Psychoterror im Web: Cybermobbing

von Birgit Kinateder

Wurdest du schon mal in einem Chat beleidigt oder fandest ein Foto von dir auf einer Webseite, wo es nicht stehen sollte? Oder hast du selbst Gerüchte über jemanden im Internet verbreitet? All das gehört zum Cybermobbing und ist leider keine Seltenheit mehr. Laut einer großen Umfrage hatten 15 Prozent der Jugendlichen schon mit Cybermobbing zu tun und 25 Prozent kennen jemanden, der schlechte Erfahrungen gemacht hat. Was genau bedeutet Cybermobbing, wie kann man sich davor schützen und was sollten Betroffene tun?

Beim Cybermobbing finden Beleidigungen und Bedrohungen nicht in der "realen" Welt statt, sondern im Internet. Unter Jugendlichen nimmt diese Art von Mobbing immer mehr zu. (Quelle: Alexandra H./ pixelio.de)

Mobbing ist keine neue Erscheinung des Internets, denn früher wie heute wurden und werden manche Personen zum Beispiel in der Schule ausgegrenzt, gehänselt oder verprügelt. "Cybermobbing" (oder "Cyberbullying") findet aber nicht draußen in der "echten" Welt statt, sondern in der Cyberwelt - das heißt im Internet (in Foren und Communitys, auf Facebook oder Youtube) oder über das Handy. Dabei werden Menschen anonym beleidigt, bedroht oder durch peinliche Fotos und Videos bloßgestellt.

Das Wort "Mobbing" kommt aus dem Englischen und heißt so viel wie "anpöbeln"/ "fertigmachen". Das englische Wort "Cyber" zeigt an, dass das Mobbing im Internet stattfindet. Besonders unter Kindern und Jugendlichen in der Schule nimmt Cybermobbing immer mehr zu. Die Opfer leiden sehr stark unter den Angriffen und wissen oft nicht einmal, wer sich hinter den Gemeinheiten, Bloßstellungen oder Bedrängungen im Netz verbirgt. Da das Internet immer mehr an Bedeutung gewinnt und viele junge Menschen sich in Foren und Communitys austauschen, ist es wichtig zu wissen, was man überhaupt unter Cybermobbing versteht und was man dagegen tun kann.

Wieso mobben manche Leute?

Obwohl sich Täter und Opfer oft persönlich kennen, kann sich der Täter beim Cybermobbing in der Anonymität des Internets verstecken. (Quelle: S. Hofschlaeger/ Pixelio.de)

"Der ist irgendwie ... anders!": Leider braucht es meist nicht viel, dass jemand von anderen Jugendlichen geschnitten oder tyrannisiert wird. Oft reicht es schon, dass jemand ein bisschen "anders" ist - zum Beispiel zurückhaltender oder kräftiger, keine coolen Markenklamotten trägt oder in der Schule sehr fleißig, also der "Klassenstreber" ist. Besonders in festen Cliquen sind Gemeinsamkeiten - wie bestimmte Kleidung, eine eigene Sprache oder schlechtere Noten - sehr wichtig. Wer nicht dazu gehört oder mitmacht, wird ausgegrenzt und fertiggemacht.

"Dem muss ich mal eins auswischen!": Konflikte, die zum Beispiel in der Schule entstehen, werden häufig im Internet ausgetragen, weil man dort versteckt "austeilen" kann. Oft gehen die Taten dann aber über ein bloßes "Auswischen" hinaus.

"Er/ sie liebt mich nicht!": Eine unglückliche Liebe, eine beendete Beziehung oder Untreue bringen manche Jugendliche dazu, sich am Partner zu rächen, indem sie ihn im Internet fertigmachen.

"Bevor ich selbst gemobbt werde, ...": Viele Mobber wissen, dass ihre Taten nicht richtig sind. Jedoch aus Angst, dass sie selbst aus einer Gruppe ausgegrenzt und zum Opfer werden, werden sie von Mitläufern zu Tätern.

"Mir ist langweilig ...": Oft stellen User aus Langeweile für sie "lustige", für andere aber peinliche und bloßstellende Fotos oder Videos online. In vielen Fällen ist den Tätern nicht einmal bewusst, was sie damit anrichten.

