von Katharina Hahn
Der Schweizer Theologe Johannes Calvin begründete die religiöse Bewegung, die bis heute besteht und nach ihm benannt wurde. Vor allem die so genannten "presbyterianischen Kirchen" - die reformierten Kirchen schottischen Ursprungs - wurden stark durch die Lehren des Calvinismus geprägt. Ebenso die reformierten Kirchen in England, Frankreich, in der Schweiz und in Holland sowie die Hugenotten, Puritaner und die Southern Baptists in den USA sind von ihr beeinflusst worden.
Johannes Calvin lebte während des 16. Jahrhunderts und wird, wie der bekannte Martin Luther, zu den Reformatoren gezählt. Er gehörte also zu den Menschen, die die Entwicklung der evangelischen Kirchen mit ihren Ideen und ihrem Engagement prägten und vorantrieben.
Wie für die meisten Reformatoren war es ihm wichtig, dass nur Gott allein heilig sei. Deshalb waren alle menschlichen Dinge, religiöse Rituale und Kulte für ihn bedeutungslos oder versperrten sogar den Blick auf die eigentliche Heiligkeit Gottes. In der Zeit der Reformation entstanden so die "vier soli", vier lateinische Begriffe, die die Lehre der Reformatoren beschreiben: "Sola scriptura" bedeutet, dass nur die Schrift, gemeint ist die Bibel, die Grundlage des Glaubens bilde und nicht die Tradition. "Sola Christus" meint, dass Christus die höchste Autorität habe - nicht der Papst und die Kirche. "Sola Gratia" bedeutet übersetzt "allein durch die Gnade (Gottes)" - der Mensch könne nur durch die Gnade Gottes errettet werden, nicht durch sein eigenes Handeln. Diese Idee ist eng mit dem letzten Punkt verbunden: "Sola fide" bedeutet, dass nur der Glaube des Menschen zählt, nicht seine Werke.
Diese vier Punkte sind in allen evangelischen Kirchen bedeutsam, jedoch haben die verschiedenen Reformatoren weitere Lehren hinzugefügt oder aus diesen Punkten andere Lehren abgeleitet. Die von Calvin geprägten Strömungen zeichnen sich dabei durch eine große Strenge aus. Ein besonderes Merkmal ist die "Prädestinationslehre" ("prädestiniert" bedeutet "vorherbestimmt"). Calvin lehrte, dass Gott vorherbestimmt habe, welche Menschen gerettet werden und welche nicht. Die Lehren des Calvinismus werden meist unter fünf Schlagwörtern zusammengefasst: die völlige "Verderbtheit" des Menschen, die "bedingungslose Erwählung" durch Gott, die "begrenzte Versöhnung", die "unwiderstehliche Gnade" Gottes und die "Beharrlichkeit der Heiligen".
Die "völlige Verderbtheit" meint, dass der Mensch so durch die Sünde geprägt sei, dass er nicht in der Lage ist, die Botschaft der Bibel aus eigener Kraft zu verstehen. Nur wenn der Heilige Geist Gottes ihn dazu in die Lage versetzt, kann der Mensch gut werden. Der Mensch ist nach dieser Auffassung vollkommen von Gottes Gnade abhängig. Mit der "bedingungslosen Erwählung" ist die schon oben genannte "Prädestinationslehre" gemeint: Gott hat nur manche Menschen auserwählt, seine Botschaft zu verstehen und nach dem Tod errettet zu werden. Wen Gott ausgewählt hat, ist schon entschieden, der einzelne Mensch kann nichts dafür tun, um auserwählt zu werden. Damit hängt auch der nächste Punkt, die "begrenzte Versöhnung", zusammen: Da nicht alle Menschen auserwählt sind, ist Jesus auch nicht für alle Menschen, sondern nur für die auserwählten Sünder gestorben. Mit der "unwiderstehlichen Gnade" ist gemeint, dass die Menschen, die auserwählt sind, sich nicht dagegen wehren können. Sie können sich nicht gegen Gott entscheiden. Die Beharrlichkeit der Heiligen schließlich bedeutet, dass jeder, der auserwählt ist, dies auch bleibt. Man kann die Gnade Gottes nicht mehr verlieren.
Im Alltag calvinistisch geprägter Gemeinden spielt "Askese" eine bedeutende Rolle - das bedeutet, harte Arbeit und Ablehnung von Genuss und Luxus prägen ihren Lebensstil. Das kommt daher, dass alle "weltlichen Genüsse" als Götzendienst gesehen werden, sie versperren den Blick auf Gott. In dieser Ethik wird Fleiß besonders betont - dadurch erreichter Wohlstand wird als Zeichen dafür gesehen, von Gott erwählt zu sein. Im Gegensatz zur katholischen Kirche ist das Abendmahl nur eine Erinnerungsfeier, ein Symbol - Calvinisten glauben (ebenso wie die meisten evangelischen Kirchen) nicht daran, dass beim Abendmahl eine Wandlung des Weins und Brotes in das Blut und den Leib Jesu stattfindet. Die Kirchen mit calvinistischer Prägung keinen keine Hierarchie, also festgelegte Führung und Machtstellung - grundsätzlich kann jeder Priester sein. Sie kennen eine "Kirchenzucht". Das bedeutet, dass die Gemeinde ihre Mitglieder bestrafen kann, wenn sie sich falsch verhalten. Sie können abgemahnt werden oder auch ihre kirchlichen Rechte, zum Beispiel am Abendmahl teilzunehmen, verlieren.
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