Die Germanen waren nicht nur in weiten Teilen des heutigen Deutschlands heimisch, sondern siedelten großflächig in Mittel- und Nordeuropa an Nord- und Ostsee. Sie waren kein einheitliches Volk, deshalb ist es schwierig, von der germanischen Lebensweise allgemein zu sprechen. Auch haben die Stämme selbst darüber so gut wie nichts schriftlich festgehalten, sodass wir uns immer wieder auf römische Autoren wie Julius Caesar berufen müssen. Von den Römern wurden die Germanen als "Barbaren" bezeichnet, ihnen war die germanische Kultur fremd. Wer waren die Germanen und was für ein Leben führten sie?
Es ist schwierig, von den Germanen ingesamt zu sprechen, denn sie waren nie ein einheitliches Volk. Als Germanen werden nämlich eine große Anzahl verschiedener Stämme zusammengefasst, die eine ähnliche Sprache teilten und auch zum Teil eine ähnliche Kultur. Trotzdem gab es zwischen den einzelnen Stämmen große Unterschiede und keinen wirklichen Zusammenhalt. Sicher gab es auch Bündnisse, aber nicht selten führten die germanischen Stämme untereinander Krieg.
Es ist auch nicht einfach zu bestimmen, welche Stämme nun wirklich zu den Germanen gehörten, denn unterschiedliche Wissenschaftler haben darüber nicht die gleichen Ansichten. Ein Sprachwissenschaftler kann also anderer Meinung sein als ein Historiker - und so manchen Stamm, der sich selbst als germanisch bezeichnete, würde man nach heutigen Kenntnissen eher zu den Kelten rechnen.
Das einstige Germanien
Julius Caesar hatte eine recht genaue Vorstellung davon, wo sich Germanien, also das Reich der Germanen, befand. Er war der Auffassung, dass der Rhein die Grenze zwischen Gallien und Germanien darstellte. Demnach siedelten westlich des Rheins die gallischen Stämme und östlich des Rheins begann das Territorium der Germanen. Heute weiß man aber, dass die Trennung gar nicht so streng war, wie Caesar sie darstellte. Es siedelten durchaus auch gallische Stämme auf östlicher Seite, genauso wie sich auch germanische Stämme in Gallien niedergelassen hatten.
Weil es unzählige verschiedene Stämme gab, unterscheiden Historiker sie noch einmal nach ihrem Siedlungsgebiet. So gab es Rheinwesergermanen, Obermündungsgermanen, Nordgermanen, Nordseegermanen, Elbgermanen, Oder-Warthe-Germanen und Weichselmündungsgermanen. Das germanische Siedlungsgebiet umfasste also bei weitem nicht nur große Teile des heutigen Deutschlands. Um 100 nach Christus siedelten auch auf dem Gebiet der heutigen Benelux-Staaten, Skandinaviens und Osteuropas germanische Stämme.
In den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt bildete sich aus den vielen kleinen Stämmen eine Anzahl von Großstämmen heraus. Unter ihnen waren unter anderen die Alemannen, Burgunder, Franken, Goten, Sachsen, Thüringer, Angelsachsen und die Vandalen.
Warum eigentlich "Germane"?
Woher ihr Name stammt, ist nicht ganz klar. Ziemlich sicher ist man sich, dass sich die meisten der Stämme, die man heute als Germanen betrachtet, nicht selbst als solche bezeichnet hätten. Überhaupt wussten die Griechen und Römer zunächst sehr wenig von den Völkern, die weiter nördlich lebten. Meistens wurden sie einfach allgemein als "Barbaren" betitelt.
Als Germanen werden sie erst recht spät bezeichnet, nämlich um 80 vor Christus. Geprägt und verbreitet hat die Bezeichnung letztlich Julius Cäsar in seinem Werk "Der gallische Krieg", welches noch heute jedem Lateinschüler ein Begriff ist. Es ist allerdings auch gut möglich, dass das Wort "Germanen" auf gallische Stämme zurückgeht, die so die fremden Stämme aus dem Osten bezeichneten, um sich von ihnen abzugrenzen.
Das Leben der Germanen
Weil die Germanen kein einheitliches Volk waren, ist es natürlich auch schwierig, von der germanischen Lebensweise allgemein zu sprechen. Auch haben die germanischen Stämme selbst darüber so gut wie nichts schriftlich festgehalten. Erst um 200 nach Christus gab es die ersten germanischen Aufzeichnungen in Runenform (Runen waren germanische Schriftzeichen). In vielen Fällen müssen wir uns deshalb auf römische Autoren wie Julius Caesar und Tacitus verlassen. Diese schreiben, dass die Germanen in kleinen Siedlungen gelebt haben, die ungefähr 200 Menschen umfasst haben sollen.
