von Björn Pawlak - 26.06.2012
Die in Polen und in der Ukraine stattfindende Fußball-Europameisterschaft nähert sich ihrem Höhepunkt, dem Finale in Kiew am nächsten Sonntag, dem 1. Juli. Im Viertelfinale setzten sich die Favoriten Portugal, Deutschland, Spanien und Italien durch. Für die unterlegenen Teams aus Tschechien, Griechenland, Frankreich und England hingegen ist der Traum vom Finale geplatzt. Im Halbfinale werden sich am Mittwoch und Donnerstag Spanien und Portugal sowie Deutschland und Italien gegenüber stehen.
Wer ist der Favorit vor der Runde der letzten Vier? Spanien, immerhin amtierender Welt- und Europameister, bleibt durch einen ungefährdeten Sieg gegen Frankreich (2:0) in der Favoritenrolle. Der Halbfinalgegner Portugal hingegen ließ den Tschechen beim 1:0-Sieg zwar keine Chance, ist aber ganz klar der Außenseiter für den Titel.
Besonders überzeugend setzte sich im Viertelfinale Deutschland durch, das dem Gegner Griechenland beim 4:2-Sieg nicht den Hauch einer Chance ließ. Der 15. Pflichtspielsieg Deutschlands hintereinander bedeutet Weltrekord!
Gegner der Deutschen im Halbfinale wird Italien sein, das gegen England eine sehr starke Leistung zeigte, dabei aber das Toreschießen vergaß - erst im Elfmeterschießen setzte sich die "Squadra Azzurra" ("azurblaue Mannschaft") durch.
Für Deutschland ist Italien ein "Angstgegner": Dreimal spielten beide Teams bei Welt- und Europameisterschaften gegeneinander, immer gewann Italien- zuletzt 2:0 beim Halbfinale der Weltmeisterschaft in Deutschland im Jahr 2006.
1. Viertelfinale: Portugal siegt dank Cristiano Ronaldo
Zunächst sah es noch so aus, als ob sich in der Partie Tschechien gegen Portugal zwei ähnlich starke Gegner gegenüber stehen würden. Tschechien musste auf Kapitän Tomas Rosicky verzichten, kam in einer mäßigen ersten Halbzeit aber dennoch ganz gut ins Spiel hinein. Die größte Chance hatte Portugals Kapitän Cristiano Ronaldo, der kurz vor dem Pausenpfiff mit einer starken Aktion am Pfosten scheiterte, nachdem er sich den Ball selbst vorgelegt hatte.
In der zweiten Halbzeit baute Tschechien merklich ab, Portugal besaß nun ein klares Übergewicht im Mittelfeld. Cristiano Ronaldo traf mit einem Freistoß in der 50. Minute erneut den Pfosten. Tschechiens Torhüter Petr Cech, Champions-League-Sieger mit dem FC Chelsea, konnte sich mehrere Male durch starke Paraden auszeichnen.
Keine Chance hatte er dann allerdings in der 79. Minute, als Cristiano Ronaldo traf: Nach einer Flanke von rechts durch Mittelfeldspieler Joao Moutinho sprang Portugals Kapitän, der stärkste Spieler auf dem Platz, am höchsten - sein Kopfballaufsetzer schlug links vom Torwart knapp unter der Latte ein. Anschließend gelang es den Tschechen nicht mehr, noch einmal Gegendruck aufzubauen.
2. Viertelfinale: Offensivstarkes Deutschland überrennt Griechenland
Für viele Beobachter ist Deutschland die stärkste Mannschaft des Turniers und somit auch Favorit auf den Titel. Im Viertelfinale gegen Griechenland überraschte Trainer Joachim Löw bei der Aufstellung und gab im Mittelfeld den jungen Spielern Marco Reus (23 Jahre alt) von Borussia Dortmund und André Schürrle (21 Jahre alt) von Bayer Leverkusen die Chance, in der Startelf aufzulaufen. Dafür blieben Thomas Müller (Bayern München) und Lukas Podolski (1. FC Köln) zunächst auf der Bank. Auch die Sturmspitze besetzte der Bundestrainer neu: Für den dreifachen Torschützen aus der Vorrunde Mario Gómez (Bayern München) spielte Routinier Miroslav Klose von Lazio Rom. Vor allem der überragende Reus und der erfahrene Klose rechtfertigten ihre Aufstellung mit starken Leistungen und Toren.
Das Führungstor in der ersten Halbzeit erzielte Kapitän Philipp Lahm (Bayern München) in der 39. Minute mit einem Rechtsschuss, den der griechische Torhüter Michalis Sifakis auch hätte halten können. In der ersten Halbzeit ging Deutschland zu leichtsinnig mit seinen Chancen um. So konnten die Griechen nach Wiederanpfiff in der 55. Minute mit der ersten echten Chance durch Georgios Samaras aus kurzer Distanz zum Ausgleich kommen. Wieder auf die Siegerstraße brachte Deutschland Sami Khedira von Real Madrid. Der defensive Mittelfeldspieler hämmerte in der 61. Minute eine Flanke von Jerome Boateng (Bayern München) aus der Luft unter die Latte.
Nur sieben Minuten später musste der griechische Torhüter erneut hinter sich greifen: Diesmal flankte Mesut Özil (Real Madrid) auf den Kopf von Klose, der sein 64. Tor für die Nationalmannschaft erzielte. In der 74. Minute dann der vierte deutsche Treffer: Klose scheiterte an Sifakis, doch den abgeprallten Ball nahm Reus volley aus der Luft und zimmerte ihn an die Unterkante der Latte und von dort ins Tor. Durch einen von Boateng verschuldeten Handelfmeter kam Griechenland schließlich noch zu einem zweiten Treffer in der 89. Minute (Torschütze: Dimitrios Salpingidis).
