Der Olympische Fackellauf um die Welt - "Reise der Harmonie"?

Proteste gegen China stören den Fackellauf

15.04.2008

Laut dem Namen sollte es eine "Reise der Harmonie" werden. Stattdessen kommt es zu Protesten gegen die Chinesische Regierung und zu teilweise gewaltvollen Übergriffen gegen Beteiligte des Fackellaufs. Die Fernsehbilder der vergangenen Tage vermittelten uns wenig von Olympia. Ganz im Gegenteil: eingepferchte Zuschauer, die von Polizisten an den Straßenrändern in Schach gehalten werden, Polizeieskorten und in Trainingsanzügen gekleidete Sicherheitsmänner. Und irgendwo in der Mitte dieser Traube ein Athlet, der etwas Längliches nach oben hält: die olympische Fackel.

(Quelle: beijing2008)

Der Fackellauf ist von den Olympischen Spielen nicht mehr wegzudenken, dabei gibt es ihn nicht schon seit der Antike, sondern er ist vielmehr eine Erfindung der Neuzeit. Erstmals wurde zu den Sommerspielen 1936 in Berlin, zu Zeiten des Nationalsozialismus, ein Fackellauf inszeniert. Joseph Goebbels, einer der einflussreichsten und populärsten Politiker Hitlers, veranstaltete ihn. Damals nahmen über 3.000 Athleten an dem Lauf, der sie von Olympia nach Berlin führte, teil. Es war auch die erste olympische Eröffnungszeremonie der Neuzeit, bei der das Olympische Feuer in der Sportarena mit viel Spektakel entzündet wurde.

Ein Lauf für Frieden und Einigkeit?

Ein Olympischer Gedenkstein (Quelle: Norbert Kaiser / Wikipedia)

Die Zeremonie wurde übernommen, und seither findet immer im Vorfeld der Olympischen Spiele ein Fackellauf statt. Er startet in Olympia (Griechenland), dem "Geburtsort" der Spiele. Dort sollen bereits vor ungefähr 4.000 Jahren die Olympischen Spiele der Antike ausgetragen worden sein. Die Fackel wird in Olympia entzündet um dann, ohne zu erlöschen, den Austragungsort der Spiele zu erreichen. Damit wird der Beginn der Spiele angekündigt und darum gebeten, kriegerische Aktivitäten während der Zeit ruhen zu lassen - damit die Menschen sicher und ohne Bedenken zu dem Spektakel anreisen können.

Theoretisch darf die Fackel auf ihrem Weg nie erlöschen, da sie sonst zurück in Olympia neu entzündet werden muss. Es gibt jedoch noch eine Art Notfallfeuer, das ebenfalls in Olympia entzündet wurde. Es wird geschützter als die Fackel transportiert - und sollte die Fackel wirklich ein Mal ausgehen, kann man sie daran wieder anstecken. Die war dieses Jahr in Paris mehrfach der Fall, "technische Gründe", war die Aussage der Verantwortlichen, und so wurde der Lauf kurzfristig in eine Fahrt umgewandelt. Ob der Grund tatsächlich technische Mängel oder doch die Demonstranten waren, sei dahingestellt. Der Lauf wird jedenfalls mehr und mehr zu einem Versteckspiel. Viele Prostete, die meisten davon friedlich, begleiten den Lauf, der normalerweise für Frieden und Einigkeit stehen soll. Die Welt schaut nach China und auf die Situation in Tibet - der Fackellauf ist ein willkommenes Werkzeug der China-Gegner und -Kritiker, um an noch mehr Aufmerksamkeit zu gelangen.

Nachrichten und Nachrichten

Tibetische Mönche (Quelle: Colin Nisbet / Wikipedia)

Die meisten Chinesen verstehen die Demonstranten und den ganzen Wirbel um Tibet nicht. So sind in ihren Augen doch die Tibetaner die Gewalttätigen, Skrupellosen und Kriminellen. Kein Wunder, denn sie bekommen in den Nachrichten doch ganz andere Bilder gezeigt. In den chinesischen Nachrichten werden Bilder randalierender Mönche und aufgebrachter Tibetaner, die chinesische Geschäfte zerstören, gezeigt. Ebenfalls werden dort nur Bilder verletzter Chinesen, die die Gewaltbereitschaft der Tibetaner demonstrieren sollen, ausgestrahlt. Wir hier in Europa sehen andere Bilder. Unsere Nachrichten zeigen die chinesische Armee, die gegen unterdrückte Tibetaner vorgeht, und verletzte oder gar getötete Mönche und Zivilisten ("zivil" heißt "nicht militärisch").

Zu den derzeitigen Protesten rund um den Fackellauf werden von der chinesischen Regierung erneut nur stark zensierte Bilder zugelassen. Friedliche Demonstranten werden erst gar nicht gezeigt, nur gewalttätige Übergriffe, Rangeleien und das riesige Polizeiaufgebot erreichen die Chinesen. Mit diesen Bildern werden den Menschen nur Halbwahrheiten vermittelt, die ohne Vergleichsmöglichkeit nicht hinterfragt werden können. Durch die Nachrichtensperre, die verhängt wurde, bekommt die chinesische Bevölkerung nur Informationen, die von der Regierung genehmigt wurden.

Die IOC-Charta

Die Olympische Fackel (Quelle: Wikipedia)

Der Lauf durch die letzten beiden Stationen, Buenos Aires (Argentinien) und Daressalam (Tansania) verlief sehr ruhig und ohne die bisherigen Proteste. Es war sogar Beifall zu hören. Die Routen der einzelnen Abschnitte wurden gekürzt - aus Angst vor Übergriffen. Wie es scheint, werden die Veranstalter bis zum 17. April etwas Ruhe haben, dann nämlich kommt die Fackel in Neu-Dehli (Indien) an. In Indien wird mit massiven Protesten gerechnet, da in dem Nachbarland Tibets die meisten Exil-Tibeter (Tibeter, die Tibet verlassen mussten, da sie um ihr Wohl und sogar um ihr Leben fürchteten) leben.

Laut der Organisation Amnesty International hat sich die Menschenrechtslage in Tibet massiv verschlechtert. IOC-Chef Rogger (IOC von "International Olympic Committee") sprach die Situation an und forderte die Chinesen auf, ihrer Zusage von 2001, "die soziale und die Menschenrechtssituation zu verbessern", nachzukommen. "Ich rufe Sie auf, diese moralische Verpflichtung einzuhalten", sagte Rogger. Eine Antwort auf seine Worte folgte prompt durch die Außenministerin: "Ich hoffe, die olympischen Offiziellen werden sich weiterhin an die von der olympischen Charta festgelegten Prinzipien halten."

Die IOC-Charta (Rechtsordnung) besagt, dass während der Spiele ein Verbot politischer Propaganda gilt. Darauf zielte die Außenministerin ab, wohl wurde die Hauptaussage der Charta aber überlesen, denn vor allem formuliert sie moralische Grundsätze. So verurteilt sie jede Form der Diskriminierung: "Der Olympismus trachtet danach, einen Lebensstil zu schaffen, der auf dem Respekt für universale ethische Prinzipien beruht."

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letzte Aktualisierung: 15.01.2010

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