von Britta Pawlak
Als Kolonie bezeichnet man Länder oder Gebiete, die gewaltsam besetzt und von nicht einheimischen Regierungen verwaltet wurden. Die erste Phase der Kolonialisierung begann im 15. Jahrhundert. Im späten 19. Jahrhundert wuchs das Interesse der europäischen Großmächte an Eroberungen afrikanischer Länder erneut. Viele Staaten Europas wollten ihre Macht ausbauen, ihr Gebiet "erweitern" und die Rohstoffe anderer Länder für sich beschlagnahmen. Die dortigen Einheimischen wurden ausgebeutet, entrechtet, versklavt oder umgebracht.
Bereits im 15. Jahrhundert begannen die Portugiesen damit, neues Gebiet zu erforschen und Wasserwege zu erkunden. Schnell schlossen sich die Niederländer, Franzosen und Spanier an, nachdem ein Weg zu den Handelspartnern in Süd- und Ostasien gefunden wurde. Mit Schiffen war es möglich, Güter weniger beschwerlich nach Asien zu transportieren als über den Landweg. Gleichzeitig waren auch keine Zwischenhändler mehr nötig. Da jedoch ganz Afrika umsegelt werden musste, wurden dort Stützpunkte verschiedener Nationen errichtet, die als Nachschublager und als Handelsposten dienten.
In der ersten Phase des Kolonialismus wurden immer mehr afrikanische Gebiete durch europäische Großmächte beschlagnahmt und ausgebeutet. Die dortigen Ureinwohner wurden bekämpft oder versklavt. Im Laufe der Jahrhunderte verlagerte sich die Vormachtstellung der Portugiesen zunächst auf die Holländer, später auf die Franzosen und Briten. Doch bis zum Ende des 19. Jahrhundert beschränkten sich die Kolonialmächte auf die Besetzung von Handelsposten entlang der Küste. Ein Großteil des Hinterlandes blieb lange Zeit unerforscht und unabhängig. Da die europäischen Kolonialmächte fortschrittlichere Waffen und große Armeen besaßen, schlugen sie Aufstände der Einheimischen blutig nieder. Oft wurden auch Verträge mit den Einheimischen geschlossen, in denen die europäischen Besatzer den dortigen Völkern Schutz vor anderen Kolonialherren zusagten. Im Gegenzug mussten die Einheimischen die Fremdherrschaft durch die jeweiligen europäischen Kolonialisten anerkennen.
Es wurde ein "Dreieckshandel" betrieben: Von Europa aus fuhren mit Textilien oder Manufakturwaren beladene Schiffe nach Afrika. Dort "tauschte" man die Ladung gegen versklavte Einheimische ein. Die Schiffe nahmen Kurs auf die europäischen Kolonien Amerikas, wo die Sklaven verkauft wurden. Auf dem mehrere Wochen andaurenden Seeweg transportierte man die angeketteten Sklaven zusammengepfercht unter unwürdigsten Bedingungen. Viele von ihnen verdursteten oder starben aus Entkräftung. Aus dem Erlös für die Menschensklaven erwarb man in Amerika zum Beispiel Zucker, Kaffee, Baumwolle, Tabak oder Indigo. Diese Gütern verschiffte man in die Heimat und verkaufte sie Gewinn bringend an europäische Händler. 1807 kam es zum Verbot des Sklavenhandels, und zunächst verloren die europäischen Großmächte ihr Interesse an neuen Eroberungen Afrikas.
Imperialismus: Wettstreit der Kolonialherrscher
In der Hochphase des Imperialismus (lateinisch von "imperare", bedeutet "herrschen") im späten 19. Jahrhundert kam es allerdings zu einem regelrechten Machtkampf der europäischen Staaten (Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Portugal, Spanien, Italien und Belgien) um die afrikanischen Länder. Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten kam es zur Besetzung fast des gesamten afrikanischen Kontinents. Die meisten Gebiete innerhalb Afrikas wurden 1885 auf der "Kongokonferenz" in Berlin zwischen den europäischen Mächten aufgeteilt. Die Landkarte Afrikas wurde grundlegend umgestaltet und willkürliche Grenzen teilten den Kontinent in britische, französische und deutsche Territorien ein. Die bestehenden Grenzen wurden dabei völlig ignoriert.
Fast alle afrikanischen Völker hatten bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Freiheit verloren. Die Regierungen sandten Menschen aus, um noch weitere unbekannte Gebiete zu finden. Diese besetzten sie dann, um Rohstoffe zu plündern und damit ihren Handel zu erweitern oder um die strategisch günstige geografische Lage auszunutzen. Die Besatzungsmächte standen immer mehr im Wettstreit, die "besten" Kolonien für sich zu beanspruchen. Zu den "Rohstoffen" der besetzten Länder zählten die Kolonialherren sogar Menschen, die in andere Länder verschleppt und anschließend als Sklaven verkauft wurden. Trotz des weit verbreiteten Verbots von Sklavenhandel wurden bis ins 20. Jahrhundert hinein viele Menschen versklavt und verkauft.
