Mit ihren großen schwarzen Knopfaugen, den langen Ohren und dem weichen Fell sehen sie richtig putzig aus - kein Wunder, dass Kaninchen bei Kindern und Erwachsenen als Haustiere so beliebt sind. Sie sind nicht groß, machen nicht allzu viel Arbeit und können selbst in einer kleinen Stadtwohnung gehalten werden - anders als Hunde oder Katzen. Aber was muss man beachten, wenn man Kaninchen möglichst artgerecht halten will? Warum schlagen sie Haken? Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen Kaninchen und Hasen?
Das Hauskaninchen stammt vom europäischen Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) ab. Dessen Heimat ist hauptsächlich die Iberische Halbinsel, also das heutige Spanien und Portugal. Von dort aus wurden sie von Seefahrern per Schiff in die ganze Welt transportiert. Heutzutage sind sie auch in einigen anderen Ländern Europas zu finden. Die Domestikation - also die Zähmung und Züchtung - der Kaninchen soll gegen Ende des Mittelalters, im 16. Jahrhundert, begonnen haben.
Zunächst wurden sie als "Nutztiere" gezüchtet - so galten sie beispielsweise bei den Römern als Nahrungsmittel und Pelzlieferant. Aus diesem Grund wurden zunächst vorwiegend große Rassen gezüchtet, später dann kleinere Kaninchen, um sie als Haustiere zu halten. Das bei vielen Menschen beliebte Zwergkaninchen wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gezüchtet. Es stammt aus der Verpaarung eines Hermelinkaninchens mit einem Wildkaninchen und wiegt unter zwei Kilogramm. Es gibt viele Hauskaninchen-Züchtungen - so wie Riesenkaninchen, die über fünfeinhalb Kilogramm wiegen, Langhaarkaninchen wie Angora- und Fuchskaninchen oder Widderkaninchen, die verschieden groß sein können und deren Ohren nicht nach oben gerichtet sind, sondern seitlich herabhängen.
Große Unterschiede zwischen Hasen und Kaninchen
Kaninchen sind im Gegensatz zu früheren Annahmen keine Nagetiere. Sie gehören zur Ordnung der so genannten Hasenartigen. Diese haben große Ohren, einen kurzen Schwanz und kräftige Sprungbeine. Die Zuordnung der Kaninchen zu den Nagetieren wurde früher damit begründet, dass Kaninchen, so wie die Nagetiere, im Ober- und Unterkiefer zwei große Schneidezähne - die Nagezähne - haben, die ständig nachwachsen. Nach neueren Erkenntnissen haben sie jedoch hinter den oberen Nagezähnen zusätzlich noch zwei stiftförmige Schneidezähne, die Stiftzähne. Dies unterscheidet sie von den Nagetieren.
Hauskaninchen stammen, auch wenn sie wie der Feldhase zur Familie der Hasen gehören und diesem sehr ähnlich sehen, nicht vom Feldhasen ab. Feldhasen haben im Vergleich zum Wildkaninchen, dem Stammvater des Hauskaninchens, größere Ohren, längere Beine und sind schwerer (bis zu etwa fünf Kilogramm, während das Wildkaninchen nur etwa zwei Kilogramm wiegt). Auch im Sozialverhalten gibt es große Unterschiede. Während Wildkaninchen in größeren Verbänden von mehreren Tieren - meistens ein Männchen (auch Rammler oder Bock genannt), mehrere weibliche Tiere (auch Zibben oder Häsinnen genannt) sowie Jungtiere - zusammenleben, sind Feldhasen Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit den Kontakt zu anderen Hasen suchen. Neugeborene Feldhasen sind außerdem Nestflüchter - das bedeutet, dass sie voll behaart und mit offenen Augen geboren werden und sofort das Nest verlassen können. Anders als die Feldhasen leben Kaninchen im Bau. Sie kommen nackt und blind auf die Welt und bleiben nach der Geburt noch mindestens drei Wochen im Kaninchenbau.
Gesellige Tiere
Die Verhaltensweisen der Kaninchen haben sich durch die Domestikation nicht allzu sehr verändert. Daher ist bei der Haltung darauf zu achten, ihren Bedürfnissen weitestgehend gerecht zu werden. So erfordert eine möglichst artgerechte Haltung der geselligen, in Gruppen lebenden Kaninchen in erster Linie die Anschaffung von mindestens zwei Tieren. Gut vertragen sich in der Regel ein gleichaltriges Pärchen - also ein Bock und eine Häsin - oder ein Geschwisterpaar. Aber auch andere Zusammenstellungen sind möglich.
