07.05.2009
Mithilfe der Gendiagnostik werden Erbanlagen eines Menschen bestimmt. So kann zum Beispiel eine Erbkrankheit festgestellt oder das Risiko bestimmter Krankheiten vorausgesagt werden. Das eröffnet der Medizin viele Möglichkeiten, birgt aber auch Gefahren. Viele warnen davor, dass immer mehr "Designer-Babys" geschaffen werden könnten, deren Eigenschaften man vorher bestimmt. Oder Arbeitgeber und Versicherungen könnten künftig einen Gentest verlangen, um sicherzugehen, dass eine Person lange gesund bleibt. Der Bundestag hat kürzlich ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den Umgang mit Gendiagnostik regeln und die Gefahr des Missbrauchs möglichst gering halten soll.
50 Jahre ist es nun her, dass die Wissenschaftler James Watson und Francis Crick einen riesigen Durchbruch in der Genforschung erreichten. Die beiden Forscher entdeckten die Molekularstruktur der DNA als Bauplan für jedes Lebewesen. DNA ist die Abkürzung für den englischen Begriff "Desoxyribonucleicacid", auf Deutsch "Desoxyribonukleinsäure". Deshalb kann man sowohl DNA als auch DNS sagen.
Die DNA ist in jeder Zelle eines Organismus' enthalten. Sie ist Träger der Erbinformation eines Lebewesens. Deshalb wird sie auch "genetischer Code" genannt und mit einem Rezept verglichen. Diese Gesamtheit aller vererbbaren Informationen in der DNA bezeichnen Wissenschaftler als "Genom". Mittlerweile ist es Forschern gelungen, einen großen Teil des menschlichen Genoms zu entschlüsseln.
Identität mit nur einer Hautschuppe feststellbar
Die Fortschritte auf dem Gebiet der Genanalyse haben viele neue Möglichkeiten in verschiedenen Bereichen eröffnet. Sicherlich hat jeder schon einmal vom "genetischen Fingerabdruck" gehört, der bei jedem Menschen einzigartig ist. Eine Hautschuppe, ein Haar oder ein wenig Speichel genügen, um die Identität einer Person festzustellen. Heutzutage ist es für uns ganz selbstverständlich, dass ein Verbrecher durch am Tatort gefundene DNA-Spuren überführt werden kann. Auch die Verwandtschaft von Menschen kann mit einem DNA-Test bewiesen werden, besonders häufig kommen Vaterschaftstests zum Einsatz.
Ein ganzer Wissenschaftszweig widmet sich mittlerweile verschiedenen Gebieten der Genanalyse und Gentechnologie. In der Medizin ist die Gentechnik kaum noch wegzudenken, denn es werden zahlreiche Medikamente mithilfe von gentechnisch veränderten Bakterien hergestellt. Ein gutes Beispiel dafür ist das Hormon Insulin, welches Diabetiker ("Zuckerkranke") sich in regelmäßigen Abständen zuführen müssen. Früher wurde es von Schweinen oder Rindern entnommen, allerdings hat dieses Tierinsulin oft Allergien ausgelöst. Das gentechnisch erzeugte Insulin ist für Diabetiker viel verträglicher.
Was ist Gendiagnostik?
Einer der wichtigsten Anwendungsbereiche der Gentechnik in der Medizin ist die Gendiagnostik. Dabei werden DNA-Proben zum Beispiel daraufhin untersucht, ob eine Erbkrankheit bei einer Person vorliegt. Einige Krankheiten können nämlich von den Eltern an ihre Kinder vererbt werden. Wenn eine solche Erkrankung bei den Eltern vorliegt, wollen sie oft Gewissheit haben, ob auch ihre Kinder betroffen sind.
Manche Tests werden sogar bereits vor der Geburt eines Kindes durchgeführt. Embryos können zum Beispiel darauf untersucht werden, ob bei ihnen Trisomie 21, das so genannte "Down-Syndrom", vorliegt. In vielen europäischen Ländern ist es erlaubt, bei einer künstlichen Befruchtung die befruchteten Eizellen auf Erbkrankheiten zu testen und nur gesunde Embryonen in die Gebärmutter der Frau einzupflanzen. In Deutschland ist dieses Verfahren allerdings verboten.
Wissen, welche Krankheiten man später bekommen wird?
Auch das persönliche Risiko, irgendwann im Leben an einer bestimmten Krankheit zu leiden, kann in manchen Fällen errechnet werden, denn die genetische Veranlagung spielt bei vielen Krankheiten eine Rolle. Das ist zum Beispiel bei bestimmten Krebsarten der Fall. Wenn nun in der Familie einer Person schon häufiger Brustkrebs oder Darmkrebs vorgekommen ist, kann ein Gentest durchgeführt werden. Die Ärzte können dann berechnen, wie hoch das ungefähre Krebsrisiko für diese Person wirklich ist - und der Krebserkrankung kann unter Umständen durch besonders gründliche Untersuchungen besser vorgebeugt werden oder sie wird vielleicht früher erkannt.
