet "Speise") ab. Der mehrere Meter groß werdende Kakaobaum ist eine sehr anspruchsvolle Pflanze und wächst nur in den äquatornahen tropischen Gebieten. Die dank seiner Frucht hergestellte Schokolade ist heute weltweit die beliebteste Süßigkeit.
Kakao bei den Maya
Die indianische Hochkultur der "Maya" hält man heute für die erste, die den Kakao gezielt anbaute und verzehrte. Die Maya fanden die Pflanze in den tropischen Urwäldern, gruben sie aus und kultivierten sie anschließend in ihren Gärten. Es ist unbekannt, wann genau die Maya mit dieser Praxis begannen - die Blütezeit der Maya-Kultur liegt zwischen dem 2. und dem 10. Jahrhundert nach Christus. Auf jeden Fall fand man später Spuren und Gerätschaft der Kakaokultur im gesamten Herrschaftsbereich der Maya - heute gehört dieses Gebiet zum Süden Mexikos, zu Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador. In diesen Ländern wird auch heutzutage Kakao angebaut.
Die Maya trennten die Samen aus der Kakaopflanze heraus. Anschließend unterzogen sie die gewonnenen Kakaobohnen einer besonderen Behandlung - zuerst wurden die Bohnen "fermentiert" und dann in der Sonne getrocknet. Die "Fermentation" ist der chemische Umwandlungsprozess, bei dem die Aromastoffe der Kakaobohne freigesetzt werden - die noch mit Fruchtfleisch ("Pulpa") zusammenklebenden Kakaobohnen wurden zu diesem Zweck in besonderen Behältern für einige Tage aufbewahrt. Bei der Fermentierung kann auch Alkohol entstehen - möglicherweise nahmen die alten Indianer den Kakao auch in Form einer alkoholischen Flüssigkeit zu sich.
Die getrockneten Bohnen wurden von den Maya mit Feuer geröstet - so wurden die Schalen der Kakaobohnen entfernt, außerdem wurden diese dadurch haltbar und behielten lange ihren Geschmack. Vom Prinzip her behandelt man die Kakaobohnen auch heute noch so wie damals. Zum Schluss wurden die Bohnen mit einem aus Stein hergestelltem Werkzeug ("Metate" genannt) klein gerieben - mit Wasser vermischt ergab dies eine starke und bittere Flüssigkeit, die von den Maya getrunken wurde. Man verzehrte den Kakao ausschließlich in flüssiger Form. Zu unterschiedlichen Anlässen wurde das kakaohaltige Getränk verschieden zubereitet, zum Beispiel durch das Beimischen von Pfefferschoten oder Maismehl. Zucker kannten die Maya nicht, zum Süßen benutzten sie deshalb höchstens Bienenhonig.
Der Kakao war innerhalb der Maya-Kultur allen Menschen zugänglich, unabhängig von ihrer sozialen Stellung. An den zum Teil sehr kunstvoll und aufwendig hergestellten Trinkgefäßen konnte man den indianischen Adel und seinen Reichtum erkennen. Es gab für verschiedene gesellschaftliche und religiöse Anlässe ganz unterschiedliche Trinkgefäße, auf den schönsten heute noch erhaltenen Stücken sind oftmals Götter und Tiere abgebildet. Der Kakao war ein wichtiger Bestandteil bei Hochzeitsfeiern und bei religiösen "Opferfesten", bei denen er mit tierischem oder menschlichem Blut vermischt wurde.
Kakao bei den Azteken
Die "Azteken" sind die Namensgeber der "Schokolade": ihr kakaohaltiges Getränk nannten sie "Xocóatl", das bedeutete so viel wie "bitteres Wasser". Auch für die Azteken wurde der Kakao also noch nicht zu der Süßigkeit verarbeitet, die wir heute kennen. Die Azteken waren ab dem 14. Jahrhundert die vorherrschende Zivilisation in Mittelamerika - mit anderen indianischen Kulturen wie den Maya fand ein kultureller und wirtschaftlicher Austausch statt. Durch den Kontakt mit den Maya kamen die Azteken auch in Berührung mit der Kakaopflanze und den Gebräuchen ihrer Nutzung.
Auch die Azteken begannen also, kakaohaltige Getränke zuzubereiten und zu verzehren. Zusätzlich waren die gerösteten Kakaobohnen als "Geld" im Umlauf - die Kakaobohnen konnten also dazu benutzt werden, sie gegen andere Waren einzutauschen. Die Bohnen mit einer besonders gleichmäßigen Form waren von höherem Wert. Mit dem Kakaogeld kamen viele Indios in Kontakt - als Getränk wurde der Kakao hingegen nur von den wohlhabenden Adeligen und von Kaufleuten genossen, indianische Priester benutzten ihn zudem im Rahmen von religiösen Praktiken. Noch immer galt der Kakao als Geschenk der Götter und als Opfergabe für sie.
