von Felicia Chacón Díaz und Björn Pawlak
Der Kakao ist eine Pflanze, die den mittelamerikanischen indianischen Hochkulturen der Maya und der Azteken schon lange vor den Europäern bekannt war. Die Europäer kamen als Eroberer nach Mittelamerika und brachten die Kakaopflanze mit in ihre Heimat zurück.
Die alte indianische Kakaokultur geriet hier in Vergessenheit. Stattdessen bereiteten die Europäer mit dem Kakao nun süße Getränke zu, die sich zuerst in den reichen Adelskreisen höchster Beliebtheit erfreuten. Später begann man mit der Herstellung von Schokolade - die alte Kulturpflanze Kakao eroberte mit der Zeit die ganze Welt, aus dem Luxusgut wurde eine Süßigkeit für Jedermann.
Heutzutage wird die Kakaopflanze vor allem in Gebieten angebaut, in denen sie ursprünglich nicht heimisch war. Um den weltweiten Bedarf zu decken, wurden auch in Afrika und Asien riesige Anbauflächen geschaffen. Die Wissenschaft hat einige Antworten dafür gefunden, warum der Kakao und die Schokolade bei den Menschen so beliebt sind. Der Kakao ist gesund - bestimmte Inhaltsstoffe des Kakaos helfen beim Abbau von giftigen chemischen Zerfallsprodukten im menschlichen Körper. Außerdem wirkt sich der Verzehr von Kakao auch auf den Hirnstoffwechsel aus, Kakao ist somit eine "ganz leichte Droge".
17. Jahrhundert: Kakao wird weltweit angebaut
Der europäische Adel ließ sich von den Kakao trinkenden Spaniern anstecken - innerhalb eines Jahrhunderts war das Kakaogetränk auf dem ganzen Kontinent bekannt. Der italienische Kaufmann Francesco Carletti verbreitete die neue Mode im Süden Europas. Der französische König Ludwig XIV. heiratete die spanische Prinzessin Maria Teresa, die den Franzosen das Kakaotrinken nahe brachte. In Deutschland wurde Kakao zuerst zu medizinischen Zwecken eingesetzt und gehandelt - man verschrieb den Kakao zur Förderung von Verdauung und Fruchtbarkeit und zum Widerstand gegen Erkältungen und die Grippe.
Andere europäische Staaten begannen damit, die Kakaopflanze in den eigenen Kolonien anzubauen - die Engländer auf Sri Lanka im Indischen Ozean, die Franzosen auf den karibischen Inseln Martinique und Guadeloupe, die Holländer auf den indonesischen Inseln Java und Sumatra. Durch die neuen Anbaugebiete war die europäische Nachfrage nach Kakao gesichert. Nicht nur Kakao, sondern auch andere landwirtschaftliche Produkte wie Zucker, Tabak und Baumwolle wurden mittlerweile in riesigen Mengen in den Kolonien angebaut, um dann in Europa konsumiert zu werden.
In Mittelamerika, der Heimat des Kakaos, war die indianische Urbevölkerung stark geschrumpft - die Europäer hatten ansteckende Krankheiten wie Pocken, Masern, Mumps, Keuchhusten, Grippe, Windpocken und Typhus in die Kolonien eingeschleppt. Die Europäer (und auch die Afrikaner) waren gegen diese Krankheiten teilweise "immun" geworden ("immun" bedeutet "unempfindlich"), man starb an diesen Krankheiten nicht. Der Urbevölkerung Amerikas hingegen waren diese Krankheiten unbekannt, sie verfügten also auch nicht über Abwehrkräfte gegen sie. Insgesamt wurde bis Mitte des 17. Jahrhunderts fast 90 Prozent der amerikanischen Ureinwohner ausgelöscht. Der Mangel an Arbeitskräften in Amerika war der Grund für die Einführung von afrikanischen Sklaven, die dann auch auf den Kakaoplantagen arbeiteten.
