von Andreas Fischer - 07.05.2007
In Frankreich fand am Sonntag (6. Mai) die Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Zur Wahl standen die Sozialistin Ségolène Royal und der Konservative Nicolas Sarkozy. Beide hatten sich in der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen durchgesetzt. Der bisherige Präsident Jacques Chirac, der seit 1995 im Amt ist, hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Insgesamt waren 44,5 Millionen Franzosen aufgerufen, zwischen Sarkozy und Royal zu entscheiden. Bereits kurz nachdem die letzten Wahllokale um 20 Uhr schlossen stand fest: Sarkozy hat die Wahl gewonnen.
Über 53 Prozent der Wähler stimmten für den Kandidaten der Konservativen. Die Sozialistin Ségolène Royal gestand ihre Niederlage ein und gratulierte Sarkozy. "Ich wünsche dem neuen Präsidenten viel Glück", sagte sie wenige Minuten nach Abschluss der Stichwahl.
Der Wahlkampf der beiden sehr unterschiedlichen Kandidaten Royal und Sarkozy hat in Frankreich viele Menschen mobilisiert. Knapp 85 Prozent der Wahlberechtigten haben ihre Stimme abgegeben - die höchste Wahlbeteiligung seit 40 Jahren. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl in Deutschland 2005 lag die Wahlbeteiligung bei 77,7%.
Zum ersten Mal in der französischen Geschichte mussten sich die Wähler zwischen einer Frau und einem Mann für das höchste Staatsamt entscheiden. Die Meinungsumfragen gaben dem Konservativen Nicolas Sarkozy einen deutlichen Vorsprung vor der Sozialistin Ségolène Royal.
Ségolène Royal: Eine Frau will an die Spitze
Die 53-jährige Ségolène Royal wurde als viertes von acht Kindern eines Offiziers im Senegal (Afrika) geboren. Aufgewachsen ist sie auf der Überseeinsel Martinique, später in der französischen Provinz. Sie stammt aus einem sehr strengen Elternhaus: Ihr Vater hatte die Vorstellung, dass seine Töchter ihren Ehemännern dienen sollten. Doch die willensstarke Ségolène wollte ein selbst bestimmtes Leben führen und ging bereits früh in ein Internat, um sich aus der Umklammerung ihren Eltern zu lösen.
Später studierte sie Wirtschaftswissenschaften und besuchte die "Ena" - eine Hochschule, in der die Elite der französischen Verwaltungsbeamten ausbildet wird. Dort lernte sie ihren Lebensgefährten Francois Hollande kennen, den heutigen Chef der sozialistischen Partei. Das Paar hat vier Kinder, von denen drei bereits volljährig sind. Ségolène Royal war dreimal Ministerin: für Umwelt, Bildung und für Familie. Sie ist seit fast 20 Jahren Abgeordnete der französischen Nationalversammlung - die mit dem Deutschen Bundestag vergleichbar ist.
Nicolas Sarkozy: Machtbesessen, zielstrebig und ehrgeizig
Der 52-jährige Sarkozy ist Sohn ungarischer Einwanderer. Nicolas Sarkozy hat zweimal geheiratet und ist Vater von drei Söhnen. Er studierte Rechtswissenschaften und Politikwissenschaften und ist von Beruf Anwalt. Bereits 1977 wurde er Gemeinderat vom Pariser Nobelvorort Neuilly-sur-Seine, wo er 1983 mit nur 28 Jahren Bürgermeister wurde und das Amt 19 Jahre lang ausübte. Bei einer Geiselnahme in einem Kindergarten, die durch seinen Einsatz unblutig beendet wurde, erlangte Sarkozy in ganz Frankreich Anerkennung.
Mit Ende 30 ist Sarkozy Haushaltsminister und Regierungssprecher der Regierung Balladur. Danach wird er Innenminister in der Regierung Raffarin. Sein entschlossenes Vorgehen gegen Kiminalität brachte ihm viele Sympathien aber auch Kritik ein. Seit Juni 2005 ist Sarkozy Innenminister in der Regierung Villepin. Sarkozy nennt sich selbst ehrgeizig und zielstrebig - seine Kritiker halten ihn jedoch für rücksichtslos und cholerisch - also leicht erregbar und jähzornig. Im Oktober und November 2005 wurde Sarkozy für die Randalierer der Pariser Krawalle zur Hassfigur, weil er alle randalierenden Jugendlichen - meist nordafrikanischer Herkunft - als "Gesindel" bezeichnete, das mit aller Härte bekämpft werden müsse.
Keine Chance für Einwanderer
Vor allem ärmere Bevölkerungsteile Frankreichs, darunter sehr viele Immigranten (also Einwanderer) aus Afrika, die ohnehin schon am Rande der Gesellschaft leben und schlechte Zukunftsaussichten haben, fürchten sich vor einer Regierung unter Sarkozy. Oft genug hat Sarkozy in der Öffentlichkeit das "Ausländerproblem" thematisiert und ein hartes Durchgreifen angekündigt, um Stimmen im rechten Lager zu sammeln. Und das, obwohl Sarkozy bekanntlich selbst aus einer Einwandererfamilie stammt.
Als Innenminister brachte er im Juni 2006 ein neues Einwanderungsgesetz auf den Weg, das es den Immigranten noch weiter erschwert, sich in die französische Gesellschaft zu integrieren. Illegale Einwanderer hatten in der Vergangenheit die Möglichkeit, nach einem zehnjährigen Aufenthalt in Frankreich eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung sowie weitere Rechte zu erhalten. Diese und weitere Regelungen sind durch das neue Einwanderungsgesetz weggefallen. Durch eine "selektive Einwanderung" sollen außerdem nur noch Einwanderer, von denen Frankreich profitiert - also zum Beispiel Forscher, Künstler oder Sportler -, eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen.
Sarkozy: "Nichts und niemand wird mich daran hindern"
Alle anderen werden in ihre Heimatländer zurückgeschickt. Nicht nur illegale Einwanderer, die ohnehin unter zum Teil katastrophalen Bedingungen in Frankreich leben, fühlen sich vom Staat im Stich gelassen. In den Pariser Vorstädten galt unter den meisten Jugendlichen vor der Wahl die Devise: "Alles außer Sarkozy" - für sie ist er ein Feindbild. Viele sind auch zur Gewalt bereit, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen oder einfach aus Frustration. Meinungsumfragen zeigten jedoch bereits im Vorfeld, dass die Mehrheit der französischen Bevölkerung die Politik Sarkozys befürwortet und will, dass das Land von einer "starken Hand" geführt wird.
Sarkozy war sich sicher, dass er sein Ziel erreichen würde. Bereits 2005 sagte er zu seinen Parteimitgliedern: "Nichts, gar nichts, und wirklich niemand wird mich daran hindern, meine Mission bis zu Ende zu führen, die ihr mir anvertraut habt." Sarkozy ist für fünf Jahre gewählt und wird sein Amt am 16. Mai antreten.
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