von Tanja Lindauer - 23.10.2011
Die Journalistin Tanja Lindauer lebt und arbeitet in Berlin. Sie ist von ständigem Fernweh geplagt und bereist mit dem Rucksack die Welt. Auf helles-koepfchen.de berichtet sie von ihrer Reise nach Indien.
Im zweiten Teil ihres Reiseberichts erzählt Tanja Lindauer von ihrem Aufenthalt in Jaipur, wo sie das Elefantenfest und den Palast der Winde besucht, über Agra zur weltberühmten Grabmoschee Taj Mahal nach Varanasi, der heiligsten hinduistischen Stadt. Dorthin pilgern viele Hindus, um sich im Fluss Ganges von ihren Sünden reinzuwaschen.
Tag 8 - Jaipur: Die rosa Stadt
Gestern haben wir einfach nur die Zeit genossen und sind etwas shoppen gewesen. Heute geht´s auch schon weiter nach Jaipur, der Hauptstadt von Rajasthan. Als Tor zum Wüstenstaat Rajasthan ist Jaipur, wie viele indische Städte, geprägt von einem regen Trubel und Gewusel: Kühe, Kamelkarren, wildgewordene Rikschafahrer (Rikschas sind zweirädrige Wagen, die von einem Menschen gezogen oder mit einem Fahrrad angetrieben werden), Fußgänger und jede Menge Touristen tummeln sich auf den Straßen.
Jaipur ist als "die rosa Stadt" bekannt. 1876 ließ Maharadscha Ram Singh nämlich die ganze Stadt rosa anstreichen. Diese Farbe symbolisiert die Gastfreundschaft und der Maharadscha wollte so König Edward VII. willkommen heißen. Als wir am Bahnhof ankommen, haben wir keine Ahnung, in welcher Richtung unser Hostel liegt. Also schnallen wir uns einfach die Rucksäcke auf und gehen los.
Sobald wir das Gebäude verlassen, kommt auch schon eine Horde Inder auf uns zu gerannt.:"Wo wollt ihr hin?", "komm, ich fahr dich mit meinem Taxi!" und "ich habe eine Rikscha! Kommt zu mir!" Mittlerweile kann uns so ein Ansturm aber nichts mehr anhaben und wir gehen ruhig an ihnen vorbei. Nur leider wissen wir ja nicht wohin. Es muss in der Nähe des Bahnhofs sein... Statt des Hotels finden wir in einer kleinen Seitenstraße versteckt eine Polizeistation. Wir halten uns an das Motto "Die Polizei, dein Freud und Helfer!" und fragen nach dem Weg.
Die Polizeistation besteht aus einer Bretterbude und zwei Polizisten, die geschäftig mit zwei Telefonen gleichzeitig hantieren. Wir werden angewiesen zu warten. Nach einer halben Stunde wird es uns doch zu bunt und wir fragen noch einmal nach. Endlich bewegt sich einer der Polizisten, wir zeigen ihm den Stadtplan und den Namen des Hostels. Wir müssen schmerzlich erfahren, dass viele Inder, und dazu gehört auch der Polizist, keinen Stadtplan lesen können.
Da aber alle Inder sehr höflich sind und helfen möchten, zeigen sie einfach in irgendeine Richtung. Noch denken wir uns nichts dabei und gehen in die vorgegebene Richtung, es stellt sich aber heraus, dass es genau die entgegengesetzte ist. Also geben wir auf und nehmen eine Fahrradrikscha. Endlich kommen wir am Hostel an. Aber was ist denn jetzt schon wieder? Es ist ausgebucht! In der Stadt findet das berühmte Elefantenfest statt. Also machen wir uns auf die Suche nach einer neuen Unterkunft. Nach einer weiteren Stunde werden wir endlich fündig. Wieder einmal völlig erschöpft schlafen wir an diesem Abend sehr schnell ein.
Tag 9 - Das Fest der Elefanten
Heute geht´s zum Elefantenfest, aber vorher schauen wir uns noch den Affentempel an. Eigentlich heißt der Tempel "Tempel des Sonnengottes" von Galta. Zum Tempel geht es 200 Meter steil bergauf, auf dem Weg dahin werden wir von vielen Affen neugierig beäugt, daher auch der Name Affentempel. Wir haben ein paar Leckereien für sie mitgebracht.