3. Viertelfinale: Spanien lässt Frankreich keine Chance
Frankreich enttäuschte in seinem Viertelfinalspiel gegen Welt- und Europameister Spanien, das sich mit einem 2:0-Sieg ungefährdet durchsetzte. Entscheidender Mann auf dem Platz war der zentrale Mittelfeldspieler Xabi Alonso, der in seinem 100. Länderspiel beide Tore erzielte.
Das 1:0 fiel bereits nach 18 Minuten: Jordi Alba bereitete stark von der linken Seite vor, so dass Xabi Alonso ohne Probleme mit dem Kopf vollenden konnte. Anschließend standen die Spanier dicht gestaffelt, Frankreich kam kaum in Tornähe.
In der zweiten Halbzeit versuchten die Franzosen mehr Torgefahr auszustrahlen, was aber nur ansatzweise gelang. Besonders Franck Ribery von Bayern München stemmte sich mit guten Aktionen gegen die drohende Niederlage. Letztlich war es trotzdem zu wenig. Spaniens Spiel war an diesem Tag zwar nicht immer schön anzusehen, dafür aber erfolgreich. Frankreich schien immer weniger an seine Chance zu glauben, so dass das Spiel zunehmend verflachte. Die endgültige Entscheidung zugunsten Spaniens fiel in der letzten Minute nach einem Foul im Strafraum an Pedro. Den fälligen Elfmeter verwandelte erneut Xabi Alonso.
4. Viertelfinale: Starkes Italien siegt nach Elfmeter-Krimi
Das letzte Viertelfinalspiel zwischen England und Italien hatte höchsten Unterhaltungswert, auch wenn weder in der regulären Spielzeit noch in der Verlängerung Tore fielen. Nur zu Beginn des Spiels war England den Italienern ebenbürtig, so dass es einen offenen Schlagabtausch gab. Schon in der dritten Minute traf Daniele de Rossi für Italien mit einem Volleyschuss aus ungefähr 30 Metern Entfernung den linken Innenpfosten - Glück für England, Pech für Italien. Zwei Minuten später kam Englands Außenverteidiger Glen Johnson aus kurzer Distanz zum Schuss, doch Italiens erfahrener Torhüter und Kapitän Gianluigi Buffon reagierte glänzend.
Die erste Halbzeit brachte weitere Chancen auf beiden Seiten. Sowohl die Italiener als auch die Engländer versuchten mit schnellen Vorstößen zum Erfolg zu kommen. Im italienischen Mittelfeld stach vor allem der Ballverteiler Andrea Pirlo hervor. Im italienischen Sturm wusste Mario Balotelli sich immer wieder in Szene zu setzen, zielte aber zu ungenau und übersah zu oft den freien Mitspieler. England versuchte vor allem über die Flanken zu kommen, um in der Mitte Torjäger Wayne Rooney mit Vorlagen zu füttern. Je länger das Spiel andauerte, desto größer wurde die italienische Überlegenheit.
In der zweiten Halbzeit musste der starke englische Torhüter Joe Hart sein Team mehrmals mit guten Paraden retten. Die Italiener mussten sich langsam vorwerfen, zu leichtsinnig mit den eigenen Chancen umzugehen. England wurde nur noch durch Standardsituationen gefährlich. Gegen Spielende merkte man dann beiden Mannschaften die Müdigkeit an, so dass der Spielfluss etwas ruhiger wurde.
In der Verlängerung suchte Italien die Entscheidung, England schien sich ins Elfmeterschießen retten zu wollen. Und dies, obwohl diese Disziplin traditionell als eine Schwachstelle der Engländer gilt. In der 101. Minute traf der eingewechselte Alessandro Diamanti mit einem Schlenzer nur den Außenpfosten. Auf der Gegenseite senkte sich eine Flanke von Theo Walcott in der 105. Minute auf den Querbalken des italienischen Tores. Fünf Minuten vor Schluss erzielten die Italiener ein Kopfballtor durch Antonio Nocerino - allerdings aus Abseitsposition, so dass das Tor zu Recht nicht zählte. Dann kam der Abpfiff: Elfmeterschießen.
Englands Sieg wäre unverdient gewesen, aber das spielt im Fußball ja bekanntlich keine Rolle. Zunächst sah es tatsächlich so aus, als ob das klar überlegene Italien die Niederlage hinnehmen müsste. Nachdem die ersten beiden Schützen getroffen hatten (Balotelli für Italien, Steven Gerrard für England), setzte Riccardo Montolivo seinen Elfmeter nämlich neben das Tor - Vorteil England.
Nachdem Rooney verwandelt hatte, war Italiens Pirlo an der Reihe. Und dieser narrte Englands Torhüter, indem er einen harten Schuss antäuschte. Stattdessen schlenzte Pirlo den Ball jedoch butterweich in die Tormitte, während Torwart Hart in Richtung Pfosten abtauchte. Anschließend vergaben die beiden englischen Schützen Ashley Young (Latte) und Ashley Cole (gehalten von Buffon), während die italienischen Schützen Nocerino und Diamanti verwandelten - das war der Sieg für Italien. Nun kommt es im Halbfinale zum mit Spannung erwarteten Klassiker gegen Deutschland.
Viertelfinale:
Tschechien - Portugal 0:1
Deutschland - Griechenland 4:2
Spanien - Frankreich 2:0
England - Italien 0:0, 2:4 im Elfmeterschießen
Halbfinale:
Portugal - Spanien (am 27.06. in Donezk)
Deutschland - Italien (am 28.06. in Warschau)
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