von Britta Pawlak - aktualisiert - 21.09.2011
Einige Kinder essen nicht täglich eine warme Mahlzeit, können keinen Hobbys nachgehen, fehlen bei Klassenfahrten, tragen keine Markenkleidung und werden oft ausgegrenzt - auch in reichen Ländern Europas und den USA ist Kinderarmut ein immer größeres Problem. Nach neuen Studien leben in Deutschland und Österreich mehr arme Kinder als in den meisten anderen Industriestaaten - und das, obwohl kaum anderswo so viel Geld für Familienförderung ausgegeben wird. Laut Experten ist in Deutschland jedes fünfte Kind von Armut betroffen.
Nach neuen Studien steigt die Kinderarmut immer weiter an. In Deutschland und Österreich ist sie sogar höher als in vielen anderen Industriestaaten. Laut Experten leben in Deutschland über 2,5 Millionen Kinder in Armut - betroffen ist demnach jedes fünfte Kind. 1,6 Millionen Kinder müssen monatlich vom Staat unterstützt werden, weil ihre Eltern nicht genügend Geld zur Verfügung haben.
Am wenigsten verbreitet ist Kinderarmut dagegen in Dänemark und Finnland. Besonders schlimm betroffen sind die USA und Mexiko. Die Armut steigt, obwohl der Bevölkerung im Durchschnitt sogar mehr Geld zur Verfügung steht als noch vor einigen Jahren. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.
Armut heißt Ausgrenzung
In wohlhabenden Ländern äußert sich Armut anders als in armen "Dritte-Welt"-Ländern, in denen viele Menschen kein Dach über dem Kopf haben und Hunger leiden müssen. Armut bedeutet hierzulande, dass eine Familie sehr wenig Geld zur Verfügung hat. Für Kinder und Jugendliche hat das aber weit reichende Folgen. Oft fühlen sie sich nicht zugehörig und werden verspottet, weil sie anders sind. Im Stillen leiden sie sehr unter ihrer Situation.
Betroffene Kinder können zum Beispiel nicht die angesagte Kleidung anziehen, die Gleichaltrige tragen. Im Gegensatz zu anderen Kindern nehmen sie keinen Musikunterricht und gehen nicht in Sportvereine. Viele der Kinder besitzen kein Handy oder Computer und können nicht mit den anderen ins Kino gehen. Sie nehmen nicht an Klassenfahrten teil, fahren nicht mit auf Ferienfreizeiten und bekommen so gut wie kein Taschengeld. Meist haben sie kein eigenes Zimmer und damit zu Hause keine Rückzugsmöglichkeit. Nicht selten kümmern sie sich noch um ihre Geschwister, weil ihre Eltern kaum Zeit haben oder völlig überfordert sind. Einige Kinder haben durch einseitige Ernährung und Bewegungsmangel gesundheitliche Probleme. Oft essen sie in großen Suppenküchen, weil es bei ihnen zu Hause nicht regelmäßig warme Mahlzeiten gibt.
Sehr häufig wohnen Kinder aus armen Familien in trostlosen Stadtteilen, in denen es wenig Freizeitmöglichkeiten gibt und die Kriminalität höher ist - da dort die Wohnungen günstiger sind oder der Familie dort eine Unterkunft zugeteilt wurde. Die Schulen in diesen Gegenden sind oft überfüllt, der Ausländeranteil ist hoch und es kann weniger auf einzelne Schüler eingegangen werden. Kinder, die in Armut leben, werden nicht nur von anderen ausgegrenzt, sie fühlen sich oft auch selbst minderwertig und fremd in der Gesellschaft.
Was sind die Ursachen, was muss getan werden?
Oft handelt es sich um Kinder, die nur bei einem Elternteil aufwachsen. Auch viele Einwanderer-Familien sind von Armut betroffen. Vor allem durch die hohe Zahl an Arbeitslosen ist die Kinderarmut gestiegen. Die Sozialleistungen, die der Familie dann vom Staat zur Verfügung gestellt werden, reichen nur für das Nötigste. Einige Menschen arbeiten auch hart, bekommen für ihren Job aber so wenig Geld, dass es nicht reicht, um ihre Familie zu versorgen.
Deutschland wird immer wieder vorgeworfen, keine familienfreundliche Politik zu betreiben. Zwar wird kaum anderswo so viel Geld für Familienförderung ausgegeben - kritisiert wird aber, dass die Gelder schlecht verteilt werden. Österreich hat ganz ähnliche Probleme. Es fehlen vor allem Möglichkeiten zur Kinderbetreuung, zum Beispiel ganztägige Kindertagesstätten.
Dadurch könnten Eltern - vor allem allein erziehende Frauen - entlastet werden und einer geregelten Arbeit nachgehen. Viele sind auch der Meinung, dass Mütter eine viel bessere Unterstützung bekommen sollten, um wieder in ihren früheren Beruf zurückzukehren. Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung fordern die Hilfsorganisationen, arme Kinder stärker zu fördern. Vor allem sollten sie in der Schule mehr persönliche Hilfestellungen bekommen.
Im Kreislauf der Armut
Weiterhin haben Schüler aus wohlhabenden Familien viel bessere Chancen als andere. Ihre Eltern haben meist selbst einen guten Bildungsabschluss und können ihre Kinder deshalb in der Schule unterstützen. Hat ein Kind große Probleme in einem bestimmten Fach, kann seine Familie ihm auch Nachhilfestunden bezahlen.
Sind Eltern aber nicht in der Lage, ihrem Kind bei den Hausaufgaben zu helfen oder mit ihm zu lernen und stehen keine finanziellen Mittel zur Verfügung, ist das Kind auf sich alleine gestellt. Besonders stark sind ausländische Schüler betroffen, die zusätzlich die Sprache nicht gut beherrschen und Verständigungsprobleme haben.
Zu Hause wird sich in ihrer Muttersprache verständigt, und ihre Eltern sprechen oft noch schlechter Deutsch als die Kinder selbst. Im Unterricht kommen die Schüler dann kaum mit und in der Familie gibt es niemanden, der ihnen helfen kann. Mit keinem oder einem schlechten Schulabschluss wiederum haben die Betroffenen kaum Möglichkeiten, aus dem Kreislauf der Armut auszubrechen.
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