Die "Apartheid" Südafrikas teilte die Menschen nach Rassen: Afrikaner sah man als "minderwertig" und die Weißen als "überlegene Rasse" und "Herrenmenschen" an. Ungeachtet der bisher bestehenden Gesetze zwangen die Kolonialisten den Einheimischen ihre eigenen Gesetze und ihre Sprache auf. Nicht alle Völker gaben widerstandslos auf: Viele kämpften für ihre Freiheit, unterlagen jedoch der Überlegenheit der europäischen Waffen. Viele afrikanische Völker - vor allem die, die Widerstand leisteten - wurden von den Besatzungsmächten ermordet.
Man wollte die "Ungläubigen" bekehren und nahm ihnen ihre Rechte
Aber es gab auch noch weitere Motive, weshalb Gebiete von europäischen Staaten beschlagnahmt wurden. Beispielsweise sandte die Kirche Missionare aus, um die als "Ungläubige" bezeichneten Völker auch mit brutalen Methoden und Zwang zum christlichen Glauben zu bekehren. Viele Missionare erkundeten zudem unerforschtes Gebiet, das wenig später von den europäischen Armeen erobert wurde.
Man plünderte dabei nicht nur die Schätze des Landes, sondern man beraubte die Einheimischen um all ihre Rechte. Die Kolonialisten bestimmten über die Politik, die Wirtschaft und über die dort lebenden Menschen. Viele europäischen Missionare glaubten dabei noch, im "Auftrag der Menschlichkeit und Nächstenliebe" zu handeln. Doch in Wirklichkeit wollten sie den Einheimischen ihren Glauben und ihre (vermeintlich überlegene) Kultur überstülpen und brachten viel Leid und Unheil über das Land. Auch heute gesteht sich die christliche Kirche größtenteils keine Kritik über ihre "Missionierungsversuche" ein. Die willkürlich festgelegten Grenzen der Kolonialzeit sind noch immer Grund vieler Konflikte und Kriege innerhalb der verschiedenen Völker und Stämme Afrikas.
Anspruch auf den "Platz an der Sonne"
Zunächst begannen vor allem Frankreich und Großbritannien mit Machtbestrebungen und Eroberungen afrikanischer Länder. Aber auch Deutschland, das mit seiner Kolonialpolitik erst einige Jahre später begann, wollte für sich einen "Platz an der Sonne" beanspruchen. Bodenschätze, Nahrungsmittel und Menschen wurden in das Heimatland der Besatzer oder zum Verkauf in andere Länder transportiert. Die Besatzungsmächte gewannen an Einfluss und wurden immer reicher. Somit konnten sie noch mehr Geld in die Erforschung neuer Gebiete und in die Errichtung neuer Kolonien investieren.
Das "Nord-Süd-Gefälle" - das auch heute noch besteht - wuchs unbarmherzig: In den nördlichen Erdteilen häuften die Nationen immer größere Reichtümer an, im Süden gab es immer mehr Armut. Viele reiche Europäer siedelten sich auch in den afrikanischen Ländern an, und lebten auf Kosten der Einheimischen im Luxus. Heute noch gibt es einige Gebiete in Afrika, in denen zum Beispiel fast ausschließlich Engländer oder Deutsche leben. Sie haben diese Orte völlig ihrer Kultur und Tradition angepasst und lassen viele Schwarzafrikaner gegen sehr niedrige Löhne für sich arbeiten.
Die afrikanischen Länder erlangten ihre formale Unabhängigkeit
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges (1945) begannen sich langsam Unabhängigkeitsbewegungen in den meisten afrikanischen Ländern zu bilden. Innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte wurden 50 Kolonien unabhängig. Für Afrika gilt 1960 als das Jahr der so genannten Dekolonisation, als die meisten Länder ihre Unabhängikeit zurück erlangten. Die von Portugal besetzten Länder wurden erst nach langen, blutigen Konflikten unabhängig.
Doch es blieben weitgehende politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Abhängigkeiten zu den ehemaligen Kolonialmächten bestehen. Bis heute fühlen sich die einstigen Besatzer verantwortlich für ihre Kolonien und beanspruchen ein Mitspracherecht für diese Länder. Die Entwicklungsländer stehen weiterhin in einer starken Abhängigkeit zu ihren ehemaligen Kolonialmächten.
Zudem entsprachen die Landesgrenzen, die die Kolonialisten zurückließen, nicht den ursprünglichen Grenzen zwischen den Völkern, die jeweils ihre eigene Sprache, Religion oder Kultur hatten. So kam es nach dem Aufheben der Kolonien zu gewalttätigen Auseinandersetzungen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die in den von den Kolonialmächten "geschaffenen" Staaten lebten. Bis heute dauern diese Konflikte zwischen den afrikanischen Völkern an, immer wieder kommt es zu blutigen Bürgerkriegen.
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