Obama oder McCain - wer wird ins Weiße Haus einziehen?

Präsidentschaftswahl in den USA - Teil 2

Teil 2 von 3

28.10.2008

Am 4. November wählen die US-Amerikaner ihren neuen Präsidenten. Das Duell zwischen dem Demokraten Barack Obama und dem Republikaner John McCain hat sich kurz vor dem Tag der Entscheidung verschärft. Um sich die Stimmen noch unentschlossener Wähler zu sichern, steigern die Parteien der beiden Kandidaten ihre Wahlwerbung noch einmal erheblich. Längst haben sich "seriöse Wahlbotschaften" mit Falschmeldungen, verdrehten Tatsachen und persönlichen Angriffen auf den jeweiligen Mitstreiter vermischt. Keine Partei schreckt davor zurück, den Gegenkandidaten mit fragwürdigen, teils illegalen Mitteln schlecht aussehen zu lassen.

Der Arbeitsplatz des US-Präsidenten ist das Weiße Haus in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten, Washington D.C. (Quelle: Wikipedia)

Am 4. November ist der Tag der Entscheidung: Dann wird das US-amerikanische Volk seinen neuen Präsidenten wählen. Den Wahlkampf um die letzten Wählerstimmen der Amerikaner führen beide Parteien knallhart und mit jeder Menge Spitzfindigkeit. Während es sich Obama aufgrund seines prall gefüllten Wahlkampfkontos leisten kann, rund um die Uhr Werbespots in Radio, Fernsehen und Internet auszustrahlen, versucht McCain verstärkt, Obama als "unwählbar" darzustellen.

McCains Wahlkampfteam setzt beispielsweise auf computergesteuerte Telefonanrufe bei gezielten Wählern, über die per Bandansage Gerüchte über Obama gestreut werden sollen. Ebenso behaupteten die Republikaner, Obama sei ein enger Freund des ehemals linksradikalen Politikers Bill Ayers. Nachweislich kannten sich Obama und der heutige Uni-Professor aber nur flüchtig.

Aber auch Obamas Wahlkämpfer sind gerissen. Wahlwerbespots zeigen McCain immer wieder in unvorteilhaften Zusammenschnitten: die Augen rollend oder stark blinzelnd. Noch schlechter steht McCain da, als er mit dem Satz "Ich habe in mehr als 90 Prozent der Fälle mit dem Präsidenten gestimmt" zitiert wird. Das Zitat soll die Befürchtung der Amerikaner bestärken, dass McCain dieselbe Politik wie sein Parteikollege, der noch amtierende und unbeliebte Präsident George W. Bush, weiterführen würde. Tatsächlich hat McCain dies gesagt - dass das Zitat aber schon fünf Jahre alt ist, verschweigt Obamas Anti-McCain-Spot natürlich.

Wohin schwingt das Pendel in den "Swing States"?

John McCain: Derzeit liegt der Republikaner laut Umfragen hinter seinem Konkurrenten Barack Obama. (Quelle: Wikipedia)

Bei allen Umfragen der amerikanischen Wahlforschungsinstitute liegt Barack Obama derzeit vor John McCain. Wie groß der Vorsprung des Demokraten allerdings genau ist, ist unklar: Manche Umfragen sehen Obama um 14 Prozentpunkte im Vorteil gegenüber McCain, wogegen andere Ergebnisse Obama nur ein oder zwei Prozentpunkte vorne sehen.

Entscheidend für den Wahlausgang sind daher die so genannten "Swing States" (auf Deutsch: "Pendelstaaten"). Dort leben auffällig viele Wechselwähler, also Wähler, die nicht immer dieselbe Partei wählen, sondern ihre Stimme je nach persönlicher und aktueller Einschätzung vergeben. In den Pendelstaaten wählt man von Wahl zu Wahl unterschiedlich: mal mehrheitlich demokratisch, mal mehrheitlich republikanisch.

Die Pendelstaaten sind Florida, Virginia, Ohio, Iowa, Pennsylvania, Wisconsin, New Hampshire und New Mexico. Traditionell republikanisch wählen hingegen die ländlich geprägten Staaten im Süden der USA, zum Beispiel Georgia, Alabama, Mississippi, Louisiana oder Texas. Man spricht hierbei von "Hochburgen" der Republikaner. Auch die meisten Staaten im Mittleren Westen wählen republikanisch. Als Hochburgen der Demokraten gelten die so genannten Neu-England-Staaten im Nordosten und die Staaten an der Westküste, also Kalifornien, Oregon und Washington.

Spendenrekord für Obama

Der Demokrat Barack Obama hat sich bei den Vorwahlen gegen Hillary Clinton durchgesetzt. Er könnte der erste schwarze Präsident der USA werden. (Quelle: Wikipedia)

Die Geschichte des US-Wahlkampfs hat gezeigt, dass der Kandidat, der die meisten Wähler in den "Swing States" für sich gewinnen kann, meist auch die gesamte Wahl gewinnt. Kein Wunder also, dass sich Obama und McCain wenige Tage vor dem 4. November besonders auf die "Pendelstaaten" konzentrieren. Die beiden Widersacher hetzen in Florida, dem bedeutendsten "Pendelstaat", derzeit von Termin zu Termin.

