von Britta Pawlak - 25.09.2007
Vorhang auf - und Bühne frei! Im Theater ist Platz für geistige Spielereien und unwirkliche Welten. Hier können Raum, Zeit und Handlung auf fantastische Weise miteinander verknüpft sein. Theater ist die Kunst, einzig durch Darstellungskraft "aus dem Nichts" etwas zu schaffen und den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Man braucht vor allem drei Dinge, um Theater zu spielen: Darsteller, Zuschauer - und das Wissen um ihre Rolle. Doch was geschieht eigentlich hinter den Kulissen? "Vom Himmel durch die Welt der Hölle - was Theater alles sein kann" - das war Thema der Kinderuni-Vorlesung in Mainz.
Du sitzt in einem riesigen Theater und genießt das vorgeführte Stück. Neue Szene: Wie von Geisthand rollen die Kulissen, die die Bühne zieren, in eine andere Position. Das Licht wird dunkler - alles wirkt scheinbar bedrohlich, und ein schöner sonniger Tag, welcher eben noch mit seiner freundlichen Leichtigkeit den Schauspielern auf der Bühne das Leben versüßte, verwandelt sich in die düsterere, furchterregende Nacht - ein grollendes Gewitter tobt. Die Temperatur im Zuschauerraum hat sich nicht geändert, trotzdem kannst du es spüren - es scheint kälter geworden zu sein.
"Mach nicht so ein Theater!", sagen manche, wenn sie von anderen genervt sind. Einfach mal so Theater machen? Nein, hinter dem Begriff "Theater" verbirgt sich eine riesige Maschinerie: Alles wird bis ins kleinste Detail geplant und jeder arbeitet mit jedem zusammen, damit die Illusion am Ende perfekt ist.
Der Theaterwissenschaftler Prof. Dr. Friedhelm Kreuder demonstrierte während der vergangenen Kinderuni-Vorlesung in Mainz, wie einzig die Vorstellungskraft den Zuschauer in fantastische Welten eintauchen lässt. Und er erzählte den Nachwuchs-Studenten davon, wie ein Theaterstück Schritt für Schritt erschaffen wird. Er zeigte Ausschnitte aus einer von Ingmar Bergman produzierten Filmfassung der Oper "Die Zauberflöte" aus dem Jahr 1974. Hier bekam man auch Einblicke in das Geschehen hinter der Bühne.
Die alten Griechen: Vorreiter des Theaters
Schon die alten Griechen inszenierten Vorführungen und gelten als Vorreiter des heutigen Theaters. Das Schauspiel selbst existierte in anderen Formen aber schon viele Jahre vor unserer Zeitrechnung - beispielsweise in Tänzen. Berühmt wurde das antike Drama, das im 5. Jahrhundert vor Christus in Athen entstand. Ein bekannter Dichter aus damaliger Zeit war etwa Sophokles, der das berühmte Drama "Der König Ödipus" schrieb. Im Mittelpunkt der griechischen Tragödie stehen heldenhafte Figuren, die ein unentrinnbares Schicksal erleiden, das in der Katastrophe endet. Das Publikum sollte durch die Handlung mitgerissen werden und starke Gefühle wie Furcht und Mitleid erleben. Anschließend sollte der Zuschauer eine "Reinigung der Seele" - die "Katharsis" - erfahren.
Während die Tragödie von Göttern, Königen und Helden handelte, die das Publikum in ihren Bann zogen, standen im Zentrum der Komödie Narren und Menschen "niederen Standes", welche die Zuschauer zum Lachen bringen sollten. Das erheiternde und unterhaltsame Stück fand in der Regel einen glücklichen Ausgang. Der berühmte griechische Philosoph Aristoteles (348-328 v. Chr.) prägte die Theorie und Praxis des Theaters über viele Jahrhunderte - bis in die Anfänge der Neuzeit orientierte man sich beim Drama an den "drei Einheiten" der Zeit, Ort und Handlung nach Aristoteles: Das Stück sollte demnach an nur einem Ort spielen, keine Nebenhandlungen haben sowie keine Zeitsprünge beinhalten - die Handlung soll genau einen Tag umfassen.
