von Britta Pawlak
Allein in Deutschland werden jährlich fast 29 Millionen abgesägte Tannen ins Wohnzimmer gestellt, deren Anbau in vielen Fällen umweltschädlich ist. Nachdem sie abgeholzt wurden, leben die Bäume nur noch wenige Tage und landen spätestens im neuen Jahr auf dem Müll. Wie steht es mit Weihnachtstannen und der Umwelt? Macht es Sinn, einen Baum mit Wurzeln zu kaufen? Worauf sollten wir achten? Können künstliche Tannenbäume umweltfreundlich sein und was gibt es für ökologische Alternativen zum abgeholzten Baum?
Nahezu 29 Millionen Tannen werden jährlich allein für die weihnachtlichen Wohnzimmer in Deutschland gefällt. Christbäume fristen eigentlich ein recht trauriges Dasein: Zunächst wachsen sie mehrere Jahre zu einem schönen Baum heran - je nach Baumart und Größe dauert das zwischen drei und zwölf Jahre. Zum Weihnachtsfest werden sie dann abgesägt und stehen nur noch für etwa zwei Wochen in den Wohnzimmern. Spätestens im neuen Jahr werden ihre vertrockneten Überreste auf den Müll geworfen. Dabei können einige der Tannenarten, die zu Weihnachten die Wohnungen zieren, theoretisch sogar bis zu 100 Jahre alt werden.
Zwar werden viele Weihnachtsbäume speziell zu diesem Anlass in eigenen Baumplantagen gezüchtet, jedoch ist ihr Anbau und Verkauf in vielen Fällen alles andere als umweltfreundlich. Viele unserer Christbäume stammen nicht mehr aus heimischen Wäldern, sondern aus anderen Ländern wie Dänemark. Sie werden dann über weite Strecken nach Deutschland transportiert. In den meisten Weihnachtsbaum-Kulturen werden besonders viele Insektenvernichtungsmittel ("Insektizide") gegen bestimmte Käfer und Läuse sowie Unkrautbekämpfungsmittel ("Herbizide") gegen andere Gewächse eingesetzt. Diese sind hochgiftig und belasten die Umwelt nachhaltig. Weiterhin werden die Tannen stark gedüngt, damit sie gleichmäßig wachsen und ihre Nadeln eine kräftige Färbung haben. Das viele Düngemittel belastet aber die Böden. Demnächst soll sogar gentechnisch verändertes Saatgut zum Einsatz kommen, das angeblich für einen besonders schönen Wuchs sorgt. In diese Pflanzen wurde außerdem ein künstliches Gen eingebaut, das Schädlinge abhalten soll. Der Anbau von solchen Gen-Tannen birgt aber viele Gefahren für die Umwelt.
Worauf sollten wir beim Kauf der Tannenbäume achten?
Will man nicht auf den herkömmlichen Weihnachtsbaum verzichten, sollte man zumindest heimische Fichten oder Kiefern kaufen und darauf achten, dass es sich um Bäume aus Durchforstung handelt. Diese Tannen erhält man beim Förster in der jeweiligen Region. Von durchforsteten Waldgebieten spricht man, wenn einzelne Bäume gezielt gefällt werden, um den Baumbestand im Gesamten aufzulichten und zu verjüngen. Am besten ist es, Christbäume mit einem Bio-Siegel zu kaufen. Diese erkennst du zum Beispiel am Bioland-, Naturland-, FSC- oder PEFC-Gütesiegel - eine deutschlandweite Liste mit Ökobaum-Anbietern findest du auch auf der Seite der Umweltschutzorganisation "Robin Wood".
Beim Anbau solcher Öko-Tannen werden keine chemischen Pflanzenmittel eingesetzt - die Flächen werden durch menschliche Hand und Maschinen von unerwünschten Pflanzen befreit, anstatt diese mit reichlich schädlichen Herbiziden zu vernichten. Nützliche Insekten, die sonst durch die giftigen Spritzmittel ebenso getötet werden, verhindern den Befall bestimmter Schädlinge. Weiterhin werden auf den Öko-Plantagen oft Schafe gehalten, deren Kot die Böden auf natürliche Weise düngt und die dafür sorgen, dass die Gräser rund um die kleinen Tannen kurz bleiben. Allerdings ist der ökologische Anbau von Weihnachtsbäumen viel aufwändiger, mit höheren Kosten verbunden und somit sind diese Tannen auch deutlich teurer. Außerdem gibt es nicht allzu viele Märkte, die Öko-Weihnachtstannen anbieten. Wichtig ist auch eine richtige Entsorgung nach den Feiertagen: Wer einen Garten hat, kann den Baum selbst kompostieren oder zu Brennholz verarbeiten. Ansonsten sollte man den ungeschmückten Baum von einem Entsorgungsunternehmen abholen lassen. Problematisch ist es, wenn der Baum mit Kunstschnee besprüht wurde, denn dann ist er nicht mehr kompostierbar.
