Es ist heute für die meisten ganz selbstverständlich, täglich das Internet zu nutzen. Computerspiele gehören besonders für junge Menschen genauso zur Unterhaltung wie Kinofilme und Fernsehsendungen. Das ist eine Entwicklung, die sich nach Meinung von Experten in Zukunft noch verstärken wird. Verschiedene Studien zeigen, dass bereits drei bis sieben Prozent der Internetnutzer als "onlinesüchtig" gelten. Wie viel Computernutzung ist normal, wo liegen die Gefahren und was kann man gegen Online- und Computersucht tun?
So viele Vorteile und angenehme Seiten das Internet und Computerspiele auch haben - schon heute gibt es eine wachsende Zahl von Menschen, die süchtig nach dem Internet oder Computerspielen sind.
Keine Frage, virtuelle Welten bieten einen hohen Unterhaltungswert. Im Internet verbinden Plattformen für soziale Kontakte wie zum Beispiel MySpace, Livejournal, Facebook oder SchülerVZ Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen, die entferntesten Flecken der Welt sind "ganz nah". Im Chat und in Internetforen kann man sich vielen verschiedenen Menschen austauschen und Kontakte aufbauen.
Und Computerspiele machen Spaß, sonst würden nicht unzählige Arten von Games angeboten werden. Doch immer wieder werden sie auch in den Medien diskutiert - vor allem die Gewaltdarstellungen in Computerspielen. Das ist allerdings nicht die einzige Gefahr, die von ihnen ausgeht, denn auch Computerspiele bergen ein großes Suchtpotenzial. Das gilt besonders für Online-Spiele.
Freizeitspaß Internet
Es ist nicht ganz einfach zu beantworten, wie viel Internetnutzung oder Computerspiele/Gaming "normal" ist und ab wann die Sucht beginnt. Für viele Menschen ist es normal, mehrere Stunden am Tag am Computer zu verbringen. Das kann zwar - je nach Beschäftigung - auch schon problematisch sein, bedeutet aber noch nicht gleich, dass eine Suchtkrankheit vorliegt. Die Beschäftigung mit dem Internet kann ein Hobby sein, mit dem manche Menschen mehr und andere Menschen weniger Zeit verbringen.
Jeder, der schon einmal Gefallen an einem Computer- oder Konsolenspiel gefunden hat, kennt sicher das Phänomen: Die Zeit vergeht wie im Flug - und ohne dass man es gemerkt hätte, sind schnell mehrere Stunden um. Das passiert besonders häufig in der ersten Begeisterung für ein neues Spiel. In noch verstärkter Form tritt dies bei Online-Games auf, denn diese Spiele werden in Echtzeit und häufig in Teams gespielt. Das bekannteste und beliebteste Spiel dieser Art ist wohl das Online-Rollenspiel "World of Warcraft", dem weltweit über elf Millionen Spieler nachgehen.
Abtauchen in virtuelle Welten
Natürlich macht es Spaß, Leute von überall her kennenzulernen und sich mit Gleichgesinnten zu unterhalten. Ob man sich über seine Lieblingsserie im Fernsehen austauscht, mit anderen Technikfreaks fachsimpelt oder vielleicht Tipps zur Haustierhaltung austauscht - das Internet bietet fast für jeden die richtige Community. Es können so mitunter auch echte Freundschaften mit Leuten entstehen, die man sonst nie kennengelernt hätte. Logisch, dass das die Internetzeit erhöht und sich nicht nur Jugendliche stundenlang im Internet herumtreiben.
Diese Entwicklung ist aber nicht unproblematisch. Für einige ersetzen die Beschäftigungen im Internet mehr und mehr andere Hobbys und die "realen" Kontakte zu ihren Mitmenschen. So verbringen viele immer weniger Zeit draußen und schließen hauptsächlich virtuelle Freundschaften - oftmals mit Leuten, die sie überhaupt nicht persönlich kennen. Immer mehr Menschen stellen sich und ihr Leben im Internet dar und schaffen sich ein "Image" im Netz. Gerade die Möglichkeit, sich hinter der Anonymität des Internets zu verstecken und sich ganz neu erfinden zu können, reizt viele - und birgt die Gefahr, immer mehr in "realitätsferne Scheinwelten" abzutauchen. Darüber hinaus weiß man bei einem virtuellen Freund, den man nur über das Internet kennt, nicht, mit wem man es wirklich zu tun hat. Immer wieder nutzen auch Straftäter vor allem die Gutgläubigkeit junger Menschen aus, die Kontakte über das Internet knüpfen wollen.
Den Bezug zur Wirklichkeit verlieren
Grundsätzlich ist sowohl bei der Onlinesucht als auch bei der Computerspielsucht die größte Gefahr, den Bezug zur Wirklichkeit zu verlieren. Das Internet oder die Computerspiele werden dann wichtiger als das normale, reale Leben: So tauschen einige sich lieber mit den Freunden aus einem bestimmten Internetforum aus, als Kontakte mit Klassenkameraden zu knüpfen. Oder es ist für sie weniger bedeutend, für eine Klassenarbeit ausgeschlafen zu sein, als die ganze Nacht im Chat zu verbringen.
Häufig treffen sich Menschen im Internet, weil sie sich für die dieselben Dinge interessieren und deshalb bestimmte Foren oder Chats besuchen. Deshalb entsteht manchmal der Eindruck, dass die virtuellen Bekanntschaften die eigenen Sorgen und Nöte viel besser nachvollziehen können als Freunde, Verwandte und Bekannte, sodass sich einige Menschen immer mehr in ihre virtuelle Welt zurückziehen.
