von Britta Pawlak - 13.11.2010
Der schottische Autor Robert Louis Stevenson wäre am 13. November 2010 160 Jahre alt geworden. Mit dem abenteuerlichen Jugendroman "Die Schatzinsel" und der schaurigen Erzählung "Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde" erlangte er Weltruhm. Der Schriftsteller und Abenteurer schrieb zahlreiche Kurzgeschichten, Reiseberichte, Romane und Gedichte. Stevenson unternahm viele Reisen und verbrachte seine letzten Lebensjahre auf der Insel Samoa. Zeit seines Lebens litt er an Atemwegserkrankungen, später an Tuberkulose.
Robert Louis Balfour Stevenson wurde am 13. November 1850 als einziger Sohn des Ingenieurs Robert Stevenson und Margaret Isabella Stevenson, geborene Balfour, in Edinburgh geboren. Er wurde von seinen Eltern streng und nach calvinistischem Vorbild erzogen ("Calvinismus" bezeichnet eine auf Johannes Calvin zurückgehende christliche Bewegung, die die "unbedingte Heiligkeit Gottes" betont). Von klein auf litt Robert Louis - wie auch seine Mutter - an Atemwegserkrankungen.
Er konnte deshalb nicht regelmäßig am Schulunterricht teilnehmen und erhielt zeitweise Privatunterricht. Bereits in seiner Kindheit schrieb Robert Louis mit Begeisterung eigene Geschichten. Sein Vater hatte zwar Verständnis für die Leidenschaft seines Sohnes, erwartete aber, dass dieser eine berufliche Ausbildung abschloss. In Edinburgh studierte der junge Robert Louis zunächst Technik, wechselte dann aber wegen seines schlechten Gesundheitszustandes 1871 zur Rechtswissenschaft. Er bestand schließlich die Abschlussprüfung in Jura und wurde als Anwalt zugelassen. Dennoch wollte Robert Louis Stevenson keine Fälle übernehmen, sondern sich vor allem der Schriftstellerei widmen. Da er als Autor trotz kleiner Erfolge zunächst kaum Geld verdiente, blieb er finanziell von seinen Eltern abhängig.
Stevenson arbeitete nach seiner Studienzeit zeitweise als Journalist. Er lernte andere Autoren und Künstler kennen, unternahm viele Reisen - unter anderem nach Deutschland, Frankreich und Belgien - und verfasste Berichte über seine dortigen Erlebnisse. Im Jahr 1874 machte Stevenson die Bekanntschaft mit dem englischen Schriftsteller William Ernest Henley, der ein enger Freund von ihm wurde. In der französischen Gemeinde Grez-sur-Loing traf er 1876 die amerikanische Malerin Fanny Osbourne. Die zehn Jahre ältere Frau war verheiratet, lebte aber von ihrem Mann getrennt. Ihr Sohn Harvey, das jüngste der drei gemeinsamen Kinder, war an Tuberkulose gestorben. Fanny und Robert Louis verliebten sich ineinander, der Schriftsteller kehrte jedoch zunächst nach Schottland zurück. Im Frühjahr darauf reiste er erneut nach Frankreich und lebte eine Zeitlang gemeinsam mit Fanny Osbourne in Paris.
Heirat und Erkrankung an Tuberkulose
Während Stevenson schon bald heiraten wollte, konnte Osbourne sich zunächst nicht zu einer Scheidung von ihrem Ehemann entschließen und kehrte 1878 nach San Francisco zurück. Als Stevenson im Jahr darauf die Nachricht erhielt, dass Fanny Osbourne erkrankt sei, reiste auch er in die Vereinigten Staaten. Seine Geliebte war zunächst weiterhin unentschlossen, ließ sich aber schließlich doch scheiden. Das Paar heiratete 1880 in San Francisco und verbrachte seine Hochzeitsreise gemeinsam mit Fannys Sohn Lloyd in einer verlassenen Bergarbeitersiedlung nördlich von San Francisco. Seine dortigen Erlebnisse hielt Stevenson in dem Bericht "The Silverado Squatters" zusammen, welcher im Jahr 1884 veröffentlicht wurde.
1880 reiste das Paar nach England und traf sich mit Stevensons Eltern in Liverpool. Entgegen den Erwartungen verstand sich der strenge Robert Stevenson gut mit der modernen und unangepassten Frau an der Seite seines Sohnes. Schon bald verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Schriftstellers stark und die Ärzte diagnostizierten eine Tuberkulose. Die Familie Stevenson zog noch im selben Jahr nach Davos in die Schweiz, wo sich Robert Louis in einem Kurhotel erholen sollte. Seine Frau vertrug jedoch das Klima der Hochalpen nicht. Stevenson empfand die karge Berglandschaft zudem als trostlos und litt darunter, ausschließlich von anderen Patienten umgeben zu sein. So kam es, dass die Familie bereits ein Jahr später nach Schottland zurückkehrte und in Braemar ein kleines Haus anmietete.