In den europäischen Häfen kam der Kakao in Form von getrockneten und gerösteten Bohnen an, vor Ort konnte er dann mithilfe von Wasser- und Windmühlen klein gemahlen werden. Sehr begehrt war nun auch der Zucker zum Süßen, der wie der Kakao ein Rohstoff aus den Kolonien war. Um 1700 kam man auf die Idee, die Kakao-Zucker-Mischung mit Milch zu verrühren - eine Erfindung des englischen Wissenschaftlers Sir Hans Sloane von der "Royal Society" ("Königliche Gesellschaft"), der den Geschmack des Kakao-Getränks verfeinern wollte.
Industrielle Revolution und Massenherstellung
Die um 1800 zuerst in England einsetzende Industrielle Revolution veränderte auch die Herstellungsweise von Schokolade und anderen Kakao-Fertigprodukten. Technische Neuerungen vereinfachten die Herstellung, so dass Kakao und Schokolade schließlich als Massenprodukte auch den weniger wohlhabenden Menschen zur Verfügung standen, nicht mehr nur den Königshäusern und dem Kirchenadel. Es wurden neue Maschinen erfunden, die das Rösten und Mahlen von Kakao und das Kneten der Kakaomasse erleichterten.
Mitte des 19. Jahrhunderts revolutionierte man die Schokoladenherstellung, indem man nach neuem Rezept essbare Schokolade herstellte. Auch zuvor gab es schon mit Wasser hergestellte feste Schokolade, die jedoch noch sehr brüchig und trocken und dazu recht bitter war. Die frühe Tafelschokolade war in Apotheken erhältlich und wurde eher als Medizin denn als Genussmittel verkauft. Erst durch das Beimischen von Kakaobutter wurde die Schokolade weicher. Die Kakaobutter ist ein hellgelbes Fett, das man durch Walzen der zerkleinerten Kakaobohnen gewinnt. Der holländische Apotheker Coenraad van Houten entwickelte ein Verfahren, bei dem der gemahlene Kakao mithilfe einer "hydraulischen" Presse entfettet werden konnte. ("Hydraulik" nennt man eine Technik, die mit Flüssigkeitsdruck arbeitet.) Man hatte mit dem Kakaopulver und der Kakaobutter nun zwei "reine" Zutaten, die nach Belieben miteinander kombiniert werden konnten - "schwarze" Schokolade enthält einen besonders hohen Anteil an Kakaopulver, "weiße" Schokolade hingegen besteht nur aus Kakaobutter und Zucker.
Die Mischung aus Kakaopulver und Kakaobutter goss man in geschmolzenem Zustand in Gussformen, anschließend ließ man die Masse erkalten. Die erste essbare Tafelschokolade wurde 1847 von der englischen Firma "Fry & Sons" (heute "Cadbury") in Bristol hergestellt. Eine wichtige technische Neuerung war auch die "Conchiermaschine" - eine Erfindung des Schweizer Schokoladenherstellers Rodolphe Lindt. Mit diesem Gerät wurde der Schokoladenteig unablässig maschinell geknetet und durchlüftet - dadurch verschwanden alle Bitterstoffe des Kakaos, die Schokolade bekam einen zarten Schmelz. Später verfeinerte man die Schokolade zusätzlich mit Milch.
Kakaoanbau und Schokoladenherstellung heute
In der heutigen Zeit gibt es Anbaugebiete für Kakao auf der ganzen Welt. Die größten Mengen werden nicht mehr in den Ursprungsländern der Kakaopflanze in Mittelamerika hergestellt, sondern vor allem in den ehemaligen europäischen Kolonien in Afrika. Der Hauptproduzent für Rohkakao ist seit einigen Jahren die Elfenbeinküste (der offizielle Name ist französisch und lautet "République de Côte d’Ivoire"), weitere Hauptproduzenten sind Ghana, Indonesien, Nigeria, Kamerun und Brasilien.
