von Svenja Schumacher - 03.12.2007
Russland hat gewählt: Präsident Putins Partei "Einiges Russland" erreicht die eindeutige Mehrheit der Stimmen. Immer mehr Kritik aus dem In- und Ausland wird jedoch laut: Die Parlamentswahl sei nicht demokratisch und unfair abgelaufen. Auch die nicht regierenden Parteien protestieren gegen massive Einschränkungen der Wahlfreiheit: Gegner Putins wurden verhaftet, Kundgebungen verhindert - und vielen Menschen soll man den Zutritt zu den Wahllokalen einfach verweigert haben.
Am Sonntag stimmten die Menschen in Russland über die zukünftige Politik des Landes ab: Das russische Parlament - die "Duma" - wurde gewählt. Dort werden zum Beispiel Gesetze beschlossen oder verändert. Die Partei von Präsident Wladimir Putin, "Einiges Russland", gewann mit 64,1 Prozent der Stimmen und verfügt so über die Zweidrittelmehrheit im Parlament.
Doch es wird immer mehr Kritik am Ablauf der Wahlen laut. Die deutsche Regierung bezeichnete sie als undemokratisch. Verglichen mit unseren Maßstäben sei sie nicht frei und gleich gewesen, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg.
Bei demokratischen Wahlen haben eigentlich alle Wähler dieselben Rechte, jede Stimme zählt also gleich viel. Außerdem müssen die Wahlen geheim und frei sein: Niemand darf gezwungen werden, eine Partei zu wählen oder anderen Auskunft darüber zu geben. Überhaupt steht das politische System Russlands in der Kritik, nicht demokratisch zu sein: Bürgerrechte und die Meinungs- und Pressefreiheit werden eingeschränkt. Internationale Beobachter berichten von Bestechungen und Manipulationen.
Unfaire Einschränkungen
Ebenso der Europarat, die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die EU-Außenkommissarin hielten die Wahl in Russland für nicht fair. Sie habe vielen Standards für demokratische Wahlen nicht entsprochen. Berichten zufolge sei vielen Menschen bestimmter Berufs- und Bevölkerungsgruppen - wie beispielsweise Journalisten oder auch Homosexuellen - der Zutritt zu den Wahllokalen sogar verweigert worden.
Die Wahl sei zwar gut organisiert gewesen, es habe aber erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen gegeben: Andere Parteien als die Putins hätten kaum eine Chance gehabt. So sollen Wahlbroschüren beschlagnahmt oder Kundgebungen verhindert worden sein. Vor der Wahl wurden viele Kritiker und Gegner Putins - wie der Politiker und ehemalige Schachweltmeister Garri Kasparow - verhaftet. Seine Partei und noch weitere wurden gar nicht erst zu den Wahlen zugelassen.
Von den insgesamt elf Parteien, die zur Wahl standen, schafften nur vier den Einzug ins Parlament. Zweitstärkste Partei nach "Einiges Russland" wurde die Kommunistische Partei. Sie erreichte 11,6 Prozent und ist damit die einzige Oppositionspartei, die die Sieben-Prozent-Hürde nehmen konnte. "Opposition" bedeutet etwa "im Widerspruch zur Mehrheit" und bezeichnet die Stellung der nicht regierenden Parteien. Eine "Hürde" nennt man bei Wahlen einen bestimmten Prozentsatz der Stimmen, den die Parteien erreichen müssen, um überhaupt vertreten zu sein.
Präsident Putin weist jede Kritik von sich
Die LDPR (Liberal-Demokratische Partei Russlands) und die Mitte-Links-Partei "Gerechtes Russland", die auch über sieben Prozent der Wählerstimmen erreichten, stehen beide hinter Präsident Putin. Die Parteien, die Putins Meinung entgegenstehen, haben sich über die schweren Behinderungen beschwert und kündigten Proteste an.
Staatspräsident Putin wehrt sich gegen die Kritik. Er behauptet, dass das Wahlergebnis rechtmäßig sei. Es zeige, dass Russlands Bevölkerung einen "zerstörerischen Kurs" ablehne. Weiter erklärte Putin, dass er sich sicher sei, dass die Wähler "für die Partei stimmen, deren Programm überzeugend erscheint". Das Wahlergebnis sei also ein Vertrauensbeweis für die Siegerpartei.
Die Wahl war die erste seit Einführung eines neuen Wahlgesetzes: Danach entscheiden allein die Stimmenanteile für die verschiedenen Parteien über die Vertretung im Parlament. Das macht es kleinen Parteien umso schwieriger, ins Parlament zu kommen. Präsident Putins Macht wurde durch die Wahlen gestärkt und seine Partei "Einiges Russland" hat nun viel Handlungsfreiheit: Gemeinsam mit den beiden anderen Parteien, die hinter Putins Politik stehen, kann sie viele neue Gesetze beschließen oder auch die Verfassung selbst ändern - und damit das System in Russland entscheidend beeinflussen.
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