"Die Schatzinsel" - der große Durchbruch
Eines Tages zeichnete Stevenson beim gemeinsamen Malen mit Lloyd die Landkarte einer Insel. Sie war es, die ihn zu seinem ersten Roman, "Treasure Island" ("Die Schatzinsel"), inspirierte, den er seinem Stiefsohn Lloyd widmete. Im Mittelpunkt des Abenteuerromans steht der 17-jährige Jim Hawkins: Der junge Abenteurer ist gemeinsam mit anderen Seefahrern auf dem Schiff "Hispaniola" unterwegs, um einen Schatz zu finden, den Piraten auf einer Insel im Pazifik versteckt haben sollen. Auf der abenteuerlichen Reise gerät Jim in große Gefahren und begegnet gefährlichen Piraten.
Die Erzählung erschien ab 1881 in mehreren Teilen in der Jugendzeitschrift "Young Folks" unter Stevensons Pseudonym "Captain George North" (ein Pseudonym ist ein erfundener Name, hinter dem ein Autor sich "versteckt"). Zunächst fand Stevensons Abenteuererzählung kaum Beachtung. Doch im Jahr 1883 kam der Roman unter dem Titel "Treasure Island" in Buchform heraus und wurde schlagartig zum Verkaufserfolg.
Auf Rat des Arztes siedelte Stevenson nach einem Blutsturz mit seiner Familie nach Frankreich über. Wegen einer Cholera-Epidemie kehrten sie jedoch nach Großbritannien zurück und zogen an die Südküste Englands nach Bournemouth. Stevensons Gesundheitszustand war weiterhin schlecht und er musste viel Zeit im Bett verbringen. In Bournemouth lernte Stevenson den amerikanischen Schriftsteller Henry James kennen, der zugleich ein Bewunderer und Kritiker seiner Werke war. Die beiden Autoren schrieben sich viele Briefe, die Stevenson wichtige Anregungen für sein Schaffen gaben.
Weltberühmte Schauergeschichte: Dr. Jekyll und Mr. Hyde
1886 schrieb Stevenson den heutigen Literaturklassiker "Strange Case of Dr Jekyll and Mr Hyde" ("Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde"). Zu der Schauernovelle ließ sich Stevenson durch einen wahren Fall inspirieren: Der zum Tode verurteilte Tischler und Edinburgher Stadtrat Deacon William Brodie lebte im 16. Jahrhundert und führte ein spektakuläres Doppelleben: Tagsüber war er ein hoch angesehener Bürger, nachts wurde er zum Verbrecher und verübte zahlreiche Einbrüche und Überfälle. Doch bereits 1880 hatten Stevenson und sein Freund Henley den Stoff in ihrem gemeinsamen Drama "Deacon Brodie" verarbeitet, der Stevenson als Vorlage für "Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde" diente.
In seiner Geschichte verarbeitet Stevenson das Motiv des Doppelgängers auf düstere und fantastische Weise: Der angesehene Arzt Dr. Jekyll unterdrückt stets die dunklen Seiten seines Charakters und leidet darunter. Es gelingt ihm, in seinem Labor ein Elixier herzustellen, durch das das Böse vom Guten im Menschen getrennt werden kann: Trinkt Dr. Jekyll von diesem Elixier, verwandelt er sich in den furchterregenden und skrupellosen Mr. Hyde - in seiner Gestalt kann der Arzt all seine Schattenseiten ausleben. Er benötigt diesen Trank wiederum, um sich zurück zu verwandeln. Doch immer mehr gewinnt der dämonische Mr. Hyde die Oberhand und der Arzt wird schließlich unkontrolliert zu Mr. Hyde, ohne zuvor vom Elixier getrunken zu haben. Gegen seinen Willen begeht er in der Person des abgründigen Mr. Hyde sogar einen Mord und wird von der Polizei gesucht.
Noch bevor die Erzählung veröffentlicht wurde, schrieb Stevenson bereits die Abenteuergeschichte "Kidnapped" , ("Entführt"), die - wie "Die Schatzinsel" - zunächst als Fortsetzungsroman in der Zeitschrift "Young Folk" und kurze Zeit später als Buch erschien.