Auch die Affen, genauer gesagt die Rhesusaffen, sind in Indien heilig und dürfen nicht belästigt werden. Daher sind sie auch sehr oft in den Städten zu finden. Von hier oben hat man einen fantastischen Blick über die Stadt! Jetzt müssen wir uns aber beeilen, um das Festival nicht zu verpassen!
Ein lautes Trompeten verrät uns, dass wir am Ziel sind. Jede Menge Tänzer und Tänzerinnen, Musiker, Kamele und natürlich viele Elefanten sind hier zu sehen. Die Attraktion sind aber die Elefanten: Sie sind bunt bemalt und reich geschmückt. An diesem Tag wird der schönste Elefant gekürt und wir dürfen sogar einen von ihnen am Rüssel streicheln. Das fühlt sich ganz anders an als erwartet, irgendwie weich.
Nachdem die Show vorbei ist, machen wir uns auf zum Palast der Winde, dem "Hawa Mahal". Das rosa Gebäude wurde, wie sollte es auch anders sein, von einem Maharadscha gebaut, nämlich von Sawaj Pratap Singh. Seine Haremsdamen konnten so die Festumzüge ungestört beobachten. Die Fassade besteht aus 953 kleinen Fenstern. Dadurch zirkuliert die Luft ständig durch das Gebäude, wovon sich auch der Name ableiten lässt: "Hawa" bedeutet Wind und "Mahal" Palast.
Tag 11 - Holi: Die bunte Frühlingsfeier
Heute geht es schon wieder weiter nach Agra, um das berühmte Taj Mahal zu bewundern. Vorher wollen wir aber noch einmal kurz über den Basar schlendern.
Oh, das haben wir völlig vergessen! Uns kommen einige lachende, buntbesprenkelte Inder entgegen. Es ist Holi-Fest und schon werden auch wir mit Farbe beschmissen! Holi ist das Frühlingsfest in Indien. In manchen Gegenden dauert dieses Fest sogar zehn Tage! Es ist das "Fest der Farben" und man bestreut und befeuert sich gegenseitig mit Farben. Dabei ist es egal, welchem Stand, Geschlecht oder Alter man angehört. So kann zum Beispiel ein Bettler einen Polizisten bewerfen oder ein Mädchen einen alten Greis. Mit diesem Fest wird der Frühling begrüßt und der Sieg über die kalte Jahreszeit gefeiert. Und wir sind nun mittendrin. Da wir nicht von oben bis unten mit Farbe beschmiert in den Zug steigen wollen, machen wir uns schnell auf den Rückweg.
Tag 12 - Taj Mahal: Weltberühmte Grabmoschee
Endlich stehen wir davor, vor dem weltbekannten Taj Mahal!
Wir sind also in Agra, einer Stadt im Bundesstaat Uttar Pradesh, angekommen. Das Taj Mahal ist ein sehr berühmtes Mausoleum - also eine Grabmoschee - und das Wahrzeichen von Indien. Zudem ist es auch ein einzigartiges Symbol der Liebe. Bei der Geburt ihres 14. Kindes ist die Hauptfrau von Maharadscha Shah Jahan gestorben. Die Liebe zu ihr war so groß, dass er seiner Frau, der persischen Prinzessin Arjuman Bano Begum, dieses Bauwerk errichtete. Es gibt viele Legenden um die Grabmoschee. So wird sich beispielweise erzählt, dass allen Handwerkern nach Beendigung des Baus eine Hand abgehackt wurde, und alle Architekten wurden getötet, damit niemand das Taj Mahal nachbauen konnte. Eine gruselige Vorstellung! Genauso gruselig ist auch die Stadt. Alles ist grau, dreckig und riesige Müllberge türmen sich an jeder Ecke. Hier wollen wir definitiv nicht bleiben, und so machen wir uns noch am selben Tag auf zu unserem nächsten Reiseziel: Varanasi.
