von Björn Pawlak - 11.07.2010
Die 19. Fußballweltmeisterschaft der Geschichte ist zu Ende gegangen - mit Spanien gibt es einen Sieger, der diesen Titel zum ersten Mal überhaupt gewinnt. In einem dramatischen Spiel gegen die Niederlande fiel das goldene Tor durch Andrés Iniesta erst kurz vor dem Ende der Verlängerung. Auch Deutschland darf zufrieden sein: Im Spiel um den dritten Platz gab es einen 3:2-Sieg gegen Uruguay.
Spanien ist das achte Land, dem es gelingt, den Weltmeistertitel zu erringen - Rekordhalter sind immer noch Brasilien mit fünf vor Italien mit vier und Deutschland mit drei Titeln. Als Zeichen für den Triumph Spaniens wird auf dem Trikot der "Bestia Roja" (Spanisch für "Rote Bestie" - so nennt man die in jüngster Zeit kaum besiegbare spanische Nationalelf aufgrund der roten Trikots) ab sofort ein Stern zu sehen sein.
Die Niederlande waren nah dran am großen Erfolg und machten das Finale zu einer spannenden und offenen Angelegenheit. Am Ende gewann aber die Mannschaft, die schon 2008 Europameister wurde und im Moment das Maß aller Dinge im Weltfußball ist.
Die deutsche Nationalmannschaft ist bereits am Tag des Finales in die Heimat zurückgekehrt. Zuvor zeigte sie eine kämpferisch starke Leistung im "kleinen Finale" gegen Uruguay, in dem sie einen 1:2-Rückstand noch in einen Sieg umwandeln konnte. Deutschlands Senkrechtstarter Thomas Müller ist nach dem Turnier in Südafrika sogar gemeinsam mit Uruguays Diego Forlán, Spaniens David Villa und dem Niederländer Wesley Sneijder WM-Torschützenkönig (je fünf Treffer) - weil ihm mehr Torvorlagen als den anderen Spielern gelangen, bekommt er als "Top-Scorer" den "goldenen Schuh" verliehen.
Finale: Spanien - Niederlande 1:0 nach Verlängerung
Das Spiel wurde von der ersten Minute an zu einem echten Kampf - die Niederlande spielten mit vollem Einsatz und teilweise auch mit übertriebener Härte gegen die Spanier, die zwar dominierten, aber ihr Spiel nicht so flüssig gestalten konnten wie noch gegen Deutschland. Schon in der ersten Hälfte gab Schiedsrichter Howard Webb aus England zahlreiche Gelbe Karten, so dass man befürchten musste, dass dieses Spiel nicht mit 22 Mann enden würde. In der ersten Halbzeit gab es nur wenige Torchancen, die auf beiden Seiten gleich verteilt waren.
In der zweiten Hälfte blieb Spanien leicht überlegen, offenbarte aber ungewöhnliche Schwächen in der Abwehr. Beide spanischen Innenverteidiger ließen den stets gefährlichen Arjen Robben je einmal passieren - der Außenstürmer von Bayern München hatte das mögliche Siegtor auf dem Fuß, scheiterte aber beide Male am ganz starken spanischen Torhüter Iker Casillas. Auf der anderen Seite wäre David Villa beinah in Position gekommen, um sein sechstes WM-Tor zu erzielen - sein Schuss wurde jedoch von John Heitinga abgeblockt, es war nicht der Tag des kleinen spanischen Stürmers. Die größte spanische Chance in der zweiten Halbzeit hatte Außenverteidiger Sergio Ramos, der nach einem Eckball frei zum Kopfball kam.
In der Verlängerung rächte sich, dass schon so viele Niederländer mit Gelb vorbelastet waren - letztlich traf es in der 109. Minute den Verteidiger Heitinga, der den immer stärker werdenden spanischen "Mittelfeldmotor" Andrés Iniesta in Tornähe umriss und anschließend mit Gelb-Rot vom Platz musste. Sieben Minuten später war es dann soweit: Cesc Fabregas steckte den Ball auf die rechte Seite zum völlig frei stehenden Iniesta durch, der aus zehn Metern das Spielgerät mit voller Wucht links am niederländischen Torhüter Maarten Stekelenburg vorbei in die Maschen haute. Kurze Zeit später kam schon der Abpfiff - der Weltmeister 2010 heißt España!
Spiel um Platz 3: Deutschland - Uruguay 3:2
Deutschland lief im letzten Spiel gegen Uruguay mit einigen neuen Spielern auf - Torhüter Jörg Butt, Dennis Aogo, Marcell Jansen, Cacau und Thomas Müller (nach seiner Gelbsperre) waren neu im Team. Das Spiel entwickelte sich zu einem echten "Thriller", auch wenn es nur noch um den dritten Platz ging. Beide Mannschaften schenkten sich nichts und gaben noch einmal alles.
