von Tanja Lindauer
Wusstest du, dass das Weihnachtsfest in vielen Ländern Europas ganz anders abläuft als bei uns? Nicht immer bringt der Weihnachtsmann oder das Christkind die Geschenke, sondern in Italien ist es nach dem Volksglauben zum Beispiel die Hexe Befana. Auch findet die Bescherung in einigen Ländern nicht am 24. oder 25. Dezember statt, sondern erst im neuen Jahr am Dreikönigstag. Wie begehen die Menschen in England, Frankreich, Schweden, Polen oder Italien das christliche Fest?
Fröhlich-bunte Weihnacht' auf die englische Art
Die Engländer lieben Weihnachten und jedes Jahr schmücken sie ihre Wohnzimmer mit vielen Girlanden und Luftschlangen. Am Heiligabend (auf Englisch "Christmas Eve") gibt es in England ein Festessen, und natürlich muss zu diesem Anlass auch der Tisch festlich geschmückt werden. Oftmals werden die Teller sogar mit kleinen Hütchen und Tröten dekoriert und bunte Luftschlangen werden zum Verschönern der Wohnung verwendet. Wenn man einen solch dekorierten Tisch sieht, denkt man in Deutschland eigentlich eher an Karneval oder an eine Geburtstagsfeier.
Aber im Grunde genommen feiern die Engländer ja auch einen Geburtstag. Zur Feier des Tages gibt es häufig einen Truthahn und Plumpudding, in dem eine Münze versteckt wird. Der Glückliche, der die Münze in seinem Plumpudding findet, darf sich etwas wünschen. Bei Plumpudding denkst du jetzt bestimmt an einen richtigen Pudding, das ist aber nicht ganz richtig. Plumpudding ist eher so etwas wie ein Kuchen mit Rosinen und Nüssen. Wenn alle satt sind, gehen sie ins Wohnzimmer und spannen ein Seil auf. An dieses Seil werden dann Socken gehängt. Denn der Weihnachtsmann, den sie "Father Christmas" nennen, kommt nach der englischen Tradition erst in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember: Nach dieser schleicht er sich nachts, wenn alle schlafen, in die Wohnzimmer und packt die Geschenke in die Socken.
Père Noël, der französische Weihnachtsmann
Wenn man in Frankreich Weihnachten feiert, bekommt man sogar zweimal Geschenke! Wie in England wird auch in Frankreich am 24. Dezember ein Festmahl serviert. In Frankreich nennt man das "Le Reveillon". Die Franzosen sind im Allgemeinen als Gourmets bekannt, und so verwundert es auch nicht, dass an diesem Abend Köstlichkeiten auf den Tisch gestellt werden.
An diesen Abend werden Austern, Schnecken, Truthähne und köstliche Süßspeisen gegessen. Um Mitternacht geht dann die gesamte Familie in die Kirche zur Mitternachtsmesse. Während die Familie in der Messe ist, schleicht "Père Noël" (das heißt wörtlich übersetzt etwa "Weihnachtsvater") nach französischen Brauch in die Häuser und versteckt in den Schuhen der Kinder kleine Geschenke. Der französische Weihnachtsmann hat aber keinen Sack, in dem er die Geschenke aufbewahrt, sondern einen Korb, den er auf dem Rücken trägt. Aber das ist nur so etwas wie ein kleiner Vorgeschmack, denn am 25. Dezember kommt er noch einmal wieder, und erst dann findet in Frankreich die richtige Bescherung statt.
Das Julfest in Schweden
Weihnachten wird in Schweden "Julfest" genannt. Anders als bei uns dauert das Fest ziemlich lang: Es beginnt am ersten Advent und endet erst im nächsten Jahr, am 13. Januar. In Schweden ist der 13. Dezember ein sehr wichtiges Datum, denn dieser Tag ist der Tag der Heiligen Lucia. Die Heilige Lucia wird auf Bildern immer mit einem Kranz auf dem Kopf dargestellt, auf dem auch Kerzen befestigt sind. Sie hat die Aufgabe, Licht ins Dunkel zu bringen.
Der ältesten Tochter einer Familie wird an diesem Tag eine ehrenvolle Aufgabe zuteil, denn sie darf am 13. Dezember als Heilige Lucia verkleidet durch das Haus laufen und die Familienmitglieder wecken. Sie trägt dann ein weißes Kleid und einen Kranz mit Kerzen auf dem Kopf. Die Kinder bringen an diesem Tag ihren Eltern Gebäck zum Essen ans Bett. In Skandinavien ist es im Winter sehr dunkel, daher werden schon zur Adventszeit viele Kerzen und Lichterketten verwendet.
Auch in Schweden wird der Weihnachtsbaum mit vielen Lichtern geschmückt und selbst gebastelte Strohpuppen und Gebäck werden am Baum aufgehängt. Der Heilige Abend ist, ebenso wie bei uns, der wichtigste Tag der Weihnachtszeit. Das schwedische Festtagsessen besteht oft aus Schweinfußsülze, Reisbrei und Fisch in Cremesoße. Nach dem Essen werden die Kerzen an dem Weihnachtsbaum angezündet und es findet die Bescherung statt. In Schweden werden die Geschenke vom "Jultomten", dem schwedischen Weihnachtsmann, gebracht. Danach geht die ganze Familie zur Mitternachtsmesse. Am 13. Januar feiern dann die Erwachsenen das Ende der Weihnachtszeit mit viel Julbier.