In der großen Hafenstadt Miami ist es unmöglich, das Radio anzuschalten, ohne alle fünf Minuten einen Wahlwerbespot zu hören. Meist ist es ein Obama-Spot. Auch im Fernsehen flimmert der demokratische Kandidat ständig durch sämtliche Sender. Er kann es sich sogar leisten, USA-weit zur besten Sendezeit halbstündige Werbeshows auszustrahlen. Besonders originell: Obama wirbt sogar in Computerspielen für sich. In dem neuen PC-Rennspiel "Burnout Paradise" sieht der Spieler neben der Rennstrecke Obama-Werbeplakate.

Die Mittel für seinen aufwändigen Wahlkampf bezieht Obama, der als erster Schwarzer überhaupt US-Präsident werden könnte, aus einem scheinbar unerschöpflichen Spendentopf. Allein im September haben seine Wahlkämpfer die Rekordsumme von 150 Millionen Dollar gesammelt. Eine Ursache der Spendenflut ist die Tatsache, dass viele amerikanische Prominente aus Sport- und Showgeschäft neuerdings politisch Stellung beziehen - meist für Obama. So überwies allein Ausnahme-Basketballer LeBron James Obama 20.000 Dollar. Obamas finanzieller Vorteil könnte die Wahl letztlich entscheiden: In der Woche vom 28. September bis zum 4. Oktober zum Beispiel konnte sich Obama den Luxus leisten, in North Carolina die Summe von 1,2 Millionen Dollar für Werbespots auszugeben. McCain brachte gerade einmal 148.000 Dollar auf.

Hollywoodreife Wahlkampf-Shows

McCain ist gegen einen baldigen Truppenabzug aus dem Irak und tritt innenpolitisch für Steuerentlastungen ein. Außerdem spricht er sich gegen das Recht auf Abtreibung aus. (Quelle: Wikipedia)

Der Kampf um Wählerstimmen hat aber in den USA nicht nur wegen der wesentlich höheren Summen, die die Kandidaten ausgeben, ein viel größeres Ausmaß als in Deutschland. Viel mehr als bei uns ähneln politische Veranstaltungen in den USA perfekt abgestimmten Shows mit rot-weiß-blauem Konfettiregen, hellem Scheinwerferlicht und dramatischer Musik. Jüngst betrat Obama - natürlich absichtlich - bei einer Wahlkampf-Veranstaltung in Miami genau in dem Augenblick die Bühne, als die Sonne am Horizont unterging und die gesamte Umgebung in ein schimmerndes, dunkelrotes Licht tauchte. "Hallo, Miami", rief Obama und zeigte seine strahlend weißen Zähne. Kein Hollywood-Regisseur hätte Obama besser in Szene setzen können.

Politik enthält in den USA wesentlich mehr Emotionales, Mitreißendes und Patriotisches ("Vaterlandsverbundenheit"), egal bei welcher Partei. Die perfekte Inszenierung gehörte schon immer dazu. Bereits im 19. Jahrhundert hatten amerikanische Politiker auf Stimmenfang die Idee, sich von ihren Widersachern möglichst beeindruckend abzuheben. So zogen manche damals per Pferdegespann von Ort zu Ort, um möglichst viele Wähler zu gewinnen. Auf ihrem Pferdewagen, dem so genannten "Band Wagon", spielte eine große Musikkapelle. Als Zeichen der Verbundenheit mit dem Politiker konnten die Wähler auf den "Band Wagon" steigen und mit in den nächsten Ort fahren. Wahlkampf in den USA war also schon in dieser Zeit aufwändig inszeniert.

Obama oder McCain - was wird sich ändern?

Obamas Stärken liegen in seinem Talent, Menschen durch seine Redegewandtheit mitzureißen und seinen Wahlspruch "Change!" überzeugend zu vermitteln. (Quelle: Wikipedia)

Sowohl Barack Obama als auch John McCain haben im Falle ihrer Wahl angekündigt, die "befreundeten Staaten" der USA, also auch Deutschland, in "weltweiten Aufgaben" stärker in die Pflicht nehmen zu wollen. Beide Kandidaten würden von Deutschland fordern, sich zum Beispiel bei den umstrittenen Einsätzen in Afghanistan noch stärker zu beteiligen. Das würde bedeuten, dass deutsche Soldaten auch im gefährlicheren südlichen Teil des Landes eingesetzt würden. Momentan ist die Bundeswehr im Norden des Landes stationiert.