Viele sind aber der Ansicht, dass die Lebensqualität vieler Menschen leiden würde, wenn sie nach einem Gentest ständig mit der Furcht leben müssten, mit großer Wahrscheinlichkeit einmal Krebs oder eine andere schwere Krankheit zu bekommen. Und nicht alleine die genetische Veranlagung spielt eine Rolle bei dem Ausbruch von Krankheiten. Auch äußere Einflüsse und die Lebensführung eines Menschen sind oft entscheidend.
Irgendwann nur noch Babys nach Maß?
Die Möglichkeiten der Genforschung weiten sich immer mehr aus. Der schnelle Fortschritt und die damit verbundenen Gefahren machen vielen Menschen Angst. Deshalb werden die Chancen und Risiken der Gendiagnostik immer wieder heftig diskutiert. Zu den Hauptthemen dieser Diskussion gehören die Untersuchungen auf Erbkrankheiten vor der Geburt eines Kindes - und bei einer künstlichen Befruchtung die in Deutschland verbotenen Untersuchungen von Embryonen vor der Einpflanzung in den Mutterleib. Viele sind der Ansicht, dass dadurch Menschen mit Behinderungen oder bestimmten Krankheiten abgewertet werden.
Sie befürchten, dass zukünftig nur noch Kinder mit "guten Genen" als "lebenswert" angesehen werden könnten - und Eltern sich bald dafür rechtfertigen müssten, ein Kind zu bekommen, obwohl sie schon vor der Geburt von seiner Behinderung oder Erkrankung wussten. Viele fragen sich auch, wo der Fortschritt auf dem Gebiet der Gendiagnostik vor der Geburt noch hinführen soll. Wird es eines Tages möglich sein, das ungeborene Kind darauf testen zu lassen, ob es bestimmte Neigungen oder Eigenschaften hat - wie Homosexualität, sofern diese auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen ist? Oder können sich Eltern eines Tages aussuchen, ob ihr Kind besonders musikalisch oder sportlich sein soll? Die Vorstellung solcher "Designer-Babys" finden viele Menschen besonders beunruhigend.
DNA-Test als Voraussetzung für Job und Versicherung?
Auch die Verwertung von Ergebnissen aus Genanalysen kommt immer wieder zur Diskussion. Bisher bewegte man sich in dieser Hinsicht oft in einer Art rechtlichen Grauzone, weil die Gesetzgebung kaum mit dem wissenschaftlichen Fortschritt mithalten konnte. Das ist ein großes Problem, denn die Informationen, die aus einer Genanalyse gewonnen werden, sind sehr persönlich und könnten ohne gesetzliche Regelung unter Umständen auch gegen eine Person verwendet werden.
Eine Krankenversicherung könnte zum Beispiel in Zukunft höhere Beiträge fordern oder sich sogar weigern, eine Person zu versichern, wenn sie von ihrem hohen Krebsrisiko wüsste. Ebenso problematisch wäre es, wenn Firmen vor der Einstellung eines neuen Mitarbeiters einen Gentest verlangen würden, um sicherzugehen, dass er lange gesund bleiben wird.
Um einen solchen Missbrauch von aus DNA-Tests gewonnenen Informationen zu verhindern, wurde nach langwierigen Diskussionen und Verhandlungen nun vom Bundestag ein neues Gendiagnostikgesetz besiegelt. Die neuen Regelungen sollen einen besseren Schutz davor bieten, dass eine Person wegen ihrer genetischen Informationen diskriminiert und benachteiligt wird.
Neues Gesetz soll vor Missbrauch schützen
Deshalb verbietet das neue Gendiagnostikgesetz Arbeitgebern, einen Gentest von ihren Angestellten zu verlangen. Das gleiche gilt für Versicherungsunternehmen - sie dürfen von ihren Kunden keine Gentests und auch keine Informationen aus zuvor durchgeführten Gentests fordern. Wenn es allerdings um besonders hohe Geldbeträge geht, können von dieser Regelung auch Ausnahmen gemacht werden. Diese Ausnahmeregelung löste heftige Kritik von vielen Seiten aus.
Außerdem wurde geregelt, dass genetische Untersuchungen nur von Ärzten durchgeführt werden dürfen, damit die Ergebnisse nicht in falsche Hände geraten und die untersuchte Person vor allem richtig beraten wird. Das ist besonders wichtig, wenn es um Krankheiten und Krankheitsrisiken geht. Nach dem neuen Gesetz darf der Gentest erst nach einer Beratung und nicht gegen den Willen des Patienten durchgeführt werden.
Auch genetische Untersuchungen vor der Geburt eines Kindes wurden eingeschränkt. Das neue Gendiagnostikgesetz verbietet es, mithilfe eines Gentests das Geschlecht seines Kindes oder auch andere Eigenschaften erfahren zu wollen, denn nur medizinische Tests sind erlaubt. Aber auch hierbei gibt es Einschränkungen: Der Embryo darf nämlich auch nicht auf Krankheiten getestet werden, die erst im Erwachsenenalter auftreten würden. Heimliche Vaterschaftstests sind verboten und können mit hohen Bußgeldern bestraft werden. Die neuen Richtlinien sollen dabei helfen, die Vorteile der Gendiagnostik auszunutzen, aber gleichzeitig die Gefahren, die sie mit sich bringt, so gering wie möglich zu halten.
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