von Britta Pawlak - 29.09.2008
Am Sonntag fand in Bayern die Landtagswahl statt. Die Christlich-Soziale Union (CSU), die dominierende Partei Bayerns, erreicht nur 43,4 Prozent der Wählerstimmen - das ist ihr schlechtestes Ergebnis seit Jahrzehnten. Damit verliert sie die absolute Mehrheit im Land. Konsequenzen aus dem Debakel wurden nun gezogen: Die gesamte CSU-Spitze tritt zurück. Auch die SPD kann mit ihrem Wahlergebnis nicht zufrieden sein. Viele Menschen sind in Bayern überhaupt nicht erst wählen gegangen. Hinzu gewonnen haben vor allem die kleineren Parteien.
In jedem der 16 deutschen Bundesländer findet alle vier bis fünf Jahre eine Landtagswahl statt. Je nach Stimmenanteil sind dann die einzelnen Parteien, die mehr als fünf Prozent der Wählerstimmen erreicht haben ("Fünf-Prozent-Hürde"), im Landesparlament vertreten. Dieses entscheidet in einem Bundesland über wichtige Gesetze. Am Sonntag haben die Menschen in Bayern, dem größten deutschen Bundesland, gewählt.
Schon nach der ersten Hochrechnung zeigte sich deutlich, dass die CSU enorm an Wählerstimmen eingebüßt hat. 43,4 Prozent - so lautet das Endergebnis der Partei, und damit hat die CSU die absolute Mehrheit im Land - das sind mehr als die Hälfte aller Stimmen - verloren. Das bedeutet, sie kann nicht mehr alleine regieren, sondern muss sich einen Bündnispartner suchen. Zwar hat die Partei noch immer mit Abstand die meisten Stimmen, von einem "katastrophalen Ergebnis" ist aber die Rede, weil die CSU im Vergleich zur vergangenen Landtagswahl im Jahr 2003 17,3 Prozent der Wählerstimmen verloren hat - damals erreichte sie 60,67 Prozent.
Ende der Alleinherrschaft und Rücktritt der CSU-Spitze
Nun geht es neben Koalitionsverhandlungen - also Gesprächen mit den anderen Parteien zwecks einer gemeinsamen Regierungsbildung - darum, Konsequenzen aus dem Wahldebakel zu ziehen. Erste Entscheidungen sind bereits gefallen: Zunächst hat Parteichef Erwin Huber seinen Rücktritt angekündigt. Horst Seehofer, Vize-Chef und Bundesminister für Landwirtschaft, soll sein Amt übernehmen. Auch die CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer tritt zurück. Kurz darauf wurde bekannt, dass ebenso Günther Beckstein, der bayerische Ministerpräsident, sein Amt zur Verfügung stellt. Wer sein Nachfolger wird, steht noch nicht fest.
Die CSU ist die bayerische Schwesterpartei der CDU. Bei den Bundestagswahlen bilden beide Parteien zusammen eine so genannte "Fraktion", in der Auswertung werden ihre Stimmen dann gemeinsam gezählt. Das Programm der beiden Parteien ist sehr ähnlich. Die CSU wird als noch "konservativer" eingestuft - damit ist gemeint, dass sie noch stärker an alten Traditionen und Werten festhält und neuen Entwicklungen kritischer gegenübersteht. Der Anteil an Frauen ist bei der CSU der niedrigste von allen.
Die CSU ist seit Jahrzehnten die mit weitem Abstand führende Partei in Bayern. Sie tritt stark für Traditionen und Interessen des bayerischen Volkes ein. Doch immer mehr steht sie in der Kritik, an starren Überzeugungen festzuhalten, nicht offen für moderne Entwicklungen und wichtige Neuerungen zu sein - und vor allem, die Gesamtheit der bayerischen Bürger immer schlechter zu vertreten. Auch Slogans wie: "Ein echter Bayer wählt CSU", die das Nationalgefühl der Bayern ansprechen sollten, kamen bei den Wählern nicht wirklich gut an. Immer mehr Menschen sind unzufrieden, und der Politik in Bayern wird vorgeworfen, dass sie "undemokratisch" geworden sei. Denn seit langem regiert eine Partei in "Alleinherrschaft", die sich wenig offen für die Bedürfnisse vieler bayerischer Bürger zeigt.
Stimmengewinn der kleinen Parteien
Daraus konnten bei den Wahlen nun die kleinen Parteien ihren Vorteil ziehen - vor allem die "Freien Wähler", die zum ersten Mal in den bayerischen Landtag einziehen und gleich 10,2 Prozent der Stimmen erreichten. Diese präsentierten sich vor der Wahl kämpferisch und betonten ihre kritische Haltung gegenüber der CSU. Für die Freien Wähler engagierten sich viele Politiker und Bürger, die von der CSU enttäuscht sind - darunter die ehemalige CSU-Landrätin Gabriele Pauli. Die FDP konnte sich über ein gutes Ergebnis von 8,0 Prozent der Wählerstimmen freuen - im Vergleich zur Wahl 2003 ist dies ein Zuwachs von 4,5 Prozent. Auch die Grünen erzielten mit 9,4 Prozent ein zufrieden stellendes Wahlergebnis.
Die SPD erreichte nur 18,6 Prozent der Wählerstimmen - im Vergleich zur vergangenen Wahl verlor sie damit ein Prozent und fuhr das schlechteste Ergebnis überhaupt ein. Die Linke erzielte mit 4,3 Prozent zwar ein gutes Ergebnis. Da sie die erforderlichen fünf Prozent aber nicht erreichte, verpasste die Partei den Einzug ins bayerische Parlament. Die rechtsextremen Parteien haben nur wenige Stimmen erhalten und werden ebenfalls nicht im Landtag vertreten sein. Am wahrscheinlichsten ist nun eine Regierungsbildung aus CSU und FDP.
Die Wahlbeteiligung war mit 58,1 Prozent recht gering - es ist in Bayern also nicht viel mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Bürger überhaupt wählen gegangen. Darin zeigt sich die Unzufriedenheit vieler Menschen im Land, die in keinem Programm der verschiedenen Parteien ihre Interessen vertreten sehen. Bei der vergangenen Landtagswahl in Bayern war die Wahlbeteiligung allerdings ähnlich niedrig.
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