McCain gilt als erfahrener in der Außenpolitik und hat nach Deutschland recht gute Beziehungen, wogegen Obama erst einmal in Deutschland war. Seine Unerfahrenheit in Sachen Außenpolitik rechnen ihm Kritiker immer wieder als Schwäche an. Obamas Stärken liegen in seinem Talent, Menschen durch seine Redegewandtheit mitzureißen und seinen Wahlspruch "Change!" (auf Deutsch: "Wandel!") für viele überzeugend zu vermitteln. Er steht für das Vorhaben, die Politik des bisherigen Präsidenten George W. Bush grundlegend zu ändern. Obama strebt einen baldigen Truppenabzug aus dem Irak an. Von seiner Forderung nach einem kompletten Abzug innerhalb von 16 Monaten ist er jedoch abgerückt und äußerte sich zuletzt weniger konkret. Nicht nur in anderen Nationen hat der militärische Einsatz im Irak immer stärkere Proteste ausgelöst, sondern auch innerhalb der US-amerikanischen Bevölkerung.

Vor allem wegen der großen Finanzkrise in den USA stehen in diesem Wahlkampf aber die innenpolitischen Themen im Zentrum. Obama steht für mehr Kontrolle des Staates in Wirtschaftsfragen ein. Zudem strebt er mehr soziale Absicherungen an und garantiert jedem US-Amerikaner eine Krankenversicherung. In den USA sind 47 Millionen der über 300 Millionen Bürger nicht krankenversichert. McCain hält an der Steuerpolitik von George W. Bush fest, die auch den großen Firmen und sehr Reichen zugute kommt. Dem Mittelstand verspricht er darüber hinaus noch weitere Entlastungen. Obama will die Steuerregelungen ändern und dagegen Familien mit einem geringen Einkommen steuerlich entlasten.

Joe Biden gilt als sehr erfahren im politischen Geschäft. Er soll Obamas Jugendlichkeit und Unerfahrenheit ausgleichen. (Quelle: Wikipedia)

McCain hat vor, die Kernenergie massiv auszubauen. Er will 45 neue Atomkraftwerke bauen lassen, um in der Energieversorgung "weniger umweltschädliche Abgase" zu produzieren. Viele sehen das aber kritisch, denn die heftig diskutierte Kernenergie birgt große Risiken für Mensch und Umwelt und das Problem, wo der gefährliche Atommüll gelagert werden soll, ist nach wie vor ungelöst. Obama will, dass die großen Ölkonzerne bei Gewinnen mehr steuerliche Abgaben leisten. Außerdem sollen alternative Energiequellen wie Wasser- und Windkraft staatlich gefördert werden. Allerdings schließt er nicht aus, neue Kernkraftwerke zu errichten.

Im Gegensatz zu Obama tritt McCain dafür ein, dass Frauen auch innerhalb der ersten drei Monate einer Schwangerschaft nicht das Recht haben, abzutreiben. Beide Präsidentschaftskandidaten sind für das Grundrecht jedes US-Amerikaners auf Waffenbesitz. Obama fordert allerdings Einschränkungen: Er ist für mehr Kontrollen und will ein Verbot großkalibriger Waffen durchsetzen. Was das wichtige Thema "Todesstrafe" angeht - in den USA wird sie in einigen Bundesstaaten weiterhin angewandt - unterscheiden sich die Haltungen der beiden Gegner kaum. Obama betont, dass er nur bei schweren Verbrechen wie Kindesvergewaltigung für die Todesstrafe plädiert.

Vizekandidaten sollen Schwächen ausgleichen

Vizekandidatin Sarah Palin soll die konservative Parteibasis der Republikaner ansprechen, weil McCain selbst als "zu liberal" gilt. (Quelle: Wikipedia)

Barack Obama hat Senator Joe Biden aus Delaware zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten (auf Amerikanisch: "Running Mate") gemacht. Der 65-jährige Demokrat hat eine lange politische Karriere hinter sich und zählt zu den US-Politikern mit der meisten Erfahrung. Der Vizepräsident hat in den USA die Aufgabe, als erster Vertrauter den Präsidenten zu unterstützen und ihn - falls notwendig - zu vertreten. Außerdem ist der Vizepräsident gleichzeitig der Vorsitzende des US-Senats. Bidens Spezialgebiet ist die Außenpolitik, also genau der Bereich, in dem Obama Unerfahrenheit vorgeworfen wird.

John McCains "Running Mate" ist die Gouverneurin des Staates Alaska, Sarah Palin. Die erst 44-Jährige sollte "frischen Wind" in McCains Wahlkampf bringen und gleichzeitig die sehr konservative, traditionsbewusste Parteibasis der Republikaner ansprechen. Palin lehnt gleichgeschlechtliche Ehen ebenso vehement ab wie Abtreibungen und Einschränkungen des privaten Waffenbesitzes. Sie setzt sich entschieden für die Beibehaltung der Todesstrafe ein und sorgte mit der Äußerung, dass der Irakkrieg der "Wille Gottes" gewesen sei, für Schlagzeilen. Bei vielen kam diese Aussage allerdings weniger gut an.

"Obama oder McCain"? Diese Frage wird Amerika noch bis zum 4. November beschäftigen. Dürften aber die Deutschen den nächsten US-Präsidenten wählen, wäre die Wahl wohl lange nicht so spannend wie in den USA: Bei uns nämlich würden laut Umfragen etwa 72 Prozent Barack Obama wählen.

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letzte Aktualisierung: 15.08.2009

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