von Andreas Fischer - 02.02.2007
Im Januar 2004 wurde der Deutsche libanesischer Abstammung Khaled al Masri in Mazedonien verhaftet und vom CIA in ein Geheimgefängnis in Afghanistan verschleppt. Der US-amerikanische Geheimdienst vermutete, dass al Masri ein Terrorist sei und hielt ihn ohne Beweise fest. Erst nach vier Monaten Haft mit ständigen Verhören und sogar Foltereien stellte die CIA fest, dass man den falschen Mann entführt hatte. Al Masri wurde frei gelassen und kehrte nach Deutschland zurück, wo er Anzeige erstattete. Die Münchener Staatsanwaltschaft hat jetzt Haftbefehle gegen 13 mutmaßliche CIA-Mitarbeiter erlassen.
Die US-Geheimdienst-Mitarbeiter werden nicht unter ihren tatsächlichen Namen gesucht, sondern unter den falschen, die sie zur Tarnung trugen. Die US-Behörden wissen zwar, welche CIA-Agenten sich hinter den Tarnnamen verbergen. Es ist jedoch sicher, dass sie die elf Männer und zwei Frauen nicht an Deutschland ausliefern werden. Nur bei einer Einreise in ein europäisches Land könnten sie deshalb festgenommen werden.
Obwohl es deshalb äußerst unwahrscheinlich ist, dass einer der Agenten tatsächlich irgendwann einmal verhaftet wird, hat die deutsche Staatsanwaltschaft damit ein Zeichen gesetzt. Denn sie macht mit dem Haftbefehl klar, dass sich die US-Agenten nicht ungestraft alles herausnehmen dürfen, sondern dass auch sie mit einer Verurteilung rechnen müssen - egal, wo auf der Welt sie ein Verbrechen gegen einen deutschen Staatsbürger begehen.
Es gilt als sicher, dass die Entführung al Masris kein Einzelfall ist, sondern zur Praxis der CIA gehört. Auch in Italien hat es einen ähnlichen Fall gegeben: Am hellichten Tag entführten CIA-Agenten in Mailand Abu Omar, den sie für einen Islamisten hielten. Die italienische Staatsanwaltschaft erließ 26 Haftbefehle gegen CIA-Mitarbeiter und gegen fünf Italiener, die in die Verschleppung verstrickt sein sollen.
Vorwurf: "US-Methoden verstoßen gegen Menschenrechte"
Generell kritisieren Menschenrechtsorganisationen die US-Methoden zum "Kampf gegen den internationalen Terrorismus" aufs Äußerste. Man wirft den Vereinigten Staaten vor, mit ihrem Vorgehen massiv gegen die Menschenrechte zu verstoßen. Viele der Inhaftierten werden auf Verdacht - ohne eindeutige Beweise - in den US-Gefangenenlagern festgehalten.
Die Rechte der "ungesetzlichen Kombattanten" sind stark eingeschränkt: Sie dürfen nicht vor ordentlichen Gerichten gegen ihre Behandlung klagen, sich nicht durch eigene Anwälte vertreten lassen und keinen Besuch von Angehörigen empfangen. Einige Soldaten haben in den US-Gefängnissen auch vor Foltermethoden nicht zurückgeschreckt. Zudem gestatten die USA "scharfe Verhörmethoden", die zwar nicht unter ihre Definition von "Folter" fallen, allerdings nicht weit davon entfernt und sehr umstritten sind.
Der deutsche Haftbefehl hat in den USA bereits für einigen Wirbel gesorgt. Bisher hüllte sich die Bush-Regierung zum Fall al Masri in Schweigen. Einzig die Außenministerin Condoleezza Rice soll gegenüber Bundeskanzlerin Merkel von einem "Irrtum" gesprochen haben. Die CIA selbst hat bisher nicht einmal eine Beteiligung an der Entführung des Deutschen libanesischer Abstammung zugegeben, obwohl dies längst bewiesen ist. Ein Gericht im US-Bundesstaat Virginia hat Ende vergangenen Jahres abgelehnt, den Fall al Masri zu verhandeln. Die Begründung lautete, dass dies die nationale Sicherheit gefährden würde.
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