Das Hauptgebiet der Azteken befand sich im zentralen Flachland des heutigen Mexikos, das nicht für den Anbau der Kakaopflanze geeignet war. Für die Versorgung mit Kakao mussten die Azteken also Handelsbeziehungen mit den Maya pflegen. Damit der Kakao auf dem weiten Weg aus dem Maya-Reich in die aztekische Hauptstadt Tenochtitlán nicht verdarb, musste der Fermentierungs- und Trocknungsprozess der Maya noch weiter verbessert werden. Die Azteken erfanden weitere Rezepte, um den Kakao zuzubereiten. Für ihre religiösen Praktiken etwa färbten sie das Kakaogetränk mithilfe eines Pflanzenfarbstoffes (gewonnen aus den Samen des Annattostrauches) blutrot - der Kakao symbolisierte dann das Blut.
Wie auch die Maya verbanden die Azteken die Kakaopflanze in ihrer Mythologie mit einem ganz besonderen Gott, nämlich mit "Quetzalcoátl" (bei den Maya hieß dieser Gott "Kukulkan"). Der Legende nach brachte dieser Gott den Menschen die heilige und eigentlich nur für die Götter bestimmte Kakaopflanze als Geschenk - zur Strafe wurde er von den anderen Göttern aus dem Paradies verstoßen.
Europa entdeckt den Kakao für sich
"Conquista" ist ein spanischer Begriff, er bedeutet "Eroberung". Gemeint ist damit die Ankunft der Europäer (zuerst der Spanier und Portugiesen) in Amerika und die damit beginnende Unterwerfung und Vernichtung der indianischen Ureinwohner - Christoph Kolumbus unternahm seine erste Reise zu amerikanischen Inseln im Jahr 1492, amerikanisches Festland betraten die europäischen Seefahrer erstmals im Jahr 1502. Natürlich entdeckten die Europäer viele unbekannte Bräuche und Produkte - darunter auch alles rund um den Kakao.
Christoph Kolumbus beachtete den Kakao nicht weiter, aber der spanische Eroberer Hernán Cortés wurde von den Azteken in das Geheimnis des Kakaos eingeweiht. Die Azteken empfingen die spanischen Eroberer anfangs freundlich und beschenkten sie mit Gold, Edelsteinen und indianischem Schmuck. Die Absicht von Cortés und seinen Leuten war es jedoch schließlich, das prächtige Aztekenreich zu unterwerfen und für die spanische Krone auszubeuten. Cortés stellte eine Armee auf, die einen siegreichen Eroberungszug gegen die Azteken und ihren Herrscher Moctezuma unternahm und in die Hauptstadt Tenochtitlán vorrückte. Cortés führte über alles Buch - seine Schrift "Die Eroberung Mexikos", die er für den spanischen Kaiser Karl V. verfasste, ist bis heute eine der bedeutendsten historischen Quellen über die Azteken.
Mit Schiffen gelangten die ersten Kakaobohnen nach Spanien, zum ersten Mal wahrscheinlich im Jahr 1528. Dort wurden sie aufgrund ihrer Fremdheit und ihres exotischen Geschmacks mit viel Neugierde zur Kenntnis genommen. Die Spanier begannen damit, den Kakao auf eine neue Weise zuzubereiten - es kam in Mode, das kakaohaltige Getränk zu süßen. Zum ersten Mal wurde dem Kakao Zucker und Vanille beigemischt, ein ganz neuer Geschmack entstand. Da der Kakao noch sehr selten und deswegen teuer war, konnten sich nur reiche Adlige das Kakaotrinken leisten. Die alten Reiche der Maya und der Azteken waren nun spanische Kolonien - die mittelamerikanischen Kakaoplantagen stillten jetzt die Nachfrage aus Europa. Für viele Jahre besaßen die Spanier das "Monopol" für den Handel mit der Kakaobohne. "Monopol" nennt man eine Marktsituation, in der es für eine bestimmte Ware nur einen einzigen Anbieter gibt - nur die Spanier produzierten und verkauften anfangs den Kakao.
Erfahre im nun folgenden zweiten Teil mehr über die Geschichte des Kakaos. In Europa wurde er ab dem 17. Jahrhundert vor allem zur Schokolade weiterverarbeitet. Doch wie genau stellt man Schokolade eigentlich her? Und warum macht ihr Genuss gute Laune?
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