von Birgit Kinateder
Er ist nur rund zehn Zentimeter groß und fast blind, aber trotzdem kann er durch seine aufgeworfenen Erdhügel so manchen Gärtner zur Weißglut bringen: der Maulwurf. Aber wieso baut der Maulwurf eigentlich Erdhügel? Wie lebt er so "unter der Erde"? Was frisst er, welche Feinde hat er und wie zieht er seine Jungen auf? Ist der Maulwurf eigentlich wirklich blind?
Bei dem Maulwurf, den man bei uns in Gärten und auf Wiesen finden kann, handelt es sich um den Europäischen Maulwurf ("Talpa europaea"). Um einen Maulwurf zu beobachten, musst du viel Geduld haben, denn er kommt nur sehr selten an die Erdoberfläche. Außerdem ist er nur zehn bis 15 Zentimeter groß, also gerade mal so groß wie eine Hand. Dazu kommt noch ein kleines Schwänzchen von etwa drei Zentimetern. Um sich gut in seinen unterirdischen Gängen bewegen zu können, hat sein Körper die Form einer Walze und ist nur zwei Zentimeter hoch. Insgesamt wiegt der Maulwurf etwa 80 Gramm, also etwa so viel wie eine Karotte.
Der Maulwurf ist nicht, wie oft behauptet wird, ein Nagetier, sondern er gehört zu den Insektenfressern. Zu seinen nächsten Verwandten gehören der Igel und die Spitzmaus. Durch sein grau-schwarzes Fell ist er farblich gut an seine Umgebung angepasst und in einem Erdhaufen nur schwer auszumachen. Der Maulwurf hat noch einen anderen Trick, der es erschwert, ihn aufzuspüren: Die aufgeworfenen Maulwurfshaufen sind nicht direkt am Eingang seiner Erdtunnel, sondern etwa 15 Zentimeter versetzt dazu. Wenn du also einen Maulwurf beobachten willst, musst du erst seinen Eingang in der Nähe des Haufens ausfindig machen.
Bohren, graben, schaufeln...
Der Maulwurf lebt in einem ausgeklügelten Gangsystem unter der Erde. Jeder Maulwurf baut ein Tunnelsystem von bis zu 200 Metern Länge. Die Gänge seines Labyrinths verbinden verschiedene Kammern miteinander: die Schlafkammer, die Nestkammer und die Vorratskammer.
Die Gänge gräbt er nicht etwa mit dem Maul, wie sein Name "Maul-wurf" vermuten lässt, sondern mit seinen Händen. Sie sehen wie fünffingrige Schaufeln aus. Dabei "bohrt" sich der Maulwurf zuerst in den Boden hinein und schiebt dann die Erde mit seinen Schaufeln nach hinten. So kann er bis zum 20-Fachen seines eigenen Körpergewichts bewegen und pro Minute ungefähr 30 Zentimeter Tunnel graben. Die Gangwände befestigt er, indem er die Erde an der Wand festdrückt. Das übrige, lockere Erdmaterial schiebt er einfach durch die Gänge an die Oberfläche - so entsteht ein Maulwurfshügel.
Die Sinnesorgane - blind wie ein Maulwurf?
Bestimmt hast du die Bezeichnung "blind wie ein Maulwurf" auch schon einmal gehört. Und sie stimmt wirklich: Der Maulwurf ist fast blind. Seine winzigen Augen liegen im dichten Fell versteckt und ermöglichen es ihm nur, hell und dunkel zu unterscheiden. Mehr kann er nicht sehen. Obwohl der Maulwurf keine Ohrmuschel hat und seine Ohren im Fell verborgen sind, ist sein Hörsinn hingegen sehr gut. Damit keine Erde in die Ohren gelangt, kann er die Gehörgänge durch Hautlappen verdecken.
Die wichtigsten Sinne des Maulwurfs sind aber das Riechen und das Tasten. Mit seinem kleinen Rüssel kann er Gerüche hervorragend wahrnehmen. Außerdem sind an seiner langen, spitzen Schnauze und an seinem Schwänzchen Tasthaare angebracht. Sie führen ihn sicher durch die Gänge. Mit den Härchen kann er auch Bodenerschütterungen sehr gut erspüren. Die entstehen zum Beispiel dann, wenn sich ein Insekt oder eine Maus in einem seiner Gänge verirrt hat.
Speiseplan und Belüftung der Gänge
Der Maulwurf ist ein kleiner Vielfraß: Er frisst pro Tag mehr als die Hälfte seines eigenen Körpergewichts. Das kommt daher, dass er einen sehr aktiven Stoffwechsel hat, sein Körper verbrennt die Nahrung also sehr schnell. Innerhalb von zehn Stunden kann das Tier verhungern. Pflanzen mag der Maulwurf überhaupt nicht. Seine Leibspeise sind Regenwürmer, aber auch Schnecken, Raupen, Spinnen und Larven stehen auf dem Speiseplan.