Hält man Männchen und Weibchen zusammen, sollte der Rammler von einem Tierarzt kastriert werden (dabei werden dem Tier die Hoden entfernt), da sonst ständig Nachwuchs zu erwarten ist. Neben der unterbundenen Paarung hat dies auch den Vorteil, dass Rang- und Revierkämpfe oft vermindert werden. Denn auch unter Kaninchen gibt es Rangordnungen. Vor allem Rammler können sich bei solchen Kämpfen mitunter gefährlich verletzen. Dann sollte man die Tiere sofort trennen und nicht mehr zusammen in einem Käfig halten. Kastrierte Männchen zeigen in der Regel ein deutlich weniger aggressives Verhalten.
Ideal: Ein Gehege im Garten
Wichtig für die möglichst artgerechte Haltung ist auch die Größe des Käfiges oder Stalls. Die meisten im Handel erhältlichen Käfige bieten den Tieren nicht die Möglichkeiten, die sie benötigen, um ihre natürlichen Bedürfnisse auszuleben. Zum einen sind sie zu eng und zu klein, um dem starken Bewegungsdrang der kleinen Vierbeiner gerecht zu werden. Zum anderen ist das mangels Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten bedingte Nagen an den Gitterstäben, das einige Tiere zeigen, nicht gesund. Kauft man einen fertigen Käfig, sollte dieser also möglichst groß sein.
Ratsam ist es aber, selbst eine Behausung für das Kaninchen zu bauen. Hierzu findet man unter anderem zahlreiche Anregungen in Heimtiergeschäften, Fachbüchern sowie im Internet. Für Zwergkaninchen, eine der beliebtesten Kaninchenrassen, empfiehlt der Deutsche Tierschutzbund einen mindestens 1,50 Meter langen und 75 Zentimeter breiten Käfig. Darin können sie sich unter anderem auf den Hinterläufen aufrichten, also "Männchen machen" - ein natürliches Verhalten der Tiere, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Ein großer Käfig ist jedoch kein Ersatz für zusätzlichen Auslauf - denn die bewegungsfreudigen Tiere müssen sich regelmäßig so richtig austoben können.
Ideal ist es, Kaninchen von Frühling bis Herbst in einem Gehege im Garten zu halten - man kann die Tiere auch tagsüber ins Gehege setzen und abends zurück in den Käfig bringen. Hier empfiehlt der Deutsche Tierschutzbund eine eingezäunte Fläche von sechs Quadratmetern für zwei bis drei Tiere. Dort können die Kaninchen umherhoppeln, Haken schlagen oder graben, also ihr natürliches Verhalten ausleben. Ein ausreichend großes Gehege bietet zudem auch die Möglichkeit, dass sich "Streithammel" aus dem Weg gehen können. Wichtig ist aber, bestimmte Sicherheitsvorkehrungen zu treffen: Das Gehege muss recht tief in die Erde gesetzt werden, damit sich die Kaninchen nicht unter dem Gitter hindurchgraben können. Außerdem sollte es oben abgesichert sein, damit keine Katzen oder andere Tiere, die eine Gefahr für Kaninchen darstellen, hineingelangen können. Wichtig ist auch, dass die Kaninchen im Gehege Schattenbereiche und Möglichkeiten zum Unterschlupf haben, die auch bei Niederschlägen trocken bleiben.
Kaninchen sind ständig am Fressen
Der Boden eines Kaninchenkäfigs sollte zuerst mit Zeitung ausgelegt und dann mit einer Schicht Kleintier-Einstreu und Stroh bedeckt werden. Pro Tier muss unbedingt ein Schlafhäuschen vorhanden sein, in das sich die Tiere zurückziehen können. Kaninchen sind Fluchttiere und suchen bei Gefahr blitzartig ein Versteck. Dies können in der Käfighaltung neben dem Schlafhäuschen auch Röhren und Wurzeln sein. Weiterhin sollte der Käfig mit einer Heuraufe und Wasserflasche für Kleintiere ausgestattet sein.
Kaninchen versorgen sich den ganzen Tag über mit kleinen Mahlzeiten. Da sie eine nur schwach ausgeprägte Magen-Darm-Muskulatur besitzen und die Nahrung daher nicht - wie beim Menschen - durch die Peristaltik (Zusammenziehen der Muskeln) weiter transportiert werden kann, muss ständig Nahrung von oben "nachrücken". Das Kaninchen verdaut also, indem es ständig frisst. Neben Heu benötigen die kleinen Vierbeiner Trockenfutter, Gemüse, Obst und Grünfutter. Die reine Gabe von handelsüblichem Fertigfutter ist für die Kaninchen nicht gesund. Denn dieses enthält unter Umständen zu wenig Ballaststoffe und zu viel Energie.
Eine weitere Besonderheit der Kaninchen ist, dass sie Teile ihres ausgeschiedenen Kots wieder fressen. Dabei handelt es sich um den so genannten Blinddarmkot. Während die gewöhnlichen Kaninchenköttel rund und hart sind, handelt es sich hierbei um etwas größere weiche Kotbällchen, die das Kaninchen hin und wieder absetzt. Sie enthalten Nährstoffe und Vitamin B, die zuvor im Blinddarm für die Verwertung aufgeschlossen wurden. Die Aufnahme dieses Kots ist für Kaninchen natürlich und wichtig, weil erst nach der Wiederaufnahme die Vitamine vom Körper aufgenommen und verwertet werden können.
