Gruselgeschichte: Mirandas Geist

von Franziska, 13 Jahre

Teil 2 von 25

Mirandas Geist

"Nein, nein, nein, neeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeein!!!!" Mein eigener Schrei riss mich aus meinem Traum. Besser gesagt aus meinem Albtraum. Es war mein Standard- Albtraum. Seit ich Joshua kannte, träumte ich ihn jede Nacht. Ach Joshua! Seufz. Wie sehr ich ihn doch liebte. Er war so süß und so einfühlsam. Und wie er mich immer nannte. Ich war Aline, sein Zuckermäuschen. Und er liebte mich über alles. Doch seine Gegenwart hatte auch seine dunkle Seite: Seit wir zusammen waren, fühlte ich mich ständig beobachtet, hörte eine furchterregende Stimme in mein Ohr flüstern und hatte jede Nacht diesen schrecklichen Albtraum.

In diesem kam mir eine schemenhafte Gestalt, welche wie ein Gespenst mit menschlichem Aussehen war, entgegen geflogen und raunte mir zu, ich solle mich von Joshua fernhalten, er würde ihr gehören. Aber was mir wirklich Angst machte, war, dass dieses Mädchen rief, wenn ich mich nicht von ihm trennen würde, würde etwas Schlimmes passieren. Aber wieso? Alles war doch perfekt. Joshua liebte mich, ich liebte ihn, alles war in Ordnung. Seit fast einem Monat waren wir jetzt schon ein Paar, aber mit jedem Tag und jeder Nacht wurde das Mädchen in meinem Traum reeller. Es rief jede Nacht lauter und stärker, und ich traute mich mittlerweile schon fast nicht mehr, schlafen zu gehen. Aber was sollte ich machen? Irgendwann wurde ich immer müde und schlief ein. Dann ging der Horror von vorne los.

"Ding Dong!!!" Endlich klingelte es an der Tür. Ich trug noch meinen Lipgloss fertig auf und beeilte mich, Joshua die Tür zu öffnen. "Du siehst toll aus, mein Zuckermäuschen!!!", begrüßte er mich und gab mir einen Kuss. Als er von mir abgelassen hatte, griff ich schnell nach meiner Jacke, schloss die Haustür zu und machte mich mit ihm auf den Weg. Wir wollten spazieren gehen. So schlenderten wir durch die Gegend, kamen am Stadtpark und am Freibad vorbei. Es hatte in den Wintermonaten geschlossen, sodass es nichts Interessantes zu sehen gab. Trotzdem starrte Joshua es irgendwie schuldbewusst an. Wir gingen weiter bis zum Friedhof. Ich schlug vor, ihn zu betreten. Friedhöfe hatten für mich so etwas Ruhiges, Geheimnisvolles. Aber heute wirkte er einfach nur bedrohlich. Joshua und ich setzten uns auf eine Bank. Es wurde schon langsam dunkel und wir beschlossen, zurückzugehen. Als wir den Weg entlang gingen, blieb Joshua plötzlich vor einem Grab stehen. Miranda Steiner, geboren 1994, gestorben im Sommer 2008, stand darauf. Der Name kam mir bekannt vor. Doch warum war Joshua vor dem Grab stehen geblieben? Hatte er diese Miranda etwa gekannt?