Die alten Griechen bauten auch die ersten Theater. Das griechische "Theatron" war ein Gebäude mit einer Art Bühne und einem Zuschauerraum. Darin wurden aber nicht nur Schauspiele, sondern auch politische Diskussionen ausgetragen. Selbst grausame Schaukämpfe wie Tierhetzen und öffentliche Hinrichtungen fanden dort statt. Die Römer übernahmen die Theaterkultur der Griechen und bauten sie weiter aus. Riesige Theatergebäude entstanden im römischen Reich der Antike. Die Stadt Rom vergrößerte sich ständig, und auch das Theater gewann immer mehr an Bedeutung.
Ein Blick hinter die Kulissen
Heutzutage wird im Theater kaum mehr etwas dem Zufall überlassen. Gerade in den großen Häusern gibt es einen gewaltigen Stab an Mitarbeitern. Hierbei müssen alle Hand in Hand arbeiten - und dies oft unter großem Zeitdruck. Der Ablauf, von der Auswahl des Stücks bis hin zur Premiere, ist nur grob zu beschreiben. Individuelles, kreatives und flexibles Schaffen muss dabei jedem Theatermitarbeiter gegeben sein. Die Entwicklung ist ebenso spannend und nervenaufreibend wie das Stück selbst - und vor allem aufwändig. Dem Zuschauer ist nur selten ein Blick hinter die Kulissen vergönnt - und so bleibt dem "Laien" verborgen, was außerhalb seines Sichtfelds passiert.
Hier arbeiten viele verschiedene Menschen gemeinsam an einem Projekt: ob Bühnenarbeiter, die die Kulissen wechseln, der Souffleur/ die Souffleuse, der/ die den Schauspielern das Schlüsselwort zuflüstert (vom französischen Wort "souffle", bedeutet "Atem" oder "Hauch"), oder der Inspizient. Dieser hat eine Menge Aufgaben und sorgt für einen reibungslosen Ablauf: Vor der Aufführung geht er sicher, dass alle Gegenstände an ihrem Platz sind, während des Stücks ruft er Akteure zu ihrem Auftritt, er gibt Bühnentechnikern Zeichen für Umbauten, signalisiert Tontechnikern, wenn bestimmte Beleuchtungen und Einspielungen an der Reihe sind - und ordnet an, dass der Vorhang hochgezogen oder herabgelassen werden soll. Im Theater arbeiten Menschen, die ein gemeinsames Interesse haben: Sie möchten den Zuschauer entzücken, belustigen, beeindrucken, unterhalten oder bewegen - ihn für eine kurze Zeit dem Alltag entfliehen lassen.
Theater - Entführen in andere Welten
Es gibt unendlich viele Darstellungsmethoden und Themen der Bühnenkunst. Theater erzählt Geschichten, beschreibt Situationen, überrascht uns, erheitert uns, stimmt uns nachdenklich, regt unsere Fantasie an oder fesselt unsere Sinne. Es kann also dramatisch, komisch, spannend und fantastisch sein. Oft enthält es auch eine kritische Aussage und behandelt gesellschaftliche oder politische Themen und Probleme.
So hat der bekannte Dramatiker und Lyriker Bertolt Brecht (1898-1956) das "epische Theater" begründet, das im Gegensatz zum klassischen Drama steht und die Zuschauer gerade nicht mitreißen und läutern soll. Stattdessen will es durch gezielte Effekte der "Verfremdung" - zum Beispiel Chöre oder Sprecher, die sich direkt an das Publikum richten - die Illusion des Theaters immer wieder brechen und den Zuschauer zum kritischen Nachdenken anregen.
Generell unterteilt man in drei Sparten des Theaters: Zum einen gibt es das Sprachtheater, darunter fallen die Tragödie, die Komödie und das Schauspiel. Im Begriff des Musiktheaters sind die Oper, die Operette und das Musical vereint. Und dann gibt es noch das Tanztheater oder auch Ballett. Bei diesen verschiedenen Richtungen sollte eigentlich für jeden etwas dabei sein.
Viele berühmte Schauspieler haben ihre Karriere im Theater begonnen: Der glatzköpfige Kapitän des Raumschiffs Enterprise zum Beispiel hat Shakespeare gespielt, bevor er mit Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum flog. Einige Filmschauspieler kehren in ihrer Laufbahn auch wieder zum Theater zurück. Dort müssen sie, anders als bei den heutigen Filmen, nicht mit Computereffekten konkurrieren - und nicht selten ist sogar mehr Talent und Einarbeitung in die Rolle erforderlich.
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