Der Anbau und die Weiterverarbeitung des Rohkakaos findet in unterschiedlichen Ländern statt - in den tropischen Ländern wird geerntet, in den Industrieländern der Nordhalbkugel wird der Kakao zur Schokolade weiterverarbeitet (die größten Verarbeiter von Kakaobohnen sind die USA, die Niederlande und Deutschland). Pro Jahr werden weltweit ungefähr 3,6 Millionen Tonnen Kakao produziert, die Gesamtmenge der hergestellten Schokolade hat sich innerhalb der letzten 20 Jahre fast verdoppelt (Stand 2009). (Eine Tonne entspricht 1.000 Kilogramm.)
Es gibt deutliche Unterschiede beim Anbau - man unterscheidet die Massenherstellung durch "Monokulturen" und die kleinbäuerliche "Mischwirtschaft". Von "Monokultur" spricht man, wenn auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche nur eine bestimmte Pflanzenart angebaut wird - in diesem Fall der Kakao. Durch diese Methode gewinnt man zwar große Mengen, der Nachteil ist jedoch, dass man durch die einseitige Nutzung langfristig die Böden zerstört. Außerdem machen in Monokulturen gezogene Pflanzen den Einsatz von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln nötig. Von "Mischwirtschaft" spricht man, wenn der Kakao auf einem Boden zusammen mit anderen Pflanzen (zum Beispiel mit Mais oder Bananen) angebaut wird. In der Mischwirtschaft kann ganz auf "Chemie" verzichtet werden ("Öko-Anbau") - das ist schonender für Umwelt und Gesundheit. Allerdings ist diese Methode sehr viel arbeitsaufwendiger und die Erntemenge fällt kleiner aus als auf Großplantagen. Deswegen ist "Bio-Schokolade" auch so teuer.
Chemische Wirkstoffe von Kakao und Schokolade
Wissenschaftler haben herausgefunden, warum bestimmte Inhaltsstoffe in Kakao und Schokolade eine anregende Wirkung haben. "Theobromin" etwa regt die Nierentätigkeit an, löst aber auch Reaktionen im Zentralen Nervensystem aus. Auch "Coffein" ist ein Inhaltsstoff der Schokolade, seine belebende Wirkung kennt man vor allem vom Kaffee, aber auch vom Tee.
Ein anderer Inhaltsstoff der Schokolade greift in das von Hormonen gesteuerte menschliche "Belohnungssystem" ein, nämlich das "Phenylethylamin". Dieser Stoff ist eng verwandt mit den körpereigenen Wirkstoffen "Dopamin" und "Adrenalin", die vermehrt ausgeschüttet werden, wenn ein Mensch "Lust" empfindet. Manchen gilt Schokolade deswegen auch als "Aphrodisiakum", also als "Liebesdroge". Auch die körpereigenen Botenstoffe "Serotonin" und "Endorphin" werden nach dem Genuss von Kakao und Schokolade vermehrt ausgeschüttet - beiden sagt man eine "aufheiternde" Wirkung nach.
Vor kurzem wurde entdeckt, dass das ebenfalls in der Schokolade vorkommende "Anandamid" im menschlichen Gehirn ähnlich reagiert wie "THC", der Wirkstoff aus der Hanfpflanze ("Cannabis"). Die Konzentration in der Schokolade ist allerdings so gering, dass ein Drogenrausch ausgeschlossen ist. Dennoch könnte dieser Stoff mit dafür verantwortlich sein, dass Menschen "süchtig" nach Schokolade werden können.
Zum Schluss müssen noch die "Polyphenole" erwähnt werden - diese Inhaltsstoffe von Kakao und Schokolade sind deshalb gesund, weil sie die so genannten "freien Radikalen" im Körper unschädlich machen können. Freie Radikale sind krank machende Zerfallsprodukte von biochemischen Reaktionen im Körper, sie entstehen beim "Verbrennungsprozess" in den menschlichen Zellen, können aber auch durch Nahrungsaufnahme und Atmung von außen in den Körper gelangen.
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