An seine Nahrung kommt der Maulwurf dadurch, dass er regelmäßig sein Tunnellabyrinth abläuft und Tiere aufstöbert. Außerdem kann er durch seinen guten Tastsinn erspüren, wenn sich Beute in seine Gänge verirrt. Blitzschnell eilt er dann dorthin, um sie zu verspeisen. Wovon lebt der Maulwurf aber im Winter? Da er keinen Winterschlaf hält, hat er natürlich auch in der kalten Jahreszeit riesigen Kohldampf. Dann jagt er entweder über der Erde oder greift auf seinen Vorrat zurück. In seiner Vorratskammer sammelt der Maulwurf vor dem Winter "lebende" Regenwürmer. Dafür beißt er den Würmern in den Kopf und lähmt sie, sodass sie nicht aus der Vorratskammer fortkriechen können und über längere Zeit "frisch" bleiben.
Wenn man viel frisst, bilden sich bei den Verdauungsvorgängen besonders viele Darmgase und so muss der Maulwurf oft pupsen. Das ist im Tunnelsystem natürlich nicht von Vorteil - es besteht sogar die Gefahr, dass der Maulwurf erstickt. Denn unter der Erde herrscht von Natur aus Sauerstoffmangel und somit eine stickige Luft, die durch die Darmgase noch weiter verschlechtert wird. Darum baut der Maulwurf mehrere Lüftungsgänge in sein "Labyrinth". Sie führen an die Oberfläche und sorgen dafür, dass immer eine gute Belüftung herrscht.
Freund und Feind des Maulwurfs
Maulwürfe sind nicht besonders gesellig, sondern ausgesprochene Einzelgänger. Sie suchen sich nur zur Paarungszeit im Frühling kurzzeitig einen Partner oder eine Partnerin. Danach geht das Paar wieder getrennte Wege.
Bereits vier Wochen nach der Paarung, zwischen April und Juni, bringt das Weibchen drei bis fünf Junge zur Welt. Die nackten und blinden Neugeborenen sind Nesthocker und verbringen die ersten sechs Wochen in der weich ausgepolsterten Nestkammer. Dort werden sie von der Mutter gesäugt. Erst nach etwa zehn Monaten werden junge Maulwürfe geschlechtsreif und gründen ihr eigenes Revier. Das ist eine sehr lange Zeit, wenn man bedenkt, dass Maulwürfe nur etwa vier Jahre alt werden.
Unter der Erde haben Maulwürfe kaum Feinde. Über der Erde lauern Füchse, Dachse, Marder und Greifvögel, auf deren Speiseplan sie stehen - und natürlich stellt auch der Mensch eine Gefahr für sie dar. Viele Gartenbesitzer ärgern sich sehr über die aufgeworfenen Maulwurfshügel und bekämpfen die Tiere mit Fallen und Gift. Das ist aber verboten, denn der Maulwurf ist vom Gesetz her unter Schutz gestellt und darf weder getötet oder verletzt noch gefangen werden. Wenn man ihm trotzdem etwas antut, kann man dafür bestraft werden.
Ein nützlicher Gartenbewohner
Eigentlich sollten Gartenbesitzer sehr froh sein, wenn sich ein Maulwurf in ihrem Garten ansiedelt. Denn das bedeutet, dass der Boden eine gute Qualität hat. Der Maulwurf sucht sich für sein Revier nämlich nur "gute" Erde aus. Außerdem ist der Maulwurf ein "Schädlingsvertilger", das heißt, er frisst Tiere, die im Garten Schaden anrichten können, wie Raupen oder Larven. Der Maulwurf ist also nicht nur ein sehr süßes kleines Kerlchen zum Beobachten, sondern gleichzeitig auch ein sehr nützlicher Gartenbewohner! Die kleinen Tierchen sollten nicht bekämpft oder gar getötet werden, sondern sind im Gegenteil schützenswert.
Verständlich ist es natürlich, dass viele Gärtner und Gartenbesitzer sich darüber ärgern, wenn die Tiere ihre Gänge inmitten der Beete graben oder Rasenflächen zerstören. Will man den Maulwurf unbedingt loswerden, sollte man ihn aber nicht verletzen, sondern allenfalls mit sanften Mitteln vertreiben, damit er seine Gänge woanders gräbt. Es gibt zum Beispiel natürliche Geruchsmischungen, die man im Handel kaufen kann. Zuerst spürt man die Gänge des Maulwurfs auf und gibt dann die Mischung hinein. Auch Hausmittel wie Essigessenz, saure Milch oder Knoblauch können helfen. Weiterhin reagiert der Maulwurf empfindlich auf laute Geräusche. Deshalb können zum Beispiel auch schräg eingegrabene Flaschen das Tierchen vertreiben, die bei Wind einen Ton erzeugen. Tierschützer sprechen sich aber auch gegen die "sanfteren Methoden" aus und wenden ein, dass der Maulwurf unter Schutz steht und eigentlich nicht gestört werden darf.
Übrigens: Der Name "Maulwurf" kommt nicht etwa davon, dass der Maulwurf etwas "mit dem Maul wirft". Das Wort "Maul" leitet sich von dem sehr alten mittelhochdeutschen Wort "molte" ab, das "Erde" oder "Staub" bedeutet. Über die Zeit wurde es dann in der Volkssprache zu "Maul" und aus dem ursprünglichen "Erdwerfer" wurde der "Maulwurf".
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