Ein neues Leben auf der Insel Samoa
Nach dem Tod seines Vaters zog die Familie Robert Louis Stevensons gemeinsam mit der verwitweten Mutter ins Gebirge im Nordosten des US-Bundesstaats New York, wo sich eine Heilklinik für Lungenkranke befand. In New York traf er den Schriftsteller Mark Twain - Stevenson war ein großer Bewunderer von dessen Werk, insbesondere von seinem Roman "Huckleberry Finn". Mittlerweile hatten auch seine Frau Fanny und sein Stiefsohn Lloyd unter der Anleitung Stevensons begonnen, eigene Texte zu schreiben.
Im Jahr 1888 begab sich die Familie auf eine Südseereise nach Tahiti, Honolulu und O'ahu auf Hawaii. Ein Jahr darauf bereiste Stevenson zum ersten Mal den Inselstaat Samoa und kaufte dort ein Anwesen, das er später auf den Namen "Vailima" taufte. Nach mehreren Reisen siedelte die Familie Stevenson endgültig nach Samoa über. Auch Belle, die Tochter Fanny Stevensons, zog mit ihrer Familie nach Vailima. Später siedelte schließlich die Mutter des Autors über, sodass der gesamte "Stevenson-Clan" nun auf Samoa lebte.
Stevenson verfasste schon bald die Südsee-Novelle "The Bottle Imp" ("Der Flaschenkobold"). Belle, die sich von ihrem untreuen Ehemann getrennt hatte, überarbeitete von nun an die Manuskripte ihres Stiefvaters und Fanny kümmerte sich um die Bepflanzung des Grundstücks. Die samoanischen Diener des Hauses wurden wie Familienangehörige in den Clan aufgenommen. Von den Einheimischen wurde Stevenson "Tusitala" - der "Geschichtenerzähler" - genannt.
Politisches Engagement und die letzten Jahre
Stevenson widmete sich auch der Politik und kritisierte das Vorgehen der USA, Großbritanniens und Deutschlands im "Konflikt um Samoa": Der Inselstaat war auf dem Seeweg nach China ein wichtiger Stützpunkt und wurde deshalb von allen drei Ländern beansprucht. Der schottische Schriftsteller unterstützte den samoanischen Oberhäuptling Mataafa, der sich gegen seinen Rivalen Laupepa stellte, wodurch es zum Bürgerkrieg kam. Mataafa wurde auf die von Deutschland kontrollierten Marshall-Inseln verbannt und von den Stevensons daraufhin mit Nahrung und Medikamenten versorgt. Die Gefolgsleute Mataafas bauten nach der Freilassung 1894 zum Dank die "Straße der liebenden Herzen" - eine Verbindungsstraße durch den Urwald nach Vailima.
Im Jahr 1894 begann Stevenson mit der Arbeit an seinem Roman "Weir of Hermiston" ("Die Herren von Hermiston"), der unvollendet blieb, aber heute zu seinen bedeutendsten Werken zählt. Am Abend des 3. Dezember 1894 brach der Schriftsteller plötzlich bewusstlos zusammen. Der erst 44-jährige Robert Louis Stevenson verstarb im Kreis seiner Familie. Als Todesursache wurde von den Ärzten eine Hirnblutung angegeben. Die Inselbewohner hielten die Totenwache für Stevenson ab. Der schottische Autor wurde am Gipfel des Mount Vaea auf Samoa begraben - so wie er es sich gewünscht hatte. 1994 wurde Vailima zu einem Robert-Louis-Stevenson-Museum umgebaut.
Robert Louis Stevenson war zwar schon zu Lebzeiten ein bekannter Autor, jedoch wurde er immer wieder als "mittelmäßiger Horror- und Kinderbuchautor" abgetan und seine Werke wurden von vielen nicht als angesehene "Weltliteratur" anerkannt. Heute zählt Stevenson zu den bedeutendsten englischsprachigen Autoren des 19. Jahrhunderts. Seine Romane und Kurzgeschichten wurden in viele verschiedene Sprachen übersetzt, und unter anderen die Klassiker "Die Schatzinsel" und "Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde" wurden mehrfach verfilmt.
Hinweis zum Copyright: Die private Nutzung unserer Webseite und Texte ist kostenlos. Schulen und Lehrkräfte benötigen eine Lizenz. Weitere Informationen zur SCHUL-LIZENZ finden Sie hier.
Wenn dir ein Fehler im Artikel auffällt, schreib' uns eine E-Mail an redaktion@helles-koepfchen.de. Hat dir der Artikel gefallen? Unten kannst du eine Bewertung abgeben.