von Britta Pawlak - 29.11.2007
Die ersten Ergebnisse der neuen Pisa-Studie liegen schon vor: Zum dritten Mal ist Finnland Spitzenreiter. Deutschland liegt auf Rang 13, die Schweiz auf dem 16. und Österreich auf dem 18. Platz. Bei der IGLU-Studie wurde das Leseverständnis von Grundschülern geprüft. Politiker zeigen sich zufrieden über das Abschneiden der deutschen Schüler. Was ist das Geheimnis Finnlands? "Keiner darf zurückbleiben" lautet das Motto der finnischen Schulen. Es wird viel Wert auf individuelle Betreuung gelegt und auch behinderte Kinder besuchen mit anderen zusammen dieselbe Schule.
Erstmals waren die Naturwissenschaften Schwerpunkt im Pisa-Test. Bei den regelmäßigen Studien untersucht man den Leistungsstand von 15-jährigen Schülern aus verschiedenen Ländern. Bei den ersten beiden Pisa-Studien hatten die deutschen Schüler recht mäßig abgeschnitten. Die Reaktionen darauf waren heftige Diskussionen und Kritik zum deutschen Schulsystem.
Offiziell sollen die Resultate des neuen Pisa-Tests erst am 4. Dezember präsentiert werden. Aber bereits jetzt wurden die ersten Ergebnisse bekannt: Aus der neuen Studie, bei der 57 Länder geprüft wurden, geht Finnland wieder als Sieger hervor. Auf dem zweiten Platz landet Hongkong, gefolgt von Kanada und Taiwan. Deutschland hat sich mit Rang 13 verbessert, ebenso wie Österreich, das es vom ehemals 23. nun auf den 18. Platz schafft. Die Schweiz dagegen rutscht von Rang 12 auf den 16. Platz.
"Es muss noch vieles verbessert werden"
Im Jahr 2003 war Mathematik Schwerpunkt der Studie. Ein direkter Vergleich der Pisa-Studien ist deshalb problematisch. Ob sich zum Beispiel die Schulen Deutschlands nun wirklich deutlich verbessert haben, kann schwer gemessen werden. Auf jeden Fall sind sich die meisten darüber einig, dass noch vieles besser werden muss. Wichtig ist vor allem die Förderung von Schülern aus armen Familien und Einwanderer-Kindern.
Bei der IGLU-Studie ("Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung"), die am Mittwoch veröffentlicht wurde, testete man Viertklässler aus 45 Ländern. Dabei wird untersucht, wie gut die Schüler einen Text verstehen, den sie lesen. Russland schaffte es dabei auf den ersten Platz, die deutschen Grundschüler landeten auf Rang elf. Deutsche Politiker zeigten sich zufrieden über das gute Abschneiden. Dennoch gibt es noch Verbesserungsbedarf: Weiterhin haben Schüler aus wohlhabenden Familien, deren Eltern selbst einen guten Bildungsgrad haben, bessere Chancen als andere. Die Leistung ausländischer Kinder, die in ihrem Elternhaus nicht Deutsch sprechen, ist deutlich schlechter.
Welches Schulsystem ist das beste?
Welches Schulsystem optimal ist und wie Kinder am besten lernen, ist umstritten. In den Schulen Englands zum Beispiel werden Konkurrenzdenken und Wettbewerb zwischen den Schülern noch viel mehr gestärkt. Damit sollen die jungen Menschen zu besseren Leistungen angetrieben und auf das spätere Berufsleben vorbereitet werden.
Lernt es sich unter Druck aber wirklich besser? Oder sollte man mehr auf die Besonderheiten der einzelnen Kinder eingehen? Da gehen die Ansichten weit auseinander. Sowohl das gängige Notensystem als auch die frühe Trennung der Kinder nach der Grundschule werden in Deutschland von vielen kritisiert. Einige fordern sogar, das Sitzenbleiben abzuschaffen.
Auch in Deutschland gibt es einige private Schulen und Gesamtschulen, in denen die Kinder bis zur 10. Klasse - also der Abschlussklasse zur Mittleren Reife - nur in Ausnahmefällen eine Stufe wiederholen. Bei Schwierigkeiten bekommen die Schüler persönliche Hilfestellungen. Die Klassen sind üblicherweise kleiner als im Durchschnitt. Um im Anschluss die gymnasiale Oberstufe zu besuchen, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt worden sein.
In den USA können die Schüler in der Sommerschule den Stoff nachlernen, bei dem ihre Leistungen mangelhaft waren. Wenn sie am Ende die Prüfungen bestehen, können auch sie die nächste Klassenstufe besuchen. Diese Kinder und Jugendlichen haben dann allerdings keine Ferien gehabt. Viele sind der Ansicht, dass auch diese Zeit für junge Menschen wichtig ist, um sich zu erholen und den Schulstress für eine Zeit hinter sich lassen zu können.
"Keiner darf zurückbleiben" - Vorbild Finnland
In Finnland dagegen bleibt so gut wie kein Schüler sitzen. Und es findet auch keine frühe Trennung statt, wie wir sie nach der Grundschule kennen. Ebenso werden behinderte Kinder nicht abgesondert, sondern eingegliedert. Sie können mit den anderen gemeinsam auf dieselbe Schule gehen. Richtige Noten bekommen die finnischen Schüler erst ab der 7. Klassenstufe.
"Keiner darf zurückbleiben", lautet das Motto der Schulen in Finnland. Bis zu neun Jahre bleiben die Kinder zusammen, bis diejenigen, die gute Noten haben, das weiterführende Gymnasium besuchen können. Das finnische System hat Erfolg: Kein Land konnte sich bei den Pisa-Studien so gut behaupten wie Finnland.
Das Besondere an den dortigen Schulen ist die individuelle Betreuung der einzelnen Schüler. Wer bei etwas Probleme hat, bekommt viele persönliche Hilfestellungen. Es gibt auch die Möglichkeit, im Anschluss an den regulären Unterricht spezielle Nachhilfe zu nehmen - einzeln oder auch in kleineren Gruppen. Bei uns sind die Klassen oft sehr groß, sodass die Lehrer nicht wirklich auf einzelne Schüler und ihre Talente oder Schwierigkeiten eingehen können. Im finnischen System haben auch Kinder aus ärmeren Familien bessere Chancen. In den meisten Ländern sind Schüler aus reichen, gebildeten Familien noch immer stark im Vorteil.
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