von Britta Pawlak - 06.04.2009
Die NATO hat in diesen Tagen ihr 60-jähriges Bestehen gefeiert. Die Organisation wurde am 4. April 1949 gegründet und stand zu Zeiten des Kalten Krieges als "westliches Militärbündnis" der verfeindeten Sowjetunion gegenüber. Wie ist die Geschichte der NATO, was hat sie heute für Aufgaben und Ziele? Was kritisieren die Gegner der NATO an der Organisation?
"NATO" ist die Abkürzung für "North Atlantic Treaty Organization" - was soviel bedeutet wie Nordatlantikpakt-Organisation. Gegründet wurde die NATO in Washington am 4. April 1949 - knapp vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges.
Gründungsstaaten der NATO waren die USA und Kanada sowie die westeuropäischen Länder Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen und Portugal. Zwischen diesen Staaten liegt der Nordatlantik - so entstand der Name des Bündnisses. Die Bundesrepublik Deutschland wurde im Jahr 1955 in den Nordatlantikpakt aufgenommen. Das Hauptquartier der NATO ist in Brüssel (Belgien).
Was für Aufgaben und Ziele hat die NATO?
Die Mitgliedstaaten der NATO verpflichten sich dazu, sich gegenseitig zu unterstützen, falls eines der Länder angegriffen wird. Ein Angriff auf einen NATO-Staat wird als Angriff gegen alle Mitglieder angesehen - dann tritt der "Bündnisfall" ein. Diese Pflicht, der jeder Mitgliedsstaat nachkommen muss, besagt jedoch nicht, dass ein Land zu einem militärischen Eingreifen gezwungen ist.
Die Länder entscheiden unabhängig, ob und wie sie dieser "Beistandspflicht" nachkommen. Die Aufgaben der Organisation beinhalten auch nicht-militärische Maßnahmen wie zum Beispiel die Versorgung von Menschen mit Lebensmitteln und medizinische Hilfe. Nach eigenen Angaben setzt die NATO sich für die Verteidigung und Fortentwicklung der Demokratie ein und strebt an, eine "dauerhafte internationale Sicherheit" zu schaffen.
Das oberste Organ ist der NATO-Rat, der sich aus Vertretern der Mitgliedsländer zusammensetzt. Den Vorsitz hat der NATO-Generalsekretär, zurzeit der Niederländer Jaap de Hoop Scheffer. Ihm sind verschiedene Ausschüsse untergeordnet. Der Militärausschuss besteht aus den Stabchefs, also hochrangigen Militärs, der einzelnen Mitgliedsländer.
Warum wurde die NATO gegründet?
Wie kam es zur Gründung eines Militärbündnisses zwischen Nordamerika und westeuropäischen Staaten? Hintergrund war der damalige Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion (kurz: UdSSR). Diese war 1922 gegründet worden und stand unter der Führung Russlands. 14 asiatische und europäische Länder gehörten zum sowjetischen Reich. Die Staaten USA und Russland waren auch nach dem Zweiten Weltkrieg verfeindet und verfolgten völlig gegensätzliche Interessen. Sie hatten im Krieg beide gegen das nationalsozialistische Deutschland gekämpft und gehörten neben Großbritannien und Frankreich zu den Siegermächten.
Deutschland wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aufgeteilt und von den Siegermächten besetzt. Während in Westdeutschland ein demokratischer Staat aufgebaut werden sollte, war der Osten sowjetische Besatzungszone. Dort wurde die 1949 gegründete DDR mehr und mehr dem Vorbild eines kommunistischen Staates angeglichen (weitere Informationen dazu hier). Weiterhin kam es zu Konflikten, weil die USA und Russland in der Türkei, in Griechenland und im Iran verschiedene Interessen verfolgten. Die NATO stand als westliches Militärbündnis dem sowjetischen - dem "Warschauer Pakt" - gegenüber.
Konflikt zwischen West und Ost
Der Kalte Krieg zwischen West und Ost war geprägt vom Kampf zweier Machtblöcke: der sozialistischen Sowjetunion und der westlichen Staaten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom "Eisernen Vorhang", der bildlich zwischen Ostblock und dem Westen stand. Der Kalte Krieg dauerte bis zum Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991 an.
Der Konflikt der Westmächte unter US-Führung und der Ostmächte unter russischer Führung spitzte sich immer mehr zu. Es begann ein gegenseitiges Wettrüsten, Drohen und Stationieren immer stärkerer atomarer Vernichtungswaffen. Der Konflikt wurde auf politischer, wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und militärischer Ebene ausgetragen, um Macht zu demonstrieren und für einen möglichen Angriff vorbereitet zu sein.
Höhepunkt des Kalten Krieges
Im Jahr 1962 eskalierte die Situation so weit, dass die Welt kurz vor einem atomaren Vernichtungskrieg stand. Die Sowjetunion stationierte Raketen auf Kuba, nachdem die USA 1959 in Italien und der Türkei nukleare Mittelstreckenwaffen aufgestellt hatten. Daraufhin reagierte der Westen mit einer Seeblockade Kubas durch die US-Marine, um Zufahrtswege einzuschränken und den Inselstaat zu isolieren. Sowohl die Sowjetunion als auch die USA drohten damit, gegnerische Schiffe zu versenken.