"Dir zahl ich’s heim!": Mobbingopfer wehren sich manchmal, indem sie selbst zu Tätern werden und ihre Angreifer im Internet attackieren. Was macht Cybermobbing besonders grausam?

Immer mehr Kinder und Jugendliche bewegen sich in sozialen Netzwerken. Das nutzen manche aus, um in der Anonymität des Internets mit bedenklichen Absichten an ahnungslose Nutzer heranzutreten. Doch selbst bei Personen, die einem bekannt sind, muss man vorsichtig mit persönlichen Daten wie Fotos umgehen, um etwa nicht Opfer von Mobbing zu werden. (Quelle: talentlos/ Photocase.com)

Obwohl sich Täter und Opfer oft persönlich kennen, kann sich der Täter in der Anonymität des Internets verstecken. Psychisch sind die Angriffe für das Opfer meist noch viel schlimmer, wenn es nicht weiß, wer hinter den Attacken steht.

Weiterhin verbreiten sich Bilder, Videos oder beleidigende Texte im Internet rasend schnell und sind einer riesigen Menge von Menschen zugänglich. Und schlimmer noch: Inhalte, die einmal im Web stehen, können kaum mehr entfernt werden. Denn selbst wenn sie auf einer Website gelöscht werden, können sie vorher bereits von Usern heruntergeladen und anderswo eingestellt worden sein.

Endet das "normale" Mobbing oft nach der Schule, so begleitet Cybermobbing die Opfer rund um die Uhr, denn das Internet "schläft nie". Das Opfer kann sich der Belästigung schwer entziehen - außer es schottet sich vollständig ab, was in vielen Fällen keine realistische Lösung ist.

Wie kann ich mich vor Cybermobbing schützen?

Es ist ratsam, nicht seinen vollen Namen öffentlich preiszugeben. Auf keinen Fall sollten Kinder und Jugendliche ihre Adresse oder ihre Telefonnummer ins Netz stellen. (Quelle: S. Hofschlaeger/ Pixelio.de)

Für Kinder und Jugendliche ist es ratsam, sich ausschließlich in betreuten Communitys und Foren - wie die Community auf Helles-Koepfchen.de - sowie überwachten Chatrooms auszutauschen. Hier werden alle Inhalte überprüft, es wird verhindert, dass User private Daten wie ihre Telefonnummer oder Adresse bekannt geben, nicht jugendgerechte Inhalte und Fotos werden gelöscht sowie Benutzerkonten von Usern, die gegen die Regeln verstoßen, gesperrt.

Generell solltest du besonders in Foren und Chats keine privaten Daten von dir bekannt geben. Es ist auch besser, sich mit einem Nicknamen (also einem "Spitznamen") anzumelden, anstatt den eigenen Namen öffentlich zu machen. Hat jemand erst einmal deine Telefon-/ Handynummer oder Adresse, kannst du dich nicht mehr verstecken. Durch das Verschicken einer Partyeinladung mit Privatadresse über Facebook, die dann aus Versehen öffentlich versendet wurde, kam es zum Beispiel schon dazu, dass auf einmal hunderte unerwünschter Partygäste bei einer Privatfeier auftauchten. Die Party musste dann von der Polizei aufgelöst werden. Wenn dir jemand Böses will, kann er dir alles und jeden vorbeischicken oder dich auch im "realen" Leben zu Hause belästigen - wenn er deine privaten Daten hat!

Wenn du in Chats und Communitys bedrängt oder beleidigt wirst, hast du im Allgemeinen die Möglichkeit, andere User auf eine "Ignore-Liste" zu setzen - dann können sie keinen Kontakt mehr zu dir aufnehmen. Lade als Benutzerfoto in Communitys und Foren lieber kein Bild von dir hoch oder verfremde Fotos, vermeide Videos! Wenn du Fotos oder Videos von dir ins Internet stellst, solltest du schauen, dass du nicht eindeutig zu erkennen bist. In Communitys kannst du in deinem Benutzerkonto meist auch einstellen, dass nur von dir bestätigte Freunde deine Seite und deine Fotos sehen können. Achte darauf, wie du dich auf Fotos zeigst. Stellst du beispielsweise "sexy" Fotos oder "feuchtfröhliche" Partyvideos von dir online, können diese problemlos auf andere Seiten kopiert werden, auf denen du vielleicht nicht erscheinen möchtest - oder zum Beispiel an deinen Lehrer oder (künftigen) Chef gelangen!

