von Britta Pawlak
Im ersten Teil hast du erfahren, welche gemeinsamen Ziele die Länder der Europäischen Union verfolgen und welche Anforderungen ein Staat erfüllen muss, um Mitglied zu werden. Ein EU-Beitritt hat entscheidende Vorteile. Es gibt aber auch Nachteile für EU-Mitglieder und Schattenseiten der Europäischen Union. Einige Länder fürchten um ihren Wohlstand und ihre Selbstbestimmung. Viele Bauern, Einzelhändler und kleinere Firmen bangen durch den höheren Konkurrenzdruck um ihre Existenz. Die Kluft zwischen EU-Staaten und armen Ländern wird verstärkt, die Flüchtlinge werden vom "reichen Europa" mehr und mehr abgeschottet.
Durch einen EU-Beitritt können die Staaten politisch künftig enger zusammen arbeiten und gemeinsame Ziele verfolgen. Ärmere Länder erhalten finanzielle Unterstützung - und reichere Länder profitieren zum Beispiel, weil sie ihre Produkte zollfrei in andere EU-Staaten transportieren und dort verkaufen können.
Reichere Länder der EU bangen aber auf der anderen Seite, dass ihr Wohlstand durch andere Mitgliedsländer, in denen die Armut größer ist, gefährdet werden könnte. Denn in der Europäischen Union werden diese von wohlhabenderen Staaten unterstützt. Viele der Bürger befürchten auch, dass immer mehr Menschen aus den neuen EU-Staaten einwandern und auf Kosten des Staates Sozialleistungen in Anspruch nehmen oder bei der Suche nach einem Arbeitsplatz zur Konkurrenz werden.
Die Schweiz hat bisher kein Interesse daran, der Europäischen Union beizutreten. Sie ist ein reiches Land, und die Zahl der Arbeitslosen ist dort sehr gering. Das Land legt viel Wert auf ihre nationalen Traditionen und ihre Selbstbestimmung. Viele Entscheidungen werden in der Schweiz durch direkte Volksabstimmungen getroffen. Länder der Europäischen Union sind aber an bestimmte Gesetze gebunden, die das EU-Parlament festlegt. Das bedeutet für Mitgliedsstaaten manchmal auch, dass im Land Bestimmungen durchgesetzt werden, die die Mehrheit der Bürger ablehnt.
Ein Beispiel ist der Anbau und Verkauf von genmanipuliertem Obst und Gemüse. Weit mehr als die Hälfte der Menschen hierzulande stehen dem kritisch gegenüber. Dennoch wird sich an EU-Richtlinien orientiert. Die Europäische Union hat die Aussaat von Gen-Pflanzen in den EU-Ländern für zulässig erklärt. Durch umherfliegende Pollen besteht die Gefahr, dass auch immer mehr herkömmliche Felder verunreinigt werden und es irgendwann keine klare Trennung mehr zwischen gentechnisch veränderten und anderen Nahrungsmitteln gibt.
Wirtschaft verstärkt Kluft zwischen Arm und Reich
Ärmere Länder, die der EU beitreten, erhoffen sich zwar mehr Wohlstand, sie fürchten jedoch auch einen Preisanstieg, hohe Steuern und Nachteile für ihre eigene Landwirtschaft. Durch den Prozess der fortschreitenden Globalisierung gewinnen große Konzerne an Einfluss, während kleine Unternehmen, Einzelhändler und Landwirte unter immer größerem Konkurrenzdruck stehen. Zahlreiche Kleinbauern haben Angst um ihre Existenz.
Viele Menschen wandern aus ärmeren EU-Staaten in wohlhabendere aus, um dort Arbeit zu finden oder mehr Geld zu verdienen. Für viele Tätigkeiten werden sie lieber eingestellt als eigene Staatsbürger, weil sie bereit sind, für deutlich weniger Gehalt zu arbeiten. Oftmals verdienen sie damit nämlich immer noch mehr Geld als in ihrem Land - oder sie sind froh, überhaupt Arbeit zu haben. Mit dieser Entwicklung wiederum verstärkt sich das Gefälle zwischen den ärmeren und reichen Staaten der Europäischen Union. Es verhindert eine Angleichung der EU-Länder auf ein einheitliches Niveau.