Lieber Weihnachtsbäume mit Wurzeln kaufen?
Abgesehen davon, dass der Kauf von abgesägten Weihnachtsbäumen in vielen Fällen nicht umweltfreundlich ist, unterstützt man damit die jährlich millionenfache Vernichtung junger Pflanzen und ein Konsumdenken, das längst nicht jeder gutheißen kann. Bei genauerer Betrachtung ist es für viele kein schöner Brauch, einen "sterbenden" Baum, der normalerweise noch viele Jahre alt hätte werden können, zu schmücken und nach wenigen Wochen auf den Müll zu werfen. Ist es daher nicht besser, eine Weihnachtstanne mit Wurzeln im Topf zu kaufen und nach Weihnachten auszupflanzen? Grundsätzlich ist das ein guter Gedanke, dabei gilt es aber Einiges zu beachten.
Zum einen ist es auch hier wichtig zu wissen, aus welcher Zucht die Pflanze kommt. Denn ebenso Tannen, die mit Wurzeln verkauft werden, stammen sehr häufig aus umweltschädlichen Monokulturen, in denen viele Gifte zum Einsatz kommen, oder werden über weite Strecken transportiert. Dies gilt insbesondere für Pflanzen, die zu Schnäppchenpreisen angeboten werden. Zum anderen ist es nicht einfach, den Baum nach dem Fest auszupflanzen - sehr viele Tannen, die auf dem Markt erhältlich sind, überleben dies nicht. Der Grund dafür ist, dass die meisten Weihnachtstannen mit Wurzeln kurz vor dem Verkauf aus der Erde "ausgestochen" werden - das bedeutet, dass ihre gut gewachsenen Wurzeln einfach durchtrennt und sie dann in einen relativ kleinen Topf gesetzt werden. Das schwächt die Pflanze stark - hinzu kommt, dass sie kältere Temperaturen gewohnt war und plötzlich in beheizte Räume gestellt wird, was ein großer Schock für sie ist.
Am besten können Flachwurzler wie Blaufichten eine solche "Ausstechung" der Wurzeln verkraften. Wenn man etwas Glück hat und ein paar Dinge beachtet, besteht zumindest die Chance, dass sie überleben und nach dem Auspflanzen anwurzeln. Die zu Weihnachten sehr beliebten Nordmannstannen sind hingegen Tiefwurzler und überstehen eine solche Strapaze nur selten. Besser und in der Regel auch umweltfreundlicher ist es deshalb, von vorneherein qualitativ hochwertige, im Topf gezogene Tannenbäume zu kaufen. Da hier der Aufwand der Aufzucht und Pflege deutlich größer ist als bei ausgestochenen Bäumen aus Großplantagen, sind diese aber um Einiges teurer.
Außerdem sollte man darauf achten, den Baum zu Hause ausreichend zu gießen, nicht zu lange in beheizte Wohnräume zu stellen und auf schonende Art und Weise wieder an die Kälte zu gewöhnen. Ein Baum, der eine Zeit lang in der warmen Wohnung gestanden hat, darf nicht direkt in den Frost gestellt werden. Am besten bewahrt man ihn erst einmal in einem unbeheizten Raum mit Fenster auf. Anschließend kann er behutsam draußen in die Erde gepflanzt werden, wenn diese nicht gefroren ist. Noch besser ist es, den Baum von vorneherein in einen kühleren Raum wie zum Beispiel einen Wintergarten zu stellen - Tannen mögen es lieber kühl und je geringer die Temperaturschwankungen sind, desto weniger Stress hat die Pflanze und desto besser stehen die Chancen, dass sie im Freien anwurzelt.
Wie ökologisch sind Kunsttannen?
In Geschäften gibt es mittlerweile eine Fülle von Angeboten als Weihnachtsbaum-Ersatz in verschiedenen Größen und Materialien zu kaufen, die man jedes Jahr aus Neue aufstellen kann. Wer an die Umwelt denken will, sollte beim Kauf auf ein umweltfreundliches Material achten - zum Beispiel Holz oder Recycling-Ware. Künstliche Tannen sind in der Regel aus PVC oder anderen Kunststoffen. Sie sehen zum Teil erstaunlich echt aus und können über Jahre wiederverwendet werden. Aber auch sie landen irgendwann auf dem Müll und belasten die Umwelt nachhaltig, denn Plastik ist nicht abbaubar wie organische Stoffe, die allmählich zerfallen. Hinzu kommt, dass auch die Produktion von Plastiktannen umweltbelastend ist und Energie sowie wertvolle Ressourcen verbraucht.
