von Anna Schäfer - 11.02.2006
Auf dem Weg zur Herbert-Hoover-Oberschule im Berliner Stadtteil Wedding unterhalten sich die Jugendlichen neben Deutsch auch in vielen anderen Sprachen. Denn viele von ihnen stammen aus türkischen, arabischen und russischen Familien. Sobald sie die Schule betreten haben, sprechen sie jedoch nur noch Deutsch miteinander. Andere Sprachen sind - außer im Fremdsprachenunterricht - auf dem gesamten Schulgelände, bei Ausflügen und sogar bei Klassenfahrten verboten.
Die Hausordnung verpflichtet alle Jugendlichen dazu, in der Schule nur noch Deutsch miteinander zu reden. Die Idee zu dieser Vereinbarung hatten die Lehrer, da das Gewirr der vielen verschiedenen Sprachen dazu geführt habe, dass sich Lehrer und Schüler und auch die Schüler untereinander manchmal kaum noch verständigen konnten.
In einer Schulkonferenz im März 2005 haben Eltern- und Schülervertreter gemeinsam mit den Lehrern diese Regelung beschlossen. Sie soll gerade ausländischen Schülern dabei helfen, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Denn zu Hause und untereinander sprechen viele von ihnen nicht Deutsch, sondern die Sprache des Landes, aus dem ihre Familien stammen.
Die Argumente der Deutschpflicht-Befürworter lauten wie folgt: Wer sich nur sehr schlecht auf Deutsch ausdrücken kann, hat nicht nur in der Schule große Probleme, sondern auch später bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Wer keinen Ausbildungsplatz findet, der kann keinen Beruf lernen, und wer keinen Beruf erlernt hat, verdient kein oder nur sehr wenig Geld. Er fühlt sich außerdem ausgeschlossen, wenn er sich nicht richtig verständigen kann. Die Deutschpflicht auf dem Schulhof könnte also dazu beitragen, ausländischen Schülern den Zugang in die deutsche Gesellschaft zu ermöglichen.
Hausordnung verpflichtet zum Deutschsprechen
Die Schulkonferenz der Herbert-Hoover-Oberschule hat sich deshalb einstimmig für die Deutschpflicht entschieden. Die Hausordnung wurde anschließend um folgenden Absatz ergänzt: "Die Schulsprache unserer Schule ist Deutsch, die Amtssprache der Bundesrepublik Deutschland. Jeder Schüler ist verpflichtet, sich im Geltungsbereich der Hausordnung nur in dieser Sprache zu verständigen.“ Wenn sich nun also zwei Schüler auf dem Pausenhof zum Beispiel auf Französisch oder Türkisch miteinander unterhalten, dann verstoßen sie gegen die Schulordnung.
Asad Suleman ist Schülersprecher der Herbert-Hoover-Schule und hat die Regelung mit beschlossen. Immer wieder ermuntert er seine Schulkameraden zum Deutschsprechen und erklärt ihnen, warum er sich für diese Vereinbarung einsetzt. "Ich habe zu jedem auf dem Pausenhof Kontakt", berichtet er dem Hellen Köpfchen, "und wenn mich jemand darauf anspricht, dann erkläre ich, dass gute Deutschkenntnisse wichtig sind, um später Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben". Asad sagt, dass viele Schüler seit dem Fremdsprachenverbot schon deutlich besser Deutsch sprächen und eine Menge dazu gelernt hätten.
Eine Idee für ganz Deutschland?
Bestraft werden die Jugendlichen übrigens nicht, falls sie von den Lehrern doch einmal dabei erwischt werden, wie sie sich in einer ausländischen Sprache verständigen. Selbst mehrmalige Verstöße gegen die Deutsch-Regel führen nach Angaben der Schule nicht zu einer Bestrafung und schon gar nicht zu einem Verweis. Die Schüler würden lediglich ermahnt, sich künftig an die Vereinbarung zu halten.
Außer in der Herbert-Hoover-Oberschule haben sich die Kinder und Jugendlichen auch in anderen Berliner Schulen vorgenommen, künftig nur noch Deutsch miteinander zu sprechen. Allerdings wollen sie freiwillig auf ausländische Sprachen verzichten und sind nicht durch die Hausordnung dazu verpflichtet. Und auch in anderen deutschen Bundesländern finden immer mehr Schulen die Idee gut und überlegen nun ebenfalls, diese Regelung einzuführen. Maria Böhmer (CDU) ist als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung dafür zuständig, dass Einzelpersonen und Gruppen sich mit der Gesellschaft "verschmelzen" können. Um Ausgrenzungen vorzubeugen, empfiehlt sie allen Schulen die Deutsch-Pflicht. Allerdings soll das jede Schule selber entscheiden können.
Darf man das Sprechen anderer Sprachen verbieten?
Doch nicht alle sind davon überzeugt. Kritiker dieser Regelung bemängeln, dass vielen Schülern dadurch die Möglichkeit genommen wird, sich mit den ihnen vertrauten Worten zu unterhalten. Sie befürchten, dass Kinder und Jugendliche gezwungen sind, eine Sprache zu sprechen, in der sie sich unsicher fühlen. "Wenn ein Kind Probleme hat, muss es die Möglichkeit haben, sich in seiner Muttersprache auszudrücken", fordert deshalb der Vorsitzende des Bundeselternrates, Wilfried Steinert.
Gegenüber dem Hellen Köpfchen gab er zu bedenken, dass die Regelung alle Schüler benachteilige, die mit einer anderen Muttersprache als Deutsch aufgewachsen seien. Zwar sei es in Ordnung, wenn sich alle freiwillig dazu entschlössen, Deutsch zu sprechen. Es dürfe aber niemand dazu gezwungen werden.
Ähnlich äußert sich auch Eric von Dömming, der die zwölfte Klasse eines Mainzer Gymnasiums besucht und im Vorstand der Landesschülervertretung von Rheinland-Pfalz arbeitet. Er lehnt die Deutschpflicht an Schulen ab. "Eine solche Regelung schränkt die Persönlichkeitsentfaltung ein", argumentiert er. Jeder Mensch müsse das Recht haben, seine eigene Sprache zu sprechen und damit groß zu werden. Mit einem Sprach-Verbot werde die Einheitskultur gefördert und die multikulturelle Vielfalt unserer Gesellschaft eingeschränkt.
Jetzt ist deine Meinung gefragt: Was würdest du dazu sagen, wenn in deiner Schule ausländische Sprachen verboten wären? Ist das eine gute oder eine schlechte Idee? Im Forum kannst du mit anderen Kindern und Jugendlichen darüber diskutieren.
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