In bestimmten Wirtschaftszweigen dagegen lassen viele Firmen aus den alten EU-Ländern ihre Produkte künftig in ärmeren Mitgliedsstaaten produzieren. Der Grund dafür ist, dass die Herstellung dort preisgünstiger ist. Da der Lebensstandard in diesen Ländern - das betrifft vor allem neue Mitgliedsstaaten Osteuropas - niedriger ist, arbeiten die Angestellten für weniger Geld. Die Waren werden dann zollfrei ins eigene Land zurückbefördert und dort verkauft. Damit werden hohe Gewinne eingefahren. Manche Firmen im eigenen Land gehen allerdings Pleite. Menschen in den ärmeren Ländern erhalten auf diese Weise zwar Arbeitsplätze - solche Jobs gegen verhältnismäßig wenig Geld verhelfen dem Land aber nicht zu einer aufstrebenden Wirtschaft und mehr Wohlstand. Das Arm-Reich-Gefälle vergrößert sich.
Handel auf Kosten von Menschen, Tieren und Umwelt
Die preisgünstige Massenproduktion, bei der es nur noch um Gewinne geht, hat überhaupt weit reichende Folgen. Es wird ausgenutzt, dass der Lebensstandard in einigen Ländern deutlich niedriger ist und viele Menschen dort kaum eine Wahl haben: Sie nehmen für einen Job auch harte Arbeitszeiten und geringe Löhne in Kauf.
Außerdem wird dabei viel zu wenig auf Umwelt- und Tierschutz geachtet. Ein Beispiel aus der Fleischproduktion: Es gibt immer mehr Massentierhaltungs-Betriebe, in denen viele Tiere unter Qualen auf engstem Raum gehalten werden. Schlachttiere werden heute aus Kostengründen oft quer durch Europa transportiert. Beengt müssen sie stundenlange Fahrten über sich ergehen lassen, auf denen einige aus Entkräftung sterben oder von panischen Artgenossen totgetrampelt werden.
In vielen Wirtschaftsbereichen wird sogar überhaupt nicht mehr in Europa produziert, sondern in Ländern wie China, in denen zahlreiche Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben. Dort schuften viele Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen für einen Hungerlohn - oftmals sind es sogar Kinder. Von der so genannten "Auslagerung" der Jobs ins Ausland profitieren in den EU-Ländern vor allem große Konzerne. Sie bauen ihre Unternehmen weiter aus und werden immer mächtiger, während kleinere Firmen nicht mehr konkurrenzfähig sind.
Keine Chance für Flüchtlinge
Die Gemeinschaft der Europäischen Union grenzt sich von anderen Staaten - wie den armen Ländern Afrikas - immer weiter ab. Während die Kontrollen zwischen den Mitgliedsländern fallen, werden die Grenzen zu den Nicht-EU-Ländern umso stärker abgesichert. Das hat schlimme Folgen für viele Flüchtlinge in Not. Früher konnten sie in verschiedenen EU-Staaten einen Asylantrag stellen. Jetzt ist es ihnen nur noch möglich, in einem Land Asyl zu beantragen. Im Falle einer Ablehnung müssen sie die Europäische Union verlassen.
Die EU-Länder argumentieren, dass sie nicht noch mehr Immigranten aufnehmen können, da sonst ihr eigener Wohlstand sowie die Stabilität im Land gefährdet seien. Viele Not leidende Menschen fliehen aber vor Arbeitslosigkeit, politischer Verfolgung, Diktaturen, Armut, Hunger und Kriegen aus ihrem Land. Die EU-Länder schotten sich nach außen jedoch weiter ab und machen ihre Grenzen dicht. Deshalb versuchen viele verzweifelte Flüchtlinge, unerlaubt in ein Land einzuwandern.
Problem der illegalen Einwanderung
Die illegale Migration - "verbotene (Ein-)Wanderung" - ist ein großes Problem in vielen Ländern. Schaffen die Flüchtlinge es, leben sie versteckt am Rande der Existenz. Sie nehmen oft illegale Jobs an, die zweifelhaft, riskant oder schlecht bezahlt sind. Einige stehlen oder werden auf andere Art straffällig, um überleben zu können. Sie sind nicht krankenversichert, können keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen und leben in der ständigen Angst, entdeckt und ausgewiesen zu werden.
Schon mit der Flucht nehmen die Menschen große Strapazen und Risiken auf sich. Schleuser-Organisationen bieten ihnen gegen viel Geld an, sie heimlich über die Grenzen zu bringen. Darin sehen viele Flüchtlinge, die keine Einreisegenehmigung erhalten, ihren einzigen Weg, den schlimmen Zuständen ihres Landes zu entkommen.Viele Afrikaner versuchen deshalb, über das Mittelmeer ins reichere Europa zu gelangen. Immer wieder sinken ihre schrottreifen Boote, mehrere hundert Menschen ertrinken dabei jährlich. Das Wohlstandsgefälle zwischen den relativ reichen EU-Ländern und den außenstehenden Staaten vergrößert sich weiter.
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