Sind künstliche Weihnachtsbäume also grundsätzlich umweltschädlicher als "echte" Tannen? In vielen Fällen ja, aber ganz so einfach ist die Rechnung dann doch nicht - und immerhin unterstützt man mit einer Kunsttanne nicht die alljährliche Vernichtung unzähliger Nadelbäume. Zum einen kommt es auf die Größe an, zum anderen auf die Zeit, die man den Deko-Baum nutzt: Eine kleine Kunsttanne hat bereits nach wenigen Weihnachtsfesten eine deutlich bessere "Ökobilanz" als ein alljährlich abgeholzter Tannenbaum aus einer herkömmlichen Zucht. Bei einer großen Kunsttanne dauert es in der Regel zehn bis 15 Jahre, bis sich die Rechnung zugunsten der Umwelt auszeichnet.
Entscheidend ist dabei natürlich auch, für welches Produkt man sich entscheidet. Billige Plastikware, die in vielen Fällen aus China kommt, ist in aller Regel belastet und unter stark umweltschädlichen Bedingungen hergestellt. Abgesehen davon erhalten die Menschen, die an der Herstellung beteiligt sind, meist einen extrem niedrigen Lohn und arbeiten zu unfairen Bedingungen. Auch hier lohnt es sich also, beim Kauf im Handel auf Qualität zu achten und etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Wenn man sich aber schon für einen Plastikbaum entscheidet, gibt es auch noch deutlich umweltschonendere Möglichkeiten...
Umweltfreundliche Kunst- und Ersatz-Weihnachtsbäume
Es gibt tatsächlich umweltschonende Plastik-Weihnachtsbäume, und zwar solche aus zu 100 Prozent recyceltem - also wiederverwertetem - Kunststoff, die immer häufiger im Handel angeboten werden. Wer danach sucht, stößt mittlerweile auch im Internet auf einige Online-Anbieter solcher ökologischen Kunsttannen. Sie sind teurer als herkömmliche Plastikbäume, dafür sind sie viel nachhaltiger, denn "altes Plastik" wird hier wiederverwertet und es entsteht kein neuer Kunststoff-Müll. Natürlich wird auch hier bei der Herstellung Energie benötigt und Schadstoff freigesetzt. Doch wer einmalig in eine solche Tanne investiert, kann viele Jahre oder sogar Jahrzehnte Freude daran haben und bereits nach kurzer Zeit ist die Ökobilanz dieser Weihnachtsbäume relativ gut.
Eine andere umweltschonende und kostengünstige Möglichkeit ist es, einen "Second-Hand"-Plastikbaum zu erwerben. In diesem Fall kauft man die Kunsttanne nicht im gewerblichen Handel, sondern entscheidet sich für einen gebrauchten Baum von einem privaten Anbieter. Somit "verwertet" man die Kunsttanne anderer "wieder" und unterstützt damit nicht die umweltbelastende Produktion neuer Kunststoffware - somit fällt weder neuer Plastikmüll an, noch müssen Ressourcen für die Herstellung neuer Produkte verbraucht werden. Fündig wird man hier sowohl auf verschiedenen Verkaufsplattformen im Internet als auch in Zeitungsanzeigen oder Aushängen an öffentlichen Orten wie Supermärkten.
Und wer es doch lieber "natürlich" mag und keine große Freude an künstlichen Pflanzen hat: Eine gute und umweltfreundliche Alternative zur echten oder künstlichen Weihnachtstanne ist es immer noch, eine geeignete Zimmerpflanze weihnachtlich zu dekorieren oder Tannenzweige aus dem Garten oder Wald zu sammeln, die man in eine große Vase stellt und schmückt. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt und es eignen sich - je nach Dekoration - alle Arten von verzweigten Grünpflanzen. Bei schwereren Deko-Anhängern sollten die Zweige der Pflanze natürlich stabil genug sein - das können zum Beispiel größere Palmenarten, Drachen- oder Gummibäume, Glücksfeder, Birkenfeige oder Fensterblatt sein.
Es gibt übrigens auch einen echten Nadelbaum, der in der Wohnung gehalten werden kann und als Weihnachtsbaum sehr beliebt ist: die so genannte Zimmertanne. Gerade in tropischen und subtropischen Gebieten wird sie gerne als Weihnachtsbaum genutzt. Sie mag es allerdings im Winter eher kühl und steht lieber im unbeheizten Flur oder Wintergarten. Auch hierzulande dekorieren viele die Pflanze zu Weihnachten, stellen sie für wenige Tage ins warme Wohnzimmer und quartieren sie im Anschluss wieder in einen kühleren Raum aus.
Im zweiten Teil unserer Reihe "Umweltfreundliche Weihnachten" findest du viele Anregungen und Tipps für ein tier- und umweltfreundliches Festessen und für eine ökologische Weihnachts-Deko. Was solltest du bei der Weihnachtsbeleuchtung, beim Tannenbaum-Schmuck oder beim Geschenkpapier und Weihnachtskarten beachten?
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