Jetzt sitzen wir am Bahnhof und warten auf unseren Zug. Der hat fünf Stunden Verspätung! Um uns die Zeit zu vertreiben, spielen wir einfach Karten. Wir sind so in unserem Spiel vertieft, dass wir zuerst gar nicht merken, dass sich um uns herum eine Menschentraube gebildet hat. Alle beobachten uns und wollen wissen, wer gewinnt. Inder sind wirklich sehr neugierig! Diese Aufmerksamkeit gefällt uns nicht, also packen wir die Karten schnell wieder ein. Nützt aber nichts: Wir werden immer noch beobachtet. Die Inder warten darauf, was wohl als nächstes passiert. Josef schnappt sich eine Zeitung, ich ein Buch und wir geben vor zu lesen. In Wahrheit warten wir natürlich nur darauf, dass alle wieder gehen.
Endlich! Sie sind weg. In zwei Stunden kommt auch schon unser Zug, es ist jetzt schon ziemlich spät am Abend. Plötzlich werden wir von einem Polizisten angesprochen. Er möchte wissen, in welchem Abteil wir schlafen und ob wir alleine reisen. Er notiert sich alles und erklärt uns, dass die Fahrt von Agra nach Varanasi für Touristen gefährlich sein kann. Hier wird oft geklaut und viele schrecken auch nicht davor zurück, Touristen zu bedrohen.
Viele Menschen in Indien sind sehr arm und versuchen so, sich und ihre Familien zu ernähren. Auch viele Kinder sind sehr, sehr arm und müssen auf der Straße betteln. Touristen gelten im Allgemeinen als "reich", immerhin können sie es sich auch leisten zu reisen. Meistens werden Touristen auf der Zugstrecke aus diesem Grund beklaut. Etwas mulmig ist uns jetzt schon. Im Zug schließen wir unsere Rucksäcke an und kuscheln uns in unsere Schlafsäcke ein. Doch an Schlafen ist gar nicht zu denken, stündlich werden wir von Polizisten geweckt, die von uns wissen wollen, ob es uns gut geht und ob unser Gepäck noch da ist.
Tag 13 - Varanasi: Heilige Pilgerstadt am Ganges
Jetzt sind wir in Varanasi, der heiligsten hinduistischen Stadt angekommen. Varanasi liegt an dem bekannten Fluss Ganges. Viele Inder pilgern zum Ganges, um in ihm zu baden und sich so von allen Sünden reinzuwaschen. Viele kommen auch, um hier zu sterben. Hindus, also Anhänger der hinduistischen Religion, glauben, dass dann die Folge von Wiedergeburten verkürzt wird.
Am Morgen erkunden wir die Gegend, in der Luft liegt der Geruch von Sandelholz und verbrannten Toten. Ein paar Mal kommen uns Menschen mit blumengeschmückten Baren entgegen, sie tragen die Toten zum Ufer des Ganges. Und auch hier sehen wir die Auswirkungen des Holi-Festes, selbst Kühe wurden nicht verschont!
Es ist früh am Abend und wir lassen es uns nicht nehmen, eine Bootsfahrt auf dem heiligen Fluss zu machen. An einem der Ghats wartet auch schon unser Bootsfahrer auf uns. Vom Boot aus können wir die vielen Tempel bewundern. Etliche Treppen führen hinab zum heiligen Fluss, die so genannten Ghats, ungefähr 100 gibt es hier. Einige von ihnen sind für Touristen gesperrt und auch fotografieren ist nicht erlaubt. Hier werden die Toten verbrannt, die Asche wird anschließend im Ganges verteilt. An anderen baden die Menschen, sie halten sich die Nase zu und tauchen mit dem Oberkörper unter Wasser, andere beten. Der Bootsführer erzählt uns, dass das Wasser eine Selbstreinigungskraft besäße. Wir nicken freundlich, können uns das aber nicht wirklich vorstellen. Es wird immer wieder davor gewarnt, wie schmutzig der Ganges ist. Man sollte noch nicht einmal eine Zehenspitze in das Wasser halten. Inder scheinen aber immun dagegen zu sein?
Die Reise nach Indien wird auf jeden Fall unvergesslich bleiben - für uns geht es jetzt schon bald weiter nach Nepal.
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