von Britta Pawlak - 29.11.2007
Mehr als zwei Jahre nach dem Tod von zwei Jugendlichen kommt es wieder zu gewalttätigen Protesten in Pariser Vororten. Auslöser war ein Unfall, bei dem zwei Motorradfahrer ums Leben kamen. Sie rasten am Sonntag in ein Polizeiauto und starben an den Verletzungen. Die Gewalt ist erneut aufgeflammt: In den vergangenen Tagen randalierten junge Menschen in den "Banlieues", setzten Autos in Brand und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei.
Wieder kam es in den Vorstädten von Paris zu Krawallen. Seit mehreren Tagen setzen Jugendliche Autos und Gebäude in Brand. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag haben die Randale nachgelassen. Bei den Straßenschlachten mit der Polizei wurden bereits mehr als 80 Menschen verletzt. Ausgelöst wurden die Randale, nachdem zwei Jugendliche am Sonntag bei einem Unfall mit einem Polizeiauto ums Leben kamen.
Laut Beobachtern haben die beiden Jungen, die auf einem Motorrad unterwegs waren, der Polizei die Vorfahrt genommen. Viele Bewohner aus den Vororten werfen der Polizei jedoch vor, die Motorradfahrer mit Vorsatz angefahren zu haben. Außerdem werden die Polizeibeamten beschuldigt, nicht sofort Hilfe geholt zu haben. Gegen die beteiligten Beamten wird wegen fahrlässiger Tötung sowie unterlassener Hilfeleistung ermittelt. Wieder stehen in den Banlieues (Vororten) von Paris Autos und Gebäude in Flammen. Die Regierung reagierte mit einem Polizeiaufgebot.
Trostlosigkeit der Banlieues
Schon seit langem sind einige Vororte von Paris soziale Brennpunkte. Die Banlieues sind Siedlungen mit unzähligen aneinander gereiten Hochhäusern. Es gibt weder Jugendzentren noch Kinos oder Diskotheken. Vor über 20 Jahren trafen an diesem Ort Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsschichten zusammen.
Inzwischen wohnen hier fast ausschließlich ärmere Einwanderer-Familien. Die meisten von ihnen kamen einst aus afrikanischen Ländern nach Frankreich. Einige Bewohner der Banlieues haben die Gegend niemals verlassen und kennen nicht einmal das Zentrum von Paris. Sie umgibt ein Umfeld aus bitterer Armut, Trostlosigkeit und Kriminalität. Viele der Immigranten (Einwanderer) nehmen harte und schlecht bezahlte Jobs an, um ihre Familie ernähren zu können. Jugend-Banden ziehen durch die Straßen, um zu stehlen oder mit Waffen und Drogen zu handeln.
Soziale Ungleichheit - ein altes Problem
In der Vergangenheit kam es bereits häufig zu Ausschreitungen der Gewalt in den Banlieues. Viele Immigranten protestieren immer wieder für ihre Rechte und Gleichbehandlung. Der Politik wird schon lange vorgeworfen, viel zu wenig für diese Menschen und gegen die soziale Ungleichheit zu tun: Man schotte die "Immigranten-Ghettos" einfach von der restlichen Welt ab und überlasse sie ihrem Schicksal.
Es gibt dort so gut wie keine Freizeitmöglichkeiten, schlechte Schulen und kaum Arbeitsstellen. Die völlig überforderte Polizei wird immer wieder für ihr brutales Vorgehen im Einsatz gegen die Kriminalität und die jungen Straftäter kritisiert. Die Bewohner der Banlieues fordern endlich Gleichberechtigung, bessere Bildungschancen und mehr Arbeitsstellen.
Was hat sich geändert?
Es ist nun über zwei Jahre her, dass sich der Zorn der jungen Menschen über ihre gesellschaftliche Isolation und Diskriminierung (Benachteiligung) entladen hat. Es gab damals wochenlang gewalttätige Straßenkämpfe, nachdem zwei Jugendliche auf der Flucht vor der Polizei durch einen tragischen Unfall ums Leben kamen. Bei diesen Ausschreitungen zündeten die Randalierer Tausende von Autos an und lieferten sich harte Schlachten mit der Polizei. Dabei starb ein Mann, mehrere Menschen wurden schwer verletzt.
Hier treffen zwei Welten aufeinander: Die verarmten und trostlosen Ghettos grenzen dicht an die übrigen Vororte von Paris. Die Bewohner der Banlieues sagen, es habe sich seither nichts verändert. In der Politik heißt es, es stehe viel zu wenig Geld zur Verfügung, um eine Lösung für die schwierige Situation in den französischen Problemvierteln zu finden.
Frankreichs Präsident und einstiger Innenminister, Nicolas Sarkozy, hatte die randalierenden Jugendlichen damals sogar als "Abschaum" bezeichnet und schürte damit den Hass der gesamten Banlieue auf sich und auf die französische Regierung. Seine Äußerungen führten dazu, dass sich der Konflikt noch erheblich verschärfte. Die Jugendlichen fühlten sich darin bestätigt, gesellschaftlich extrem benachteiligt zu werden. Der stellvertretende Bügermeister des Vororts Clichy kritisierte: "die Arbeitslosigkeit, die Wohnsituation, die Verkehrsanbindung, die Schulen... Das ist alles nach wie vor sehr Besorgnis erregend. Fast nichts hat sich geändert..."
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