Erst nach langen Verhandlungen zwischen dem damaligen US-Präsidenten Kennedy und Chruschtschow endete die kritische Situation: Die Sowjetunion zog ihre Raketen zurück, im Gegenzug erklärten die USA, keinen Truppenangriff auf Kuba zu starten. Zudem wurde geheim vereinbart, dass die US-Raketen in der Türkei abgebaut werden würden. Die Kubakrise war der Höhepunkt des Kalten Krieges. Niemals war ein Atomkrieg so wahrscheinlich wie zu diesem Zeitpunkt.
Immer wieder kam es anschließend zu Verhandlungen über ein Abrüsten der Atomwaffen. Entscheidend veränderte der von 1985 bis 1991 amtierende sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow den politischen Kurs der UdSSR. Die Verhandlungen über eine Abrüstung auf beiden Seiten der Großmächte wurden wieder aufgenommen.
Zukunft der NATO?
Nach dem Zerfall der Sowjetunion fiel auch der eigentliche Grund für die NATO-Gründung weg. Eine "Bedrohung aus dem Osten", die über lange Zeit die internationale Politik der westlichen Nationen bestimmt hatte, war in dieser Weise nicht mehr vorhanden. Der Gegenspieler der NATO, der Warschauer Pakt, wurde aufgelöst - die NATO existiert aber weiterhin. Einige Staaten des damaligen Warschauer Paktes sind anschließend sogar NATO-Mitglieder geworden.
28 Nationen gehören mittlerweile zum Nordatlantikpakt. 1999 traten die Länder Polen, Tschechien und Ungarn bei, im Jahr 2004 war mit sieben neuen Mitgliedern die zweite große Osterweiterung. Seit April 2009 gehören auch Albanien und Kroatien zur NATO.
Immer wieder wird über die mögliche Mitgliedschaft neuer Staaten sowie die Zukunft des Militärbündnisses allgemein debattiert. Die Menschen und Politiker sind sich uneinig darüber, welche Rolle die Organisation einnehmen und welche Ziele sie verfolgen sollte - und ebenso, ob und inwieweit sie andere Länder unterstützen kann. Die NATO sieht ihre Hauptaufgabe nicht mehr nur in der militärischen Verteidigung eines Mitgliedes im Falle eines Angriffes, sondern allgemein in der "Friedenssicherung" sowie im "Kampf gegen den internationalen Terrorismus".
Kritik an dem Militärbündnis
So kann die NATO auch Truppen entsenden, um in einen Konflikt in einem anderen Staat einzugreifen. Außerhalb ihrer Mitgliedsstaaten ist die Entscheidung darüber zwar eigentlich Aufgabe der Vereinten Nationen (UN). Allerdings hat die NATO auch schon ohne einen UN-Auftrag eingegriffen: 1999 wurden im Kosovo-Krieg NATO-Truppen entsandt. Bei den Einsätzen starben auch viele Zivilisten ("zivil" heißt "nicht militärisch").
Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 rief die NATO erstmalig den "Bündnisfall" nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages aus. Eigentlich wird dieser ausgerufen, wenn ein NATO-Staat (in diesem Fall die USA) angegriffen wird und man es als Notwendigkeit ansieht, sich selbst oder das Bündnis zu verteidigen. Dies soll dazu dienen, die Sicherheit im Land oder im gesamten transatlantischen Gebiet wiederherzustellen. Es wird aber nach wie vor stark angezweifelt, ob dieses Recht auf Selbstverteidigung überhaupt gegeben war.
Allgemein wird der NATO von vielen Kritikern und Gegnern vorgeworfen, sich als eine Art "Weltpolizei" aufzuspielen und damit zu rechtfertigen, dass sie sich militärisch in verschiedene Konflikte auf der Welt einmischen dürfte. So sind nicht alle der Ansicht, dass zum Beispiel der Einsatz in Afghanistan den Menschen dort zugute kommt - denn weiterhin ist die Situation im Land kritisch und es herrscht Krieg. Bei militärischen NATO-Einsätzen sterben auch immer wieder unschuldige Menschen.
Anhänger von verschiedenen Friedensbewegungen kritisieren allgemein, dass nicht ein Militärbündnis durch den Einsatz von Soldaten einen dauerhaften Frieden sichern könne. Außerdem wird die einseitige Machtverteilung angeprangert. Der NATO wird vorgeworfen, vor allem eigene Interessen zu verfolgen und sich für Vorteile der eigenen Staaten einzusetzen. Immer wieder wird der Vorwurf laut, der einstige "Ost-West-Konflikt" habe sich mittlerweile in einen "Nord-Süd-Konflikt" verwandelt - zwischen den verhältnismäßig reichen Staaten des Nordens und den armen Ländern des Südens.
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