Wieder zu Hause schaltete ich meinen Laptop ein, um im Internet nach diesem verstorbenen Mädchen zu suchen. Ich gab bei Google ihren Namen ein und siehe da, hatte ich schon jede Menge Informationen über sie. "14- Jährige stirbt in Freibad" stand als Überschrift auf der Homepage der Tageszeitung. "Die aus Kadern stammende Schülerin Miranda Steiner kam am 14.07.2008 im Freibad Kadern ums Leben. Wie Beobachter mitteilten, war die 14- Jährige vom Fünf- Meter- Brett gesprungen und nicht wieder aus dem Wasser aufgetaucht. Der Bademeister und Rettungsschwimmer der Stadt hatten die Leiche des Mädchens kurz darauf geborgen." Aha, das war ja sehr interessant. Das Mädchen war also in dem Freibad umgekommen, das Joshua vorhin so merkwürdig angesehen hatte. Aber wieso? Hatte er etwa mit dem Tod des Mädchens zu tun? Ich öffnete eine neue Seite mit dem Titel "Der wahre Todesgrund Mirandas". Nach zahlreichen Nachrufen von Freunden und Bekannten fand ich einen Artikel vor: "Die Schülerin Miranda Steiner war mit einem Jungen unterwegs, der ihr Freund zu sein schien. Sie war anscheinend eifersüchtig, da er mit einer Turmspringerin über ihren gerade geglückten Sprung vom Fünf- Meter- Brett sprach. Um ihn zu beeindrucken, stieg sie selbst auf das Brett und sprang trotz der Warnrufe ihres Freundes ab. Da sie keineswegs eine gute Schwimmerin war, überlebte sie den Sprung in den Tod nicht." Ich las den Artikel mehrmals durch, bevor mir Joshuas Name in der Liste der Trauernden auffiel. Wahrscheinlich war sie eine Klassenkameradin von ihm gewesen oder eine Bekannte.

Ich wollte gerade den Computer ausschalten, als mir ein Bild das Blut in den Adern gefrieren ließ. Es war ein Foto Mirandas. Sie war das Mädchen aus meinen Träumen!!! "Aber, aber das heißt ja, dass Joshua sie wirklich kannte!!!", stammelte ich völlig benommen. Ich weiß nicht, was in mich gefahren war, jedenfalls rannte ich mitten in der Nacht aus dem Haus, geradewegs zu Joshuas Wohnung. Unterwegs spukte wieder Miranda in meinem Kopf herum, und sie war so echt, dass ich es wirklich mit der Angst zu tun bekam und anfing zu heulen. Ich rannte und rannte, bis ich irgendwann vor Joshuas Haustür stand. Ich klingelte mit zitternden Fingern, und als er mir die Tür öffnete, sah er mich verwundert an. "Ich, wer, Miranda, ich, ...", stammelte ich total aufgelöst. "Aline, was ist denn los? Wieso läufst du so spät nachts durch die Gegend? Ich bringe dich jetzt direkt nach Hause. Auf dem Weg kannst du mir ja alles erzählen." Er nahm seine Jacke vom Hacken, schloss die Tür und nahm mich in den Arm. Als ich anfing zu weinen, sagte er beruhigend: "Es ist alles gut, du musst keine Angst haben. Ich bin doch bei dir." Wir gingen schweigend nebeneinander her. Als wir am Friedhof vorbeikamen, zog er mich irgendwie magisch an. "Ich muss auf den Friedhof!", sagte ich bestimmt und kletterte über den Zaun, Joshua natürlich gleich hinterher. Es war alles still, fast schon zu still. Plötzlich stand Miranda vor uns. "Lass die Finger von meinem Freund!!! Er gehört mir ganz allein!!!", zischte sie mir ins Ohr. "A-Aber, Miranda, wie, wie kann das sein ...", stammelte nun Joshua völlig ängstlich. Ich klammerte mich noch enger an ihn, als Miranda auf uns zukam.

Die Therapeutin sah mich mitleidig an. "Mädchen, es gibt keine Geister. Du warst ohnmächtig und hast das alles nur geträumt! Dein Freund wurde von keinem Gespenst erdrosselt. Er ist auf einen Grabstein gestürzt und hat sich eine tödliche Kopfverletzung zugezogen!" - "Aber es ist wahr!!! Ich weiß, was ich gesehen habe!!! Ich bin nicht verrückt!!! Und jetzt lassen sie mich hier raus!!!"

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letzte Aktualisierung: 12.09.2010

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