Eine zweite Identität erfinden
Es gibt immer mehr Internetnutzer, die sich eine Art zweite Identität im Netz aufbauen und sich so geben, wie sie es sich im normalen Leben nie trauen würden. So mancher ist vielleicht innerhalb seiner Internet-Community beliebt und geachtet, hat im wahren Leben aber wenig Freunde.
Auch bei Spielen wie zum Beispiel "World of Warcraft" baut sich der Spieler eine andere Identität auf, mit der er in der Spielewelt Abenteuer erlebt. Je länger gespielt wird, desto besser wird auch die Spielfigur. Sie gewinnt an Erfahrung und Kraft. Nach und nach lernen sich die Spieler untereinander kennen und bilden Abenteuergruppen, Gilden und Clans, sodass sie gemeinsam Aufgaben lösen können, was mitunter Wochen dauern kann.
Das macht einerseits großen Spaß, macht andererseits aber auch die Gefahr des Spiels aus, denn zur Faszination des Spiels selbst, die allein schon sehr hoch ist, kommt noch der Gruppenzwang hinzu. Die Spieler fühlen sich gegenüber ihren Teammitgliedern dazu verpflichtet, zu bestimmten Zeiten zu spielen - da müssen die Mitmenschen im realen Leben oft zurückstecken. Dadurch, dass es sich um ein Online-Spiel handelt, dessen Welt immer "da" ist und sich ständig weiter entwickelt, kann beim Spieler auch die Befürchtung aufkommen, etwas zu verpassen, wenn er gerade nicht spielt. Tatsächlich ist ein Großteil der Computerspielsüchtigen "World of Warcraft"-Spieler.
Sonderfall "Killerspiele"
Immer wieder werden so genannte "Killerspiele" von Politik und Medien diskutiert, zuletzt nach dem schrecklichen Schulamoklauf in Winnenden im März 2009. "Killerspiele" ist ein Sammelbegriff für verschiedene Computerspiele, die deutliche Gewaltdarstellungen gegenüber Menschen oder menschenähnlichen Wesen beinhalten.
Besonders diskutiert wird aber die Kategorie der "Ego-Shooter"“. Das sind die Spiele, bei der die virtuelle Welt durch die Augen der Spielfigur gesehen wird. Diese Spielfigur trägt eine Waffe, die am unteren Rand des Blickfeldes zu sehen ist und mit der auf Gegenspieler (das können Menschen sein oder auch Monster, je nach Spiel) geschossen wird. So hat der Computerspieler den Eindruck, selbst die Waffe zu tragen und auch selbst auf seine Gegner zu feuern.
Viele dieser Spiele wirken besonders in Bezug auf die gezeigte Gewalt sehr realistisch. Das ist auch der Grund dafür, dass diese Spiele so heftig diskutiert werden: Viele machen sie für die erhöhte Gewaltbereitschaft von Jugendlichen verantwortlich, weil die Spieler Realität und Spiel nicht mehr unterscheiden können und Gewalt wegen solcher Spiele völlig normal finden. Der Zusammenhang von Gewalttaten und "Killerspielen" ist wissenschaftlich umstritten. Sicherlich kommt es bei solchen "Killerspielen" auch auf die Persönlichkeit des Spielers, seinen Umgang mit dem Spiel und auf sein Alter an. Games mit sehr deutlichen Gewaltdarstellungen sind nicht umsonst für Kinder und Jugendliche nicht freigegeben.
Wie viel ist normal?
Die Grenze zwischen Begeisterung für Internet oder Computerspiel und Suchtgefahr verläuft sehr fließend und ist von Person zu Person unterschiedlich. Allgemein kann man aber sagen, dass eine Sache immer dann problematisch wird, wenn sie außer Kontrolle gerät. Das ist bei Online- und Computerspielsucht ganz ähnlich wie bei anderen Suchtkrankheiten.
Gefährdet ist grundsätzlich jeder, denn von Online- und Computerspielsucht sind alle möglichen Alters- und Berufsgruppen betroffen. Jugendliche und Erwachsene, Hausfrauen, Rentner oder Ärzte - jeder sollte seine Computernutzung ein wenig im Auge behalten. Wer viel am Computer sitzt, einen Großteil der sozialen Netzwerke im Internet unsicher macht oder ein begeisterter "World of Warcraft"-Spieler ist, muss noch nicht süchtig sein. Es kommt darauf an, ob Internetnutzung oder Gaming immer mehr zum einzigen Lebensinhalt wird. Wer sein reales Leben wegen der virtuellen Welten nicht vernachlässigt und noch andere Hobbys und Kontakte hat, ist vermutlich nicht unmittelbar suchtgefährdet.
Bedenklich wird es auf jeden Fall, wenn man sich täglich mehrere Stunden oder sogar den ganzen Tag in virtuellen Welten aufhält und schwer oder überhaupt nicht davon lassen kann. Dann ist es Zeit, etwas am Internet- oder Computerspielverhalten zu ändern. Das allein zu schaffen, ist aber oft sehr schwer, deshalb ist es besser, sich Unterstützung von der Familie, von Freunden oder einer Selbsthilfegruppe zu holen. Vielleicht ist auch die Hilfe eines Psychologen nötig. Während man zwar komplett damit aufhören könnte, Computerspiele zu spielen, ist es schon schwerer möglich, nicht mehr online zu gehen. Denn das Internet ist ein immer wichtigerer Teil unseres Lebens, auch in Schule und Beruf. Deshalb ist es für Onlinesüchtige wichtig, einen maßvollen Umgang mit dem Internet zu lernen.
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