Nagen und Höhlen bauen
In freier Wildbahn lebende Kaninchen graben sich Höhlen und unterirdische Gänge, in denen sie sich mit der ganzen Gruppe die meiste Zeit aufhalten. Dieser Verhaltensweise verdanken sie ihren Namen. Denn der Begriff Kaninchen ist auf das lateinische Wort "cuniculus" zurückzuführen und bedeutet übersetzt "unterirdischer Gang". Für Hauskaninchen, die in einem Käfig leben, ist das Bauen unterirdischer Gänge aber nicht möglich. Um diesem Trieb der kleinen Vierbeiner wenigstens etwas gerecht zu werden, kann man ihnen beim Auslauf im Zimmer aus Kartons kleinere Höhlen und Labyrinthe bauen, in denen sie sich austoben und verstecken können.
Generell ist darauf zu achten, dass Kaninchen täglich mehrere Stunden Auslauf haben. Um die kleinen Vierbeiner vor gefährlichen Bereichen wie Steckdosen und Stromkabeln zu schützen, sollte man sie nicht unbeaufsichtigt lassen, die Kabel nach Möglichkeit entfernen oder gefährliche Bereiche absichern. Weil die Zähne der Kaninchen ständig wachsen und deswegen abgenutzt werden müssen, nagen die Tiere gern an allen möglichen Gegenständen herum. Daher ist es ratsam, ihnen Wurzeln, Rindenstücke oder ungespritzte Zweige von Bäumen zu geben. Können sie das Bedürfnis nicht befriedigen, kann dies zu Fehlstellungen der Zähne führen und die Kaninchen beim Fressen behindern, was lebensbedrohlich sein kann. Zu den wichtigen Aufgaben eines Kaninchenhalters gehört also auch die regelmäßige Kontrolle des Fressverhaltens und der Zähne, um einer Schädigung der Gesundheit vorzubeugen.
Verständigung und Nachwuchs
Kaninchen verständigen sich über Laut- und Körpersprache. Wenn sie beispielsweise mit den Hinterläufen fest auf den Boden klopfen, also trommeln, stoßen sie auf diese Weise ein Warnsignal für die ganze Gruppe aus. Legen sie sich langgestreckt hin, womöglich sogar auf die Seite oder den Rücken, fühlen sie sich wohl und sicher. Sitzen sie aufrecht mit angelegten Ohren, kann dies bedeuten, dass sie bereit zum Angriff sind. Wenn sie angreifen, springen sie mit ihren scharfen Krallen nach vorne und beißen oft auch zu. Dabei geben sie eine Art Knurren von sich. Ein Kaninchen, das sich flach auf den Boden drückt und die Ohren anlegt, zeigt, dass es sich - beispielsweise im Kampf um die Rangordnung - unterwirft.
Wenn es sich bei Berührung durch den Menschen genauso verhält, bedeutet dies Unwohlsein und Angst. Dann sollte das Tier erstmal in Ruhe gelassen werden. Fühlt sich das Kaninchen bedroht oder hat sich erschreckt, dann bleibt es regungslos sitzen, mit weit geöffneten Augen. In der freien Wildbahn verhalten Kaninchen sich so, wenn eine Flucht nicht mehr möglich scheint - in der Hoffnung, dass sie somit vom Feind nicht mehr gesehen werden, da viele Tiere ihre Beute nur anhand von Bewegungen erkennen. Auch kann man beobachten, dass Kaninchen Haken schlagen, indem sie beim Rennen einen Sprung machen und sich dabei in der Luft drehen. In der freien Wildbahn ermöglicht ihnen dieses Verhalten, die Richtung abrupt zu ändern und so den Feind abzuschütteln. Auch Hauskaninchen tun das oft, wenn sie Auslauf haben - allerdings aus Freude und Übermut. Weiterhin zeigen die Tiere ein ausgeprägtes Territorialverhalten. So markieren sie ihr Revier mit Duftsignalen, die sie über die unter dem Kinn sitzenden Duftdrüsen oder den Urin abgeben.
Kaninchen vermehren sich sehr schnell. Die Weibchen können pro Jahr etwa sechs bis zehn Mal Nachwuchs bekommen, den sie nur etwa einen Monat lang austragen. Je nach Rasse und Größe der Tiere sind dies meist drei bis zehn Junge. Laut Angaben des Deutschen Tierschutzbundes werden pro Jahr Hunderte dieser kleinen Vierbeiner in Tierheime gebracht. Deswegen empfiehlt der Verein, sich Kaninchen lieber aus Tierheimen zu holen und diese somit zu entlasten, statt sie im Zoofachhandel oder bei einem Züchter zu kaufen.
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