Advent als Zeit des Fastens in Polen
In Polen beginnt die Weihnachtszeit mit dem ersten Advent und mit ihr die Fastenzeit. Erst am Heiligabend endet die Fastenzeit für die Polen mit einem Festmahl, das aber erst beginnt, wenn der erste Stern am Himmel zu sehen ist. An diesem Abend wird ein Gedeck mehr auf den Tisch gelegt. Es ist ein Zeichen der Gastfreundschaft, denn falls unterwartet Besuch auftauchen sollte, ist man auf diese Situation vorbereitet und der Gast fühlt sich sofort willkommen.
Bevor aber mit dem Essen begonnen wird, teilt jeder seine Oblate, die auf dem Teller lag, mit den anderen am Tisch. Dabei wünscht man sich gegenseitig nur das Beste für das nächste Jahr. In Polen besteht das Festmahl an Weihnachten aus zwölf Gerichten. Jedes Gericht steht für einen der zwölf Apostel von Jesus. An diesem Abend gibt es nur Fisch und Gemüse - anders als in vielen anderen Ländern wird kein Fleisch serviert. Zum Nachtisch gibt es meistens einen Käsekuchen, der Sernik genannt wird. Nach dem Essen werden die Geschenke ausgepackt und man geht gemeinsam zur Mitternachtsmesse.
Nochebuena und Weihnachtslotterie in Spanien
In Spanien liebt man das Lottospielen und so gibt es auch zur Weihnachtszeit eine Weihnachtslotterie. Für viele Spanier beginnt erst ab diesem Zeitpunkt Weihnachten. Die Lotterie, bei der sehr viele Spanier mitmachen, findet am 22. Dezember statt - es handelt sich um ein riesiges Ereignis in Spanien. Am 24. Dezember kommt dann die Familie zusammen und es wird gemeinsam gegessen und getrunken. Danach geht es auch in Spanien zur Mitternachtsmesse. Üblicherweise werden am Heiligabend aber keine Geschenke übergeben oder ausgepackt. Zwar wird auch in Spanien das Haus zu Weihnachten geschmückt, aber ein Weihnachtsbaum wird meist nicht aufgestellt, sondern nur eine Krippe.
Nach den Weihnachtstagen wird in Spanien am 28. Dezember der "Día de los Santos Inocentes" (wörtlich der Tag der Heiligen Unschuldigen) gefeiert. Diesen Tag kann man ein wenig mit unserem ersten April vergleichen. Man muss sehr auf der Hut sein, denn es wird viel Schabernack getrieben und man versucht sich gegenseitig hereinzulegen, was aber auch eine Menge Spaß macht. Auch die Medien machen mit und verbreiten komische Nachrichten, die sich dann als Falschmeldung entpuppen.
Erst am Dreikönigstag am 6. Januar gibt es in Spanien Geschenke. Nach christlichem Glauben kamen an diesem Tag die Heiligen Drei Könige in Bethlehem an und beschenkten das Christkind. Die Heiligen Drei Könige bringen nach spanischer Tradition den Kindern die Geschenke. Wenn ein Kind "unartig" war, dann soll es hingegen leer ausgehen und lediglich ein Stück Kohle erhalten. Einen Tag vorher, also am 5. Januar, gibt es in vielen spanischen Städten einen Umzug, bei dem die Heiligen Drei Könige auf Kamelen geritten kommen. Die Kinder müssen für sie Wasser und Brot vor die Tür legen, und einen Tag später danken diese es den Kindern mit Geschenken.
Befana, die Dreikönigshexe in Italien
In Italien ist Weihnachten ein sehr frommes Fest, denn viele Italiener sind streng gläubig. An Heiligabend kommt die ganze Familie zusammen und sie feiern und essen zusammen. Nach dem Festmahl gehen auch sie in die Mitternachtsmesse. Anders als zum Beispie in Deutschland gibt es keine Geschenke unter dem Weihnachtsbaum. Nur die Krippe darf unter dem Baum aufgebaut werden. Ebenso wie in Spanien müssen sich auch die Italiener mit der Bescherung etwas gedulden - am 24. oder 25. Dezember gibt es nämlich auch in diesem südeuropäischen Land meistens noch keine Geschenke.
Die Geschenke werden - genau wie in Spanien - am 6. Januar, dem Dreikönigstag, ausgepackt. Im Volksglauben hat sich der Brauch der Dreikönigshexe Befana durchgesetzt. Die Geschenke werden demnach nicht vom Weihnachtsmann oder Christkind gebracht, sondern von dieser Hexe. Laut traditionellem Glauben ist sie in der Weihnachtsnacht viel zu spät losgegangen und hat daher den Stern verpasst, der sie zur Krippe hätten führen sollen. So konnte sie den Weg nicht finden und irrt immer noch umher, um die Krippe zu suchen. Sie gibt die Hoffnung aber nicht auf, bringt jedem Haus Geschenke und hofft, durch einen glücklichen Zufall auf das Christkind zu treffen. In einigen Regionen Italiens hat sich aber mittlerweile auch die Tradition von Weihnachtsmann und Christkind durchgesetzt.
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letzte Aktualisierung: 08.12.2020
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