07.12.2004
PISA heißt nicht nur eine Stadt in Italien mit einem sehr schiefen Turm, sondern auch eine wichtige Schuluntersuchung. Dabei wurden weltweit Schüler aus 41 Ländern getestet, ob sie Mathematik, Naturwissenschaft und ihre Landessprache beherrschen. Der Test fand nun zum zweiten mal nach 2001 statt - und Deutschlands Schüler sind im Mittelfeld gelandet. 216 deutsche Schulen haben an der Studie PISA II teilgenommen.
Die deutschen Schüler haben diesmal etwas besser bei der Studie abgeschnitten als noch im Jahr 2000. Sie konnten mittelmäßig gut lesen, schreiben und rechnen. Besonders gut waren sie beim Lösen von alltäglichen Situationen. Aber jeder fünfte Schüler hatte große Probleme beim Lesen und Schreiben.
Besonders schlimm ist es, dass in Deutschland Kinder aus armen Familien und Kinder, die in ihrem Elternhaus kein Deutsch sprechen, schon von vorneherein viel schlechtere Chancen haben. In Deutschland werden nach der vierten Klasse die guten Schüler immer besser und die schlechten Schüler nur noch sehr wenig besser. Die Schulen schaffen es nicht, schwächere Schüler so zu fördern, dass sie im Vergleich mit den anderen aufholen. In anderen Ländern gelingt das viel besser. Auch das Einbinden der schlechteren Schüler in die Gemeinschaft und so die Gesellschaft läuft bei uns zu oft schief.
In der ersten PISA-Studie hatten auch die Grundschulen schlecht abgeschnitten. Das hat sich geändert. Das gute Abschneiden liegt vor allem an den neu eingerichteten Ganztagsschulen, in denen auch jemand hilft, wenn die Hausaufgaben gemacht werden. Außerdem gibt es mehr Deutschkurse für Kinder und Mütter ausländischer Kinder.
Jetzt wird fleißig überlegt, was man ändern muss. Politiker, Wissenschaftler, Lehrer und Schüler diskutieren, was man an den Schulen verändern kann. Ein Blick über den Tellerrand soll helfen. Vielleicht können wir ja von den Testsiegern etwas abschauen.
Was können wir von anderen Ländern lernen?
Besonders gut abgeschnitten haben Finnland, Korea, die Niederlande und Polen. Was ist dort anders als bei uns?
- sehr viele Kinder gehen in die Vorschule. Das Lernen beginnt spielerisch schon im Kindergartenalter
- schwächere Schüler werden ganz gezielt gefördert, damit sie besser werden.
- es gibt kein System, das früh gute von schlechten Schülern trennt und so früh den Lebensweg der Schüler festlegt
- die Schulen dürfen mehr in Eigenverantwortung entscheiden
- die Politiker haben klar festgelegt, welche Kenntnisse genau in der Schule vermittelt werden müssen
Hauptschule, Realschule und Gymnasium - oder besser Gesamtschulen?
Eines fällt auf: die Länder, die ganz vorne gelandet sind: die meisten haben Gesamtschulen. Das heißt, dass auch nach der Grundschule alle Schüler zusammen unterrichtet werden und gemeinsam lernen. In Deutschland ist das meistens noch anders. Schlechte Schüler werden bei uns im dreigliedrigen Schulsystem ausgesondert.
Wer in der vierten Klasse etwas schwächer im Lesen, Rechnen und Schreiben ist, der kommt nicht aufs Gymnasium oder die Realschule, sondern auf die Hauptschule. Manche Kinder sind aber "Spätstarter". Sie brauchen am Anfang etwas länger, holen dann aber schnell auf. Das gilt zum Beispiel auch für viele ausländische Kinder, die in den ersten Schuljahren nicht nur den Schulstoff lernen müssen, sondern zusätzlich noch die deutsche Sprache, die sie zu Hause nicht sprechen. Auch wenn das ausländische Kind genauso schlau ist wie das deutsche, hat es nicht die gleichen Chancen in der Schule. In anderen Ländern gibt es nicht weniger Ausländer und sie sprechen zu Hause auch nicht die Landessprache - und dennoch schneiden sie klar besser ab. Ein Grund dafür könnte das andere Schulsystem sein.
In Gesamtschulen helfen sich die Schüler außerdem mehr gegenseitig. Dabei lernen zum einen die schlechteren Schüler besser den Stoff, weil sie ihre Klassenkameraden oft besser verstehen. Zum anderen lernen auch die guten Schüler beim Erklären.
Gesamtschulen sind sicher kein Allheilmittel. Aber unser bisheriges System wohl auch nicht. Einen Mittelweg ist Polen gegangen - mit Erfolg:
Polen als heimlicher Gewinner
Polen hat es geschafft in nur vier Jahren sehr viele Plätze gut zu machen. Bei PISA I war Polen noch ganz am Ende des Ländervergleichs, heute dicht hinter Deutschland. Wie kam es dazu? In Polen wurde nach PISA I das gesamte Schulsystem völlig umgekrempelt. Jeder Pole muss nun bis zum 18. Lebensjahr zur Schule gehen. Die Grundschule für alle Kinder dauert sechs Jahre. Danach gehen alle gemeinsam drei Jahre auf die neue Mittelstufe ("Gimnazjum"). Erst dann entscheidet ein Test, ob ein Schüler zum Abitur aufs Lyzeum geht, ein Fachabitur machen kann oder eine Berufsschule besuchen soll. So werden Schwächere im Klassenverband viel länger gefördert.
Deine Meinung ist gefragt- Was hältst du von der ganzen Diskussion?
- Findest du es doof, dass plötzlich so vieles schlecht sein soll?
- Meinst du, dass Ganztagsschulen das Problem lösen könnten oder willst du lieber auf dein Gymnasium, deine Realschule oder deine Hauptschule gehen?
- Vielleicht hast du auch gar keine Lust auf Nachmittagsunterricht und Hausaufgabenbetreuung in der Schule?
- Hast du die Schule auch schon einmal anders erlebt? Dann schreib uns, wie du den anderen Unterricht findest. Wir sind gespannt!
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