Lass dich in Chats oder Foren nicht provozieren und gehe nicht auf Streitigkeiten ein. Es kam schon vor, dass ein auf einer Mobbingwebsite angezettelter Streit zwischen Berliner Schülern in einer brutalen Massenschlägerei endete. Wenn du mitbekommst, dass jemand auf einer Webseite fertiggemacht wird, solltest du dich sofort an einen Moderator, Administrator oder den Betreiber der Seite wenden, damit diese einschreiten.

Wenn du im Internet jemanden kennenlernst, solltest du nicht zu gutgläubig sein, denn jeder kann sich im Internet verstellen oder vorgeben, ein anderer zu sein. Gefährlich wird es, wenn man sich darauf einlässt, seine Onlinekontakte im "realen" Leben zu treffen. Denn im Internet gibt es auch bösartige und gestörte Menschen, die dein Vertrauen missbrauchen oder andere Interessen verfolgen, als sie vorgeben. Vertraue dich auf jeden Fall einem Freund oder Erwachsenen an, bevor du jemanden triffst, denn mit solchen Treffen begibst du dich in große Gefahr!

Was kann ich tun, wenn ich zum Opfer wurde?

Wichtig ist es, dass Opfer von Cybermobbing sich zur Wehr setzen und so schnell wie möglich Hilfe suchen, anstatt sich zu schämen und zu verstecken. (Quelle: Uta Herbert/ pixelio.de)

Im Internet gelten dieselben Gesetze, die auch im echten Leben gelten. Das bedeutet, dass Beleidigungen, Bedrohungen und der Missbrauch von Texten und Bildern, also alles, was deine "Persönlichkeitsrechte" verletzt, strafrechtlich verfolgt wird.

Verstecke und schäme dich nicht, wenn du über das Internet gemobbt wirst, sondern gehe dagegen vor! Als erstes solltest du sofort mit einem Erwachsenen wie deinen Eltern, einem Lehrer oder älteren Geschwistern sprechen. Je länger du wartest, desto weiter können sich zum Beispiel Fotos, Videos oder Texte verbreiten. Wichtig ist es außerdem, Beweise zu sammeln: Mache Screenshots von den Webseiten oder sichere Mails, SMS und Bilder. Dabei kann dir ein Erwachsener helfen, dem du dich anvertraust.

Du, deine Eltern oder andere Vertrauenspersonen sollten sich so bald wie möglich mit den Beweisen an einen Moderator, Administrator, den Betreiber der Seite oder den Handyanbieter wenden. Dieser muss dann reagieren und die Angriffe beispielsweise löschen. Suche nach dem Täter - hast du eine Idee, wer hinter den Bedrohungen, Beleidigungen oder Bloßstellungen stecken könnte? Es wäre aber falsch, Gleiches mit Gleichem zu vergelten - auf keinen Fall solltest du den (möglichen) Täter aus Rache selbst im Internet attackieren. Das führt nur zu einer Spirale der Gewalt und verschlimmert die Situation in vielen Fällen.

Wenn du einen Verdacht hast, welcher Mitschüler oder Bekannte hinter den Angriffen stehen könnte, kannst du mit einem Streitschlichter der Schule oder einem Erwachsenen versuchen, das Gespräch mit ihm oder ihr zu suchen. Vielleicht könnt ihr den Konflikt auf diese Weise schon ausräumen. Weißt du nicht, wer sich hinter den Angriffen verbirgt, und sind die Bedrohungen sehr ernst, solltest du unbedingt zur Polizei gehen. Hast du Beweise gesammelt, kannst du eine Anzeige erstatten. Weitere Hilfe zum Thema Mobbing findest du auf den unten verlinkten Webseiten.

Was gehört alles zum Cybermobbing?