Die meisten Germanen lebten in langen fensterlosen Holzhäusern, in denen die gesamte Familie inklusive Knechten und Sklaven untergebracht waren. Auch die Tiere wurden im selben Haus gehalten - nur eine dünne Wand trennte sie von den Menschen. Die Germanen waren hauptsächlich Bauern, die sich durch Getreideanbau und Viehzucht selbst versorgten. Zur Jagd gingen sie sehr selten. Neben den Bauern waren auch viele Handwerker wie zum Beispiel Schmiede, Töpfer und Tischler unter den Stammesmitgliedern. Im Gegensatz zu anderen "barbarischen Völkern" war bei den Germanen die Einehe verbreitet. Das heißt, dass jeder Mann nur eine Frau und umgekehrt jede Frau nur einen Mann heiraten durfte. Uns scheint das heute ganz normal, aber bei anderen Völkern war die Vielehe damals durchaus üblich.
Die germanische Gesellschaft
Innerhalb eines germanischen Stammes unterschied man Freie, Halbfreie (Knechte) und Sklaven beziehungsweise Kriegsgefangene. Standen wichtige Entscheidungen an, fanden sich alle freien und kriegstauglichen Männer des Stammes zusammen, um gemeinsam eine Entscheidung oder auch ein Urteil zu fällen. Diese Versammlung nannte man Volksthing. Der Volksthing wählte das Stammesoberhaupt und konnte es, wenn nötig, auch wieder absetzen. Der Thing war sehr wichtig für die germanischen Stämme. Er fand meist an geheiligten Stätten statt und es mussten sehr strenge Regeln befolgt werden. Wer das nicht tat, wurde von den Priestern hart bestraft.
Im Mittelpunkt der germanischen Gesellschaft stand aber die Familie. Das männliche Familienoberhaupt hatte die Aufgabe, seine Familie mitsamt seiner Knechte und Sklaven jederzeit zu beschützen. Im Gegenzug war jedes Mitglied dazu verpflichtet, stets für seine Familie einzustehen. Unter der Sippe verstand man bei den Germanen alle Stammesmitglieder, die miteinander blutsverwandt waren. Auch die Sippenmitglieder mussten zusammenhalten, wenn ein anderes Mitglied angegriffen wurde.
Die Religion der Germanen
Auch die Religion der vielen verschiedenen Stämme war nicht einheitlich. Die religiösen Handlungen waren vielfältig, aber es gab auch einige Gemeinsamkeiten, besonders unter den Stämmen, die im gleichen Gebiet siedelten. So kam es auch vor, dass sich zwei Stämme zusammenfanden, um gemeinsam Rituale durchzuführen und so ihr Bündnis miteinander zu stärken.
Ziemlich sicher sind sich die Historiker, dass es bei den Germanen keine Tempel gab, sondern dass die religiösen Rituale an heiligen Stätten wie Waldlichtungen, Gewässern oder Mooren durchgeführt wurden. Zu den Ritualen zählten rituelle Tänze und Opfergaben, auch Tier- und sogar Menschenopfer.
Es gab aber Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Gottheiten, die die Germanen anbeteten. Die heutigen Bezeichnungen von Wochentagen finden ihren Ursprung zum Teil in germanischen Gottheiten. Der Freitag geht zurück auf die Göttin Freya, der Donnerstag gründet sich auf Donar oder Thor - und Wotan oder Odin war namensgebend für den Mittwoch im Englischen ("Wednesday") sowie in anderen Sprachen.
Die Germanen und Rom
Nachdem das Reich der Kelten von den Römern erobert und "romanisiert" (also der Kultur und Lebensgewohnheiten der Romanen angepasst) worden war, fand sich Germanien in unmittelbarer Nachbarschaft zum Römischen Reich wieder. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch immer kein großes Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den germanischen Stämmen. Sie blieben relativ eigenständig, obwohl es regen Kontakt zwischen den germanischen Stämmen und Rom gab.
Zum Teil gab es friedlichen Handel, aber es kam auch häufig vor, dass germanische Stämme in die gallischen Provinzen einfielen und für Chaos sorgten. Rom hatte die Germanen unterschätzt, doch das sollte nicht wieder passieren. Der Plan war, die Germanen einerseits mit militärischen Mitteln im Zaum zu halten, aber andererseits auch friedlichen Kontakt mit ihnen zu pflegen und die verschiedenen germanischen Stämme gegeneinander auszuspielen. Nach Gallien sollte nun auch Germanien nach und nach romanisiert werden.
Die berühmte Varusschlacht
Der Plan schien auch aufzugehen, doch dann hatte der Römer Varus (47/ 46 v. Chr. - 9 n. Chr.) den Auftrag, in Germanien wie auch in den römischen Provinzen Steuern einzutreiben. Doch die Germanen leisteten überraschend heftigen Widerstand: Ein Germane namens Arminius schaffte es im Jahr 9 nach Christus, mehrere zerstrittene germanische Stämme zu vereinen. Die Römer wurden in der so genannten Varusschlacht vernichtend geschlagen.
Doch nachdem die Römer vertrieben worden waren, kam es erneut zu Konflikten zwischen den germanischen Stämmen. Wenige Jahre später beschloss Rom, Germanien vorerst nicht weiter erobern zu wollen. Der Rhein war nun wieder die Grenze zwischen den römischen Provinzen und dem freien Germanien. Um die schon eroberten Gebiete bestmöglich vor den Germanen zu schützen, errichteten die Römer den Limes, einen gewaltigen Grenzwall, der noch heute in Überresten erhalten ist.
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