Deutschland ging in der ersten Halbzeit in Führung - Uruguays Torhüter Fernando Muslera konnte Bastian Schweinsteigers Distanzschuss nicht festhalten, Müller staubte ab. Uruguay wehrte sich und kam nach einer halben Stunde durch Edison Cavani zum Ausgleich - zuvor hatte Schweinsteiger den Ball im Mittelfeld vertändelt. In der zweiten Halbzeit ging das Spiel dann hoch und runter, beide wollten gewinnen. Uruguays Mittelstürmer Diego Forlán ließ kurz nach Wiederanpfiff seine ganze Klasse aufblitzen, als ihm per Direktabnahme mit einem Volleyaufsetzer ein Traumtor gelang.
Aber das deutsche Team zeigte Charakter: Mit zwei Kopfbällen - zuerst durch Janssen und dann durch "Matchwinner" Sami Khedira - fand die Mannschaft zurück in die Erfolgsspur. Am Ende wurde es noch einmal dramatisch: Uruguays Forlán traf mit einem Freistoß nur die Querlatte, ansonsten hätte es Verlängerung gegeben. Wie schon vor vier Jahren im eigenen Land erreicht Deutschland auch im Jahr 2010 einen starken dritten Platz. In Kürze wird sich nun entscheiden, ob das erfolgreiche Trainerteam um Joachim Löw weitermacht oder aufhört.
Ein Rückblick: Erste WM auf dem afrikanischen Kontinent
WM-Ausrichter Südafrika verabschiedet sich von der fußballinteressierten Welt - es heißt "Auf Wiedersehen in Brasilien", wo in vier Jahren die nächste Fußball-Weltmeisterschaft stattfinden wird. Knapp 500.000 Besucher sind für die WM nach Südafrika gekommen - alles in allem war es eine große und friedliche Party.
Im Vorfeld der WM hatte man noch befürchtet, dass Südafrika die Sicherheit der Großveranstaltung nicht garantieren könnte. Letztlich ging jedoch alles gut über die Bühne. Jetzt hofft man in Südafrika, dass die WM auch für die kommenden Jahre eine positive Wirkung haben wird. Immerhin wurde die südafrikanische "Infrastruktur" (öffentliche Einrichtungen) für die WM modernisiert und bleibt dem Land als Wert erhalten. Finanziell profitiert vor allm der Weltfußballverband "FIFA", der durch die Ausrichtung des Turniers einen Rekordgewinn von 2,2 Milliarden Dollar einstreichen konnte.
Fußballerisch war auffällig, dass viele Spiele durch Schiedsrichter-Fehlentscheidungen verzerrt wurden - besonders in den Spielen des Achtelfinales, wie beim Spiel Deutschland gegen England, als der Schiedsrichter dem englischen Team einen klaren Treffer verweigerte. Deswegen ist jetzt die Diskussion entbrannt, ob man nicht im Sinne der Fairness zu technischen Hilfsmitteln greifen sollte - etwa durch einen Chip im Ball oder durch einen mit Technik ausgestatteten Schiedsrichter-Assistenten außerhalb des Spielfelds.
Zwischendurch hatte es so ausgesehen, als ob die Teams des amerikanischen Kontinents den traditionell dominierenden europäischen Teams den Rang ablaufen könnten. In der Vorrunde schieden bereits mehr als die Hälfte der gestarteten Europäer - nämlich sieben - aus, während von acht angetretenen amerikanischen Vertretern lediglich Honduras scheiterte. Im Achtelfinale waren die amerikanischen Teams also sogar in der Überzahl. Asien und Afrika enttäuschten hingegen - nur Ghana schaffte es unter die letzten acht Mannschaften und wäre sogar fast ins Halbfinale eingezogen. Mit Südafrika schied der Gastgeber einer WM zum ersten Mal schon in der Vorrunde aus. Am Ende setzte sich dann doch wieder die europäische Überlegenheit durch - drei von vier Halbfinalisten (die am Ende auch die ersten drei Plätze belegten) kamen aus Europa. Mit Spanien hat es sogar zum ersten Mal eine europäische Mannschaft geschafft, in einem Land außerhalb Europas Weltmeister zu werden.
Die letzte Spielrunde im Überblick Finale (in Johannesburg): Niederlande - Spanien 0:1 n. V. Spiel um Platz 3 (in Port Elizabeth): Uruguay - Deutschland 2:3 Torjäger
Thomas Müller (Deutschland), Diego Forlán (Uruguay), Wesley Sneijder (Niederlande) und David Villa (Spanien): alle 5 Tore
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