Psychisch sind die Angriffe für das Opfer meist noch viel schlimmer, wenn es nicht weiß, wer hinter den Attacken steht. (Quelle: Gerd Altmann/Shapes:Graphicxtras/ pixelio.de)

Cybermobbing hat mittlerweile verschiedene Ausprägungen, dazu gehören:

Flaming: Wenn jemand im Internet beleidigt oder beschimpft wird, nennt man das Flaming (vom englischen Verb "to flame", das so viel wie "aufflammen" bedeutet).
Cyberstalking/ Cyberharassment: Der Begriff "Stalking" kommt aus dem Englischen, "to stalk" bedeutet "jagen" oder "hetzen". Hierbei wird eine Person über einen längeren Zeitraum (sexuell) belästigt oder bedroht. Es ist sozusagen die "Steigerung" von Flaming.
Cybergrooming: Das Wort kommt ebenfalls aus dem Englischen und bedeutet etwa "Internet-Streicheln"/ "-Verführen". Von Cybergrooming spricht man, wenn Erwachsene (vor allem Männer) im Internet Kontakte zu Kindern und Jugendlichen herstellen. Sie geben sich oft als Gleichaltrige aus und wollen sich mit den Jugendlichen treffen. Meist geht es ihnen darum, sich Kindern sexuell zu nähern.
Social Phishing: Phishing setzt sich aus den zwei englischen Wörtern "Password" und "Fishing" zusammen. Beim "Fischen nach Passwörtern" geht es darum, persönliche Daten in sozialen Netzwerken auszuspähen. Oft sind diese Daten die Grundlage für Mobbingangriffe.
Denigration: Das englische Wort bedeutet "Abwertung" oder "Anschwärzung". Mit der Absicht, jemanden bloßzustellen, werden Gerüchte verbreitet oder peinliche Fotos oder Videos online gestellt.
Cyberthreat: Der englische Begriff heißt so viel wie "Internet-Bedrohung". Hier werden im Netz oder per Handy gezielt Drohungen an das Opfer ausgesprochen, oft wird konkret Gewalt angedroht.
Exclusion: Den Ausschluss aus einer Gruppe, zum Beispiel einer Instant-Messenger-Gruppe, nennt man Exclusion - das ist das englische Wort für "Ausgrenzung".
Impersonation: Aus dem Englischen übersetzt bedeutet der Begriff "Nachahmung". Bei der Impersonation "stiehlt" jemand die Identität eines anderen und gibt sich als dieser aus. Unter falschem Namen werden dann beispielsweise Mitschüler oder Lehrer beleidigt oder tyrannisiert.
Outing/ Trickery: Outing (auf Deutsch "Herauskommen") nennt man es, wenn jemand private Kommunikation oder Fotos und Videos öffentlich postet, um dem anderen - zum Beispiel einem Ex-Partner - zu schaden. Trickery (auf Deutsch "Betrug"/ "Schwindel") bedeutet, dem Opfer nicht zu sagen, dass eine Nachricht nicht "unter vier Augen" bleibt. So schreibt die Person vielleicht Dinge, die nicht für andere bestimmt waren.
Happy Slapping: Beim Happy Slapping, was auf Deutsch so viel wie "lustiges Schlagen" bedeutet, werden unbekannte Personen spontan beleidigt, geohrfeigt oder sogar verprügelt. Der Übergriff wird mit dem Handy aufgezeichnet und im Internet veröffentlicht.

Cyber-Mobbing - Hilfe im Internet:

www.juuuport.de
Bei juuuport.de stehen dir im Forum Jugendliche zur Seite. Ihnen kannst du dich anvertrauen und über Vorfälle reden, mit denen du mit Erwachsenen vielleicht nicht reden möchtest.

www.nummergegenkummer.de
Telefon: 0800-111 0 333
Hier kannst du dich kostenlos und anonym beraten lassen - bei Mobbing und allen anderen Problemen.

www.lizzynet.de
Diese Seite ist speziell für Mädchen und bietet unter anderem Rat bei Mobbingproblemen.

www.polizei-beratung.de
Unter dem Thema "Cybermobbing" findest du Ratschläge und kannst über die Postleitzahlensuche eine Beratungsstelle in deiner Nähe suchen, an die du dich konkret wenden kannst.

Hinweis zum Copyright: Die private Nutzung unserer Webseite und Texte ist kostenlos. Schulen und Lehrkräfte benötigen eine Lizenz. Weitere Informationen zur SCHUL-LIZENZ finden Sie hier.

letzte Aktualisierung: 11.11.2011

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